Tabellenkalkulationsprogramme stellen eine Vielzahl zum Teil komplexer Funktionen zur Verfügung. Sie sind besonders effizient einsetzbar bei der Bearbeitung einer grollen Anzahl gleichartig aufgebauter Datenstrukturen mit gleichartigen Berechnungsvorschriften. Umfangreiche Bearbeitungsvorgänge können durch Makros (ähnlich einer Programmiersprache) automatisiert werden.
Tabellenkalkulationen sind nicht nur für reine Berechnungen anwendbar; durch die grafische Darstellung der Daten ermöglichen sie auch eine Veranschaulichung von Zusammenhängen, die allein aus einer Tabelle nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.
Der Anwendungsbereich von Tabellenkalkulationen erstreckt sich vom privaten (z. B.: Berechnung zu Finanzierung und Geldanlage) über den kaufmännischen (z.B. Bilanzierung und Produktkalkulation) bis zum technisch-naturwissenschaftlichen Bereich (z.B. Apparateauslegung und Versuchsauswertung).
LDW Power-Calc wird auf drei doppelseitigen Disketten mit einem Handbuch geliefert. Auf den Disketten befinden sich außerdem eine Datei mit der On-line-Hilfe, die Zusatzprogramme LDWCNFIG, LDWCNVRT und LDWSIDEW, drei Beispiel-Arbeitsblattdateien sowie Druckertreiber und Fonts, die zur Grafikausgabe durch GDOS erforderlich sind.
Das Zusatzprogramm LDWCNFIG ermöglicht dem Anwender, nicht benötigte Fähigkeiten abzuschalten und dadurch den Speicherplatzbedarf von 472 KB für das Programm zu verringern. Dadurch wird der Platz für Arbeitsblätter entsprechend größer. Mit dem LDWCNVRT-Programm (auch als ACC) werden die aus LDW Power-Calc abgespeicherten Arbeitsblätter in das Lotus-Format umgewandelt. LDWSIDEW erlaubt es, ASCII-Dateien auf dem Drucker um 90 Grad gedreht auszudrucken. Will man ein Arbeitsblatt auf diese Weise ausgeben, muß man es zuvor als unformatierte Druckdatei abspeichern.
Durch ein Versehen fehlten den allerersten Programmpaketen der Version 2.0 die GDOS-Druckertreiber und Fonts für nicht FX80-kompatible Drucker. Kunden, die nur zwei Disketten erhielten, können bei der Vertriebsfirma kostenlos eine GDOS-Zusatzdiskette anfordern. Die im Handbuch gegebenen Erläuterungen zu der nicht ganz einfachen GDOS-Installation sind für den Anfänger nicht ausführlich genug, insbesondere der Aufbau der ASSIGN.SYS-Datei ist nicht ausreichend beschrieben.
Direkt nach dem Programmstart besteht der Bildschirm von LDW Power-Calc aus zwei Hauptteilen, dem Kontrollbalken und dem Arbeitsblattfenster. Der Kontrollbalken ist aus vier untereinander angeordneten Bestandteilen aufgebaut: aus der Menüleiste mit dem GEM-Drop-Down-Hauptmenü, einer Reihe von Schaltern und Anzeigen, einer Statuszeile und einer Eingabezeile (Abb. 1). In der Statuszeile werden die Zelladresse, die Informationen über das Zeitformat sowie der Inhalt der aktiven Zelle angezeigt. Die Eingabezeile wird zur Eingabe und zum Ändern von Zellinhalten verwendet. Das Arbeitsblatt und Grafiken werden in Standard-GEM-Fenstern mit den gewohnten Bedienungselementen dargestellt.
Wenn man im GEM-Drop-Down Menü einen Menüeintrag selektiert, wird der Kontrollbalken durch ein Kommandomenü (erstes Untermenü) ersetzt, dessen Einträge in einer Zeile angeordnet sind (Abb. 2). Auch durch Eingabe von ‚/‚ oder ‚<‚ (letzteres steht nicht im Handbuch, funktioniert aber wie beim Vorbild Lotus 1-2-3 V2.0) gelangt man in dieses Zeilenmenü. Ein Kommando kann nun entweder durch Anklicken mit der Maus, durch Anwählen mit den Cursor-Tasten und Bestätigen mit < RETURN > oder durch Eingabe seines Anfangsbuchstabens aktiviert werden.
