Megabrain Illuminator - Blinkender ST auf der Couch

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Das ist nicht etwa "Gefahr aus dem All", sondern die futuristisch anmutende Megabrain Illuminator-Brille mit Anwender im Hintergrund.

Seit vielen Monaten sind im freien Markt "Mind Machines" erhältlich. Sie versprechen Streßabbau, Steigerung der Kreativität und Traumreisen. Endlich ist auch ein Gerät für den ST erhältlich. Wir zeigen Ihnen, was es leistet.

Im Prospekt verspricht die Firma Megabrain: "Megabrain Illuminator kann Sie schnell und sicher in tiefe Entspannungszustände bringen, die mit Streßabbau, Steigerung der Kreativität und Traumreisen einhergehen."

Blink, blink

Das erscheint auf den ersten Blick doch recht unglaubwürdig. "Megabrain Illuminator, also 'Superhirn-Erheller"? Das kann doch nichts sein!" - Diese Kommentare hört man sehr oft. Im Voraus kann ich Ihnen bereits sagen, daß es doch funktioniert. Megabrain Illuminator funktioniert grundsätzlich über eine umgebaute Schweißerbrille. Statt eines durchsichtigen Schutzes sind hier allerdings fürjedes Auge jeweils vier Leuchtdioden eingesetzt, die durch einen speziellen (mitgelieferten) Adapter einzeln ansteuerbar sind.

Bahnhof? Richtig, es ist ziemlich schwierig zu verstehen. Das menschliche Gehirn ist eine geballte Ansammlung von Nervenzellen, die untereinander über das zentrale Nervensystem mit dem Körper winzige elektrochemische Impulse austauschen, speichern, empfangen und senden. Jede dieser elektrochemischen Entladungen erzeugt ein elektromagnetisches Feld, das in der Regel mit einer Frequenz zwischen 1 und 30 Hz (=Schwingungen pro Sekunde) schwingt. Die Gesamtheit dieser Signale ergibt die sogenannten Gehirnwellen, die mittels Elektro-Enzephalogramm (EEG) von außen gemessen werden können. Wenn die mittels EEG gemessenen Gehirnwellen auch nur ein recht grobes Bild der Gehirnaktivität widerspiegeln, hat sich doch gezeigt, daß bestimmte Gehirnwellenfrequenzen mit psychischen Zuständen wie Streß, Entspannung oder Tiefenmeditation in Verbindung gebracht werden können.

Überwiegend wellig

Dabei unterscheidet man zwischen BetaWellen (13-30 Hz), die charakteristisch sind für nach außen gerichtete Konzentration. Diese Wellen bestimmen normalerweise im Wachzustand unser handeln und unsere Aufmerksamkeit. Alpha-Wellen (8-1 3 Hz) tauchen bei geschlossenen Augen und im Stadium zwischen Schlaf- und Wachzustand auf. Kennzeichen sind Entspannung ohne Schläfrigkeit und gelassenes Denken. Theta-Wellen (3,5-7 Hz) entstehen üblicherweise im Schlaf und während tiefer Meditationen. Das Unterbewußtsein übernimmt dabei die Kontrolle über den Körper. Charakteristisch sind dabei gesteigerte Kreativität und Phantasie. Bei Kindern wird auch im "normalen" Wachzustand ein hoher Daueranteil von Theta-Wellen gemessen. Delta-Wellen (unter 3,5 Hz) treten hauptsächlich im Tiefschlaf auf und werden im Wachzustand nur sehr selten erlebt. Sie entsprechen tiefem, traumlosem Schlaf, Trance und Tiefenhypnose.

Bislang konnte man diese Zustände durch autogenes Training, Hypnose oder Yoga erreichen. Der Nachteil dieser Methoden war, daß man sich lange einarbeiten mußte, um einen zufriedenstellenden Zustand zu erreichen - mitunter war auch das recht anstrengend. Der Illuminator arbeitet anders. Er wirkt direkt auf das Gehirn, das die Eigenart hat, sich rhythmischen äußeren Reizen anzupassen. Ist ein bestimmter Zustand erreicht, können vom Körper sogar opiatähnliche Stoffe produziert werden, die man als das "körperliche Belohnungssystem" ansehen kann. Praktisch funktioniert das Gerät so: Durch das mitgelieferte Interface, das am Druckerport angeschlossen wird, wird die umgebaute Schweißerbrille angeschlossen. In einem bestimmten Rhythmus blinken nun die insgesamt acht Leuchtdioden. Dazu werden vom ST-internen Soundchip monotone Tonfolgen erzeugt, die über einen (mitgelieferten) Kopfhörer dem Gehirn zugeführt werden.

