Selbst-Assemblierung - Hast Du keinen, hol’ Dir einen...

Bereits in Ausgabe 6/90 stellten wir Ihnen den „Manhatten ST“ vor - einen ST im Tower mit etlichen Erweiterungen. Der Hersteller dieses Riesengeräts zeigt nun ein Herz für all diejenigen, die nicht das nötige Geld aufbringen können, sich einen kompletten Tower zu kaufen.

Recht so! Warum soll man schließlich Tausende von Märkern für einen Tower berappen, wenn man schon einen eigenen Mega ST hat? Würde es nicht genügen, die vorhandene Platine zu nehmen und in ein leeres Tower-Gehäuse einzubauen? „Das ist der Clou“, dachte sich Tetra, und verkauft seitdem leere Towers mit passendem Zubehör als Umbau-Set. Ein solches Set traf auch in der Redaktion ein, woraufhin ein Mega 2 mit 100 MB- und 40 MB-Platte eingebaut werden sollte. Die Größe des Instruments: 456x190x620.

Sesam...

...öffne Dich. Zum Öffnen des Towers müssen sechs Schrauben abgelöst werden. Gesagt, getan, und das Gehäuse, das natürlich komplett aus Metall besteht, ist tatsächlich leer - bis auf ein 220-Watt-Netzteil, mit dem alle einzubauenden Geräte versorgt werden - die Leistung ist mehr als ausreichend. Außerdem sind auf Anhieb sechs 5 1/4"-Slots und zwei 3 1/2"-Slots für Festplatten und Diskettenlaufwerke zu erkennen. In unserem Fall befinden sich in diesen Slots bereits ein 1,44 MB- (3 1/2") und ein 1,2 MB-Laufwerk (5 1/4"), so daß noch ein 3 1/2- und fünf 5 1/4"-Slots freibleiben.

Damit der Einbau problemlos vonstatten gehen kann, liegt eine 60seitige Anleitung bei, die alle Schritte eingehend erläutert.

Der Aufbau der Anleitung ist übersichtlich und auch für den Laien leicht verständlich. Allerdings sollte man die Anleitung vor dem Einbau seines ST unbedingt einmal ganz gelesen haben, da sonst bei einigen Anweisungen noch Fragen offenbleiben, die erst einige Seiten weiter hinten geklärt werden ich als ungeduldiger Tester habe das natürlich nicht gemacht und stieß auch prompt auf Probleme - eigene Schuld!

Nachdem die Platine des Mega ST gebührend aus dem nun ausgedienten Originalgehäuse entfernt ist (die Anleitung spricht von „Deassemblierung des Mega ST“; nie zuvor habe ich einen Computer „deassembliert“...), müssen einige Leiterbahnen aufgetrennt und zusätzliche Kabel eingelötet werden - hier ist schon das Ende der Fahnenstange für den reinen Anwender erreicht, der noch nie einen Lötkolben in der Hand hatte: Die Platine des ST ist ziemlich empfindlich und sollte nur von erfahrenen Bastlern bearbeitet werden; besonders die Auftrennung der Leiterbahnen kann haarig werden.

Mit dem Accessory können HD-Disketten formatiert werden
Bild 2: Der Terminplaner von Desk-Assist

SCSI

Ist, wie in unserem Fall, auch noch ein 1,44- oder 1,2-MB-Laufwerk einzubauen, müssen von der Platine noch 16 MHz abgegriffen werden, was durch Hochbiegen eines Pins und Verlötung desselben mit einem Kabel geschieht. Wer eine SCSI-Platte hat, sollte sich gleich den passenden Host-Adapter bei Tetra mitbestellen. Der Adapter wird auf einer eigenen Metallplatte befestigt und über Flachbandkabel mit Quetschverbindern mit dem DMA-Port verbunden, sobald die Mega-Platine eingebaut ist.

Nun legt man an der Rückseite des Gehäuses die Schnittstellen nach außen. Das geht recht einfach, denn auch diese verbindet man durch Flachbandkabel. Zur Befestigung nehmen Sie lediglich die Blinddeckel ab, setzen die Schnittstellen ein und schrauben sie fest. Dabei sollte man die Plazierungshinweise beachten, sonst kommt man bei der späteren Verkabelung in Teufelsküche, weil die mitgelieferten Anschlußkabel fertig konfektioniert sind und somit eine vorgefertigte Länge haben.

Bevor sich die Hauptplatine einbauen läßt, müssen Sie noch alle 3 1/2"-Geräte einbauen - später werden die Löcher für die Halteschrauben solcherlei Geräte durch die Hauptplatine verdeckt. Das ist zwar schade, weil es spätere Änderungen und Reparaturen umständlich macht, liegt aber in der Natur eines Towers bzw. der Mega ST-Platine, bei denen die Größen nun mal nicht bis ins Endlose steigerbar sind.