Man erkennt rasch, daß die unübersichtliche und tief verschachtelte Menüstruktur (mit bis zu 6 Untermenüs) sowie die Menüeinträge nahezu unverändert von Lotus V2.0 übernommen wurden. Genau ein Grund spricht dafür, daß die Programmentwickler den Nachteil der stark gewöhnungsbedürftigen Bedienerführung bewußt in Kauf genommen haben: die Art der Kommandoaktivierung (/,<) entspricht exakt Lotus. Da dieses Verfahren in den Lotus-Makros eingesetzt wird, schafft seine Übernahme in Verbindung mit der gleichartigen Menüstruktur die Voraussetzung zur direkten Bearbeitung von Lotus-Makros durch LDW Power-Calc.
Obwohl die Kompatibilität zu Lotus 1-2-3 bei den Entwicklern von LDW Power-Calc die höchste Priorität hatte, wurden die Möglichkeiten von GEM teilweise ausgenutzt: die Dateiauswahlbox wird eingesetzt, die Bedienung mit der Maus ist immer, wo es sinnvoll ist, möglich (z. B.: zum Festlegen der Spaltenbreite), die Grafikausgabe auf den Drucker oder als Metafile geschieht über GDOS. Andererseits entspricht der Aufbau des Hauptmenüs nicht den GEM-Konventionen.
Beispielsweise sind Datei-Kommandos sowohl unter den Menüpunkten ‚Transfer’, ‚Output’ als auch ‚Grafik’ zu finden. Dialogboxen werden (außer im Grafik-Editor) im gesamten Programm nicht benutzt! Stattdessen wird eine Auswahl unter verschiedenen Möglichkeiten stets im Zeilenmenü vorgenommen, und zur Eingabe von Werten wird man in der Eingabezeile aufgefordert. Auf dem Bildschirm verwendet LDW Power-Calc nur den Systemzeichensatz, und zwar in den Größen 10 Punkt (8x16-Matrix) oder 9 Punkt (8x8-Matrix; Abb. 2). Bedauerlicherweise kann immer nur ein Arbeitsblatt geöffnet und bearbeitet werden und nicht, wie bei K-Spread 4, mehrere gleichzeitig. Aus einem Arbeitsblatt können allerdings bis zu vier verschiedene Bereiche und bis zu vier Grafiken in Fenstern angezeigt werden. Es fehlt die Unterstützung des GLM-eigenen Clipboards.
In LDW Power-Calc steht dem Anwender eine On-Line-Hilfe zur Verfügung. Zu 24 ausgewählten Themen kann man sich mehrseitige Hilfetexte anzeigen lassen. Bei der Hilfe zu den Funktionen entspricht die Einteilung in Funktionsgruppen nicht der weitaus logischeren Einteilung des Handbuches. Dieser Text sollte möglichst dem Handbuch angepaßt werden. Zu manchen Themen sind die Hilfetexte zu oberflächlich (z. B. die Hilfe zu ‚Datenkommandos’).
In einer Tabellenkalkulation werden die Einträge in einer aus Zeilen und Spalten aufgebauten Tabelle organisiert. Einzelne „Zellen“ oder Zellbereiche der Tabelle werden über ihre Zelladressen angesprochen. Bei LDW Power-Calc sind maximal 256 Spalten und maximal 8192 Zeilen theoretisch möglich.
Für Zahlen und numerische Ausdrücke können verschiedene Zellformate festgelegt werden. Eine wichtige Spezialität ist das Zeitformat: der Anwender kann unter 5 verschiedenen Datum- und 4 verschiedenen Uhrzeitformaten wählen. Die Formatinformation kann global (für das gesamte Arbeitsblatt), für eine Spalte und für einen definierten Bereich festgelegt werden.
