Wessen Wahl auf einen tragbaren Computer fällt, der hat es entgegen aller Annahmen gar nicht leicht. Die Auswahl passender Peripheriegeräte ist nämlich noch längst nicht so groß, wie das Angebot der Laptops es erwarten läßt.
Was für Mäuse, Modems und Monitore gilt, trifft ebenfalls für das beliebteste und notwendigste Nebenaggregat, den Drucker, zu. Die Not, über keine tragbaren Geräte zu verfügen, hat für kurze Zeit sogar zu einer Renaissance kleiner 9-Nadler geführt.
In diese Marktlücke stößt Canon mit einem völlig neu konzipierten Winzling, und es sieht ganz so aus, als werde der knapp 2 Kilogramm schwere BJ-10e zum echten Renner. Wir haben uns den Tintenstrahler ebenfalls genauer angesehen und an den momentan einzigen behenkelten ST, den Stacy, angeschlossen.
Das Druckverfahren, das unser Fliegengewicht benutzt, wird von Canon LBubble-Jet Drucksystem’ genannt. Ein Thermoelement erwärmt in einem Röhrchen Tinte, die sich daraufhin ausdeht und am Rohrende, der Düse, eine Blase (Bubble) bildet. Die Blase trennt sich ab und tritt den Flug in Richtung Papier an, wo sie als Tropfen ankommt.
Canon kann auf langjährige Erfahrung mit dieser Technik zurückblicken; bereits in [1] hatten wir mit einem Drucker die Ehre, der auf diese Weise Tinte verspritzt. Doch ist das System bei weitem nicht unverändert geblieben. Der Art, wie Hewlett-Packard beim DeskJet [2] das Problem eintrocknender Tinte und verschlissener Düsen gelöst hat, schließt sich auch Canon an. Der BJ-1 Oe besitzt eine Tintenpatrone, in der die 64 Düsen bereits eingebaut sind. Sie werden mit der kompletten Kartusche ausgetauscht.
Im großen und ganzen ist der kleine Canon ein ‘normaler’ Drucker. DasPapier wird klassisch um die Druckwalze gelegt, die Einzelblattzuführung erfolgt von oben. Die Verarbeitung perforierten Materials ist allerdings nicht möglich - für Traktoren ist im Winzling kein Platz. Eine parallele Schnittstelle ist eingebaut, das Netzteil jedoch ist extern - Tribut an die Gewichtsreduzierung. Dafür aber findet sich an der Rückseite ein Fach für den als Sonderzubehör erhältlichen Akku. Der soll nach einer Ladezeit von 10 Stunden den Druk ker für 40 Minuten mit Energie versorgen. Wenn man bedenkt, daß so mancher Laptop auch nur zwei Stunden netzunabhängigen Betriebes erlaubt, scheint das völlig ausreichend.
Ob es zur Energieeinsparung beiträgt oder schlicht nur preiswerter ist, sei dahingestellt. Mich jedenfalls nervt das heisere Gepiepse, mit dem der BJ-10e seine Einstellungen kundtut. Mit einer der gut geformten Tasten auf dem Panel kann man - je nach Betriebsart - Schriftstil und -breite einstellen. Weil dafür auf Lämpchen verzichtet wurde, besteht die Kontrolle der Einstellung nur in einem Piep. Der Blick ins Handbuch („Wie oft drücken war nun Fettdruck?“) bleibt einem nicht erspart. Hier könnte ein Aufkleber auf der Innenseite der Klappe für Klarheit sorgen.
Die Tastatur ist gut geraten, auffällig sind die Knöpfe zum Vor- und Zurückfahren des Papiers. Dem BJ-10e fehlt aus Platzgründen der Walzendrehknopf, da kann das Papier auf diesem Weg von Hand bewegt werden. Unter der Klappe finden wir auch zehn DIP-Schalter, gegen die an dieser Stelle nichts einzuwenden ist.
Die Bedienung des kleinen Canon ist völlig unproblematisch und simpel. Das Papier zieht er halbautomatisch ein. Das heißt: Papier auf die Klappe legen, die hochgestellt als Rutsche dient, Knopf drücken, und schon kann’s los gehen. Der Druckbeginn ist aufgrund der sehr kompakten Bauweise erfrischend weit oben auf dem Blatt, so daß der BJ-10e mit 68 Zeilen ein DIN A4-Blatt sehr gut ausnutzt.
