Mittlerweile gibt es auf dem Atari-Markt viele Arten von Speichererweiterungen zu kaufen: große und kleine, zum Stecken und Löten, günstige und teure. Wir haben für Sie eine Speichererweiterung entwickelt, die alle genannten positiven Eigenschaften miteinander verbindet.
Eine 4MB-Erweiterung für die ST-Modelle von Atari ist eigentlich nichts Neues mehr. Aber wie bei anderen Produkten verhält es sich auch hier: „Sind die Kinderkrankheiten erst einmal beseitigt, können wir uns dem Design widmen“. Unser Ziel war es also, eine Speichererweiterung zu entwickeln, die möglichst kleine Ausmaße hat, mit handelsüblichen (günstigen) Bauteilen auskommt und aufgrund ihrer mechanischen Realisierung keine Kontaktprobleme (und damit Abstürze) heraufbeschwört.
In Abbildung 1 sehen Sie die Pin-Belegung des von uns verwendeten Speicherbausteins(1M*4). Atari verwendet in den Mega STs eine andere Art DRAMs, wobei unser Typ den entschiedenen Vorteil hat, daß er vier dieser herkömmlichen 1-MBit-Chips in einem Baustein vereinigt und somit einiges an Platzersparnis bringt.
Die Pins mit der Bezeichnung A0 bis A9 stellen die Adreßleitungen des RAM-Bausteins dar. Es werden nacheinander (gemultiplext) die Reihenadresse (/RAS wird aktiviert) und dann die Spaltenadresse (/CAS wird aktiviert) auf den RAM-Adreßbus gelegt. Über /W wird ausgewählt, ob ein Schreib- oder Lesezyklus stattfinden soll. DQ9 bis DQ3 sind die vier Datenein- und ausgänge (und das ist halt, wie oben schon angedeutet, der einzige Unterschied zu ‘normalen’ RAMs, die 1M*1 organisiert sind und dementsprechend nur einen Datenaus- und eingang haben). /G wird als Output-Enable bezeichnet und fest mit der Masse verbunden.
Wo müssen die DRAMS angeschlossen werden? Die Adreßleitungen kommen von der MMU, sind dort mit MAD0 bis MAD9 bezeichnet (Pin-Belegung in Abbildung 2) und laufen auf dem Motherboard über niederohmige Widerstände (33 Ω) zu den internen RAM-Bausteinen. Hier kann man also ein Anschlußbeinchen auslöten oder, einfacher, aber dafür unsauber, abknipsen - ein Kabel von dem frei gewordenen Beinchen des Widerstandes zu unserer Platine legen und die Verbindung ist hergestellt. Bei den Steuerleitungen (/bedeutet immer active low) /RASx, /CASxL und /CASxH verhält es sich analog (Widerstände allerdings 68 statt 33 Ω). /W wird über keinen Widerstand direkt zu den RAMs geführt.
Die Datenleitungen der RAMs werden der Reihe nach an den Datenleitungen des RAM-Busses angeschlossen. Dieser unterscheidet sich von dem normalen Datenbus des 68000 insofern, als daß ihm noch Bustreiber zwischengeschaltet sind und so ein Direct Memory Access ermöglicht wird. Gäbe es keine DMA-Möglichkeit, wäre zum Beispiel der Bildschirm ziemlich am Flimmern bzw. ein kompletter Aufbau gar nicht erst möglich.
Diesen RAM-Datenbus kann man beim Shifter abgreifen. Da hier 16 Leitungen nötig sind und alle so schön von einem IC abgegriffen werden, führen wir hier eine Stecklösung ein, die normalerweise auch nicht zu Problemen führt: Man benutzt eine Platine, die den Shifter aufnimmt und in den so freigewordenen Shifter-Sockel gesteckt wird. Über Flachbandkabel und crimbare Federleisten wird die Verbindung zur RAM-Platine hergestellt.
Wie oben schon angedeutet, umfaßt die Speichererweiterung zwei Platinen: Eine für die RAMs und eine Platine als eine Art Adapter für den Shifter-Sockel. Da die MMU im Atari eine nicht gerade starke Treiberleistung hat, haben wir auf der Platine noch zwei Leitungs- (oder Bus-)Treiber vorgesehen.
Aus layouttechnischen Gründen haben wir hier zu bidirektionalen Treibern gegriffen, obwohl die Bausteine nur in eine Richtung betrieben werden. Hinzu kommt, daß sich der finanzielle Mehraufwand doch sehr in Grenzen hält (was uns wieder ruhig schlafen ließ...).