Im Arbeitsblattfenster hat man eine Reihe spezieller Möglichkeiten, die die Arbeit mit LDW Power-Calc sehr erleichtern: Zeilen am oberen Fensterrand und/oder Spalten am linken Fensterrand lassen sich „einfrieren“ und bleiben dann als Titel sichtbar, wenn man den Cursor durch das Arbeitsblatt bewegt. Man kann Bereiche vor ungewollten Eingaben schützen; solche Bereiche werden bei Cursor-Bewegungen auch wahlweise automatisch übersprungen. Es besteht die Möglichkeit, Bereiche zu verbergen. Diese werden auf den Bildschirm und auf den Drucker nicht ausgegeben (Ausnahme: im ‚Zeigen’-Modus in der Eingabezeile auf dem Bildschirm). Zu jeder Zelle kann eine Notiz erstellt werden. Zellen, denen eine Notiz zugeordnet ist, lassen sich global in Fettschrift anzeigen (dies erleichtert das Auf-finden der Notizen). Mit dem ‚Transponieren’-Kommando dreht man Bereiche (Zeilen werden zu Spalten und umgekehrt). Es ist möglich, Bereiche zu benennen und sie statt mit Adressen einfach unter ihrem Namen anzusprechen. Arbeitsblätter können mit einem Paßwort versehen werden, das vor jedem Ladevorgang abgefragt wird. Das Zellraster des Arbeitsblattfensters ist ein- und ausschaltbar. Zelleinträge können links-, rechtsbündig oder zentriert sowie in den Attributen normal, fett und/ oder unterstrichen dargestellt werden.
Der Umfang an Operatoren und Funktionen ist gegenüber LDW Power-Calc 1.0 unverändert. Alle Funktionen von Lotus V2.0 sind implementiert. Neu gegenüber Lotus V2.0 ist die Funktion @EXTERN, mit ihr wird eine Zelle aus einer externen Arbeitsblattdatei importiert. Diese Funktion bereitet den Weg zum „dreidimensionalen Arbeitsblatt“ vor, das in Lotus V3.0 verwirklicht ist.
Komplexere mathematische Operationen werden mit Hilfe von Kommandos durchgeführt, die ganze Datenbereiche beeinflussen: Die neu hinzugekommenen ‚Matrix’-Kommandos dienen zum Invertieren einer quadratischen Matrix und zur Multiplikation von zwei Matrizen. Mit den ebenfalls neuen ‚Regression’-Kommandos kann man eine multiple lineare Regression mit bis zu 16 unabhängigen Variablen durchführen.
„Was wäre, wenn“ Berechnungen werden durch weitere Befehle erleichtert: Das ‚Füllen’-Kommando erlaubt die automatische Ausgabe von Zahlen in sequentieller Folge. Mit dem ‚Tabelle’-Kommando werden Datentabellen in einfacher Weise aus Formeln mit ein bis zwei Variablen erzeugt. Einige Datenbankbefehle ermöglichen es, Daten nach vom Anwender festgelegten Kriterien zu sortieren, zu finden und Häufigkeitsverteilungen zu ermitteln.
Coprozessoren zur Beschleunigung von Rechenoperationen mit Fließkommazahlen werden leider nicht unterstützt. Dies liegt daran, daß LDW Power-Calc mit einem Mark Williams-C-Compiler entwickelt wurde, der keine FPU-Unterstützung bietet.
LDW Power-Calc 2.0 unterstützt 8 verschiedene Grafiktypen: Linien-, Balken-, x,y-, Torten- gestapelte Balken-, Manhattan- , Streckenzug- und HiLo-Grafiken. Die drei letztgenannten sind gegenüber Version 1.0 hinzugekommen: Manhattan-Grafik zeigt zusammengehörige Werte verschiedener Datenbereiche als hintereinander gestaffelte Balken (Abb. 3). Dieser Grafiktyp ist nur in Verbindung mit der 3D-Darstellung sinnvoll einsetzbar. Bei den Streckenzügen handelt es sich um eine gestapelte Liniengrafik. Die Flächen unter den Linien werden unterschiedlich gerastert dargestellt. In der 3D-Darstellung werden die Streckenzüge gestapelt, aber in der Tiefe versetzt angeordnet (Abb. 4).
Die HiLo-Grafik ist eine spezielle Liniengrafik, die genau drei Wertebereiche erwartet: der erste Wert des A-Bereichs wird durch eine senkrechte Linie mit dem ersten Wert des B-Bereichs verbunden, eine waagerechte Linie zeigt den ersten Wert des C- Bereichs usw. (Abb. 5). Naturwissenschaftler werden sich wünschen, daß die HiLo-Grafik nicht als Linien, sondern als x,y-Grafik implementiert worden wäre. In der jetzigen Form ist dieser Grafiktyp nur im kaufmännischen Bereich brauchbar (Beispiel aus dem Handbuch: Darstellung von Aktienkursen: höchster/niedrigster Tageskurs und Kurs bei Börsenschluß). Zu bemängeln ist auch, daß eine manuelle Skalierung bei diesem Grafiktyp zur Zeit nicht möglich ist. Alle Grafiktypen können in Version 2.0 wahlweise in 3D-Darstellung angezeigt werden: weil in der 3D-Darstellung jedoch keine Symbole (Marker) angezeigt werden, ist sie bei Linien- und x,y-Grafik eher nachteilig.