Ein besonderer Gimmick, der gar nicht so lächerlich ist, wie er scheint, ist der Ständer an der Rückseite des kleinen Druckers. Er wird gedreht, schon steht das Gerät auf dem Rücken. Von der Unterseite, die im Bild rechts ist, wird durch einen Schlitz stärkeres Papier zugeführt. Canons Ingenieure haben hier die Not zur Tugend gemacht. Die kleine und damit schwache Mechanik des Druckers scheitert im normalen Betrieb an Umschlägen. Durch den Schlitz aber erhält der BJ-10e nahezu Flachbettdruckerqualitäten. Auch verstärkte Umschläge zieht er ohne Klagen ein. An der Rückseite wird auch der als Option erhältliche Einzelblatteinzug angesetzt.
Eher bescheiden zeigt sich der Zwerg auf seiner Software-Seite. Ich rückte ihm mit dem Druckertestprogramm (PD 420/421) zu Leibe, doch häßlich ward das Ergebnis. Der Grund: Die einzige Emulation, die in seinem Innern schlummert, verhilft ihm dazu, die Befehle eines IBM-XL24-Druckers zu verstehen. Welche Verschwendung! Der Drucker versteht auf irgendeine Weise auch Canon-eigene Grafikbefehle für hohe Auflösungen, nur welche Software beherrscht die? (Leider läßt sich das Handbuch über diese Kommandos nicht weiter aus.) Doch in der IBM-Emulation ist normale 360(DPI waagerecht) mal 180(DPI senkrecht)-Grafik die Grenze des Machbaren. Ein Vorschub um ein 360tel Zoll fehlt nämlich.
Mit gängiger ST-Software gibt’s also zwei Reibungspunkte. Zum einen im normalen Textbetrieb. Dort bedarf es Treiber für IBM-Drucker, die entsprechende Kommandos zur Umschaltung der Schriftbreite und des Stils verwenden. Gängig am ST sind Treiber für Epson-kompatible Geräte, doch für viele Textverarbeitungen gibt es auch IBM-Treiber, zumal die Anpassung nicht sehr problematisch ist.
Zum anderen ist da die Grafik. Zunächst muß man sich auf 360*180 Punkte pro Zoll beschränken, siehe oben. Weitere Probleme gibt’s dann nicht mehr, wenn das Text- oder Grafikprogramm die richtigen Grafikbefehle benutzt (‘ESC * ...’) und die Positionierung mit ‘ESC $ ...’ vermeidet sowie ‘ESC 3’ zum Setzen des Zeilenabstandes benutzt. Bei Signum! läßt sich letzteres jedoch nicht abschalten, so daß der Druck mißlingt. Sind diese Voraussetzungen allerdings erfüllt (Tempus Word, Script, Arabesque) gelingt die grafische Datenausgabe problemlos.
Wenn der geneigte Leser einen Blick in die Tabelle wagt, wird er gewahr, daß es sich beim BJ-10e um ein flinkes Kerlchen handelt. Er bricht zwar keine Rekorde, aber im guten Mittelfeld preiswerter 24-Nadler hält er mit. Dabei ist der Tintendruck längst nicht so unproblematisch, wie man denkt. Denn das schwarze Naß muß Zeit zum Trocknen bekommen. Daher fällt auch beim Canon der relativ langsame Zeilenvorschub auf. Zudem bedarf es ausgeklügelter Maßnahmen, um die Düsen während des Drückens vonn Eintrocknen zu bewahren. Dazu fährt der Canon seinen Kopf nach wenigen Zeilen in eine Ruheposition, wo eine Verschließ-und Auffangvorrichtung auf ihn wartet. Dort pustet er mit allen Düsen hinein, um sie in Gang zu halten, und weiter geht's. Bei jeder kleineren Druckpause bewegt er sich ebenfalls dorthin, um die Düsen zu verschließen.
Geschwindigkeit ist natürlich nicht alles, der Canon besticht zudem durch seine geringe Geräuschkulisse. Ein sanftes Klacken bei jeder Kopfbewegung ist alles, was er von sich gibt. Und das stammt vom Spindelantrieb, den Canons Ingenieure dem Winzling zum Kopfantrieb verpaßt haben. Recht ungewöhnlich, ein solcher Aufbau. Doch ist er vermutlich unempfindlich gegenüber rüder Behandlung unterwegs. Apropos mitnehmen: Der Druckkopf wird bei jedem Ausschalten des Gerätes arretiert, so daß auch er gegen Stöße gefeit ist.
