Tastaturanpassung für zwei typische Anwendungen

Wie man einen Editor optimal an die eigene Arbeitsweise und das gewünschte Einsatzgebiet anpaßt, zeigt dieser Artikel am Beispiel des wegen seiner Geschwindigkeit beliebten und weit verbreiteten Tempus. Aus den hier angebotenen drei Varianten kann man sich leicht eine persönliche Version kombinieren und sie durch eigene Ergänzungen abrunden.

TEMPUS ist ein Hochgeschwindigkeits-Editor für die Eingabe von Texten im professionellen Bereich. Typische Einsatzgebiete sind Quelltexte in verschiedenen Programmiersprachen und für das Satzsystem TeX. Völlig ungeeignet ist TEMPUS dagegen zur WYSIWYG-Formatierung (What You See Is What You Get) ausgabefertiger Texte, dafür gibt es genügend andere Programme, nicht zuletzt TEMPUS-WORD aus dem gleichen Hause.

TEMPUS findet also immer dann Verwendung, wenn das Ergebnis reiner Text sein soll, der keinerlei Steuerzeichen enthält und anschließend von einem anderen Programm weiterverarbeitet wird. Zusätzliche Informationen, wie etwa Zeilenlineale und unterschiedliche Zeichensätze, würden hier nur stören. Für diesen Einsatz dürfte TEMPUS aber auch das am häufigsten verwendete Programm sein; EDISON ist ja noch nicht lange am Markt, und das PD-Programm MicroEM ACS hat wohl vor allem wegen der fehlenden Dateiauswahlboxen auf dem Atari leider keinen allzu großen Freundeskreis.

Der angesprochene Einsatzschwerpunkt ist nun einerseits gekennzeichnet durch immer wiederkehrende Zeichenfolgen, wie etwa Befehle in TeX und Schlüsselwörter in den Programmiersprachen, andererseits sind es gerade diese Anwender gewohnt, zu programmieren - in einer Programmiersprache oder in TeX - und somit geneigt. die in TEMPUS gebotenen Möglichkeiten auszunutzen, um sich, wenn schon nicht das Leben, so doch wenigstens die Eingabe zu erleichtern. Leider bietet nun TEMPUS nicht die weitgehenden Programmiermöglichkeiten wie etwa der MicroEMACS, aber mit Hilfe der Tastenbelegung über die INS-Datei und ei ner geeigneten Einstellung der Grundparameter kommt man doch recht weit. Dies wollen wir in dem vorliegenden Artikel exemplarisch an zwei typischen Einsatzgebieten, TeX und FORTRAN, vorführen. Diese beiden Bereiche sind insofern besonders reizvoll, da sie für einen Editor ganz unterschiedliche Aufgaben bereit halten. Einmal geht es um die flüssige Eingabe von Texten, wobei der Anwender nur die Wörter eingeben möchte und der Editor alle anderen Aufgaben, wie etwa den Zeilenumbruch, zu übernehmen hat, zum anderen um die streng reglementierte Anordnung von Anweisungsteilen in vorgegebene Bereiche einer Zeile.

Die Grundversion

Zunächst werden wir jedoch eine für alle Anwendungen sinnvolle Grundversion entwickeln, die mit den weitergehenden Anwendungen dann kombiniert werden kann. Dabei erschließen wir die elementaren Zeigerbewegungen und einige Sonderzeichen für das 10-Finger-System.

Nicht alle Programmierer sind Zwei Finger-Brutalos, und gerade TeX-Texte werden häufig von Leuten eingegeben, die das Schreiben mit allen zehn Fingern beherrschen. Diese Fähigkeit bildet das hauptsächliche Kapital eines Vielschreibers; Editor oder Textprogramm sollten daher diese Arbeitsweise so weit wie möglich unterstützen. In der Werbung für das Textprogramm Wordstar unter MS-DOS wird dies im übrigen besonders hervorgehoben. Neben der reinen Texteingabe am häufigsten sind einfache Zeigerbewegungen (um ein Zeichen/Wort nach links/ rechts, um eine Zeile/Bildschirmseite nach oben/unten) und das Löschen einzelner Zeichen mit Backspace oder Delete. Während die Tasten Backspace und Delete zur Not noch mit dem kleinen Finger der rechten Hand zu erreichen sind, muß bei vielen Programmen für Zeigerbewegungen die rechte Hand aus der Grundstellung genommen werden, um die Pfeiltasten oder gar die Maus zu bedienen. Dies bremst den Schreibfluß in ärgerlicher Weise.