Im Menüpunkt ‚Grafik Optionen* kann man Einfluß auf das Aussehen der Grafik nehmen. Legenden, die sich auf einen Datenbereich beziehen, lassen sich hinzufügen. Bei Linien- oder x,y-Grafik kann man wählen, ob die Werte als Symbole (Marker) und/oder als Linienzug dargestellt werden sollen. Bei der Darstellung als Linienzug tritt leider ein unschöner Effekt auf: Falls in einem der Datenbereiche (A bis H) ein Wert fehlt, werden die benachbarten Punkte (wie in Lotus 2.0!) nicht durch einen Linienzug miteinander verbunden, sondern es entsteht an dieser Stelle eine Lücke.
Bei Linien- und x,y-Grafiken lassen sich Überschriften und Beschriftungen der x-und y-Achse einfügen. Man kann wählen, ob horizontale und vertikale Hilfslinien sowie Linien für Durchschnitt und Stan dardabweichung dargestellt werden. Die Achsenskalierung erfolgt wahlweise automatisch oder manuell; das Format der Achsenskalierung (z. B. Exponential-, Prozent-, Zeitformat) kann eingestellt werden. Wenn man in x.y-Gratlken die Uhrzeit als x-Achsen-Format wählt, kommen ganz und gar „krumme“ Werte bei der Skalenbeschriftung zustande, die sich auch durch manuelle Skalierung nicht ändern lassen (Abb. 6). Die „krummen“ Werte resultieren aus der Tatsache, daß LDW Power-Calc (wie Lotus 2.0!) eigensinnig darauf besteht, Zeiträume von 24 oder 12 Stunden in 5 Teile aufzuteilen; eine passendere Unterteilung (in 6 Teile) würde zu ganzzahligen Skalenbeschriftungen führen.
Bei der logarithmischen Skalierung hat man die Wahl zwischen einer Auftragung der Werte in einer logarithmischen Skala (Indikator bzw. Skalierungszeiger anzeigen) oder einer Auftragung der logarithmierten Werte in einer linearen Skala (Indikator unterdrücken). Sinnvoll ist lediglich die erste Möglichkeit; leider ist die logarithmische Skala aber äquidistant eingeteilt, wodurch sich wie beim Zeitformat wieder „krumme“ Werte für die Skalenbeschriftung ergeben. Mag auch mancher Anwender diese Kritik für überzogen halten - für Präsentationsgrafiken ist eine solche Darstellung unbrauchbar. Weiterhin lassen sich Beschriftungen, die als Texte in einer Zelle des Arbeitsblatts stehen, in die Grafik einfügen. Diese Option ist eigentlich nur bei Balken- oder gestapelten Balkengrafiken sinnvoll einsetzbar. Gerade bei diesen Grafiktypen tritt jedoch der Fehler auf. daß die Beschriftung teilweise durch die Grafik verdeckt wird.
Auf dem Bildschirm können bis zu vier verschiedene Grafiken dargestellt werden. In einer Grafik sind bis zu acht verschiedene Datenbereiche darstellbar. Zwischen Tabelle und Grafik besteht eine dynamische Verbindung, d. h. bei einer Änderung in der Tabelle wird die Grafik sofort aktualisiert.
Die Version 2.0 von LDW Power-Calc bietet auch einen einfachen Grafik-Editor. Sein Funktionsumfang ist allerdings auf das Hinzufügen von Rahmen, Linien und Text in unterschiedlichen Attributen beschränkt. Diese Elemente können frei plaziert und in ihrer Größe verändert werden. Mit Hilfe des Grafik-Editors gelingt es aber z. B. nicht, eine Rasterfläche unter eine Grafik zu legen - die Grafik wird immer von der Rasterfläche überdeckt.