An sonstigen elektronischen Bauteilen findet sich nicht mehr viel, halt so das Übliche: Abblock-Kondensatoren (100nF), Stiftleisten für Adreß-/Steuer- und Datenleitungen und ein Elko, um eventuelle Spikes auf der Hauptstromversorgung zu minimieren.
Auf der Shifter-Platine finden sich zwei 20polige Stiftleisten, um die Platine in den Sockel auf dem Motherboard stecken zu können, ein 40poliger IC-Sockel für den Shifter selbst und schließlich eine 16polige Stiftleiste zur Verbindung mit der R AM-Platine.
Wie Sie sehen, ist alles nicht sooo schwierig (und das dürfte im übrigen auch einer der Gründe dafür sein, warum es im Moment einen heißen Wettbewerbskampf bei ST-Speichererweiterungen auf dem Markt gibt).
Als erstes sollten Sie sich von den abgedruckten Platinen-Layouts Platinen anfertigen. Leider war es aufgrund der hohen Bestückungsdichte nicht möglich, ein einseitiges Layout anzufertigen. So müssen Sie, wenn Sie die Platinen nicht durchkontaktieren können, beidseitig löten. Sollten Sie sich das nicht Zutrauen, können Sie auch einen industriell gefertigten, mit Lötstoplack und Bestückungsdruck versehenen, durchkontaktierten Platinensatz (Shifter und RAM) beim Autor erhalten. Näheres dazu am Ende des Artikels.
Bei der Bestückung der Platinen fängt man, gewöhnlicherweise, bei den Bauteilen mit der geringsten Bauhöhe an und arbeitet sich dann immer weiter vor. Sie sollten bei Ihrem Budget allerdings für jedes IC einen Sockel einplanen, was bei den Bustreibern auch kein Problem sein dürfte, da überall erhältlich. Bei den DRAMs haben wir jedoch die platzsparende Ausführung im ZIP- (oder Zig-Zag In-Line)Gehäuse gewählt, wofür es zwar auch Sockel gibt, die aber manchmal etwas schwer zu bekommen sind.
Wenn Sie also keine Sockel erhalten können, benutzen sie einfach sogenannte ‘IC-Präzisionskontaktstreifen’ in der Ausführung ‘Löt-Pin’, und portionieren Sie sie dann einfach den Bohrungen auf der Platine entsprechend (2*10, um 1,27mm versetzt). Für die Datenleitungen benutzen wir ebenfalls portionierbare, 2reihige Stiftleisten im Raster 2,54mm. Das Gegenstück hierfür sind Pfostenverbinder. Davon gibt es qualitativ sehr hochwertige der Firma Scotchflex, die zwar wirklich gut, aber sündhaft teuer sind! Für unsere Zwecke reicht voll und ganz die preisgünstige Ausführung (so um die 4 DM).
Bei der Platine für den Shifter sollten Sie beachten, daß der 40polige IC-Sockel von der Bestückungsseite (auf der Platine mit BS gekennzeichnet), die zwei 20poligen Stiftleisten jedoch von der Lötseite bestückt werden. Dies ist wichtig zu beachten, weil Sie sonst arge Probleme beim Einstecken der Platine in den Shifter-Sockel bekommen könnten...
Sind die Platinen bestückt, sollten Sie mit dem Einstecken der ICs noch warten (Sie haben doch Sockel gekauft???). Denn erst einmal löten Sie an der einreihigen, 7poli-gen Stiftleiste die Kabel an, die später mit den Widerständen verbunden werden. Die Adreßleitungen werden ebenfalls an den Widerständen im ST angelötet, über die die Signale zur MMU gelangen. Auf der RAM-Platine haben wir uns für die Adreßleitungen auch eine Stecklösung einfallen lassen. Näheres hierzu entnehmen Sie bitte der Abbildung 3 - dort finden Sie die Belegung aller Stiftleisten. Bevor wir nun zum Einbau der Speichererweiterung schreiten, noch eine Anmerkung: Wenn Sie nur 2 MB in Ihren Rechner einbauen wollen, brauchen Sie nur 4 DRAMs zu kaufen und in jeden zweiten Sockel zu stecken (z.B. IC1, IC3, IC5 und IC7). Die RAMs mit geradem Bauteilindiz sind Bank 1 (also Signale /RAS1, /CAS1L und /CAS1H), die mit ungeradem Indiz Bank 0 (/RAS0, /CAS0L und /CAS0H). Da so nur eine RAM-Bank im ST ‘angezapft’ wird, können Sie noch eine Bank des vorhandenen ST-RAMs weiterhin benutzen.