Es ist völlig unverständlich, warum man einerseits Unsummen für die Ergonomie am Arbeitsplatz ausgibt, andererseits jedoch solche einfachen und sinnvollen Maßnahmen, die nicht einmal etwas kosten würden, vollständig mit Verachtung straft. Man könnte fast auf den Verdacht kommen, daß Sicherheitsingenieure und Gewerkschaftler grundsätzlich nicht mit zehn Fingern schreiben können und Sekretärinnen erst gar nicht gefragt werden.

Das Vorbild

Manche kennen noch das oben bereits erwähnte Programm Wordstar (etwa unter CP/M oder MS-DOS), bei dem die elementaren Zeigerbewegungen über den Umschalter Control aus der Zehn-Finger-Haltung heraus verfügbar sind. Nun kann man unter TEMPUS ja alle Tastenkombinationen frei belegen. Dies nutzen wir aus, um die Wordstar-Befehle zur Zeigerbewegung nachzubilden. Zusätzlich legen wir noch den Rückstrich (backslash) und die geschweiften Klammem auf Tastenkombinationen, die ebenfalls leicht im 10-Finger-System zu greifen sind. Geschweifte Klammem Findet man in manchen Programmiersprachen, in TeX sind diese Klammem und der Rückstrich ebenfalls sehr beliebt.

Bild 1 zeigt die neue Belegung der Tasten; wie man sieht, mußten drei Tempus-Funktionen der Wordstar-Kompatibilität weichen. Zwei davon wurden kurzerhand auf andere Tastenkombinationen umquartiert, die Funktion Text mit Duplikat speichern kann zukünftig nur noch über das Menü abgerufen werden. Dies spiegelt die persönlichen Vorlieben des Autors, der lieber mit der Funktion Text ohne Duplikat speichern (Alternate,[S)) arbeitet. Bei Bedarf legt man auf diese Tastenkombination einfach das Speichern MIT Duplikat. Zusammenfassend zeigt Bild 2 die Wordstar-kompatiblen Zeigerbewegungen, die jetzt möglich sind.

Tastenbelegung anpassen

Die Tastaturinstallation ändert man in Tempus mit Hilfe sogenannter Quelldaten, die in einer Installationsdatei (Endung meist: „.INS") abgelegt werden. Ein Beispiel einer solchen Installationsdatei ist das auf der Originaldiskette beigefügte QUELLDAT.INS, in der die Standardbelegung definiert wird. Man benötigt nun lediglich eine solche Datei und zwei Tempus-Funktionen, um eine beliebige Änderung der Tastaturbelegung zu bewerkstelligen. Dies erreicht man in vier Schritten.

Schritt 1: TEMPUS.PRG wird aufgerufen und die Installationsdatei geladen. In der Regel dürfte die voreingestellte Zeilenlänge nicht ausreichen; aus den angebotenen Möglichkeiten wählt man dann eben Zeilenlänge anpassen. Um keine unangenehme Überraschung zu erleben, schaltet man gleich in den Quelltextmodus, falls dies nicht schon die Voreinstellung ist.

Schritt 2: Die Installationsdatei wird den eigenen Wünschen angepaßt. Ist dies bereits geschehen, kann dieser Schritt übersprungen werden. Zunächst speichert man die Datei unter einem neuen Namen ab (sicher ist sicher!) und beantwortet die Frage nach Übernahme des neuen Pfadnamens mit „Ja". Sämtliche Änderungen kommen so nur in die neue Datei, auch die durch eine eventuell eingestellte automatische Sicherung, und das Original bleibt unangetastet. Derart abgesichert nimmt man nun die gewünschten Änderungen vor und speichert das Ergebnis ebenfalls ab.