Für die Grafikausgabe gibt es mehrere Möglichkeiten: die Grafik kann entweder als Hardcopy oder, unter Benutzung von GDOS, in entsprechend guter Qualität auf den Drucker ausgegeben werden. Ferner ist das Abspeichern der Grafik entweder im Metafile- oder im DEGAS-Format möglich. Bei der Ausgabe auf den Drucker oder bei der Metafile-Ausgabe kann man die Größe der Grafik mit Hilfe eines x- und eines y-Faktors beeinflussen. Die Version 2.0 erlaubt es außerdem, die Geräteadresse für den GDOS-Druckertreiber auszuwählen. Dadurch ist die Benutzung verschiedener Druckertreiber ohne Änderung der GDOS-Installation möglich.
Bei den meisten Mängeln handelt es sich um ausgesprochene Kleinigkeiten - in der Summe kann einem aber der Spaß an der bildlichen Darstellung dadurch verdorben werden. Für anspruchsvolle Präsentationsgrafiken ist ein speziell zu diesem Zweck entwickeltes Programm vorzuziehen, das nicht Grafiken von LDW Power-Calc nachbearbeitet, sondern aus den numerischen Daten eine neue Grafik erstellt (z. B.: SciGraph oder MM-Graph). Um Daten von LDW Power-Calc etwa in SciGraph (ab Version 2.11) zu verarbeiten, muß man das Arbeitsblatt mit Werten abspeichern (Menüpunkt: ‚Transfer Extrakt Werte’) und anschließend mit LDWCN-VRT in das Lotus-Format umwandeln.
Die Makrobefehle von LDW Power-Calc bilden eine eigene Programmiersprache. LDW Power-Calc stellt einen gegenüber der Vorläuferversion erweiterten Makrorecorder zur Verfügung. Mit seiner Hilfe ist es möglich, alle Aktionen zur Pogrammbedienung in einfacher Weise als Makrotext aufzuzeichnen. Die so erzeugten Programmtexte können editiert werden - dies ist auch nötig, um beispielsweise Makrobefehle zur Programmsteuerung anzuwenden. Makroprogramme können durch Unterprogramme (bis zu 32 Ebenen) strukturiert werden. Sogar eigene Menüs zu erstellen ist möglich. Neu programmierte Makros müssen benannt werden. Anschließend können sie vom Anwender entweder unter ihrem vollen Namen oder mit < ALT > < Anfangsbuchstabe > aufgerufen werden. Nach der Erstellung müssen Makros in der Regel auf das Vorhandensein von Fehlern getestet werden. LDW Power-Calc hat zu diesem Zweck einen Einzelschrittmodus parat, durch den das Auffinden von Fehlern vereinfacht wird. Beim Sichern werden Makros als Bestandteil des Arbeitsblattes mit abgespeichert. Als Besonderheit gibt es den reservierten Makronamen A0’: Falls im Arbeitsblatt ein Makro mit diesem Namen definiert ist, wirdes unmittelbar nach dem Laden automatisch ausgeführt.
Bei LDW Power-Calc V2.0 sind nunmehr alle Makrobefehle von Lotus V2.0 implementiert. Ihre vollständige Aufzählung würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Die Makrobefehle werden im Klartext innerhalb geschweifter Klammem dargestellt. Die alten ‚/X’-Makro-Kommandos stehen weiterhin zur Verfügung, damit auch die Arbeitsblätter der Version 1.0 verwendbar sind. Die hinzugekommenen Makrobefehle fallen teilweise unter die bereits von den /X-Makro-Kommandos bekannten Gruppen (Befehle zur Änderung der Bildschirmanzeige, zur Ermöglichung von Tastatur-Interaktionen und zur Steuerung des Programmablaufs). Gänzlich neu sind Makrobefehle, die man unter den Oberbegriffen Datenbehandlung und Dateibehandlung zusammenfassen kann. Sogar der neue Grafik-Editor läßt sich mit Makrobefehlen steuern.
Leider unterstützt LDW Power-Calc nach wie vor keine externen Makros wie z. B. K-Spread 4. Dies ist ärgerlich für Anwender, die mit einer großen Anzahl von gleichartig aufgebauten Arbeitsblättern und mit immer dem gleichen Satz von Makros arbeiten. Falls nämlich Änderungen an einem Makro erforderlich werden, muß jedes einzelne Arbeitsblatt geändert werden! Bei LDW Power-Calc kann man dieses Manko zwar durch das Erstellen eines speziellen ‚\0’ Makros umgehen [Lit.1], doch ist diese Vorgehensweise recht umständlich und für den Anfänger keinesfalls naheliegend.
