Musikmesse Frankfurt: Viel Lärm um nichts? Viel Lärm um wenig!

Vom 21.3. bis 26.3. war es wieder einmal soweit, Frankfurt lud ein zur „Internationalen Fachmesse Musikinstrumente, Ton-und Licht-Equipment, Musikzubehör und Musikalien“, der größten Show dieser Art auf dem Kontinent.

Sie strömten wieder in Massen, die Aussteller, der Fachhandel und die Musikinteressenten die Verantwortlichen in der Messeverwaltung aber müssen bei der Planung des späten Messetermines (üblicherweise fand die Musikmesse Anfang oder Mitte Februar statt) geschlafen haben! Zur gleichen Zeit fand in Hannover nämlich die CeBIT statt, so daß einige Aussteller und mehr noch kaufwillige Interessenten in Gewissenskonflikte gebracht wurden. Aber vielleicht liegt es auch nur daran, daß der Stellenwert des Computers als Musikinstrument innerhalb der Messeausschreibung nur ungenügend erkannt ist. Man hatte so die Qual der freien Wahl! Natürlich legte Frankfurt abermals etwas zu. Wieder ein bißchen größer und lauter als im letzten Jahr; und um die Besucherzahlen (und den Gewinn durch Eintrittsgelder) noch etwas zu erhöhen, verlängerte man die Messe schnell noch um einen -nach Aussage verschiedener Hersteller sinnlosen Tag, den sich der Fachhandel mit den Musikinteressenten teilen mußte. Die Fehlplanung aus dem Vorjahr, als man mit den ‘Tagen der offenen Türen und Stände' begann, korrigierte man auf Druck der Aussteller wieder, waren doch einige Instrumente nach eben diesen Tagen nicht mehr dem später erwarteten Fachhandel anzubieten. So sah das Obermaterial der neuen italienischen Designerschuhe nur am Samstag- und Sonntagabend wie nach den ersten Tanzstunden aus. Alles, was auch nur im entferntesten mit einem Computer zu tun hatte, war in diesem Jahr in der Halle 9.0 zusammengefaßt, man sparte sich so manchen langen Fußweg. Große Neuigkeiten wurden in diesem Jahr nicht vorgestellt. Die Entwicklung scheint im Moment ausgereizt, man setzt auch bei den ‘Großen' auf Bewährtes. Die treuen Kunden versucht man durch Updates bei Laune zu halten (Steinberg, C-Lab, Hybrid-Arts u.a) oder neue durch die Übertragung bewährter Programme auf andere Systeme zu gewinnen (Steinbergs Cubase für den Mac, Passport Design Mac-Software für den ST). Auffällig oft wurde in diesem Jahr Software für IBM und Kompatible sowie für den Commodore AMIGA angeboten. Ob sich diese allerdings gegen die ATARI und Mac-Übermacht jetzt noch durchsetzen können, werden die nächsten Messen zeigen.

Was muß ein Hersteller tun, wenn er ein Sequencer-Programm auf dem Markt hat, das es bisher nicht geschafft hat, bis zur Spitze vorzudringen? Um an neue Kunden zu kommen, braucht er zunächst eine zündende Idee. Geerdes glaubt sie zu haben. Man entwickelte eine Lern Software und verspricht dem gläubigen Käufer das Erlernen der Blues-Gitarre in Perfektion innerhalb läppischer drei Monate. Ein weltbekannten Lehrer (Les Wise) auf Diskette - das war's.

Die Grundidee ist simpel, aber so neu nun auch wieder nicht. Laut Aussage des Standpersonals haben Untersuchungen an verschiedenen Musikschulen ergeben, daß 70 bis 80 Prozent der Schülerhaushalte über einen Computer verfügen, der nun für das instrumentale Lernen eingesetzt werden soll (wenn er nicht gerade für Spiele genutzt wird). Auf der Diskette sind die Files (auch als MIDI-Files für alle handelsüblichen Sequencer) mit den jeweiligen instrumentenspezifischen Lerneinheiten abgelegt, die nun in den Sequencer eingelesen und abgespielt werden. Hierzu gibt es ein Heft mit Anweisungen in schriftlicher Form.