Bild 1: Geänderte Tastenbelegung der Grundversion
Bild 2: Wordstar-kompatible Zeigerbewegungen
Bild 3: Zu speichernde Parametergruppe auswählen.

Schritt 3: Mit der Funktion Quelldaten übersetzen aus dem Menü Parameter werden die Angaben der im aktuellen Textfenster angezeigten Installationsdatei in das laufende Programm eingebaut und damit sofort wirksam. Sollte Tempus beim Übersetzen einen Fehler entdecken, meldet er dies und setzt den Zeiger auf die fehlerhafte Stelle. Gibt es keine Fehler (mehr), kann man auf ein anderes Textfenster umschalten und anhand einer Übungsdatei prüfen, ob auch alles so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat. Andernfalls wird die Installationsdatei geändert und erneut übersetzt.

Schritt 4: Zuletzt müssen noch die im laufenden Programm vorgenommenen Änderungen in die Programmdatei gespeichert werden, denn nur dann stehen sie auch beim nächsten Programmaufruf noch zur Verfügung. Dies geschieht mit Hilfe der Funktion Param. & sichern... des Menüs Parameter, in der erscheinenden Auswahlbox ist dabei der Knopf Tastaturinstallation, wie in Bild 3 gezeigt, anzuklicken. Wer sich hier nicht ganz sicher fühlt, dem gibt Abschnitt 11.1 des Tempus Handbuchs ausführlich Auskunft. Dort erfährt man auch, zu welchen Installationsgruppen die anderen dem Benutzer zugänglichen Parameter gehören, so daß man deren Änderung auch gleich mit abspeichem kann.

Bei der eben beschriebenen Änderung der Tastaturbelegung kann man natürlich stets mit der gesamten Installationsdatei arbeiten. Andererseits wertet Tempus beim Übersetzen der Quelldaten stets nur die Informationen im aktuellen Textfenster aus und ändert die zugehörigen Tastenbelegungen; alle anderen Belegungen und Einstellungen werden nicht angetastet. Daher darf man die Zeilen der gewünschten Tastenkombinationen in eine separate Datei kopieren und nur noch mit dieser kleineren Datei arbeiten. Dies reduziert unerwünschte Seiteneffekte auf ein Minimum. Weil diese Arbeitsweise besonders übersichtlich ist, wollen wir auch in diesem Artikel so Vorgehen.

Die Quelldaten der in Bild 1 beschriebenen Änderungen speichern wir in der Datei WS.INS ab. Bild 4 zeigt den Inhalt dieser Datei. Durch einen Stern wird bei Tempus-Quelldaten der Rest der Zeile als Kommentar markiert.

Die TeX-Version

Zur flüssigen Eingabe verwendet man hier am besten den Fließtext-Modus und bei maximaler Fenstergröße als Zeilenlänge 77 Zeichen. Die abschließenden Leerstellen oder CR-Zeichen einer Zeile bleiben so gerade noch sichtbar, und die Fenster-breite wird optimal ausgenutzt.

Zusätzlich wird über die Tastaturinstallation eine bequeme Eingabe von Standard-TeX- und LaTeX-Befehlen ermöglicht. Nach dem vorigen, wie auch nach einer Lektüre des Tempus-Handbuchs, ist jetzt klar, wie man dazu Funktionstasten oder noch freie Tastenkombinationen mit festen Zeichenfolgen belegt. Hier kann sich nun jeder nach eigenem Geschmack einrichten, am besten führt man während einiger Stunden Eingabearbeit eine kleine Liste über häufig vorkommende Textbausteine und überlegt sich anschließend eine sinnvolle Zuordnung zu den möglichen Tastenkombinationen. Für große Textbausteine, die das Entfernen der rechten Hand aus der Grundstellung rechtfertigen, bieten sich insbesondere die Tasten des rechts abgesetzten kleinen Ziffernfeldes an. Gelegentlich erscheint es sinnvoll, eine Tastenkombination zu verwenden, die von Tempus bereits belegt ist. Hier sollte man allerdings nicht unnötig viele Skrupel haben. Wie unser Beispiel WS.INS zeigt, können solche Funktionen leicht umgelegt werden, und man ist oft auch damit zufrieden, daß sie zukünftig nur mit der Maus über die Menüleiste erreichbar sind. Wir beschränken uns im folgenden darauf. Ihnen einige trickreiche Variationen, die sich in der Praxis bewährt haben und die Sie im Handbuch wohl kaum finden werden, exemplarisch vorzustellen.

