Alles das, was von einem Computerdrucker irgendwie einmal zu Papier gebracht werden soll, setzt sich aus einzelnen Punkten zusammen. Bei einem 9- bzw. 24-Nadeldrucker ist das auch sehr deutlich zu erkennen. Gerade im Schnellschreibmodus (Draft) stört viele Benutzer die Deutlichkeit der Nadelabdrücke. Durch verschiedene Tricks kann der Nadeldrucker aber überlistet werden, so daß die Buchstabenkonturen geradliniger herauskommen.
Selbst wenn es zunächst merkwürdig klingen mag, auch ein Laserdrucker muß Grafik und Schrift aus einzelnen Punkten zusammenbauen. Nur durch die Art der Aufbereitung scheinen die häßlichen Pünktchen verschwunden zu sein, es werden die Übergänge von Punktdefinition zu Punktdefinition fließender. Die Größe und Anzahl der Punkte bestimmen, wie fein die Ausfranzungen an den Buchstabenkanten werden. Gleichzeitig kommt dem Schriftbild eine Eigenschaft des menschlichen Auges zugute: Bei weiter entfernt gehaltenem Papier wird der Ausdruck immer undeutlicher, die Treppenlinien, z.B. bei einem Kreis, sind nicht mehr sehr klar auszumachen. Dennoch wird das geübte Auge solche Feinheiten finden, die sich beispielsweise bei einem repräsentativen Brief oder bei einer Druckvorlage störend bemerkbar machen.
Der ATARI-Laserdrucker SLM 804 hat eine Auflösung von 300 dpi („dpi“ heißt „dots per inch“, zu deutsch: „Punkte pro Zoll 1 Zoll beträgt 25,4 mm), und zwar sowohl horizontal als auch vertikal. Somit besteht eine komplette DIN A4-Seite aus 2400 * 3386 Punkten, die natürlich nicht alle definiert sind, sonst wäre das Blatt schwarz.
Um nun die Konturen von Rundungen (wer kennt die Treppeneffekte bei gebogenen Linien nicht?), aber auch von relativ kleiner Schrift noch feiner werden zu lassen, müßte man versuchen, einfach mehr Bildpunkte für die gleiche Flächengröße zu verwenden. Das analoge Abbildungsprinzip des Laserdruckers kommt uns bei einer bestechend einfachen Idee dabei entgegen: Ein Laserstrahl wird mit drei rotierenden Spiegeln in horizontaler Richtung abgelenkt und überstreicht dabei mit Unterbrechungen Zeile für Zeile von links nach rechts auf einer rotierenden Trommel. Diese Trommel hat eine extrem glatte Oberfläche und wird genau an jenen Stellen, wo der Laserstrahl sie berührt, also wo später ein Bildpunkt erscheinen soll, elektrostatisch aufgeladen. Diese Ladungsträger könnten im äußersten Fall die Größe nur eines Elektrons haben, treten aber aufgrund der relativ großen Streuung des Laserstrahls als regelrechte Ladungsbündel auf. Später streift ein Partikelbesen mit negativ geladenen (schwarzen) Farbteilchen (genannt Toner) über die Trommel, so daß diese Partikel genau dort auf derTrommeloberfläche hängenbleiben, wo die positiven Ladungsträger sitzen - Gegenpole ziehen sich an (siehe Physikstunde bei Lehrer Lämpel). Als letzter Arbeitsschritt wird ein vorgeheiztes Blatt Papier um die Trommel gelegt, weiter aufgeheizt, gleichzeitig ändert sich die Polung der Trommel in negativ und stößt damit alle Tonerpartikelchen ab. Schließlich ist der Toner in das Papier eingebrannt.
Es ist nun überhaupt kein Problem, dem Laserstrahl einfach genau die doppelte Anzahl an Punktdefinitionen (pro Zeile) in horizontaler Richtung mitzugeben. Spiegelmechanik und Plazierungsgenauigkeit des Laserstrahls sind durchaus in der Lage, hierfür noch präziser zu arbeiten. Das Problem liegt nur in der doppelten Menge an Punktdefinitionen. So muß der Steuerelektronik mitgeteilt werden, daß nicht 2400 sondern 4800 Bildpunktinformationen einer Druckzeile entsprechen. Auch muß der Laserstrahl entweder doppelt so langsam über die Trommelzeile geführt werden (was ein weiteres mechanisches Problem aufwerfen würde), oder er müßte die doppelte Informationsmenge in derselben Zeitspanne verarbeiten (was ohne weiteres verwirklicht werden kann). Wie leicht nachzuvollziehen ist, wird die logische Größe der Bitmap in horizontaler Richtung verdoppelt und braucht demzufolge auch die doppelte Menge an Speicherplatz im RAM. Gleichzeitig muß das spätere Druckbild wieder auf die physikalische Größe eines DIN A4-Blattes gestaucht werden.