Dem Profi wird sofort klar, daß es sich hierbei um eine Variante des ‘music minus one' Instrumentallernens handelt, eben jener aus Amerika importierten Methode, eine Musikcombo aufzunehmen und jeweils das zu erlernende Instrument wegzulassen. Ob sich die instrumentale Computerlernmethode allerdings auf dem Kontinent durchsetzen wird, darf bezweifelt werden. Die Vorstellung, daß der Lehrer dem Schüler lediglich eine Diskette mit den zu erledigenden Hausaufgaben in die Hand drückt, erscheint zwar zunächst verlockend - wird sich aber in dem methodisch-didaktisch konservativen Bereich der germanischen Musikschulen sicher nicht so schnell durchsetzen. Daneben kenne ich kaum einen Lehrer, der klassische, Rock-. Blues- oder/und Jazzgitarre unterrichtet und über einen ’guitar to MIDI -Converter verfügt, der ja dann die Voraussetzung für das Einspielen der häuslichen Lektionen wäre.

Um auch das Sequencer-Programm noch besser verkaufen zu können, bietet Geerdes dieses in einem Midipack für den Einsteiger an: 1st Track Sequencer, Synthesizerexpander, 3 Midimixtitel auf Diskette - und ab geht die Post. Das ganze Paket für 998,- DM. Ist Track wurde auf der Messe im Update V 2.0 vorgestellt und kostet jetzt 158,- DM. Dieser Sequencer ist zudem in jeder Editoren-Software integriert, die es bei Geerdes für eine Großzahl der gängigen Synthesizer und Sampler gibt. Die Preise: zwischen 298,- DM und 398,- DM.

Die Firma RNS schlägt gleichfalls in die pädagogische Kerbe und bietet ihr ‘Live teaching system’ gekoppelt mit eigenem Big-Boss Sequenzer an, über den man gels vernünftiger Vorführung leider nichts gesagt werden kann. Die Lem-Software, konzeptionell der von Geerdes ähnlich, bedarf jedoch zumindest in den schriftlichen Erklärungen noch einer didaktischmethodischen Überarbeitung. Ein Vertreter für Deutschland war am letzten Tag der Messe noch nicht gefunden, aber dafür waren die Endabnehmerpreise schon festgelegt: 300,- DM für den Sequencer, und 100,- DM für die Lem-Software ‘can you feel the blues?’

Apropos Software und Hardware-Pakete: Auch die ganz, ganz Großen wollen sich hier eine Scheibe vom großen Verkaufskuchen abschneiden! So mag sich Roland wohl gedacht haben, warum nicht auch hier noch ein paar Mark verdienen? Ist doch nicht strafbar. Die Firma bietet unter dem Namen ‘Tentrax’ einen einfachen Sequencer an. Der an den letzten Zahnarztbesuch erinnernde Name könnte für ‘ten tracks' stehen (english for runaways), denn über diese verfügt das Programm auch. Es setzt - wie Roland betont - keine Sachkenntnis ‘mit komplexen MIDI-Operationen und -Verbindungen' voraus (was immer das auch sein mag). Nun denn.

Damit nun aber niemand beim Kauf seines persönlichen ‘Tentrax’ vergißt, daß Roland ja auch noch Synthesizer verkauft, wird ein ‘Tentrax set’ für den ATARI angeboten - ein sogenanntes ‘Desk Top Music System' (ist wirklich war!). Im Set enthalten sind die ‘Tentrax’-Software sowie ein CM-32L-Soundmodul mit LA-Synthese-Sounds akustischer, elektrischer und elektronischer Instrumente. Außerdem enthält das Modul noch Rhythmus- und Perkussionssounds und Effekt klänge. Die Software kostet 299,- DM, das Soundmodul CM-32L 1.298,- DM, den Preis für das Paket muß man sich im Moment noch selbst ausrechnen, die Auslieferung beginnt in Kürze.