Einfache Umgebungen

Sehr häufig verwendet man in LaTeX sogenannte Umgebungen, die von Anweisungen der Form „\begin{…}“ und „\end{…}“ eingerahmt sind. Um nun nicht für jede Umgebung eine eigene Tastenkombination opfern zu müssen, die man sich dann ja auch noch alle zu merken hätte, realisieren wir in Tempus ein Makro mit Parameterübergabe. So etwas ist zwar offiziell nicht vorgesehen, aber das macht die Sache ja nur interessanter. Alles, was man dazu braucht, sind zwei Tastenkombinationen und die Blockmarkierungen. Beim Aufruf des Makros gesetzte Blockmarkierungen sind daher anschließend verschwunden. Das Makro soll mit der Tastenkombination „Control,[,]“ eingeleitet werden, danach ist als Parameter der Name der Umgebung einzutippen, die Eingabe wird mit der Kombination „Alternate,[,]“ beendet.

Bild 5: Nach Aufruf des Makros und Eingabe der Umgebung
Bild 6: Nach Ende des Makros
Bild 7: Realisierung des „\begin“ / „\end“ - Makros

Das Makro fügt an der aktuellen Zeigerposition den „\begin“- und den „\end“-Befehl der Umgebung ein, schiebt eine Leerzeile dazwischen und setzt darauf den Zeiger. Man wird allerdings zukünftig auf die netten Fehlermeldungen verzichten müssen, die mittels einer fehlenden „\end“-Anweisung oder durch das Anweisungspaar „\begin{tabular}“ und „\end{tabbing}“ so mühelos gelangen. Bild 5 zeigt den Bildschirm, nachdem das Makro mit „Control,[,]“ eingeleitet und die Umgebung „verse“ eingetippt wurde. Der Name der Umgebung erscheint dabei automatisch im Blockbereich. Bild 6 zeigt den Zustand nach Abschluß des Makros mit „Alternate,[,]“. In Bild 7 sehen Sie, wie ein solcher Mechanismus mit Hilfe von Tempus-Funktionen realisiert wird.

Marken in TeX

Eine sehr mächtige Möglichkeit von LaTeX ist das automatische Führen von Querverweisen mit dem Anweisungspaar „\label“. das Marken setzt, und „\ref“, das auf diese verweist. Bei längeren Texten und vielen Marken verliert man leicht die Übersicht. Ein guter Trick ist es, für jede eingeführte Marke einen Eintrag in die Glossary-Datei zu machen. Dies ist eine von LaTeX auf Wunsch geführte Hilfsdatei. die man mit dem Befehl „\make-glossary“ anfordert. Zur Demonstration erzeugen wir hier für jede Marke in der Glossary-Datei eine Zeile einer dreispaltigen Tabelle, die in der ersten Spalte die Marke, in der zweiten Spalte eine Erläuterung dazu und in der dritten Spalte die Seitennummer enthält. Die so hergestellte Hilfsdatei kann man. nachdem die eigentliche Datei mit TeX gesetzt wurde, in einer weiteren Datei mit „\input“ innerhalb einer geeigneten „tabular"-Umgebung einlesen und sich so eine übersichtliche Liste aller im Text verwendeten Marken ausgeben lassen. Bild 8 zeigt eine solche Rahmendatei, die eine beim Setzen von BEISPIEL.TEX entstandene Hilfsdatei BEISPIEL.GLO einliest und zu einer Tabelle verarbeitet. Die unterstützende Tempus-Funktion soll wieder als Makro mit Parameterübergabe organisiert werden.