Nachdem die eigentliche Mega-Platine bearbeitet ist, ist die Haupt-Adapterplatine von Tetra anzuschließen. Auf ihr sind alle notwendigen Anschlüsse vorhanden, die an die Rückseite des Towers gelegt werden: SM 124, 9poliger SUB-D-Monitorstecker, MIDI in und -out, RS232, Centronics (I/O-Pin 17 beschaltet), Tastatur, ROM-Port intern und extern (softwaremäßig umschaltbar), SCSI, DMA. Damit es auch ordentlich aussieht und benutzt werden kann, liegen die Anschlüsse, wie gesagt, auf einer gesonderten Platine, die zunächst mit der ST-Hauptplatine verbunden werden muß. Dazu sind einige Stiftverbindungen zwischen MIDI und Monitorstecker einzusetzen, die Platine wird aufgesteckt, fertig.

Simpel

Bevor ich den gesamten Aufbau weiter beschreibe, lassen Sie sich sagen, daß es von hier ab bis zum fertigen Tower nur noch 10 Minuten sind, denn es müssen lediglich einige Kabel eingesteckt werden. Der gesamte Umbau dauert somit für den halbwegs engagierten Bastler vier bis sechs Stunden - eine akzeptable Zeit für einen so entscheidenden Eingriff, wie ich denke.

Jetzt muß man nur noch das Gehäuse zusammenbauen und die Software installieren, damit die HD-Laufwerke auch vernünftig funktionieren. Zum Betrieb ist eine weitere, umfassende Anleitung beigelegt, da Tetra noch ein großes Software-Paket mitliefert. In diesem enthalten sind verschiedene nützliche Programme, so natür lieh die Festplatten-Software von ICD, die einen komfortablen Betrieb mit SCSI-Geräten sicherstellt. Weiterhin finden sich ein Accessory zum Formatieren von HD-Disketten aller Art, ein Programm zur Step-Ratenumstellung (wichtig für HD-Laufwerke), eine RAM-Disk, Terminplaner, Notizblock, Druckereinstellung und vieles mehr - kurz: alles, was man bei der täglichen Arbeit braucht. Je nach Ausstattung des Bausatzes wird natürlich auch mehr Software mitgeliefert, etwa für Grafikkarten, MS-DOS-Emulatoren oder Beschleunigerkarten.

Fertig aufgebaut

Das Gerät ist endlich fertig installiert, insgesamt dauert es bei „normal begabten“ Bastlern zirka vier bis sechs Stunden, bis die Arbeit erledigt ist. Nun wird noch die Metallummantelung aufgesetzt und festgeschraubt, und der Rechner kann angeschaltet werden. Damit haben wir nun einen ST mit folgenden Merkmalen: Tastaturschloß, Einschaltverzögerung (für Autoboot-Festplatten), alles in einem Gehäuse (nur ein Kabel führt nach außen), alle Schnittstellen an einer Stelle (Rückseite), eingebauter Lautsprecher, starkes Netzteil, Reset- und Turbo-Taster sowie Ein- und Ausschalter an der Vorderseite und nicht zuletzt einen geringeren Stellplatz für das gesamte System.

Alles in allem ist der Tuning-Satz eine nette Sache, die den ST sicherlich aufwertet, besonders dann, wenn dazu noch Erweiterungen wie Beschleuniger oder Emulatoren eingebaut werden. Der Preis von DM 1500,- für das nackte Umbau-Set erscheint mir allerdings etwas hoch gegriffen. So schön der Tower nachher auch aussehen mag, die Einzelteile für ein solches Gerät sind wesentlich preiswerter, wenn auch mit zehnfachem Arbeitsaufwand verbunden. Tatsache ist jedoch, daß ich mich in meinen „neuen“ Tower-ST verliebt habe und jedem, der die Investition nicht scheut, das Tuning-Set nur empfehlen kann.

MP

Preise

Tower Tuning Set DM 1498,-
Aufpreis schwarzes Gehäuse: DM 298,-
HyperCache ST+ DM 498,-
TEAC-HD-Laufwerk DM 198,-
84 MB-Seagate-Platte DM 998,-
SCSI-Hostadapter DM 198,-
Temperaturlüftersteuerung: DM 148,-
Desk-Assist/4: DM 48.-

Bezugsquelle

Tetra Computersysteme GmbH
Neuer Markt 27
5309 Meckenheim

Bild 3: Ein kleiner Monitor
Bild 4: Das Innenleben unserer „Selbstassemblierung“


Aus: ST-Computer 02 / 1991, Seite 58

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