Mit dem gleichzeitigen Erscheinen des Sets auch für den Commodore AMIGA setzt man hier wohl mehr auf Breitenwirkung. Denn obwohl der Sequencer zunächst einfach zu bedienen scheint, müßte ein Vergleichstest beispielsweise mit dem ‘Twelve’ von Steinberg (immerhin unter 100,- DM käuflich zu erwerben) oder dem 1st Track von Geerdes (158,- DM siehe oben) zeigen, ob es dem Hobby-Musiker wirklich 150,- DM bis 200,- DM mehr wert ist.

Bild 1: Der einem Mehrspurrekorder nachempfundene „Tentrax“ Sequencer von Roland
Bild 2: Der neue Noteneditor in „Cubase V .2“
Bild 3: Der „Interactive Phrase Synthesizer“ in 'Cubase V.2' mit seinen vielfältigen Modulationsmöglichkeiten
Bild 4: Der Manager/Editor für den Kawai k 4 der Firma EMC. Die Belegung der Funktionstesten im Hauptmenü ist von 1st Word plus übernommen.
Bild 5: Die Editor-Page des Managers! Editors für den Kawai k 4 der Firma EMC

Die Firma Steinberg setzte in diesem Jahr auf die Verbesserung von Altbewährtem. Das auf der letztjährigen Messe eingeführte Sequencer-Programm Cubase erhielt schon das zweite Update innerhalb seines jungen Lebens und liegt nun in der Fassung V 2.0 vor.

Brachte die erst zur Jahreswende erschienene Version V 1.5 mit dem ‘Dynamic Midi Manager’ - der als universeller Editor für Synthesizer und Effektgeräte, zum Midi Mixdown oder zur Mischpult-Steuerung sowie zur Kontrolle von Bandmaschinen eingesetzt werden kann - eine wichtige Neuerung, so bietet die V 2.0-Version gleich zwei.

  1. Endlich lassen sich auch mit Cubase Noten in einer Auflösung von 360*360 dpi drucken. Die Darstellung der Noten in Cubase ist seitenorientiert, so daß der zu erwartende Ausdruck zuvor schon auf dem Bildschirm exakt darzustellen ist. Musikalische Sonderzeichen sowie Texte können ebenfalls in die Notation eingebunden werden.
  2. Daneben wurde als zweite Neuerung ein ‘Interactive Phrase Synthesizer' - abgekürzt IPS - in das Programm integriert. In diesem ‘Superarpeggiator' können Töne und Rhythmik einer musikalischen Phrase mit unterschiedlichen Funktionen ähnlich denen eines analogen Synthesizers moduliert werden. Da man gleich zwei ‘Interactive Phrase Synthesizer' in das Programm einbaute, die jeweils über das Keyboard gespielt vom Musiker interaktiv beeinflußt werden können, erweitern sich die musikalischen Möglichkeiten. Solch komplexe Programme haben selbstverständlich ihren Preis! 980.- DM kostet Cubase jetzt. Mit der Auslieferung der 2.0 Version wird man in zwei Monaten beginnen.

Wem die 980,- DM zuviel sind, aber trotzdem nicht auf einen professionellen Sequencer verzichten will, dem bietet Steinberg als Trostpflaster das Programm ‘Cubeat’ an. Cubeat ist eine abgespeckte Version von Cubase und verfügt daher über die gleiche grafische Benutzeroberfläche wie der große Bruder. Um einen Preis von 490,- DM zu ermöglichen, wurde an den Editoren für die einzelnen Midi Events gespart. Score- und Drum-Editor flogen ebenso aus Cubase hinaus wie der Midi-Manager. Trotzdem - ein gelungenes Programm - auch der Profi hat noch genug zu tun.

