Convector - Ein Programm zur automatischen Vektorisierung

Die in letzter Zeit immer häufiger auftretenden Programme zur Bearbeitung von Raster- und Vektorgrafiken benötigen zum Austausch von Daten zwischen beiden Grafikarten eine Möglichkeit zur Vektorisierung. Beim Programm Arabesque von SHIFT war diese Umwandlung bisher nur manuell möglich, indem man eine Rastergrafik einfach mit Vektorgrafik nachzeichnete.

Für Anwender, denen das zuviel Aufwand war und die lieber ihren Rechner arbeiten lassen (der hat ja auch genug gekostet), bietet SHIFT jetzt in der Reihe1 'Arabesque-Tool-Box’ ein Programm namens Convector an, welches diese Arbeit erledigen soll. Als Accessory kann Convector mit Arabesque über die sog. Message-Pipe kommunizieren und wird damit quasi zu einem Teil des Hauptprogramms. Aber auch Benutzer, die nicht im Besitz von Arabesque sind, können mit Convector arbeiten.

Convector als Programm

Es erscheint eine Menüleiste und der Hunger nach Rastergrafikdaten äußert sich sogleich in Form einer geöffneten Fileselectorbox. Es werden die Dateiformate IMG (GEM-Image), ABM (Arabesque-Raster), PAC (STAD) und PC3/PI3 (Degas) unterstützt. Es können also nur monochrome Bilder verdaut werden, was man aber nicht als Nachteil bezeichnen kann. Das Bild erscheint dann in einem (im Gegensatz zu Arabesque) richtigen GEM-Fenster und kann ggf. mit Scroll-Pfeilen und -Balken im Fenster verschoben werden.

Sogleich zieht es mich zum Menüpunkt Vektorisieren worauf sich eine Dialogbox im Apple-Macintosh-Design öffnet (Abb. I). Ich bin nicht unbedingt ein Freund dieser winzigen Mac-Buttons (Grobmotoriker können da manchmal Probleme bekommen...), aber getreu dem Motto ‘fast getroffen ist auch vorbei' wird nun erst ‘mal auf den Buttons herumgedrückt. Geübte Keyboard-Spieler können die meisten Knöpfe auch über die Tastatur fernsteuern, und zwar mit gedrückter Alternate-Taste und dem unterstrichenen Zeichen. Ach ja, und die ‘Flying dialogs' von Julian Reschke wurden auch gleich implementiert, was hier sicherlich sinnvoll ist, falls man sich vor dem Vektorisieren noch ein letztes Mal das Bild ansehen will, dieses aber durch die Dialogbox verdeckt wird.

Abb. 1: Die Dialogbox zum Vektorisieren

Im Rahmen Bitmap kann man, falls Convector zusammen mit Arabesque benutzt wird, auswählen, ob die aktuelle Rastergrafikseite oder der Inhalt des Blockpuffers vektorisiert werden sollen. Beim stand-alone-Betrieb ist diese Auswahl gesperrt. Unter Toleranz wird eingestellt, wie genau die Vektorisierung vorgenommen werden soll, mit Konturieren kann die Grafik vor der Vektorisierung auf ihre Konturen reduziert werden. Ist hier Umriß eingestellt, wird eine Umrißlinie gezeichnet, welche um ein Pixel größer ist als das Original: bei Kontur ist der Umriß genauso groß wie das Original, und fett bestimmt die Dicke der Umrißlinie.

Ist die Rastergrafik ein gescanntes oder digitalisiertes Bild, treten manchmal kleine Verunreinigungen durch Staub oder Schmutz (wer hat da wieder beim Scannen mit Keksen gekrümelt?) im Bild auf, diese können mit einem Rauschfilter eliminiert werden. Alle Krümel- äh Pixel-Gruppen unterhalb des eingestellten Wertes werden dann beim Vektorisieren ignoriert.

Der letzte Rahmen erlaubt einige Einstellungen bezüglich der Behandlung von Polygonen. Das Optimieren führt dazu, daß alle Polygone nach ihrer Erzeugung noch einmal abgetastet und eventuell überflüssige Punkte eliminiert werden. Füllen stellt die Polygone als schwarz gefüllte Flächen dar. Und dann wäre da noch die Sache mit den Punkten. Manche Programme sind bedingt durch Einschränkungen älterer Versionen des Betriebssystems und des GEM-Metafile-Formats nicht in der Lage, mit mehr als 128 Punkten zu arbeiten. Tritt dieser Fall auf, kann der Default-Wert von 512 Punkten entsprechend verringert werden.

Wie geht’s denn so?

