IMPRINTA '92 - Das Ende der Spielzeugdrachen

Vom 19. bis 25. Februar fand in Düsseldorf die IMPRINTA '92 statt. Das Motto dieser Messe lautete: Dialog zwischen Kreativität und Technik. Eine Veranstaltung für Druckvorstufenspezialisten. Kreative aus Werbung und Design und für Fachleute aus Verlagen, Industrie und Handel.

Auf dieser sechsten Imprinta war zum ersten Mal auch ATARI vertreten. Dieses ist sicher ein Zeichen dafür, daß ATARI auf dem professionellen Markt doch nicht so totgesagt ist, wie es viele meinen. Es ist im Gegenteil endlich ein großer Schritt weg von dem Spieleconsolen-Image hin zu wirklich professionellen Anwendungen.

Auf den 48 Quadratmetern, die ATARI in Halle 7 angemietet hatte, blieb leider nur Platz für fünf von sieben Firmen. Die beiden DTP-Größen DMC und 3K-Computerbild hatten ihre eigenen Stände, die sich auch in der gleichen Halle befanden. Wir wollen im folgenden kurz auf die wichtigsten Neuheiten, die es auf der Imprinta zu sehen gab, eingehen.

Compo Software

Die Firma Compo Software präsentierte ihre brandneue Software COMPO-SCRIPT. Composcript ist ein PostScript-Emulator. Mit diesem ist es möglich, jede Postscript-Datei auf einem beliebigen Drucker in der bestmöglichen Qualität auszugeben. Compo-Software bietet zwei Versionen an. Als erstes die 598,-DM-Version mit dem kompletten Programm und 36 Postscriptschriften, die bis zu einer Qualität von 600 DPI ausreichen. Für alle, die im professionellen Bereich arbeiten, ist sicher die ‘große' Version für ca. 5000 DM interessanter. Dort sind die gleichen Schriften in wesentlich höheren Auflösungen enthalten. Der hohe Preis entsteht durch die Lizenzkosten für die Schriften.

Trade it demonstrierte True-Color mit Farb-Scanner und entsprechender Software.

TMS

Ebenfalls auf dem ATARI-Stand befand sich die Firma TMS. Bekannt ist sie für ihre Produkte tms-Vektor und tms-Cranach Studio. Letzteres wurde dann auch auf der Messe vorgeführt. In Verbindung mit der Software wurde ein Papierausgabegerät gezeigt: der Konica 8028 P. Die Anbindung dieses Geräts ist im Computerbereich eine wesentliche Neuerung, da noch nicht einmal ein MAC oder PC diesen Laser-/Farbdrucker und -kopierer ansprechen kann. Angesprochen wird der Farbkopierer über einen Calamus GDPS-Treiber. Dadurch kann auch jedes andere Programm, welches GDPS-Treiber unterstützt. auf diesem Gerät ausgeben. Die Preise für den Konica 8028 P sind im professionellen Druckgewerbe sicher nicht zu hoch. So bezahlt man für den Stand-Alone-Kopierer um die 15000 DM. Das Interface alleine kostet 9500 DM, wobei der Einbau sicherlich eine große Hürde für viele Software-Anwender ist, da es sich nicht um eine kleine Box handelt, sondern um Eproms, Kabel und Interface-Karte. So beträgt der Preis für den computeranschlußfertigen Konica 8028 P 25000 DM. Will man dazu noch einen Computer im Tower-Gehäuse mit Calamus SL und allem Dazugehörigen haben, zahlt man ingesamt 37000 DM. Ein Preis im Druckgewerbe, den manche nur für die Software zahlen.

tms zeigte einen Farbkopierer von Konica, der Anschluß an einen TT fand.

Color Concept

Professionelle Geräte schließt auch die Firma Color Concept an den ATARI-TT an. So war zum einem ein Agfa Focus Color plus zu sehen, ein Flachbelt-Farb-Scanner, der sich auch fürs DIA-Scannen eignet. Des weiteren wurde der Trommel-Scanner ‘ScanMate’ von Scanview vorgeführt. Als letztes High-End-Gerät stand noch ein Shinko-CHC-S445-300-dpi-Thermosublimationsdrucker auf dem Tisch von Color Concept. Diese knapp 40000 DM teure Einheit mit 10 MB internem Speicher produziert perfekte Farbdrucke aus Programmen, wie z.B. Cranach Studio oder Calamus SL.

Einen hochwertigen Trommelfarb-Scanner gab es bei Color-Concept zu sehen.

IIISatz

Eine Komplettlösung im Druckvorlagenbereich zeigte die Frankfurter Firma IIISatz. Für gute 150.000 DM standen dort eine Entwicklungsmaschine, ein Laserbelichter und eine ATARI-Konfiguration, die kaum noch Wünsche offen läßt.