Mit der Tastenkombination „Alternate.[Gr wird das Makro aufgerufen, danach die Marke eingetippt. Bild 9 zeigt den Bildschirm nach diesem Vorgang. Bis hierher wird nur mit „Mabel" eine Marke gesetzt: wenn man damit zufrieden ist, braucht man nichts weiter zu tun. Um nun allerdings einen Eintrag in die Glossary-Datei zu erzeugen, wird noch die Tastenkombination „Shift, Alternate,[G]“ gedrückt. die den entsprechenden Eintrag erzeugt. Der Zeiger steht anschließend an der Stelle, an der ein Kommentar zur Marke eigegeben wird, wie in Bild 10 zu erkennen ist. In Bild 11 geben wir die Konstruktion des Makros mit Tempus-Befehlen an. Bild 12 enthält die für die beiden obigen Makros erforderlichen Quelldaten, in der Datei TEX.INS zusammengefaßt. Die Darstellung erfolgt diesmal als Bildschirmfoto, damit Sie die einzugebenden CR Zeichen besser erkennen können. Sie sehen, wie bei Zeichenketten jedes Zeichen einzeln und mit vorangestelltem Leerzeichen eingegeben werden muß.

Die FORTRAN-Version

Durch die unter FORTRAN77 vorgeschriebene starre Aufteilung der Zeilen in Felder mit besonderer Bedeutung ergeben sich an einen Editor grundsätzlich andere Anforderungen als bei anderen Programmiersprachen oder gar Fließtext. Die enormen Variationsmöglichkeiten von Tempus gestatten es jedoch, auch für diesen Fall einen optimal angepaßten Editor einzustellen. Die vorgenommenen Modifikationen für TeX und FORTRAN schließen sich allerdings teilweise gegenseitig aus, so daß wir hier besser eine eigene Programmdatei herstellen. Zu diesem Zweck wird TEMPUS.PRG etwa in die Datei F-TEMPUS.PRG (welchen FORTRAN-Compiler verwendet der Autor wohl?) umkopiert. Mit einer derart umbenannten Programmversion kann man ohne Schwierigkeiten arbeiten, selbst die Funktion Param. & sichern… funktioniert fehlerfrei.

Bild 8: Rahmen-Datei GLO.TEX
Bild 9: Nach Aufruf des Makros und Eingabe der Marke
Bild 10: Nach Ende des „\label“-Makros
Bild 11: Realisierung des „\label“-Makros
Bild 12: Quelldaten in TEX.INS
Bild 13: DO-Makro nach Eingabe der Anweisungsnummer.
Bild 14: DO-Makro nach getaner Arbeit
Bild 15: Realisierung des DO-Makros

Ausgehend von der Tempus-Grundversion werden nun einige Änderungen eingebracht. Zunächst einmal ist der automatische Zeilenumbruch in FORTRAN nicht erwünscht, so daß besser auf Quelltext umgeschaltet wird. Weiter ist es ganz praktisch, die Zeilenlänge auf die in FORTRAN maximal erlaubten 72 Zeichen einzustellen. Ängstliches Abzählen hat damit endlich ein Ende, ebenso die allseits beliebten Syntaxfehler aufgrund überlanger und vom Compiler gewaltsam verkürzter Anweisungszeilen. Automatisches Einrücken ist ebenfalls von Vorteil und wird dahereingeschaltet. Dazu gehört natürlich auch eine alternative Form der Zeilenfortschaltung, die die aktuelle Einrückung gerade nicht übernimmt, doch davon später mehr. Diese Parameter werden nun für alle vier Fenster eingestellt, wegen der Breite von 72 Zeichen kann man die Fenster sogar ein wenig verkleinern und seitlich versetzt anordnen. Auch hier wollen wir die einfache Zuordnung fester Zeichenketten wieder dem Leser überlassen und Ihnen dafür zwei besondere Leckerbissen vorstellen.

DO-Schleifen

Schleifen programmiert man in FORTRAN meist mit der DO-Anweisung, wobei zur besseren Übersicht die Schleife mit einer CONTINUE-Anweisung enden und der Schleifenkörper eingerückt werden soll. Die CONTINUE-Anweisung trägt die Anweisungsnummer, die in der DO-Anweisung angegeben ist. Aufgrund dieser Fülle formaler Anforderungen eignet sich die DO-Schleife vorzüglich zur automatisierten Eingabe.

