Viele Anwender beklagen sich, daß es keine bzw. keine vernünftigen Programme für den ST/TT gibt, die ihnen bei der Erstellung von Schaltplänen und der Entflech tung von elektronischen Leiterplatten unter die Arme greifen. Also haben wir uns auf dem ST-Markt umgesehen und stellen Ihnen die interessantesten Vertreter dieser Software-Sparte auf den folgenden Seiten vor.
Es gibt eigentlich nur drei grundsätzliche Konzepte, wie sich ein Programm zur Entflechtung von Leiterplatten bzw. zur Erstellung von Schaltplänen/Bestückungsaufdrucken aufbauen läßt.
Zum einen könnte man sich ein Malprogramm vorstellen, das auf die speziellen Erfordernisse wie Bauteilbibliothek, komfortables Positionieren der Bauteile usw. des Layouters eingeht.
Eine andere Möglichkeit wäre ein CAD-ähnliches, also vektororientiertes Programm, das Leiterbahnen, Texte und Lötpunkte separiert betrachtet und dem Anwender somit eine größere Flexibilität in der Nachbearbeitung eröffnet.
Die dritte Lösungsmöglichkeit wäre ein segmentorientiertes Programm, das auf die Arbeitsfläche ein Raster legt (meist 720 ") und so nur noch einzelne Quadrate verwaltet. In jedem dieser Quadrate kann dann ein Element (z.B. Leiterbahnenabschnitt, Lötauge) plaziert werden.
Diese drei unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten findet man auch bei den verschiedenen Entflechtungsprogrammen für den Atari ST/TT (zu den Unterschieden bei ST und TT kommen wir später...) wieder.
Zu den Vertretern der zuletzt beschriebenen Art zählt das schon ein wenig in die Jahre gekommene PCB-layout von Thomas Praefcke. PCB-layout benutzt spezielle Zeichensätze, um so die einzelnen Elemente, die in ihrer Gesamtheit das Platinen-Layout verkörpern, darzustellen. Infolgedessen ist der Anwender im Normalfall auch auf ein Rastermaß von 1/20" (entspricht 1,27mm) festgelegt. Zwar ist es möglich, das ganze Layout doppelt so groß zu erstellen, um es danach wieder zu verkleinern, jedoch ist diese Vorgehensweise mehr als nur unkomfortabel.
PCB-layout wurde ein interaktiver Autorouter mit auf dem Weg gegeben; so brauchen lediglich der Start- und der Endpunkt mit der Maus angeklickt zu werden und - schwupp - wird eine Leiterbahn verlegt. Die Berechnung des Weges erledigt der vielen, die sich mit der Materie eingehender beschäftigt haben, bekannte Lee-Algorithmus, wobei dieser den Wünschen des Anwenders entsprechend konfiguriert werden kann. Der Autorouter sucht sich immer den kürzesten Weg und kann selbstverständlich Durchkontaktierungen (auch Vias genannt) nicht selbständig setzen. Bei umfangreicheren Layout-Arbeiten kann man den implementierten Router allerdings getrost vergessen.
Also ist die gute alte Handarbeit gefragt, und da kommt einem die Icon-Leiste am linken Bildschirmrand recht, da sie das Übel des „dauernden Gewühls in den Pull-down-Menüs“ abwendet. Ebenfalls gut gelungen sind die Selektieroperationen. Um beispielsweise eine Massefläche auf der Platine unterzubringen, zieht man mit der Maus ein Rechteck auf, klickt in der Menüleiste auf den Eintrag Masse, und schon ist das Rechteck zu einer schwarzen Fläche geworden.
Da PCB-layout es problemlos ermöglicht, Lötpunktreihen zu erstellen, ist die mitgelieferte Bauteilebibliothek entsprechend klein - nur einige oft benutze Pinlayouts (z.B. DIP, Transistor) sind in dem Ordner zu finden.