Außer dem Laden oder Hinzuladen von Arbeitsblättern im LDW-Format sowie dem Abspeichern von Arbeitsblättern oder Teilen daraus ist es machbar, Lotus-Dateien direkt zu lesen. Zum Erzeugen von Lotus-Dateien wird das Arbeitsblatt normal abgespeichert und anschließend mit dem mitgelieferten Programm LDWCN-VRT umgewandelt.
Die formatierte Ausgabe von Arbeitsblättern auf den Drucker oder in eine Druckdatei ist ebenfalls möglich. Dabei können Seitenlänge, Ränder, Kopf- und Fußzeile, Seitennumerierung und Zeilen bzw. Spalten, die auf jeder Druckseite erscheinen sollen, festgelegt werden. Durch die Eingabe von Steuerzeichensequenzen für spezielle Schriftarten und Attribute kann das Programm auf den verwendeten Drucker eingestellt werden.
Für den Anwender ist aber auch der problemlose Datenaustausch mit fremden Programmen eine äußerst wichtige Eigenschaft. Bei Tabellenkalkulationsprogrammen hat vor allem der Im- bzw. Export von ASCII-Dateien eine hohe Bedeutung. Das gängige ASCII-Format zum Informationsaustausch ist das CSV-Format (Comma Separated Values, durch Kommata getrennte Werte), das LDW Power-Calc fehlerlos importieren kann.
Die Geschwindigkeit beim Import läßt allerdings sehr zu wünschen übrig: Eine aus 12 Spalten und 53 Zeilen bestehende CSV-Datei (4811 Bytes) wurde von Lotus V2.0 auf einem 16-MHz IBM-Clone mit 80386-Prozessor in 2 s, von SciGraph auf einem 8-MHz-ST ebenfalls in 2 s und von LDW Power-Calc in sage und schreibe 50 s von der Festplatte eingelesen! Auf diese Weise wird das Einlesen größerer Dateien mit Meßdaten zu einem echten Geduldsspiel.
Der hohe Zeitbedarf für das Einlesen liegt offenbar an einem umständlichen Algorithmus zur Umwandlung der Daten in das LDW-eigene Format; hier ist eine Optimierung dringend angesagt. ASCII-Dateien, die nicht dem CSV-Format entsprechen, werden jeweils als ganze Zeilen der Datei in eine Zelle des Arbeitsblattes geladen. Mit Hilfe des ‚Datenanalyse’-Kommandos kann eine Spalte mit solch langen Zelleinträgen in mehrere Spalten zerlegt werden, wobei gleichzeitig die Zellformate der neuen Zellen definiert werden. Dieses Vorgehen klingt zwar etwas aufwendig, schafft aber eine hohe Flexibilität beim Importieren unterschiedlich formatierter ASCII-Dateien.
Eine Möglichkeit zum Export von CSV-Dateien bietet LDW Power-Calc unglücklicherweise nicht, lediglich die Ausgabe einer unformatierten Druckdatei (Menüpunkt: ‚Output Ausspuldatei’) ist vorgesehen. Bei dieser Art von Dateien wird die Rolle des Trennzeichens zwischen nebeneinanderliegenden Zellen quasi von einer variablen Zahl von Leerzeichen übernommen, und Texte sind nicht in Anführungszeichen eingeschlossen. Das führt dazu, daß Texte, die Leerzeichen enthalten, beim Import von Druckdateien in andere Programme zerstückelt werden. Die Weiterverarbeitung solcher Dateien ist dann erheblich erschwert.
Bei einem so komplexen Programm wie einer Tabellenkalkulation bestimmt die Güte des Handbuchs wesentlich, ob der Anfänger in akzeptabler Zeit einen detaillierten und vollständigen Überblick über den Funktionsumfang gewinnt. Das Ringbuch der Version 1.0 wurde durch einen 230seitigen Paperback-Band in ansprechender Aufmachung ersetzt. Bei dauernder Benutzung ist aber ein Ringbuch zweifellos robuster und praktischer.
Mit Ausnahme des zweiten Kapitels, das eine gut gelungene Erklärung der Elemente des LDW Power-Calc-Bildschirms und der allgemeinen Bedienung des Programms enthält, wurde für die Erstellung des Handbuchs nicht die notwendige Sorgfalt aufgewendet. Die Erläuterungen der Menükommandos und der Makrobefehle in Kapitel 3 sind auch für ein Referenzhandbuch zu knapp ausgefallen. Durch zwei Fehler ist das Beispiel des Makrobefehls (ERÖFFNE) nicht ablauffähig. Das Kapitel 4 über die Funktionen wurde unverändert von der Version 1.0 übernommen. Die Liste der darin entdeckten Fehler ist so lang, daß sie hier den Rahmen sprengen würde.