Abfolgen

Die Abfolgen der Sessions, so nennen sich die Sitzungen mit der Brille, können vom Benutzer selbst bestimmt werden. Für den Anfänger werden allerdings genügend Sessions mitgeliefert. Mit diesen kann man sich gut mit dem Gerät anfreunden und erkunden, auf welche Effekte man besonders gut reagiert. Hat man sich eingearbeitet, kann man auch eigene Effekte programmieren. Dazu ist allerdings schon einige Erfahrung vonnöten. Die meisten Sessions sind so aufgebaut, daß sie im Beta-Zustand beginnen und langsam in Alpha- oder Theta-Wellen übergehen. Dort verweilt das Programm eine bestimmte Zeit, bevor es wieder langsam oder auch etwas schneller) in den Beta-Zustand zurückfährt, damit man problemlos wieder "aufwacht".

Für wen?

Der Prospekt preist den Megabrain Illuminator als besonders geeignet an für Forschungsinstitute, anspruchsvolle Studios, Ärzte, Therapeuten und Heilpraktiker, erfahrene Mind Machine-Anwender sowie gestreßte Computerfreaks und Musiker. Grundsätzlich kann man diese Behauptung unterstützen. Allerdings warnt der Prospekt auch. Das Gerät darf nicht von Epileptikern, Psychotikern, Menschen mit Hirnschäden und Menschen unter ständiger neurologisch-psychologi- scher Behandlung benutzt werden. Gefährlich sei ebenfalls die Kombination mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, Alkohol oder Drogen ["...können die Wirkung (... ) erheblich potenzieren und die Session zu einem Endlostrip werden lassen"]. Personen mit Herzschrittmachern und Schwangere sollten aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ebenfalls von der Benutzung der Mind Machine absehen. Kurz: Wer Stroboskoplicht in einer Diskothek oder blinkende Sonnenstrahlen beim Durchfahren einer von Bäumen gesäumten Allee problemlos verträgt, ist wahrscheinlich als Benutzer geeignet.

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Das Logo des Illuminators

Es hört sich wahrscheinlich unglaublich an, funktioniert aber wirklich. Noch auf der Atari-Messe habe ich das Gerät ausprobiert. Ich legte mich entspannt auf eine Liege, dachte nicht daran, daß ich noch über 10 weitere Termine hatte und ließ eine Einsteigersession über mich ergehen. Obwohl ich nicht an ein positives Ergebnis gedacht hatte, war genau das das Ergebnis: Nach 12 Minuten stand ich auf und war sehr entspannt, obwohl eine Messe das stressigste ist, was es im Redakteursleben gibt.

Daraufhin habe ich das Gerät mitgenommen und zu Hause auf seine Tauglichkeit getestet. Das Fazit meiner Beobachtungen: Die Wirkung des Illuminators hängt stark von der Gefühlsverfassung ab, in der man sich vor einer Session befindet.

Wer seelische Probleme hat oder wen viele Dinge intensiv beschäftigen oder zum Nachdenken bewegen, sollte das Gerät in dieser Verfassung nicht benutzen, da die Wirkung dadurch erheblich verringert wird. In "normalen" Situationen hat das Gerät immer die gewünschte Wirkung erzielt, nämlich einen Entspannungszustand, der auch lange nach der Session anhielt. Während der Session erlebte ich unglaubliche Farbspiele. Alle Regenbogenfarben waren zu sehen, einfach unglaublich - einen solchen Effekt hatte ich vorher noch nie erlebt. Natürlich kann ein einzelner Tester nicht objektiv sein, deshalb zog ich einige Bekannte zu Rate. Das Ergebnis: Der erste (Hallo OJO) warf die Brille nach fünf Minuten in die Ecke, weil die Töne ihn stark nervten. Ein anderer war positiv erfreut und verspürte einen leichten Entspannungszustand. Der letzte Bekannte hat bereits autogenes Training gemacht und ging deshalb mit einer anderen Einstellung an den Test. Er berichtete letztendlich ebenfalls positiv von seinen Erfahrungen, schwört aber weiterhin auf autogenes Training.