Aufgrund des beschriebenen Arbeitsprinzips ist nun auch einzusehen, daß mit denkbar einfachen Mitteln eine Verdoppelung der Auflösung in horizontaler Richtung leicht zu verwirklichen ist. Alle beschriebenen Aufgaben erfüllt ein kleines Zusatzgerät, das „600-dpi-Kit“ der Firma Marvin AG aus der Schweiz.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Die 600 dpi erreicht dieses Zusatzgerät nur in horizontaler Richtung, also 600 * 300 dpi. In vertikaler Richtung sieht das Ganze wieder anders aus. Die Trommel dreht sich in konstanter Geschwindigkeit so langsam, daß die Zeit für den Laserstrahl ausreicht, die Zeileninformationen vollständig auf der Trommel aufzutragen. An die Verdoppelung der Zeilenzahl hat man sich noch nicht herangewagt, weil dies einen höheren mechanischen Aufwand erfordern würde.
Um es gleich vorwegzunehmen, man sollte das Arbeiten mit einem Lötkolben auf jeden Fall beherrschen und ein kleinwenig elektrotechnische Grundkenntnisse besitzen, bevor es zur Sache geht. Sonst wäre der Fachhändler wohl die bessere Adresse für den Umbau. Wenn Netz- und DMA-Kabel abgetrennt sind, wird einfach der obere Gehäusedeckel abgehoben. Unter einem Schutzblech verbirgt sich die Platine mit der Steuerelektronik. Dort ist auch noch ausreichend Platz für unser 600-dpi-Kit.
An zwei Stellen müssen die Leiterbahnen durchtrennt werden. Das ist etwas Kleinarbeit und mit Vorsicht zu bewerkstelligen, damit die Nachbarbahnen nicht getroffen werden. Am besten nimmt man einen spitzen Gegenstand (Schraubenzieher oder Dörnchen) und kratzt die Leiterbahn an einer leicht zugänglichen Stelle durch. Das mitgelieferte Handbuch zum 600-dpi-Kit besitzt einen Mittelteil mit vier Farbfotos, die die günstigen Stellen sehr deutlich zeigen. Das Zusatzkästchen hat nun neun farbig gekennzeichnete Verbindungsleitungen. die unter anderem an die Lötbeinchen einzelner ICs angebracht werden müssen. Das ist nicht sehr einfach, weil man bei den eng aneinanderliegenden Beinchen sehr schnell das Nachbarbein trifft. Auch die anderen Lötpunkte, besonders die durchkontaktierten Bohrungen. sind sehr klein ausgefallen und außerdem mit Lötstoplack überzogen. Da muß man zuerst vorsichtig den Lack abkratzen und dann genauso vorsichtig löten. Alles in allem ist es schon eine Tüftelarbeit, die wirklich nur ein Elektronikbastler oder ein Fachmann ausführen sollte. Wegen der deutlichen Fotos im Handbüchlein sowie der sehr ausführlichen Lagebeschreibung wird es sicher keine Probleme geben, die richtigen Lötpunkte zu finden.
Natürlich muß nach der mühevollen Arbeit eine Erfolgskontrolle stattfinden (hoffentlich mit einem Erfolgserlebnis). Man sollte den Drucker noch nicht vollständig verschrauben, sondern einfach den Hauptdeckel aufsetzen und das Testprogramm durchführen.
Und das ist auch schon ein kleiner Wermutstropfen. Die Entwickler dieses 600-dpi-Kits sind davon ausgegangen, daß sich wahrscheinlich nur CALAMUS-Besitzer für dieses Zubehör interessieren. Deswegen sind verschiedene Testdokumente und zwei Druckertreiber lediglich für das Programm CALAMUS auf Diskette vorhanden. Was machen alle diejenigen, welche CALAMUS nicht besitzen? Hier wäre vielleicht ein eigenes kleines Testprogramm angebracht. Was kann sonst noch das Schriftbild verschlechtern?