Der erste Test: das allseits bekannte Wappentier (Abb. 2) soll vektorisiert werden. Ohne langes Ausprobieren wurde das Ergebnis in Abb. 3 sichtbar. Klickt man jetzt direkt in die Vektorgrafik, erscheint ein kleines Popup-Menü, in dem die Einträge Punkte, Füllen und Größe enthalten sind. Ich wähle Punkte. Die Vektorgrafik wird daraufhin neu gezeichnet und es werden alle Polygonpunkte dargestellt (Abb. 4). Das sind mir aber entschieden zuviele, hier muß optimiert werden. Es wird also aufs neue vektorisiert, diesmal mit eingeschalteter Polygonoptimierung. Nach einigen Sekunden geduldigen Wartens erscheint wieder die vektorisierte Grafik, welche erheblich weniger Punkte enthält (Abb. 5). Die Optimierung hat sich also gelohnt.

Als nächstes soll ein Schriftzug vektorisiert werden. In Abb. 6 ist das Ergebnis mit unterschiedlicher Genauigkeit und sowohl mit als auch ohne Polygonoptimierung zu besichtigen.

Nun fragt der potentielle Anwender sich, was bringt mir die Optimierung im Alltag? Generell läßt sich sagen, daß eine optimierte Grafik immer etwas ungenauer ist als die nicht optimierte. Soll jedoch eine Nachbearbeitung stattfinden, ist diese bei einem optimierten Bild einfacher, da hier ja wesentlich weniger Punkte existieren. Wo ich gerade beim Thema Nachbearbeitung bin, etwas mehr Funktionen als die oben angesprochenen hätte man hier ruhig implementieren können. Wenn schon die Polygonpunkte dargestellt werden, sollten sie sich doch zumindest mit der Maus verschieben lassen, so daß man die frisch vektorisierte Grafik etwas 'zurechtzupfen' könnte.

Convector als Accessory

Beim Aufruf von Convector aus Arabesque können wahlweise die aktuelle Rastergrafikseite oder der Blockausschnitt vektorisiert werden. Das Ergebnis, nämlich die Vektorgrafik, wird sogleich auf die aktuelle Vektorgrafikseite ausgegeben. Aber auch eine beschränkte Zusammenarbeit mit anderen Programmen ist möglich. Man kann nämlich nach dem Anklicken des Start-Buttons einen rechteckigen Bildschirmausschnitt bestimmen, der dann vektorisiert wird und abgespeichert werden kann.

Abb. 2: Zu vektorisierende Vorlage
Abb. 3: Vektorisierte Grafik
Abb. 4: Darstellung der Polygonpunkte ohne Optimierung
Abb. 5: Polygonpunkte mit Optimierung
Abb. 6: Vektorisierung von Schrift

Bildfehler

Noch ein Wermutstropfen für Overscan-Besitzer: so ganz kommt Convector mit dieser Bildschirmerweiterung noch nicht klar. Im Accessory Betrieb werden beim Vektorisieren eines Bildschirmausschnitts die bereits bearbeiteten Punkte gelöscht. Im Overscan-Betrieb treten hier die typischen Symptome für einen Offset-Fehler auf: der Bildschirminhalt erscheint schräg zerrissen. Das gibt natürlich Abzüge in der B-Note! Als Nachtrag zum Arabesque-Test sei noch angemerkt, daß dieses Programm überhaupt nicht mit Overscan klarkommt. Dieses Manko sollte von SHIFT aber schleunigst beseitigt werden -bei einer Professional-Version dürfen solche Fehler nicht mehr auftreten!

Bei dem nur 40seitigen Handbuch wirkt der Ringordner fast etwas übertrieben, aber Ordnung muß schließlich sein. Da die Funktionsfülle des Programms nicht gerade erschlagend ist, reicht dies aber vollkommen aus. Eigentlich habe ich das Handbuch während des Tests kaum gebraucht, das Programm erklärt sich weitgehend von selbst.

Fazit

Die Vektorisierung erfolgt recht gut, bei der Polygonoptimierung muß man je nach Grafik etwas warten. Etwas mager sind die Möglichkeiten zum Edieren der Vektorgrafik. Außerdem treten beim Füllen von Polygonen manchmal kleine Fehler auf, aber das Problem haben auch andere Programme diesen Typs. Betrachtet man den geringen Funktionsumfang, der für eine Arabesque-Erweiterung aber sicherlich ausreicht, so bringt einen die unverbindliche Preisempfehlung von DM 248,- doch ins Grübeln. Ein zusätzliches Modul, welches mit zwei Dritteln des Hauptprogrammpreises zu Buche schlägt, wäre mir persönlich zu teuer. Mag auch die Entwicklung eines Algorithmus' zur Vektorisierung nicht gerade zu den einfachen Programmieraufgaben gehören, so ist dies für einen Benutzer doch nur eine Funktion unter vielen anderen zur Manipulation bzw. Konvertierung von Grafiken.

Bezugsquelle SHIFT GmbH Unterer Lautrupweg 8 W 2390 Flensburg


Andreas Hollmann
Aus: ST-Computer 04 / 1991, Seite 20

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite