1st Base - Basiswissen

In der Werbung wird sie als „die schnellste Datenbank für den Atari ST“ angepriesen. Ob diese Behauptung stimmt, läßt sich bei der enormen Fülle von Datenbank-Programmen für Atari-Computer sicherlich nicht in kurzer Zeit ermitteln. Wahr ist allerdings, daß das Vorgängerprodukt zu 1st Base, 1st Address, schon sehr schnell war und 1st Base tatsächlich noch einen Zahn zugelegt hat.

Doch nicht nur in Sachen Geschwindigkeit hat das Datenbankprogramm aus dem Hause Victor-Software eine Überarbeitung erfahren. Der Funktionsumfang und die wesentlich erweiterten Einsatzmöglichkeiten machen 1st Base gegenüber seinem Vorgänger 1st Address wirklich zu einer vollwertigen, ja sogar relationalen Datenbank. Die enorme Geschwindigkeit wird gerade dabei nicht nur hilfreich, sondern geradezu notwendig.

Gewohnte Bedienung

Wer 1st Address kennt, dem wird zunächst auffallen, daß sich die Grundbedienung nicht wesentlich geändert hat. Alle Datensätze werden zeilenweise in einem GEM-Fenster dargestellt und können sofort per Mausklick ihren gesamten Inhalt dem Benutzer offenbaren. War 1st Address nur als Accessory installierbar, kann 1st Base nun zusätzlich auch als normales GEM-Programm gestartet werden. Auch die Beschränkung auf nur ein GEM-Fenster fällt weg. Es kann für jede Datenbank ein separates Fenster geöffnet werden. Allerdings läßt das Programm insgesamt nicht mehr als 4 Fenster zu. Die Verwendung des PD-Programmes WINX, welches das GEM auf bis zu 128 Fenster erweitert, bringt also in Verbindung mit 1st Base keine Vorteile. Dies ist aber durchaus zu verschmerzen, wenn man bedenkt, daß es im praktischen Betrieb sicherlich nicht besonders sinnvoll ist, mehr als 4 Datenbanken gleichzeitig zu bearbeiten. Die ungewohnt schnelle Bildschirmausgabe in ein GEM-Fenster verleitet zu der Annahme, daß die Programmierer eigene Ausgaberoutinen verwenden und nicht das Betriebssystem dazu benutzen. Auf monochromen Großbildschirmen gab es allerdings keine Probleme. Ein Test auf dem TT in mittlerer Auflösung (16 Farben) offenbarte dann aber einen Fehler beim Fenster-Redraw. Nicht aktive 1st Base-Fenster stellen nach einem Redraw nur noch wirren Bildschirmmüll dar. Sobald aber eines dieser Fenster per Mausklick aktiviert wird, ist die Ausgabe wieder korrekt. Die Geschwindigkeit ist auf dem TT geradezu atemlos zu nennen. Abgesehen von dem kleinen Redraw-Fehler ist 1st Base also auch hier einsetzbar.

Pull-Down-Menüs im GEM-Fenster

Im Unterschied zu 1st Address stellt 1st Base nun auch ein eigenes Desktop dar, das mit Papierkorb, Icons für die jeweilige geladene Datenbank und die von 1ST-Word her bekannten Funktionstasten-Buttons bestückt ist. Wird das Programm als Accessory geladen, befindet sich dieses Desktop komplett in einem GEM-Fenster, was natürlich zu lasten der Darstellung der eigentlichen Datensätze geht. Deswegen lassen sich im Accessory-Modus die Desktop-Symbole und die Funktionstasten-Buttons ausblenden. Erstaunlich ist, daß auch die Pull-Down-Menüs weiterhin verfügbar sind. Sie befinden sich ebenfalls mit in dem GEM-Fenster. Durch diesen Trick gibt es quasi keinerlei Beschränkung in der Bedienung des Programmes hinsichtlich einer Installation als Accessory. Diese Art zu programmieren, sollte in Zukunft Schule machen, auch oder gerade im Hinblick auf Multitasking.