Insbesondere die ‚@ZELLE’-Funktion und die Finanzfunktionen sind ganz und gar unverständlich erklärt, die entsprechenden Formeln (falls angegeben) sind ausnahmslos dem Setzer zum Opfer gefallen und daher fehlerhaft, und die Beispiele sind teilweise nicht korrekt. Schlimmer noch als das Vorhandensein der Fehler ist die Unvollständigkeit der Beschreibungen. Allein mit einer Berichtigung der sachlichen Fehler ist es daher auch nicht getan. Eine ausführlichere Darstellung von Kapitel 3 und eine völlige Neufassung von Kapitel 4 mit vollständigen Beschreibungen und mit Beispielen, durch die eine sinnvolle Anwendung der Funktionen in verständlicher Form erläutert wird, ist dringend notwendig. Dabei sollten speziell bei den Finanzfunktionen die verwendeten Begriffe präzisiert und die zur Berechnung eingesetzten Formeln korrekt wiedergegeben werden.
Die Installation von GDOS, das man zur Ausgabe von Grafiken auf einen Drucker oder in eine Datei benötigt, wird im Anhang des Handbuchs für den Anfänger viel zu knapp erläutert. Das Stichwortverzeichnis ist leider äußerst unvollständig.
Zur Erleichterung des Einstiegs sollte zusätzlich ein kurzer Abschnitt ins Handbuch aufgenommen werden, der Informationen darüber enthält, welche Voreinstellungen der Anwender bei der ersten Sit zung wählen und abspeichern muß (z. B. Einstellen von Drucker-Steuerzeichen, Festlegen des Default-Verzeichnisses, Definieren des Dezimalzeichens, des Argument-Separators und des Separators, Einstellen des Default-Formats für Datum und Uhrzeit). Diese Informationen sind zwar in unterschiedlichen Kapiteln des Handbuchs enthalten, werden aber nicht zusammenhängend dargestellt.
Das Handbuch ist in der vorliegenden Form der größte Schwachpunkt des Pakets und muß auf jeden Fall überarbeitet werden. Da es zum überwiegenden Teil als Nachschlagewerk konzipiert ist, darf der Anfänger in Sachen Tabellenkalkulation nicht erwarten, z. B. den Umgang mit Datenbankkommandos oder die Programmierung von Makros durch das Studium des Handbuchs zu erlernen. Um die volle Leistungsfähigkeit des Programms auszuschöpfen, wird man in jedem Falle noch zusätzliche Lektüre zu Rate ziehen müssen. Dabei kann zum Glück auf eine recht umfangreiche Literatur zum Thema Lotus 1-2-3 zurückgegriffen werden.
Bei einem Programm dieser Komplexität ist es nicht verwunderlich, daß noch einige Fehler darin versteckt sind. Die entdeckten Fehler sind - bis auf den ersten - nicht schwerwiegend, sollten aber möglichst bald behoben werden.
Bei der Ausgabe einer unformatierten Druckdatei (‚Output Ausspuldatei‘) wird in der vorliegenden Version 2.01 dennoch die Steuerzeichensequenz für den eingestellten Drucker-Font ausgegeben sowie der linke und rechte Rand berücksichtigt. Letzteres hat zur Folge, daß bei Erreichen des eingestellten rechten Randes der Rest durch eine der Formatierung entsprechende Anzahl von Zeilen Vorschüben getrennt ist. In der Version 1.03 funktionierte dieses Kommando noch korrekt.
Mindestens zwei Fehler verringern die Kompatibilität zu Lotus V2.0: bei der Abfrage des „Typs“ einer Zelle mit Hilfe der’@ZELLE’-Funktion wird ein V ausgegeben, wenn die Zelle einen numerischen Wert oder eine Formel enthält; Lotus V2.0 liefert dagegen ein ‚w’ zurück. Der Makro-Befehl ‚{ERÖFFNE}’ verlangt den Modus ‚B’ (für Beides, Schreiben und Lesen) statt wie bei Lotus den Modus ‚M’ für Modifizieren. Im Handbuch ist übrigens ‚M’ angegeben! Lotus-Makros, die diese Funktion bzw. dieses Kommando enthalten, werden daher in LDW Power-Calc unter Umständen nicht korrekt laufen (und umgekehrt).