Fazit

Der Illuminator kann funktionieren, muß es aber nicht. Von Nebenwirkungen bei gesunden Menschen ist nichts bekannt. Ich finde es nur sehr merkwürdig, mir von einer Schweißerbrille in mein Gehirn eingreifen zu lassen, allerdings habe auch ich keine Nebenwirkungen wie seelische Schäden oder Abhängigkeit bemerkt. Empfehlenswert ist das Gerät somit für alle, die schon immer autogenes Training machen wollten, gerne außergewöhnliche Dinge tun oder vielleicht auch für solche, die von Drogen loskommen wollen. Oder ganz einfach für die, die sich gerne mal richtig entspannen wollen. Nicht empfehlenswert ist es für Epileptiker, Psychotiker oder photosensible Menschen. Kurz: Wen das Gerät interessiert, der sollte es auf jeden Fall vorher in aller Ruhe ausprobieren, um keine Fehlinvestition zu tätigen. Der Preis für das Gerät ist nämlich recht hoch: DM 1398,- für das Komplettsystem (Interface, Switchbox für den Monitor, Anschlußkabel, Software mit Drei-Benutzer-Lizenz und Handbuch, Brille, Sony-Kopfhörer, Mausverlängerung und Mousepad). Jede weitere Brille kostet DM 229,-, bis drei Stück sind anschließbar. Weitere Hinweise zum Gerät entnehmen Sie bitte dem Kasten - Wir fragten einen Experten auf diesem Gebiet. Diplom-Psychologe Dr. Arnd Stein befaßt sich seit mehreren Jahren mit diesem Thema. Die Stereo- Tiefensuggestion wurde von ihm in mehrjähriger Forschungs- und Praxisarbeit zusammen mit Psychotherapeuten und Ärzten entwickelt und erprobt.

Martin Pittelkow

Bezugsquelle:
MEGABRAIN Mind Machines GmbH
Friedrich-Ebert-Straße 32
4000 Düsseldorf 1

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Diplom-Psychologe Dr. Arnd Stein zum Megabrain Illuminator

Mind Machines können durchaus bei vielen Anwendern eine positive Wirkung hervorrufen. So lassen sich ziemlich schnell Entspannungszustände erreichen. Der große Vorteil des Megabrain Illuminator ist seine freie Programmierbarkeit. Während viele Geräte auf einen bestimmten Personenkreis nicht anwendbar sind, weil sie nur durch vorprogrammierte Sessions gesteuert worden, kann der Megabrain Illuminator optimal auf jede Situation angepaßt werden.
Vorteilhaft ist auch die Steuerung per Maus, mit der man während einer Session direkt in das Geschehen eingreifen kann. Dadurch wird eine weitere Verfeinerung erreicht, und die Mind Machine kann ausgezeichnet auf alle Situationen eingestellt werden.

Lediglich die von der Maschine produzierten Töne werden von verschiedenen Versuchspersonen als monoton oder störend empfunden. Allerdings kann man während einer Session auch Musik einsetzen. Extra für solche Geräte habe ich beispielsweise Cassetten für verschiedene Zwecke entwic elt, die bei den meisten Anwendern positive Reaktionen hervorriefen. So sind verschiedene Titel für unterschiedliche Themen erhältlich: Selbstbewußtseinsstärkung, mentales Sportlertraining, Abwehrkräftesteigerung, entspannte Schwangerschaft, Angstüberwindung, Konzentrationssteigerung und viele andere.

Es ist generell schwierig herauszufinden, welche Mind Machine für eine Person die beste ist. Jeder sollte sich seinen eigenen Favoriten durch Tests aussuchen, denn die Frequenzfolgeeffekte, die durch eine Mind Machine erzeugt werden, wirken immer unterschiedlich. Anders als z.B. bei autogenem Training, wo sozusagen "mitgearbeitet" werden muß, kann sich der Anwender hier passiv und in Muße der Entspannung hingeben.

Nebenwirkungen sind - bis auf die Nichtanwendbarkeit bei Epileptikern - nicht bekannt. Gefahren bestehen auch dann nicht, wenn die Frequenz des Geräts bis 1 Hz heruntergefahren wird, denn das Gehirn kann diesen Frequenzen erfahrungsgemäß nicht mehr folgen.

So kann ich niemandem ein spezielles Gerät empfehlen, sondern nur darauf hinweisen, daß man es vor dem Kauf auf jeden Fall austesten sollte.

Die Cassetten, CDs und weitere Informationen sind erhältlich beim

Verlag für therapeutische Medien
Postfach 7213
5860 Iserlohn 7



Aus: ST-Computer 10 / 1990, Seite 14

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