Die Implementierung geschieht natürlich wieder in Form eines Makros, diesmal verwenden wir die Tasten des rechts abgesetzten Ziffernblocks. Die einleitende Tastenkombination „Shift,[Ziffernblock ()“ schreibt das DO, eine Leerzeile mit um drei Stellen verlängerter Einrückung, die CONTINUE-Zeile, die genauso weit eingerückt ist wie die DO-Zeile, und ermöglicht die Eingabe der Anweisungsnummer innerhalb eines markierten Blocks. Den Abschluß des Makros ruft man mit „Shift,[Ziffernblock )]“ auf. Dabei werden in die CONTINUE-Zeile die Anweisungsnummer eingefügt und der Zeiger in die DO-Zeile wieder hinter der Anweisungsnummer plaziert. Den Zustand nach Aufruf des Makros und Eingabe der Anweisungsnummer sehen Sie in Bild 13, das fertige Ergebnis in Bild 14. Um die verschiedenen Einrückungen zu veranschaulichen, wurde ein anderer Zeichensatz verwendet, bei dem die Leerstellen durch Punkte dargestellt sind.

Eine kleine Einschränkung gibt es bei unserem Makro allerdings: Die D0-Zeile selbst darf keine Anweisungsnummer tragen, gegebenenfalls ist diese anschließend einzufügen oder ein CONTINUE voranzustellen. In Bild 15 ist die Umsetzung des Makros in Tempus-Funktionen erläutert: besonders interessant ist im zweiten Teil die Einfügung verschieden langer Anweisungsnummern bei gleichzeitiger Erhaltung der Einrücktiefe in der CONTINUE-Zeile.

Auf gleiche Weise lassen sich auch Block-IF-Strukturen behandeln: da hierbei aber keine Anweisungsnummem Vorkommen, ist alles ein wenig einfacher und bleibt daher unseren Leserinnen und Lesern als leichte Übung überlassen.

Einrücken und Ausrücken

Da wir uns in F-TEMPUS für automatisches Einrücken entschieden haben, ist das Einfügen von Kommentarzeilen bei der laufenden Eingabe etwas unhandlich. Wir lösen dieses Problem, indem wir der bisher noch unbenutzten Tastenkombination „Control,[Return]“ die beiden Funktionen CR-Zeichen einfügen und Zeilenanfang his Zeiger löschen zuordnen. Der Zeiger steht danach in der ersten Spalte einer neuen Zeile, und es gibt keine über flüssigen Leerzeichen. Ebenfalls nützlich ist eine Funktion zum Ausrücken, die also die Einrückung in der nächsten Zeile um eine Stufe, das sind hier drei Zeichen, reduziert. Dazu verwenden wir das bisher ebenfalls ungenutzte „Alternate,[Return]“, das wir mit der Funktion CR-Zeichen einfügen und anschließendem dreimaligem Zeichen links vom Zeiger löschen belegen. Die Datei FORTRAN.INS mit den Quelldaten zur Tastenbelegung zeigen wir Ihnen in Bild 16 wieder als Bildschirmfoto. damit die CR-Zeichen besser zu erkennen sind.

Variationen

Mit WS.INS, TEX.INS und FORTRAN.INS haben wir Ihnen nun drei verschiedene Möglichkeiten der Tastaturanpassung vorgestellt. Natürlich können Sie WS.INS mit jeder der beiden anderen Möglichkeiten kombinieren, dazu werden entweder die Tempus-Quelldateien nacheinander übersetzt oder in einer gemeinsamen Quelldatei zusammengefaßt. Sollten Sie die Anpassungen selbst noch erweitern, dann legen Sie sich am besten von Zeit zu Zeit eine Sicherheitskopie der aktuellen Quelldatei an, um so bei Bedarf mit Hilfe der Originaldatei TEMPUS.PRG jederzeit zu einer beliebigen Zwischenstufe zurückkehren zu können.

Wer mehr will...