Zum Einbau der Speichererweiterung (wir haben sie sinnigerweise MB4 getauft) benötigen Sie einen Durchgangstester, um feststellen zu können, welches MMU-Signal über welchen Widerstand läuft. Zerlegen Sie also Ihren kompletten ST (eine eventuell noch bestehende Garantie geht damit übrigens verloren), bis Sie das nackte Motherboard in den Händen halten (für all diejenigen, die nicht wissen, was das Motherboard ist, ist es jetzt an derZeit, die Finger von diesem Projekt zu lassen). Die MMU ist einer der quadratisch-praktisch-gut-Chips, meist in der Nähe der eingebauten RAM-Bausteine. Hier stellt sich die philosophische Frage, woran man die RAM-Chips erkennt: entweder an der Bezeichnung (511000 oder 41256) oder an der überproportionalen Ansammlung gleichartiger schwarzer Krabbeltierchen auf einem Minimum an Platz (noch besser: reziprokes Verhältnis zwischen Platinenfläche und Anzahl der ICs). Mit dieser Beschreibung dürfte auch der intellektuelle Geist die RAMs gesichtet sein ...
Irgendwo in der Nähe der eingebauten RAMs findet sich ein Haufen von Widerständen. Diejenigen im blauen Styling sind für die Steuersignale zuständig (/RAS usw.), die im zarten Orange für die Adreßleitungen. Da Atari so geschickt war, bei jeder Platinenrevision die Nummer der Widerstände zu ändern, können wir Ihnen eben diese nicht verraten. Dazu brauchen Sie den vorhin schon angesprochenen Durchgangstester.
Im Schaltbild der Speichererweiterung sind die jeweiligen Pin-Nummern der MMU vermerkt, so daß Sie eine Liste mit Widerstandsnummern und Adreßleitungen machen können, die Ihnen bei der folgenden Lötarbeit hilfreich zur Seite stehen wird. Ist Ihr Rechner von Haus aus nur mit 41256-Typen bestückt, müssen Sie sich das Signal A9 (bzw MAD9) direkt von der MMU holen: Hierzu lötet man einen 33-Ohm-Widerstand von der Lötseite des Motherboards an den Pin 64 der MMU an. Haben Sie einen Rechner mit einer SMD-MMU, so stimmt die im Schaltbild angegebene Pin-Belegung bis auf das MAD9-Signal. Die korrekte Pin-Nummer für diese MMU ist in Klammern angegeben (nämlich 66).
Haben Sie herausgefunden, welcher Widerstand mit welchem Pin der MMU verbunden ist, suchen Sie einen Platz für die Speichererweiterung (im 1040 z.B. unter der Tastatur, fixiert mit ein wenig Schaumstoff), um die Kabel auf die notwendige Länge zuzuschneiden und an die entsprechenden Widerstände anzulöten. Bitte beachten Sie, daß die Kabel so kurz wie nur irgend möglich sein sollten. Des weiteren ist es ratsam, die Widerstände mit Schrumpfschlauch zu isolieren, damit es später zu keinen Kurzschlüssen kommen kann.
Nun widmen wir uns dem Shifter. Dazu öffnen Sie das kleine Blechgehäuse, das auf das Motherboard angelötet ist und hebeln mit äußerster Vorsicht (!) den 40poligen Shifter aus seiner Fassung. Bitte berühren Sie die Anschlußbeinchen nicht mit den Fingern, da dieser Chip sehr schnell zerstört werden kann und ein Ersatz um die 100 DM kostet. Am besten ist es wohl, wenn Sie ihn nicht einfach auf den Tisch legen, sondern in speziellem CMOS-Schaumstoff Zwischenlagern. Stecken Sie nun die Adapterplatine in den freigewordenen Sockel und den Shifter selbst in den Sockel auf der Platine. Sollte sich das Metallgehäuse nicht mehr schließen lassen, können Sie den Deckel durch mehrmaliges Hin- und Herbiegen sanft abbrechen (sanft!). Verbinden Sie nun die RAM-Platine mittels des 16poligen Flachbandkabels mit der Shifter-Platine.
Für die Stromversorgung benutzen wir dicke, hochflexible Litze (zum Beispiel 2mm2) - schwarz für Masse und rot für +5V. Die benötigte Spannung können Sie sich in der Nähe des Netzteils bzw. dicken Eikos besorgen. Man kann auch ein Stück Leiterbahnfläche freikratzen und die Kabel dort anlöten (aber vergewissern Sie sich, daß die Stelle auch wirklich +5 V bzw. Masse führt!). Wie die Daten-, Adreß- und Steuerleitungen sollten auch die Stromversorgungskabel möglichst kurz sein.
