SIGNUM-Utilities: Signum & Co.

Obwohl seit der Veröffentlichung von SIGNUM 2 (Application Systems Heidelberg) kaum etwas Weltbewegendes an dem Programm verändert wurde, hat es trotzdem so manchen Mitbewerber in der Textverarbeiterzunft schon überlebt. Dies mag trotz mancher Schwäche vor allem an den vielen zur Auswahl stehenden Zeichensätzen und der exzellenten Druckausgabe liegen. Dieses Thema hat auch schon so manchen Programmautor gefesselt, so daß es bereits mehrere Programme in der ST Computer-Sammlung zu diesem Schwerpunkt gibt: SUCH_SETS (ST-PD 184), SNAPFONT (ST-PD 248) sowie HOUDINI (ST-PD 343).

Zeichensatz nicht gefunden

Wer hat diese Meldung nicht schon einmal im Zusammenhang mit SIGNUM präsentiert bekommen? Vor allem Atarianer. die zwar über viele Zeichensätze verfügen, aber nur mit einer Diskettenstation arbeiten, werden sie kennen. Unglücklicherweise ist das Programm so gemein, kein Nachladen von einem beliebigen Pfad zuzulassen. So wird auch das Arbeiten mit mehreren Disketten unnötig erschwert. Um Problemen dieser Art vorzubeugen, gibt es schon seit etwas längerem das Programm SUCH_SETS von Alfred Saß.

Mit diesem Programm lassen sich beliebige Verzeichnisse oder ganze Disketten nach SIGNUM-Dokumenten(*.SDO bzw. *.SBK) durchsuchen. Anschließend werden dann zwei Listen ausgegeben: ein Verzeichnis der gefundenen Dateien mit Angabe der verwendeten Zeichensätze sowie eine alphabetische Liste aller - d. h. in sämtlichen Dokumenten - gefundener Fonts. Zusätzlich wird dahinter die Häufigkeit registriert, so daß man auch eine kleine Statistik der Lieblingszeichensätze erhält.

Ist eine Liste für eine Bildschirmdarstellung zu groß, kann man auch durch die Listen scrollen. Daneben besteht die Möglichkeit, sie aus-drucken zu lassen. Eine Ausgabe in eine Datei ist leider nicht vorgesehen. Darüber hinaus läßt sich die Dokumentenliste auch nach verschiedenen Kriterien sortieren. Ein hübscher Nebeneffekt ist, daß SUCHSETS ferner Erstellungs- und Aktualisierungsdatum der Datei angibt. So erhält man eine Übersicht über die Aktualität der Dokumente bzw. deren letzte Änderung.

Der Schnapper

Fast schon ein kleines integriertes Programmpaket stellt SNAPFONT von Arno Maurer dar: Zunächst bietet es das Schreiben auf dem Bildschirm mit Druckerzeichensätzen, um große Überschriften erzeugen zu können. Des weiteren lassen sich große oder kleine Tabellen des geladenen Fonts ausgeben und über den dritten Menüpunkt - meines Erachtens den interessantesten - lassen sich neue Zeichensätze bequem erstellen.

Schlagzeile

Der Menüpunkt Text ist schnell erklärt: Obwohl die von SIGNUM angebotenen Attribute groß und breit in der Regel für Hervorhebungen ausreichend sind, hat man manchmal das Bedürfnis, noch größere Zeichen zu verwenden. Da dies über die regulären Zeichensätze nur begrenzt möglich ist, wird hier ein anderer Weg eingeschlagen; der gewünschte (kurze) Text wird mit einem beliebigen Druckerzeichensatz auf den Bildschirm geschrieben und als Grafikseite abgespeichert. Diese läßt sich anschließend in SIGNUM einlesen und wie gewohnt manipulieren. Ferner bietet sich an, sie zwischendurch noch einmal mit einem Malprogramm zu bearbeiten. Dabei kann die Schrift weiter vergrößert, verzerrt oder verfremdet werden. Da bei dieser Vorgehensweise die Qualität von der Bildschirmauflösung abhängt, sind teilweise bei der Druckqualität Abstriche zu machen.