Eigener Maskeneditor

Als ein großes Manko wurde bei 1st Address häufig der fehlende Maskeneditor beklagt. Zwar gab es Fremdprodukte, die diese Lücke zu schließen versuchten, aber wünschenswert wäre ein Editor zum Erstellen der Eingabemasken direkt im Programm. Diesem Wunsch sind die Entwickler von 1st Base nachgekommen und haben einen komfortablen und in gewisser Hinsicht sogar intelligenten Editor integriert. Statt Masken wird der Terminus „Tabellen“ benutzt, was aber sinngemäß identisch ist. Der Tabelleneditor wird in Form einer Dialogbox dargestellt, die sich erfreulicherweise in der Größe automatisch der Bildschirmauflösung anpaßt. Dadurch kann auch ein Großbildschirm komplett genutzt werden. Aber auch ohne Großbildschirm oder andersartige Grafikerweiterung kann eine Tabelle größer als ein Bildschirm sein. Dazu kann man innerhalb des Editors zwischen maximal 9 Bildschirmseiten blättern. Die einzelnen Datenfelder lassen sich bequem per Maus positionieren und in der Größe variieren. Fehler, wie z.B. doppelt vergebene Identifikationen, erkennt der Editor und weist den Benutzer darauf hin. Sehr praktisch ist auch, daß Tabellen jederzeit geändert, Felder hinzugefügt, gelöscht oder umpositioniert werden können. Der Datenbestand wird dann sofort auf die neue Tabelle angepaßt.

Export/Import, die Außenhandelsbeziehungen

1st Base ist mit mächtigen Funktionen zum Im- und Exportieren von Datensätzen ausgestattet. Neben den üblichen Import-Formaten wie ASCII-Standard und ASCII-Delimited (mit Anführungszeichen) ist ein völlig neues Konzept zum Datenimport ausgearbeitet worden. Hinter der schlichten Bezeichnung „Import vom Atari-System“ verbirgt sich die geniale Idee, den Import von Datensätzen über die Output-Devices des Atari ST zur regeln. Im Klartext bedeutet dies, daß sich 1st Base in die Betriebssystemfunktionen zur Zeichenausgabe einklinkt und direkt von dort Datensätze für sich abfängt. Im praktischen Betrieb könnte dies beispielsweise so aussehen: Die Import-Funktion von 1st Base wird in die Betriebssystemroutine zur Zeichenausgabe auf den Drucker geklinkt. Anschließend kann ein beliebiges Programm gestartet und mit diesem irgendwelche Druckerausgaben getätigt werden. Auf Tastendruck hin filtert 1st Base nun aus den Daten, die zum Drucker gehen, Informationen für sich heraus und legt sie als Datensätze ab, wobei der Anwender bestimmen kann, ob die Daten zusätzlich noch zum Drucker gehen sollen oder 1st Base die Ausgabe einfach unterdrückt (Papier sparen). Natürlich kann man 1st Base nicht nur in die Druckerschnittstelle einklinken. Das gleiche Verfahren ist auch bei der Ausgabe auf den Bildschirm, die serielle- oder die MIDI-Schnittstelle möglich. Mit Hilfe dieser Möglichkeiten sollte es eigentlich machbar sein, vorhandene Datenbestände aus fast allen anderen Programmen schnell und einfach in 1st Base zu übernehmen. Lediglich bei Programmen, die ihre Datenausgabe durch eigene Routinen abwickeln und nicht das TOS-Betriebssystem dazu benutzen, versagt diese Art des Datenimportes.

...denn was man schwarz auf weiß besitzt...

Eigentlich sollten an dieser Stelle die Ausgabefunktionen von 1st Base beschrieben werden. Leider konnten wir diese nicht testen, weil uns die Firma Victor-Soft trotz mehrmaliger Nachfrage bis zum Redaktionsschluß keine personalisierte Version von 1st Base zusenden konnte. Die nicht personalisierte Version stand uns allerdings schon ab der Atari-Messe zur Verfügung. In dieser sind jedoch keinerlei Ausgabefunktionen ansprechbar. Victor-Soft hat sich diese Handlungsweise wohl als Kopierschutz gedacht, was sicherlich nichts Verwerfliches darstellt. Allerdings sollte es doch möglich sein, innerhalb von mehr als 6 Wochen die endgültige Version auszuliefern, zumal in der nicht personalisierten Version gerade solch elementare Funktionen, auf die der Anwender angewiesen ist, fehlen.

Fazit

1st Base macht einen sehr guten Eindruck. Die Geschwindigkeit ist tatsächlich atemberaubend, und das Handling ist hervorragend gelungen. Die IMPORT- und EXPORT-Funktionen lassen sich behelfsweise anstelle der in der nicht personalisierten Version fehlenden Ausgabefunktionen einsetzen. Es ist anzunehmen, daß Victor-Soft bald seinen registrierten Anwendern die „Vollversion“ nachliefert, in der dann alle Funktionen verfügbar sind.

CM

Bezugsquelle:
VICTOR GmbH Oliver Victor Halbmond 8 W-2058 Lauenburg/Elbe

Bis zu vier Tabellen lassen sich pro Datenbank gleichzeitig bearbeiten.
Der integrierte Tabelleneditor ist komfortabel mit der Maus zu bedienen.


Aus: ST-Computer 11 / 1991, Seite 48

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