Der Befehl „Einzelblatt“ von einem Druckertreiber aus muß ab sofort leider entfallen, weil das „Manual-Feed-Bit“ jetzt zur Umschaltung zwischen 300 und 600 dpi benutzt wird. Also: Wenn Sie künftig den Ausdruck per Einzelblattschacht angeben, ist das gleichbedeutend mit 600 dpi, und wenn Sie den Ausdruck aus dem Magazin ansteuern entspricht dies sofort 300 dpi.
Die vermeintliche Einschränkung, daß nun nicht mehr von der Software bestimmt werden kann, ob per Einzelblatt oder per Papierkassette ausgedruckt wird, ist in Wirklichkeit kein Nachteil. Zwar ist die Verbindung vom Einzelblattdetektor aufgetrennt, und das Signal, daß ein Blatt Papier in der Einzelzuführung liegt, wird nicht mehr zum Anwenderprogramm weitergeleitet, aber das 600-dpi-Kit wertet diesen Umstand intern aus und veranlaßt bei vorhandenem Papier in Einzelzuführung, daß dieses bevorzugt verwendet und der Magazinschacht nicht benutzt wird. Da kann es durchaus Verständigungsprobleme mit alten Druckertreibern geben.
Wie schon beschrieben, ist unsere Bitmap bei 600 * 300 um das Doppelte größer, was natürlich auch einen größeren RAM-Speicher beansprucht. Auch dies muß die Software entsprechend bedienen.
Was ist mit GDOS, AMCGDOS, FSM-GDOS? Als Benutzer merken Sie die höhere Auflösung erst auf dem Papier, weil alle GDOS-Treiber unterschiedliche Fonts für Bildschirm und Ausdruck benutzen. Die Bitmap im Speicher hat unter GDOS die üblichen 2336 * 3386 Bildpunkte (entspricht 300 dpi). Erst beim Ausdrucken wird vom GDOS-Treiber auf 600 dpi umgerechnet. Da diese Methode leider nicht immer die besten Ergebnisse bringt, wäre das Verwenden spezieller Fonts (auch angepaßter) wohl sinnvoller. Wer bietet 600*300-GDOS-Fonts gegen eine Briefmarkensammlung?
Der FX-Emulator(z.B. „Laserbrain“) nutzt die höhere Auflösung unter Verwendung spezieller Fonts. Die alten Fonts sind unter 600 dpi nur eingeschränkt zu empfehlen, weil die Buchstaben horizontal gestaucht sind (sieht lustig aus). Tausche Wellensittich gegen Laserbrain-Fonts!
Wer eigene Druckertreiber schreiben kann (oder jemanden kennt, der weiß, wo jemand wohnt, der eigene Druckertreiber schreiben kann) ist fein raus: Sprechen Sie den Laserdrucker in Ihrer Software direkt an (Sie Glücklicher), so müssen Sie lediglich für 600 dpi beim „MODE_SELECT-Befehl“ das „manual-feed-Bit“ setzen und beim Drucken eine 4800 * 3386 große Bitmap übergeben. Das größte Problem dürfte sein, in Ihrer Software der Punktgröße Rechnung zu tragen, da die meisten Programme von der Annahme ausgehen, daß die Punkte quadratisch oder rund sind. Bei 600 * 300 Pixel sind die einzelnen Punkte immer doppelt so hoch wie breit. Bei punktorientiert arbeitender Software müssen Sie das Bild auf interpolativem Wege anpassen. (Interpolation ist ein Annäherungsverfahren in der Mathematik.) Vektororientierte Software hat bekanntermaßen mit der Punktgröße überhaupt keine Schwierigkeiten. Wer kennt jemanden, der jemanden kennt...
Die Werbung ist schon lustig: „Noch kein Farbdrucker, aber ganz nah dran ...“ (kein Kommentar). Wie dem auch sei, für alle diejenigen, die professionell mit dem ATARI-Laserdrucker SLM 804 arbeiten wollen und für die eine höhere horizontale Auflösung wichtig ist, stellt dieses Zubehör der Firma Marvin AG eine sinnvolle Erweiterung dar. Der Preis von 410 DM ist nicht überteuert, wenn man bedenkt, um wieviele Hunderterstellen ein wirklicher 600-dpi-Laser mehr kosten würde als unser SLM 804 mit ca. 2500 DM.
DK
Bezugsquelle:
H. Richter Distributor
Hagener Straße 65
5820 Gevelsberg