Daneben zeigte Steinberg in seiner Synthwork Reihe einen neuen Editor für den Sy 77 von Yamaha an, eine Cubase-Version für den Mac sowie ein neues Sequencer-Programm ‘Pro 24 für den Commodore AMIGA.

Die französische Firma Digigram stellte die beiden Sequencer-Programme Track 24 V1 und Studio 24 V3 sowie das Notenschreibprogramm Proscore vor. Die Programme machen durchweg einen guten Eindruck, doch kann wegen mangelhafter Vorführung hier nichts Näheres berichtet werden. Sicher würde sich ein ausführlicher Test lohnen. Neben der Software bot Digigram ein MIDI-Mikrofon an, welches nun nach den Guitar-to-MIDI-Convertern. MIDI-Blasinstrumenten, MIDI Akkordeons und MIDI-Zittern auch dem Vokalisten die Möglichkeit eröffnet, via Stimme einen Synthesizer oder Sequencer anzusteuern. Ein lustig' Ding!

Bei Dr. T's setzte man ebenfalls auf Bewährtes und wartete zur Messe mit der 3.0 Version des Sequencers KCS auf. Zusätzlich wurde das Programm Tiger, ein ‘Integrated Graphic Editor' angeb-ten, der durch neue Arten der Edierung die Möglichkeiten des KCS erweitern soll. Außerdem denkt man auch bei Dr. T's an die MIDI-Einsteiger und bietet mit dem ‘Tiger Cub' ein 12-Spur-Sequencer-Programm und mit dem Midi Recording Studio eine 8-Spur-Version ‘for the absolute beginners' an. Die Preise: KCS 3.0 570. DM. Tiger 299,- DM, Tiger Cub 240, DM.

Trotz mehrerer Anlaufe war am Stand der Firma C-Lab keine vernünftige Auskunft über Neuerungen in ihrer Produkt palette zu bekommen. Der Vollständigkeit halber seien trotzdem die angebotenen Programme erwähnt: Der bekannte Sequencer Notator heißt jetzt Notator SL und ist um einige Editoren sowie verbesserten Notendruck erweitert. Insbesondere kann man jetzt endlich vernünftige Fonts für die Textierung verwenden. Auch Schlagzeugnotation geht komfortabler, ein Seiten-Preview erleichtert die Notenformatierung. Ob die Macken bei der Notierung komplizierterer Rhythmen beseitigt wurden, konnte am Stand leider niemand sagen. Ein matrixähnlicher Editor ist auch dabei, so langsam leidet das Programm an Überfüllung, sprich: Unübersichtlichkeit. Neue Synchronizer Hardware gibt es auch: Ein VITC Timecode ist besonders für Videosynchronisierung nützlich, weil sich auch noch bei Zeitlupe oder gar Standbildern sauber synchronisieren läßt.

Schließlich gibt es auch hier einen abgespeckten Notator (Notator alpha), ein Trainingsprogramm zur Gehörbildung und einige neue Editoren.

Auch die digitale Aufnahmetechnik und Edierung, die den ATARI ST in den Mittelpunkt des Geschehens stellt, ist weiter auf dem Vormarsch. Der Knüller der diesjährigen Messe war das von der Firma Mopro angebotene System Son. Für knapp 5.000, DM bekommt man ein 16-Bit-AD/DA-Wandler Interface im 19"-Rack Format und die passende Software, die schon mit dem 1040 hervorragende Ergebnisse im professionellen Studiobereich ermöglichen. Doch trotz dieser Neuerungen auf dem Gebiete der Sequencer war die Frankfurter Musikmesse 1990 die Messe der Editoren. Es dürfte wohl in der Zwischenzeit keinen Synthesizer oder Sampler mehr im Handel geben, für den es keinen Editor oder zumindest ein vernünftiges Verwaltungsprogramm gibt.