Die vielen Unzulänglichkeiten von LDW Power-Calc bei der grafischen Darstellung wurden bereits im entsprechenden Abschnitt erwähnt. Für denjenigen, der ein externes Programm zur Darstellung und Ausgabe von Grafiken verwendet, sind diese Funkte nicht relevant.
Der wichtigste Vorzug ist die hohe Kompatibilität zu Lotus 1-2-3 V2.0. Sie erstreckt sich nicht nur auf eine Datenkompatibilität, sondern umfaßt auch die Kompatibilität auf Kommandoebene. Dadurch kann LDW Power-Calc Lotus-Makros direkt bearbeiten. Diese Fähigkeit kann es als einziges unter den Tabellenkalkulationsprogrammen für Atari ST/TT in Anspruch nehmen.
Eine weitere positive Eigenschaft besteht in der GDOS-Unterstützung bei der Ausgabe auf Drucker, wobei sogar die Geräteadresse für den GDOS-Druckertreiber einstellbar ist.
Neben der einfacheren Bedienung und sinnvollen Erweiterungen (Paßwort, ‚@EXTERN‘-Funktion, erweiterte Grafikmöglichkeiten, Grafik-Editor, Makrorecorder) bietet LDW Power-Calc auch im Detail praktische Vorteile gegenüber dem Vorbild Lotus V2.0: die Einstellung, ob die Anzeige von Nullen im Arbeitsblatt unterdrückt werden soll, wird mit dem Arbeitsblatt abgespeichert.
Das Programm wurde auch auf einem Rechner mit 16-MHz-Beschleunigerkarte plus Großbildschirm getestet. Es lief auf dieser Konfiguration ohne weitere Fehler. Allerdings ist die Bildschirmausgabe ein wenig langsam; dies lag offenbar nicht am verwendeten Bildschirmtreiber. LDW Power-Calc soll auch mit Overscan und auf dem Atari TT uneingeschränkt lauffähig sein.
Das Arbeiten mit LDW Power-Calc - hat man sich einmal an die unübersichtliche Lotus-Menüstruktur gewöhnt - macht richtig Spaß, der nur bei der grafischen Darstellung durch viele kleine Unzulänglichkeiten deutlich getrübt wird. LDW Power-Calc lief während des gesamten Tests stabil. Die angesprochenen Fehler sind insgesamt gesehen nicht so gravierend (abgesehen von dem Fehler bei der Ausgabe einer unformatierten Druckdatei). Nach dem langen Warten auf die Version 2.0 ist zu hoffen, daß die Korrekturen rascher vorgenommen werden. Der wichtigste Kritikpunkt richtet sich direkt an die deutsche Vertriebsgesellschaft: die unzureichende Dokumentation sollte unbedingt verbessert werden.
Für diejenigen, die ein Lotus-kompatibles Tabellenkalkulationsprogramm benötigen, gibt es zu LDW Power-Calc auf dem Atari ST/TT keine Alternative. Für den Preis von 349,- DM erhält man in der Tat ein leistungsfähiges Tabellenkalkulationsprogramm, das eine weitgehende Kompatibilität zu Lotus 1-2-3 V2.0 bietet. Potentiellen Käufern, denen die letztgenannte Eigenschaft unwichtig ist, kann die Entscheidung für oder gegen LDW Power-Calc nicht abgenommen werden. Konkurrenzprodukte wie z. B. K-Spread 4 [Lit. 2] könnten ebenfalls in die engere Wahl gezogen werden.
Anwender der Version 1.xx sollten sich die Frage stellen, ob sie den erheblich erweiterten Umfang der Makrobefehle, die neuen Kommandos Matrixoperationen und Regressionsanalyse sowie die erweiterten Grafikmöglichkeiten sinnvoll einsetzen können. Falls diese Frage bejaht werden kann, lohnt sich ein Update wirklich, der Update-Preis von 98,- DM ist jedenfalls angemessen.
Literatur:
[1] Ulrich Hofner: Das Power 1 x 1 (Teil 4), ST Magazin 6/89, S. 94
[2] Dieter Kühner: K-Spread 4 - Das Leben in der Zelle, ST Computer 7/8/91 S. 20
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