Die zweite Funktion Font -> PIC gibt einen Zeichensatz komplett am Bildschirm aus. Bei kleineren Fonts reicht in der kompakten Darstellung eine Seite, größere werden auf mehrere verteilt. Wenn man sie ausdruckt oder abspeichert, kann man sich auf diesem Wege einen kleinen Katalog anfertigen (ich würde mir dazu allerdings unter SIGNUM ein Tastenprogramm mit einem kleinen Text schreiben, um zusätzlich die Druckqualität zu erreichen). Wichtiger ist eigentlich die Tabellenfunktion, die einen Zeichensatz unabhängig von der Größe in einem bestimmten Raster ausgibt. Wieso, erfahren Sie im folgenden Absatz.

Neuer Zeichensatz

Der dritte und letzte Programmteil PIC -> Font erzeugt aus einer Grafikseite (32-kByte-Format) einen SIGNUM-Druckerzeichensatz. Die neuen Zeichen müssen dazu in bestimmter Weise angeordnet sein, damit sie einerseits vollständig im Raster liegen, andererseits auch der richtigen Taste zugeordnet werden. Da es eine ziemliche Fummelarbeit ist, einen vollständigen Zeichensatz Pixel für Pixel zu erstellen, bietet es sich an, zunächst einen vorhandenen einfach zu ändern. Als Grundlage dient die oben beschriebene Tabellenfunktion. So eine Tabelle wird in ein Malprogramm geladen und läßt sich dort recht einfach kreativ umgestalten (die Abbildung zeigt einige einfache Beispiele). Will man sich wirklich etwas völlig Neues schaffen, steht eine Maske zur Verfügung, in die man die Vorlagen einfügen kann. Vor allem eigene Symbole und kleine Grafiken kann man so leicht integrieren. Man muß dabei aber bedenken, daß so feine Abstufungen wie bei den unteren Beispielen, später bei den Ausdrucken -auch bei einem 24-Nadeldrucker-kaum zur Geltung kommen. Man muß für einen deutlichen Abstand schon drei bis vier Pixel einkalkulieren. Ist man mit seinen Kreationen zufrieden, braucht man nach dem Abspeichern SNAPFONT bei der Arbeit nur noch zuzusehen.

Das Utility fertigt zwar sehr schöne Druckerzeichensätze, aber keinen entsprechenden Editor-Font. Hat man eine Schrift nur wenig verändert, kann man versuchen, einfach den Editor-Zeichensatz der Ausgangsschrift zu verwenden. Andernfalls kommt man nicht darum herum, mit Hilfe des gewöhnlichen Editors, ihn selbst zu erstellen. Spätestens hierbei fällt einem auf, daß man die Auflösung nicht überschätzen darf! Viele der kleinen Grafiken erscheinen im Editor nur als schwarzer Fleck. Das Druckergebnis ist dann kaum besser, was man aber nicht SNAPFONT in die Schuhe schieben darf. Wenn man diese kleinen Einschränkungen beachtet, lassen sich schnell gute Ergebnisse erzielen.

Der Entfesselungskünstler

Der Dritte im Bunde, das Utility HOUDINI von Erhard Schwartz, entfesselt schließlich die SIGNUM-Zeichensätze: war man es bisher gewöhnt, brav von links nach rechts zu schreiben, macht es es dieses Programm möglich, diese Fesseln abzuwerfen. Mit ein klein bißchen Vorarbeit und etwas Geduld schreiben Sie um 90° gedreht von unten nach oben oder bei einer 270°-Drehung von oben nach unten. Natürlich können Sie auch auf dem Kopf stehend von rechts nach links die Tasten bearbeiten. Diese Kapriolen sind nicht einfach Spielerei, denn sonst hätte wohl kaum jemand sich so viel Mühe gemacht, ein solch aufwendiges Programm zu entwickeln. Der Programmautor hat bei diesem Entfesselungskünsten den (wissenschaftlichen) Textverarbeiter im Auge, der Tabellen und Diagramme in SIGNUM beschriften möchte. Es ist nun wahrlich keine Freude, dies mit den normalen Zeichensätzen zu machen, zumal das Ergebnis eher dürftig ist. Mit HOUDINI ist es nun möglich, fast vollautomatisch entsprechend gedrehte Zeichensätze zu kreieren. Nachdem man über das komfortabel zu bedienende Dialogfenster den Quell -und Ziel-Font sowie die gewünschte Schreibrichtung festgelegt hat, braucht man nur noch das Kommando Los geht's zu geben. Nacheinander werden nun Editor-, 9- und24-Nadel-Zeichensätze geladen und konvertiert.