Trade it

Platz auf dem ATARI-Stand fand noch die Firma Trade it, die mit einigen interessanten Sachen angereist war. Als erstes präsentierte sich Avant Vektor in der Version 1.2. In der Vektorisierung wurden noch ein paar Feinheiten eingebaut, nach der man der Software mitteilen kann, wie genau gearbeitet werden soll. Als Neuerung kam die Schneid-Plotter-Ansteuerung dazu. Bis zur Cebit wird weiter an dem Programm gearbeitet, und es soll zu diesem Zeitpunkt die Version 1.5 ausgeliefert werden. Auch Trade it stellte einen Farb-Scanner vor, den ColorScan 300 gamma. Dieses Gerät bietet die Möglichkeit des True-Color-Scanning mit 16,8 Mio Farben (oder 256 Graustufen) bei einer Auflösung von bis zu 300 dpi. Anschluß erhält das Gerät über eine SCSI-Schnittstelle, es eignet sich daher besonders für ATARI-TT-Computer. Die neue Scan-Software von Trade it ermöglicht eine komfortable Bedienung (GEM-Oberfläche) und nutzt die Möglichkeiten des Colorscan 300 voll aus.

Als weitere Neuheit zeigte Trade it (dem allgemeinen Trend folgend) eine True-Color-Grafikkarte für ATARI-TT und Mega-STE-Computer. Diese VME-Bus-Erweiterung wartet ebenfalls mit enormen Leistungsmerkmalen auf und wird auf der Cebit das Endstadium der Entwicklung erreicht haben.

Eine Grafikkarte mit 16,7Mio Farben ist mittlerweile Standard für EBV.

3K-Computerbild

Einen eigenen Stand hatte die Firma 3K-Computerbild. Der Stand war 3K-üblich ganz in Schwarz gehalten, was sich dann auch als Wink mit dem Zaunpfahl erwies. 3K hat mit NeXT Computer Inc. in Redwood/California eine Entwicklungs- und Marketing-Vereinbarung abgeschlossen. Zweck dieser Vereinbarung ist die Realisierung des NeXT Publishing Environments (NPE). Des weiteren nimmt 3K-Computerbild den Vertrieb über die neuen NeXT-Computerbild-Systemhäuser vor.

Auch Didot Professionell wurde in einer neuen Version gezeigt. Funktionell hat sich nichts Großes getan, und man sagte auch, daß bis zur CeBIT ausschließlich Fehlerbereinigung stattfinden wird. Lediglich ein PostScript-Treiber soll als Neuheit mit ausgeliefert werden.

DMC

DMC hatte einen Gemeinschaftsstand mit dem Hause CSA. Auch hier war mehr von Fehlerbereinigung die Rede als von großartigen Neuerungen. Allerdings ist in Calamus SL ein Maskenmodul in Arbeit, welches erstmals vorgeführt wurde. Mit diesem Maskenmodul geht man wieder einen großen Schritt in Richtung professionelle EBV. Man nimmt sich ein Objekt und erarbeitet davon eine Umrißmaske. So ist es einfach möglich. Collagen auf dem Bild-schirm zu produzieren und(!) wieder zu verändern, ohne daß andere Bilder ‘beschädigt' werden. Wann die neue Calamus-SL-Version ausgeliefert wird, stand noch nicht fest. Aber man wird sicher auf der CeBIT eine weitere Demonstration sehen können.

DMC präsentierte eine neue Version des DTP/ EBV-Programmes Calamus SL

Drachenhort Wohnzimmer

Nachdem der ATARI sich in der Musikbranche seit langem schon ein Standbein gesichert hat (dank der eingebauten MIDI-Schnittstelle), hörte man auf der Imprinta deutlich das Stampfen des zweiten Beins: DTP. Auch wenn viele Vertreter aus dem Verlags- und Druckwesen lächelnd am ATARI vorbeigegangen sind, fest steht schon jetzt: ATARI ist aus dem DTP-Low-Cost-Bereich nicht wegzudenken.

Es liegt jetzt auch stark an ATARI selbst, das Image vom Spielekonsolen-Hersteller zu vernichten und in seiner Werbung nicht ausschließlich die 13-17jährigen Computer-Interessierten anzusprechen. Natürlich wird sich auch im Preis etwas tun. Die Software-Häuser müssen Komplettlösungen inkl. Hardware anbieten und werden dies auch tun. Da in der Druckbranche Preise von 40.000 DM lediglich für ein Software-Paket fast als normal anzusehen sind, wird eine komplette Rechnereinheit für 10000 DM immer noch nicht ernst genommen. Somit werden sich die DTP-Häuser nach neuen Gefilden umsehen und hoffentlich auch ihr Glück in der professionellen Branche finden. Wer jetzt Angst hat, daß sein heißgeliebtes DTP-Programm demnächst absolut unerschwinglich werden wird, sei hier beruhigt. Es wird sicher immer Versionen geben, die dem Heimanwender genügen und in die trotzdem die Erfahrungen aus dem Business einfließen. Auch dürfen sich die Systemhäuser auf dem engem Weg, den sie nun beschreiten, nicht gegenseitig bekämpfen, sondern sollten vielmehr an Standards und Coproduktionen arbeiten. Deshalb besteht auch die Aufgabe ATARIs darin, dies verstärkt zu unterstützen, statt zu Weihnachten wieder nur den grünen Drachen über die Fernsehschirme der Kids fliegen zu lassen.


Joachim Heller
Aus: ST-Computer 04 / 1992, Seite 16

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