Weit weniger schonend geht der B J-1 Oe mit dem Geldbeutel seines Herrn um. Die Patronen mit der Tinte kosten per Stück 59 DM und sind laut Canon gut für 700.000 Zeichen. Das sind rund 550 DIN-Briefe und damit Verbrauchskosten pro Brief von ca. 11 Pfennigen. Damit liegt er höher als viele Laserdrucker, zumal darin nicht die Abnutzung des Gerätes enthalten ist (ebensowenig wie das Papier).
Drucker | Text | Text | Text | Text | Grafik | Grafik | Grafik | Grafik | Grafik | Kopfbe- | Kopien |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Draft-Endlos | LQ-Endlos | LQ-Einzel | Brief | Brief 180 | Brief 360 | ST-Hardcopy | S/W-Bild | Farbbild | schleun. | ||
Canon BJ-10e | - | - | 00:18/13:41 | 00:42 | 01:06 | - | 00:17 / 00:21 | - | - | 0% | - |
Citizen Swift 24 | 03:40 / 04:44 | 03:58 / 11:39 | - | 00:41 | 00:54 | 01:46 | 00:23 / 00:25 | - | - | - | 1+1 |
Fujitsu DL 1100 | 01:19 / 05:11 | 03:08 / 12:12 | 03:57 / 15:35 | 00:46 | 00:44 | 01:23 | 00:15 / 00:44 | 05:33 | 88% | 1+3 | |
Seikosha SL-92 | 00:19 / 04:54 | 00:19 / 10:11 | 00:19 / 12:28 | 00:37 | 01:12 | 02:15 | 00:18 / 00:19 | - | - | 81% | 1+3 |
STAR LC24-200 COLOUR | 00:38 / 04:50 | 00:43 / 11:37 | - | 00:42 | 00:47 | 01:30 | 00:21 / 00:26 | 02:48 | 06:20 | 0% | 1+4 |
Rundherum ist der Canon BJ-10e eine sehr erfreuliche Maschine. Den Japanern ist es gelungen, eine ganze Reihe von pfiffigen Lösungen in einem Gerät unterzubringen, das dabei nicht überteuert ist. Die vielseitige Papierverarbeitung, die relativ hohe Geschwindigkeit, die Geräuscharmut erfüllen meine Ansprüche an ein ergonomisches Gerät. Gleichzeitig ist es klein, leicht, sogar netzunabhängig und außerdem in angenehmem Grau gehalten.
Nicht nur neben dem Laptop macht er sich auch auf dem Schreibtisch gut. Der Canon ist das richtige Gerät für denjenigen, der nicht viel zu drucken hat, sich dann nicht vom Krach des Nadlers nerven lassen will. Zwischendurch kann man ihn sogar in der Schublade verschwinden lassen. Die Qualität, die er zu Papier bringt, können Sie in der Grafik- und Schriftprobe besichtigen. An ihr ist nichts auszusetzen, sie ist vor allem gleichmäßiger als bei einem Nadeldrucker.
Kritikpunkte sind die hohen Tintenkosten und die mangelnde Software-Ausstattung. 37 kB Pufferspeicher sind zwar ein Trostpflaster, doch eine Epson-Emulation würde ihm gut zu Gesicht stehen. Wer ihn in sein Herz geschlossen hat und noch ein wenig warten will, für den wird es noch in diesem Sommer ein identisches Gerät von Brother geben, das vor allem durch bessere innere Werte glänzt (siehe auch [3]). Auch die Apfelmännchen aus Palo Alto fanden Gefallen an Canon’s
Kleinstem: Im neuen Apple StyleWriter, dem Low-Cost-Gerät zum Mac Classic, befindet sich ebenfalls das Druckwerk des BJ-1 Oe. Der zukünftige Besitzer kann davon nur profitieren. Denn so sind Angebot und Wettbewerb für das Verbrauchsmaterial gewährleistet.
IB
Grundgerät: 998 DM
Akku: 128 DM
Tintenpatrone für 700.000 Zeichen: 59 DM
Garantie: 6 Monate
[1] Canon BJ-130, ST-Computer 7,8/89, S.62ff.
[2] Lärmschutzmaßnahme - HP DeskJet PLUS, ST-Computer 4/90, S.54 ff.
[3] Beeindruckend - Neue Drucker auf der CeBIT 91, ST-Computer 6/91, S 60 ff.