Bild 6: Der Bankmanager des Uni-Man
Bild 7: Der Parameter-Editor des Uni-Man

Die Firma EMC-Einstein Power (sie heißt wirklich so!) präsentierte sich erstmals auf der Musikmesse. Sie spezialisiert sich ausschließlich auf die Entwicklung von Manager-Software und die Erstellung neuer Sounds für verschiedene Synthesizer (z.B. Ensoniq. Korg, Emu-Proteus, Kawai) und Sampler. Die Programme sind durchweg clever angelegt und inklusive neuer Sounds zu einem sehr günstigen Preis zu bekommen. So kostet etwa das Manager-Programm mit 3 neuen Soundbänken für den Kawai K1 34,95 DM (im Winterschlußverkauf).

In der Benutzerführung greift man auf Bewährtes aus unterschiedlichen Programmen anderer Spanen zurück. So können die meisten Daten alleine durch Mausbewegung geändert werden, eine Text-Hilfszeile, in der reichlich Erklärungen gegeben werden, gibt auch dem Anfänger Sicherheit.

Während die Mehrzahl der Editorenhersteller jeweils einen spezifischen Editor für einen bestimmten Synthesizer oder Sampler produziert, bietet die Firma Masterbits mit ihrem ‘UNI-MAN’ einen universellen Manager/Editor für den ATARI ST, der es ermöglichen soll, von einem einzigen Programm aus das gesamte MIDI-Equipment zu bearbeiten. Bis zu 16 Geräte können gleichzeitig verwaltet und ediert werden. Der Editor verfügt über einen sehr komfortablen Bank Manager, der neben einer frei definierbaren Mix-Option auch einen Zufallsgenerator enthält. Das Editieren erfolgt über eine für alle Geräte einheitliche Parameter-Edit-Page, zur Darstellung können Grafiken selbst definiert werden. Mit diesem Programm kann man sich so noch einen Editor für ältere Geräte selbst zusammenbasteln.

Die Firma Corvus stellte ein Editorprogamm für die Kurzweil K-100/K-1200-Geräte vor. Durch die vielfältige grafische Unterstützung wird nun auch die Sounderstellung bei diesen doch recht komplexen Geräten vereinfacht. Durch die im Programm integrierte Randomizer-Funktion kann man das Programm auch automatisch neue Instrumente erstellen lassen. Mit der Auslieferung wird Ende April begonnen, der Preis bewegt sich um 290,-DM.

Auch die Firma Hybrid Arts setzt auf den universellen Editor bei der Verwaltung und Edierung umfangreicher Keyboard oder Effektgeräte-Setups. Für 598,- DM kann man ‘Genedit’ erstehen. Dem Benutzer ermöglicht Genedit mit einer eigenen Programmiersprache namens CNX. jedes Midi-Gerät anzupassen.

Daneben denkt man bei Hybrid Arts ebenfalls an die semiprofesionellen Musiker und bietet für 299. DM das Programm ‚FM Melody Maker’ an, “...das MIDI Orchester für den ATARI”. Der Melody maker ist Synthesizer (78 programmierte Instrumente), Sequencer. Drum-Maschine und Aufnahmestudio in einem.

Während es bei den Neuerungen im Bereich der Sequencer und Editoren nichts auszusetzen gibt, zeigen sich bei den Notendruckprogrammen für den ATARI ST noch immer Defizite. Entweder ist auch der Laser-Ausdruck nur unbefriedigend, oder längst zum Standard gehörende musikalische Parameter lassen sich in der Notenschrift nur ungenügend darstellen. Eine vernünftige Textierung, dazu noch mit ordentlichem Schriftbild, sucht man vergebens. Ein erschwingliches photosatzfähiges Programm gibt es ebenfalls noch nicht. Es mag wohl an der angesprochenen Zielgruppe liegen, daß sich hier auch in naher Zukunft nichts ändern wird.

Passport stellte die Programme ‚Encor’ und ‘NoteWriter II’ vor, die einige sehr gescheite Optionen zur sicheren Darstellung von n-Tolen haben. Die benutzerfreundlich konzipierten Programme laufen zur Zeit jedoch nur auf dem Mac und sollen (zumindest ‘Encor’) im Sommer auch in einer Version für den ST erscheinen.