Leider unterstützt PCB-layout weder Schaltplanerstellung noch Bestückungsdruck oder die damit verbundene Bauteilverwaltung, was als ein großes Manko anzusehen ist. Der erste Blick auf die Platine - und schon weiß man, was wo hingehört, entfällt also. Zudem muß man den Schaltplan in altgewohnter Weise von Hand zeichnen und sich somit daraus jedes einzelne Bauteil für die Stückliste heraussuchen (und hoffen, daß man keines übersieht). Problematisch ist das 1/20”-Raster - so ist es nur mit einigen (umständlichen) Tricks möglich, auf seiner Platine einlötbare Sub-D-Steckverbinder unterzubringen oder eine Platine mit dem im 2mm-Raster gehaltenen ROM Port-Direktstecker zu erstellen.
Bei diesen Programmen, beide im Vertrieb von Rosin Datentechnik, handelt es sich um pixelorientierte Malprogramme, bei denen der Funktionsumfang auf die Schaltplanerstellung und die Entflechtung abzielt. MEGA PCB ist der größere Bruder von PCB EDIT und auch nur auf einem Atari mit mindestens 2 MByte Speicher vernünftig lauffähig. Für die zahlreichen Anwender, die nur 1 MB Hauptspeicher zur Verfügung haben, ist weiterhin PCB EDIT erhältlich.
Bei PCB EDIT fällt sofort das schnelle und flüssige Scrolling auf, das eine unproblematische Auswahl des zu bearbeitenden Bildschirmausschnittes ermöglicht. Da PCB EDIT, wie oben bereits beschrieben, pixelorientiert arbeitet, kann man jeden einzelnen Bildschirmpunkt separat bearbeiten und hat somit eine dem späteren Ausdruck entsprechende Übersicht über die einzelnen Platinenelemente (bzw. deren Abstand zueinander). Was sich auf den ersten Blick nicht schlecht anhört, erweist sich in der Praxis jedoch als problematisch: Da PCB EDIT eine Leiterbahn nicht als solche verwaltet, muß man bei einem Löschvorgang auf das bekannte Radiergummi zurückgreifen - also jeden Punkt einzeln „ausradieren“. Daß man bei diesem Unterfangen aus Versehen benachbarte Elemente löschen kann, liegt in der Natur des Konzepts - nervenraubend ist es allemal.
Positiv wiederum sind die schon angedeutete WYSIWYG-Darstellung und die hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit. PCB EDIT kann bis zu drei Layer (meist wohl Lot-, Bestückungsseite und Bauteildruck) in einer Auflösung von 180 DPI verwalten. Auch bei der Beschriftung der Layouts wurden dem Anwender vielfältige Möglichkeiten in die Hand gegeben. Weiterhin kann PCB EDIT Lötstoppmasken und Bohrpläne ausgeben.
Unterschiede zu MEGA PCB sind hauptsächlich in der Menüführung und der maximalen Bearbeitungsfläche festzustellen. Darüber hinaus wartet MEGA PCB mit bis zu vier edierbaren Platinenseiten und umfangreichen Blockoperationen auf. Im übrigen, man sollte es kaum glauben, arbeitet MEGA PCB auch mit Großbildschirmen zusammen...
Hervorzuheben wäre noch die Möglichkeit des Image-Exports; so können erstellte Layouts oder Schaltpläne von anderen Programmen, beispielsweise zur Dokumentation, eingelesen und weiterverarbeitet werden.