Insbesondere für das C-TeX von Stefan Lindner wären noch weitergehende Modifikationen denkbar: Man könnte etwa den von TEMPUS verwendeten Zeichensatz durch Aufnahme besonderer TeX-Symbole ändern und diese mit Hilfe der vom Lindnerschen TEX.TTP gelesenen Parameterdatei TEXSETUP dann in TeX-Befehle umsetzen. Hierdurch läßt sich schon fast eine Art TeX-Preview erreichen. Der Preis ist aber sehr hoch, denn während sonst TeX-Quelltexte grundsätzlich über alle Maschinen kompatibel sind, braucht man jetzt nur eine andere TeX-Implementierung auf dem gleichen Rechner einzusetzen, um sich eine Lektion in Sachen Portabilität erteilen zu lassen. Natürlich könnte TEMPUS auch hier wieder helfen, nämlich über die Druckerinstallation und die Funktion Drucken in Datei.... aber das würde an dieser Stelle wirklich etwas zu weit führen.

Bild 16: Quelldaten in FORTRAN.INS

Wir haben uns also auf solche Änderungen beschränkt, die die Eingabe umfangreicher Befehle zwar erleichtern, nicht aber den Quelltext durch zusätzliche Symbole zwar übersichtlicher, dafür aber auch inkompatibel machen. Oberste Maxime ist. daß die erstellten Texte von jedem beliebigen anderen Editor weiterverarbeitet werden können.

ASCII und Fließtext

Die einzige Abweichung von dieser strengen Regel gestatten wir uns durch die Eingabe im Fließtextmodus. Hier werden von TEMPUS am Absatzende und am Ende von Zeilen, die nicht umbrochen werden sollen, zusätzliche CR-Zeichen eingefügt. Diese kann man jedoch im gesamten Text in Sekundenbruchteilen mit der Funktion Zeichenredundanz im Menü Text entfernen.

Andererseits läßt sich ein beliebiger ASCII-Text auch leicht gegen das Zusammenschieben im Fließtextmodus von Tempus schützen. Die Funktion Text anpassen im Menü Text fügt ein solches Zeichen automatisch am Ende all der Absätze ein, die vom nächsten Absatz durch eine Leerzeile getrennt sind. Oft sind jedoch nicht alle Zeilen, die man separat halten möchte, durch Leerzeilen getrennt. In einem solchen Fall markiert man am besten jedes Zeilenende mit einem CR-Zeichen und entfernt die zusätzlich eingefügten Zeichen anschließend nur da wieder, wo sie wirklich stören. Die ursprüngliche Zeilenaufteilung eines Textes bleibt somit überall dort erhalten, wo man sie nicht explizit widerruft.

Das Einfügen eines zusätzlichen CR-Zeichens an jedem Zeilenende erreicht man wie folgt: Da die Parameter, mit denen Tempus Texte speichert, im folgenden kurzfristig verändert werden, sollte man Tempus entweder neu starten oder die automatische Dateisicherung vorübergehend abschalten. Anschließend lädt man den gewünschten Text und schaltet in den Fließtextmodus. Dann wird die Funktion TEMPUS-Parameter im Menü Parameter gewählt. Mit der Maus klicken Sie das Eingabefeld hinter „Zeilenendekennzeichnung“ an. Dort stehen bereits zwei Zeichen: CR und die Glocke, das Symbol für „line feed“ (ASCII 10): dahinter sieht man jetzt den Zeiger in Form eines dünnen senkrechten Strichs. Der Zeiger wird mit der Taste „Pfeil nach links“ zwischen die beiden Sonderzeichen gesetzt. Hier fügt man ein weiteres CR-Zeichen durch die Tastenkombination „Control,[M]“ ein. Anklicken des OK Feldes beendet die Eingabe. Danach wird der Text gespeichert. Jetzt verläßt man das Programm Tempus, oder man löscht das eingefügte CR-Zeichen im Parameter-Formular sofort wieder und holt die eben abgespeicherte Datei durch Text überladen mit der veränderten Form in den Speicher zurück.

Mit diesem Artikel haben wir Ihnen hoffentlich einen Eindruck davon vermittelt. zu welch mächtigem Hilfsmittel Sie diesen schnellen Editor ausbauen können. Für Ihre eigenen Experimente wünschen wir Ihnen viel Spaß!

Dr. Volker Kurz



Aus: ST-Computer 04 / 1991, Seite 164

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