Jetzt müssen noch die alten RAMs des STs deaktiviert sein. Wenn Sie die Speichererweiterung voll bestücken wollen, können Sie weiterlesen. Für die 2MB - Aufrüstung springen Sie bitte zu der entsprechenden Überschrift.
A1,A2 | Single-Inline-Array, 8 Widerstände a 4k7 |
C1 - C10 | Keramik-/Vielschichtkondensator 100nF Rastermaß 2,54mm |
C11 | Elko 470µF/16V, stehend (und möglichst klein) |
IC1 - IC8 | DRAM 514400 (4M*1), ZIP-Gehäuse, Sockel nicht vergessen! |
IC9 - IC10 | 74HCT245, DIP-Gehäuse, Sockel nicht vergessen! |
P1 | Stiftleiste 16polig, zweireihig (2*8) |
P2 | Stiftleiste 10polig, zweireihig (2*5) |
P3 | Stiftleiste 7polig, einreihig (1*7) |
1 | Widerstand 4kΩ, 0.25W |
Stückliste Shifter-Platine:
IC01 | 40poligen Sockel |
P01, P02 | Stiftleiste, 20polig, einreihig (1*20) |
P03 | Stiftleiste, 16polig, zweireihig (2*8) |
Sonstiges:
Hier sollten Sie ALLE Widerstände, die Signale von der MMU zu den ST-RAMs führen, mit einem Beinchen auslöten (so, daß die RAMs im ST keinen Kontakt mehr zu den Widerständen haben). Das betrifft auch die Adreßleitungen!
Jetzt müssen Sie die alten RAMs deselektieren, indem Sie die Leitung /RAS und /CAS beider Banken mittels eines Pull-up-Widerstandes (4k7) auf logisch high legen. Führen Sie dann die Arbeit, wie oben bereits beschrieben, mit dem Anlöten der Kabel fort.
Hier brauchen Sie nur die Widerstände auszulöten, die die Signale /RAS1, /CAS1L und /CAS1H führen. Ausnahme: Haben Sie einen Mega ST 2, müssen Sie diese Widerstände wahrscheinlich erst noch bestücken. Die Widerstände der Adreßleitungen dürfen nicht ausgelötet werden. Am besten ist es, wenn Sie die ‘Adreßkabel’ von der RAM-Platine kommend an einem Beinchen der Widerstände anlöten. Bei einer eventuell lahmgelegten RAM-Bank (wie z.B. beim 1040er) müssen die Signale /RAS und die beiden /CAS-Signale über einen Pull-up-Widerstand (4k7) auf +5V gelegt werden. Nun können Sie, wie oben bereits beschrieben, mit dem Anlöten der Kabel beginnen.
Überprüfen Sie noch einmal, ob Sie alle Schritte korrekt und ordentlich ausgeführt haben. Bevor Sie jedoch die RAMs in die Sockel stecken, schalten Sie Ihren Rechner ein (zuvor natürlich wieder alle Kabel anschließen), messen die Spannung an den RAM-Sockeln und prüfen Sie deren Polung.
Erst jetzt bestücken Sie die RAM-Platine (Rechner vorher ausschalten!). Haben Sie sich ein reines Gewissen verschafft, kommt der spannende Moment: Schalten Sie den Rechner ein. Sollte nicht nach kurzer Zeit, wie gewohnt, der Boot-Vorgang beginnen, schalten Sie den Rechner wieder aus und überprüfen noch einmal, ob Sie alle Schritte korrekt ausgeführt haben.
Sollte Ihr Rechner wie gewohnt booten, der Bildschirm jedoch viele kleine schwarze Pixel aufweisen, weist dies entweder auf eine fehlerhafte bzw. nicht ausreichende Masseführung oder aber auf ein Kontaktproblem hin. Ist die Schrift auf dem Bildschirm invers, haben Sie mit größter Wahrscheinlichkeit die Steuerleitungen /CASxH und /CASxL vertauscht. Sollte Ihr Rechner ab und zu einen Reset durchführen, weist dies ebenfalls auf ein Kontaktproblem hin. Das sind eigentlich die am meisten auftretenden Probleme. Sollten Sie Schwierigkeiten beim Einbau haben, helfe ich Ihnen gerne weiter.
Das war’s also. Wenn Ihre Speichererweiterung funktioniert, sollten Sie Ihren Rechner zur Probe 48 Stunden lang angeschaltet lassen, um sicherzugehen, daß es auch keine thermischen Probleme gibt.
Wie bereits angedeutet, ist es möglich, die für dieses Projekt benötigten Platinen, industriell gefertigt, zu bestellen. Dazu wenden Sie sich bitte direkt an den Autor, der Ihnen auch gerne bei Problemen behilflich ist.