Platon, ein nach dem CAD-Prinzip arbeitendes Programm, ist ebenfalls in zwei Versionen erhältlich. Die Version 1.45 läuft ohne weiteres auch auf Rechnern mit 1 MByte Speicher, für die Version 2.0 empfiehlt sich ein entsprechend größerer Hauptspeicher. Der Version 1.45 wurde, ähnlich wie PCB-Layout, eine Icon-Leiste gespendet, mit der oft benötigte Funktionen und Lötaugen/Leiterbahnbreiten schnell ausgewählt werden können. Wie auch bei anderen Programmen, kann hier unter Zuhilfenahme der Blockfunktionen auf die Bauteilbibliothek zurückgegriffen werden. Der Hersteller VHF-Computer liefert schon einen ganzen Batzen Pinlayouts mit, so daß man häufig gebrauchte nicht noch selbst erstellen muß. Platon V1.45 unterstützt eine Platinengröße von 832*832mm mit bis zu 8 Layern. Weiterhin kann man sich aussuchen, welche Layer im Vordergrund (schwarz) und welche im Hintergrund (grau) dargestellt werden sollen, die sich dann nicht bearbeiten lassen, sondern nur der Orientierung dienen sollen.
Platon kennt nicht nur einzelne Elemente, sondern auch Bauteilgruppen. Zum Beispiel läßt sich das Pinlayout eines 20poligen ICs, dessen Abmessungen, Pin-Belegung (zugegeben, nicht immer sinnvoll), Bauform, Bezeichner und Typ als eine Gruppe definieren. Beim Verschieben dieses ICs werden dann auf Wunsch eventuelle Leiterbahnen als Gummibänder mitgezogen und alles, was als zu dieser Gruppe zugehörig definiert wurde, mitverschoben. Genauso verhält es sich bei einem Löschvorgang; ein unbeabsichtigtes Löschen von benachbarten Elementen ist also ausgeschlossen.
Beide Versionen erlauben eine Bearbeitungsauflösung von 2/5" bis hin zu 7320", wobei die 2.0-Version unter bestimmten Umständen eine noch höhere Auflösung unterstützt.
Bild 4: PLATON V1.45
Bild 5: PLATON V2.0
Bild 6: ULTIMADE PCB V1.0
Platon 2.0 hat gegenüber seinem kleineren Bruder (oder Schwester?) Pop-up-Menüs und frei verschiebbare Icons bekommen. Auch wurde die Anzahl der Layer auf 99 erweitert! Da diese auch in der Benutzerführung völlig neu gestaltete Version so umfangreiche Änderungen gegenüber der Version 1.4x erfahren hat, werden wir ihr in einer der nächsten Ausgaben einen ausführlichen Testbericht widmen.
Ebenfalls üppig sind die beiden Platon-Versionen mit Ausgabemöglichkeiten ausgestattet: 24 Nadel-, Laserdrucker, Plotter und als Metafile sind mögich. Treiber für eine XYZ-Fräsmaschine und Gerberausgabe (inklusive der nötigen Bohrdaten) sind gegen Aufpreis erhältlich. Des weiteren können Layout-Dateien von Platine ST (Data Becker) und PCB-layout in das Platon-Format konvertiert werden.
Ganz neu auf dem Markt ist Ultimade-PCB von Hubert Kahlert Datentechnik. Ähnlich Platon, handelt es sich dabei ebenfalls um ein vektororientiertes Programm. Zur Abwechslung wurde die Icon-Leiste (naja, eigentlich sind es ja keine Icons, vielmehr Menüpunkte) mal am rechten Bildschirmrand plaziert. Auch wird mit diesem Programm eine umfangreiche Bauteilebibliothek mitgeliefert. ULTIMADE PCB unterstützt bis zu 20 Platinen-Layer in einer Größe von maximal 1,6* 1,6m. Des weiteren hat der Autor an einen Mehrpaß-Autorouter gedacht:
Die notwendigen Verbindungen werden über Luftlinien kreuz und quer über den Platinenbereich hergestellt, optional sind noch Vorzugsrichtungen auf den einzelnen Platinen-Layer anzugeben, und dann kann man den Autorouter auf das (noch zu erstellende) Layout loslassen, wobei man mit einer Entflechtung von ungefähr 80% rechnen kann. Will man nun die verbleibenden 20% von Hand entflechten, stößt man allerdings sehr schnell auf Probleme: Der Autorouter hat so ziemlich alles dichtgepflastert. In solchen Fällen hilft nur noch das mühsame Auftrennen schon gelegter Verbindungen in der Hoffnung, daß man alles mit möglichst wenig Arbeit noch ins rechte Lot bringen kann. Da solche Arbeiten meist ziemlich aufwendig sind, ziehe ich persönlich das „Hand-Layout“ dem Autorouter in jedem Falle vor.