Zusätzlich bietet Passport seinen Sequencer ‚Master Tracks Pro‘ jetzt in der Version 4.0 an. Das Programm, das seine Herkunft vom Macintosh nicht verbergen kann, zeichnet sich durch hohe Benutzerfreundlichkeit und Professionalität aus. Eine etwas abgespeckte Version ‘Master Tracks Jr’ für Leute, denen weniger mehr ist, wird ebenfalls angeboten.

Obwohl Dr. T’s behauptet, daß das von ihnen entwickelte Programm ‘Copyist’ “...das vielseitigste Musiknotenschriftpaket” und daß „kein Programm dem Copyist vergleichbar“ ist, gebührt der Siegeskranz einem anderen, denn es gibt bisher nur ein Notensatzprogramm für den ST, das allen professionellen Ansprüchen gerecht wird: ‘Amadeus’, eine Eigenentwicklung von Amadeus Software München. Doch nicht nur der Namensgeber starb verarmt - auch jedem Käufer dieses Programmes kann es ähnlich ergehen: Es ist teuer, sehr teuer! Unter 8.500,- DM (ohne Mehrwertsteuer) für die als ‘Musiker' bezeichnete kleine Version ist nichts zu machen. Für die Verlagsversion legt man schnell das Vier- bis Fünffache hin. Aber man bekommt dafür auch alles geboten, was des Notenkopisten Merz begehrt.

Das Programmpaket ist ob seiner Komplexität erst auf einem Mega ST 4 lauffähig. Mit ihm können komplette Druckvorlagen in reproreifer Qualität erstellt werden. Das Programm besteht aus verschiedenen Unterprogrammen, die jeweils ihren besonderen Aufgabebereich haben. Die reine Datenübertragung via MIDI und deren Weiterverarbeitung (Phrasierungszeichen etc.), Textierung, Layout etc. (siehe Schaubild). 6 Layout-Formate bietet Amadeus standardmäßig an, die eigentlich genügen dürften (Partitur, Partitur quer, Standard, Chor. Piano, Combo). Optional können mehr eingebunden werden.

Besonders beeindruckend zeigte sich bei der Vorführung die Möglichkeit, neutral eingegebene Noten-Files nach stilistischen Kriterien interpretieren zu lassen. Mit der Angabe einer Stilrichtung, etwa Swing, Rock oder Klassik werden die Notenfiles entsprechend analysiert und interpretiert. Mit dieser Option zielt man besonders auf professionelle Studios und Komponisten als Kunden, setzt also neben dem Notendruck auf den hervorragenden Sequencer. Schwierigkeiten bei der Durchsetzung dürfte das Programm (neben dem hohen Preis) allerdings in unserer ‘Mausverwöhnten' Zeit vor allem deshalb haben, weil es nicht mausorientiert ausgelegt ist.

Der hohe Preis resultiert deshalb aus den zu zahlenden Lizenzen für das Unix-ähnliche Betriebssystem Idris sowie der Zeichensätze. Man würde sich freuen, dieses Programm auch einmal im Studioeinsatz mit Midiperipherie zu hören. Das warden Ausstellern im ‘seriösen' und ‘ruhigen’ Umfeld der Verlage in Halle 8.0 leider nicht gestattet. Doch hier war auch die Zielgruppe der Hersteller vertreten - nämlich große und mittlere Verlage. Aber vielleicht ringt sich ja auch Amadeus zu einem Kompromiß durch und bietet eines Tages eine abgespeckte Version an ähnlich Cubase/Cubeat der Steinbergleute. Ich persönlich freue mich schon auf diesen Tag.

Bild 8: Die Editpage des Kurzweil-Editorprogrammes von Conus
Bild 9: Encort von Passport
Bild 10: Übersicht über die Konzeption des Amadeus Musikerprourammes

Norbert Preisler
Aus: ST-Computer 05 / 1990, Seite 35

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