Verborgene Fähigkeiten

Kritische Leser werden jetzt zu bedenken geben, daß in der Regel die gebräuchlichen Zeichen höher als breit sind und bei einer 90°-Drehung Verluste auftreten müßten. Für den auf 16 Pixel Breite beschränken Editor-Zeichensatz trifft dies auch tatsächlich zu. HOUDINI versucht das Beste daraus zu machen, und gibt gegebenenfalls eine Warnmeldung über beschädigte oder verlorengegangene Zeichen aus. Vor allem die Unterlängen und die Umlaute sind davon betroffen. Sie müssen gegebenenfalls nachbearbeitet werden. Bei den Druckerzeichensätzen dagegen ist dies nicht der Fall, da die Breite dieser Zeichen - in vernünftigen Grenzen - von SIGNUM nicht beschränkt wird. Der Programmautor weist besonders daraufhin, daß die in den bekannten Editoren verwendeten Breiten nur Grenzen des jeweiligen Programmes sind. Ein Laden und Überarbeiten der modifizierten Druckerzeichen ist daher nicht sinnvoll, aber auch nicht nötig.

Mit der Umrechnung der Zeichensätze ist aber nur der halbe Weg zum Ziel zurückgelegt, denn man möchte die Beschriftung ja noch halbwegs komfortabel im Diagramm etc. unterbringen (und nicht jeden einzelnen Buchstaben per Blockoperation verschieben). Hier schafft das Utility mit einem Tastenprogramm, das ebenfalls automatisch mit angelegt wird, Abhilfe. Unter SIGNUM muß dann einfach F1 gedrückt werden, und schon kann man fast „normal“ schreiben. Da sich das Makro dabei aber selbst wieder aufruft, funktioniert dies auf Grund der beschränkten Verschachtelungstiefe nur zehn Buchstaben lang. Danach muß erneut F1 betätigt werden. Da man mit dieser Einrichtung ja auch keine Romane schreiben soll, läßt sich damit durchaus leben.

Eine weitere verborgene Fähigkeit betrifft die Proportionalbreite der Zeichen. Nicht nur, daß man sie mit Hilfe von HOUDINI automatisch einheitlich verringern oder erhöhen kann, sondern sie geht ebenfalls über die in den üblichen Editoren bestehenden Möglichkeiten hinaus. Bis zu 32/90 Zoll ist nach Angaben des Autors machbar. Auf diesem Wege lassen sich zu geringe Buchstabenabstände fix zur besseren Lesbarkeit verändern.

Fazit

Neben 1st_Word gibt es wohl kaum ein kommerzielles Programm, zu dem es so viele Zusatzprogramme aus dem PD-Bereich gibt. Böswillig könnte man behaupten, daß damit alle Fehler einer „schlechten“ Software ausgeglichen werden müßten. Bei SIGNUM muß man das aber so deuten, daß aufgrund der flexiblen Konzeption die kreative Ader angeregt wird, sei es nun als Programmierer oder als Schriftenkünstler. Während SNAPFONT ein kommerzielles Vorbild hat (wobei die automatische Zeichensatzerzeugung sogar komfortabler ist), ist HOUDINI meines Wissens ein wirklich neues Programm. Das Problem der verwendeten Zeichensätze wurde schon mehrmals gelöst und ist bei SUCHSETS sehr gut umgesetzt. Experimentierfreudige SIGNUM-Anwender sollten auf diese Programme nicht verzichten.

thl

SIGNUM-Utilities

Suchsets ST-PD 184
Snapfont ST-PD 248
Houdini ST-PD 343



Aus: ST-Computer 05 / 1991, Seite 177

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