Ein nettes Feature ist die Möglichkeit, Netzlisten aus OrCAD zu übernehmen -die nötigen Verbindungen mittels Luftlinien sind dann schon vorhanden und brauchen nur noch, wie üblich, auf ihre endgültigen Positionen (und hoffentlich kreuzungsfrei) gezogen zu werden.
Angesichts der unterschiedlichen Konzepte, unterschiedlichen Anforderungen der Anwender und Preise können wir Ihnen keine Empfehlung geben.
Auf dem Punkt gebracht: Nichts Genaues weiß man nicht. Oder? Naja, so einfach wollen wir es uns auch nicht machen. Schaut man sich die einzelnen Programme noch einmal an, kann ich PCB-layout, PCB EDIT, MEGA PCB und den „kleinen“ Platon den Hobbyisten unter Ihnen empfehlen, die hin und wieder kleinere bis mittlere Projekte in Angriff nehmen. Tja, und wo ich Ultimade-PCB einordnen soll, weiß ich, ehrlich gesagt, auch nicht. Daß es das (Zitat aus dem Informationspapier des Autors) „[...] wohl leistungsfähigste Platinen-Layout-Programm für den Atari ST [..]“ ist, möchte ich stark bezweifeln. Zu einem guten und leistungsstarken Programm gehört neben dein Funktionsumfang auch die Art und Weise der Realisation und Benutzerführung, die mir bei Ultimade-PCB nicht durchdacht erscheint.
Letztendlich sollte jeder, der den Gedanken des Kaufs eines solchen Programmes schon bis in den achten Monat getragen hat, beachten, daß keines der vorgestellten Programme die Schaltplanerstellung nach DIN-Norm komfortabel unterstützt (siehe OrCAD auf den PCs...)* Die Stärken aller Programme liegen eindeutig bei der Entflechtung von Platinen. Der mit
Abstand professionellste der hier vorgestellten Vertreter ist wohl Platon V2.0, der ab Anfang April mit einer umfangreichen (ein LHarc-Archiv von 200 kBytes) Bibliothek mit SMD-Bauteilen ausgeliefert werden soll.
Für den Kauf entscheidend sind unter anderem auch die Ausgabemöglichkeiten und -qualität, die alle bei 24-Nadel- und Laserausdrucken sehr nahe beieinander lagen. Wollen Sie jedoch Platinen in Industriequalität fertigen lassen, ist eine Gerberdatei mit Bohrdatenausgabe eine wertvolle Hilfe - sowohl in bezug auf die endgültige Qualität der Leiterplatte als auch in Bezug auf die Einstellungskosten.
Tabelle: Übersicht der besprochenen Programme
PCB-layout
Hersteller:
Dipl.-Ing. Thomas Praefcke
Computer Hard- und Software
Holzvogtkamp 55
W-2302 Flintbek
Preis: 199,50 DM
PCB EDIT und MEGA PCB
Hersteller:
Rosin Datentechnik
Reiner Rosin
Peter-Spahn-Str. 4
W-6227 Oestrich-Winkel
Preis:
Platon
Hersteller:
VHF-Computer
Maurener Weg 115a
7030 Böblingen
Preis:
Ultimade-PCB
Hersteller:
HK Datentechnik
Dipl.-Ing. Hubert Kahlert
Heerstraße 44
W-4047 Dormagen 11
Preis: Einführungspreis 149 DM