Die Geschichte des modernen Schachspiels ist kurz - knapp 200 Jahre sind vergangenen, seit der Franzose Philidor mit der Feldherrenmentalität vieler Vorgängergenerationen von Spielern brach und lehrte, den eigenen Verstand zu benutzen. Es war das Zeitalter der Aufklärung, und Philidor reformierte das Schachspiel von Grund auf.*
Die Entwicklung eines wissenschaftlichen Schachstils ging seitdem ebenso rapide voran wie der technologische Fortschritt. Heutzutage geschieht die Spielanlage unter logischen Gesichtspunkten, das Schach wird nicht mehr als Einheit, sondern als integrativer Aufbau mit den drei Spielabschnitten Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel begriffen. Da sich in der Vergangenheit immer mehr aktive Schachspieler in Vereinen und Verbänden zusammenschlossen, wurde Schach schließlich zu einem Weltspiel, das in der Entspannungsphase nach dem Kalten Krieg sogar durch den Wettkampf UdSSR gegen eine Weltauswahl und den Weltmeisterschaftskampf Spassky gegen Fischer politische Geltung erhielt.
Seit Beginn des achten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts steht Schach aber nicht nur als Chiffre für den intellektuellen Kampf zweier Menschen. Der Computer, seit jeher ein begabtes Wesen, bei der Verwaltung von Zahlen und Buchstaben Erstaunliches zu leisten, hat eines seiner ersten Anwendungsgebiete in der Schachprogrammierung gehabt. Innerhalb weniger Jahre wurden Schachcomputer programmiert, die den meisten Vereinsspielern spieltechnisch überlegen waren und so manchen Internationalen Meister das Fürchten lehren konnten und können.
Für alle, die ernsthaft um den Tribut aus Caissas Waagschale ringen, dürfte das Schachspiel schon längst zur leistungsorientierten Pflichtübung gehören. Die Phase der Vorbereitung auf einen bevorstehenden Turnierkampf nimmt in den meisten Fällen mehr Zeit in Anspruch als die Partie selbst. Eröffnungswissen muß beständig aktualisiert, die neusten Großmeisterpartien nachgespielt und neue Systeme für eine effizientere Spielanlage durchdacht und einstudiert werden. Das Training des erfolgreichen Schachspielers grenzt an die Methodik wissenschaftlichen Arbeitens. Nicht selten sah man früher gelegentlich Kämpen mit Karteikarten in der Hand, die den notierten Lernstoff wie Vokabeln wiederholten. Der wissenschaftliche Charakter des modernen Turnierschachs eröffnet dem Fleißigen den Erfolg auf den vierundsechzig Feldern. Mit Intuition ist da nur wenig auszurichten, wenn das Gedächtnis nicht geschult und die Routine nicht professionell durchorganisiert ist. Für die zahllosen Schachspieler, die im Wettkampf an der Spitze mithalten wollen, ergibt sich allzu leicht bei den tausenden von in einem Jahr gespielten Partien eine nicht zu verkraftende Überlastung an Informationen respektive des aktuellen Theoriewissens.
Seit den siebziger Jahren gibt es Halbjahresbände von Partiesammlungen, die die wichtigsten Meisterkämpfe verzeichnen. Ihre ausgeklügelten Eröffnungsschlüssel und Bewertungssysteme stellten das Hilfsmittel der häuslichen Analysepraktik dar, bis jemand auf den fundamentalen Gedanken kam, daß der Computer, in diesem Fälle richtungsweisend der ATARI ST, die verwaltungstechnischen Aufgaben einer Schachdatenbank übernehmen könne. Ein Hauptanwendungsgebiet von Schachdatenbanken ist die Verwaltung von Eröffnungsbibliotheken nach einem klassifikatorischen Schlüsselsystem und insbesondere die präzise Zuordnung von Partie und Eröffnungsschlüssel.
Vorab sollten Sie wissen, daß es in der Schachwelt zwei (beinahe) inkompatible Dynastien von Eröffnungsschlüsselsystemen gibt: einmal das ältere System des jugoslawischen INFORMATOR-Verlags und dann das niederländische NEW-IN-CHESS-Eröffnungssystem. Die seit zwei Jahren erhältliche deutsche CHESS-BASE-Schachdatenbank verwendet das INFORMATOR-Schlüsselsystem. Sie sollten also, bevor Sie sich für den Kauf einer Schachdatenbank entscheiden, in Ihren Bücherschrank schauen und sich informieren, nach welchem Schlüsselsystem Ihre Partiesammlungen aufgebaut sind. Es spricht aber einiges dafür, sich mit N1CBASE und dem NEW-IN-CHESS-SYSTEM anzufreunden. Doch lesen Sie selbst!
Wer mit NICBASE Zusammenarbeiten möchte, sollte sich auf einen internationalen Standard gefaßt machen, denn er kauft ein niederländisches Produkt ein. Das Liefervolumen von NICBASE ist eher schmächtig zu nennen: eine doppelseitige Diskette, die in eine heftgroße Mappe eingelegt ist, und ein einhundertundelf Seiten umfassendes englischsprachiges Handbuch im DIN-A4-Format. Das deutschsprachige Benutzermanual ist angekündigt, aber auch die englischsprachige Fassung ist für jedermann mit rudimentären Sprachkenntnissen verständlich geschrieben und kann als problemlose Einführung in NICBASE gelesen werden. Das Programm wird von Diskette gestartet und betrieben, jedoch ist dies nicht ratsam wegen diverser Zeitverluste beim Nachladen von Programmteilen und Partiedaten. Deshalb empfehle ich auf jeden Fall (auch wenn meine ATARI Harddisk irreparabel defekt ist und ihren Geist ausgehaucht hat), eine Festplatte oder zumindest, um die Laufzeiten für Ladeoperationen extrem zu verkürzen, eine RAM-Disk zu benutzen.
Eine feine Art des Kopierschutzes stellt die Indizierung der Software mit dem vollen Namen der Käufers sowie der Seriennummer dar. So muß der Lizenznehmer selber dafür Sorge tragen, daß seine erworbene Software mit den beiden Identifizierungsmerkmalen Name plus Seriennummer nicht in aller Welt als Raubkopie kursiert. In NICBASE ist ein "intelligentes" Installationsprogramm implementiert. Es tritt nur dann in Erscheinung. wenn mindestens einer der fünf Zugriffspfade nicht eindeutig definiert ist. Wenn die Arbeits-Floppy abweichend von Laufwerk A gewählt wird (C,D,F,.. bei Hard- oder RAM-Disks müssen zuerst die Pfade der Datenbank neudefiniert sein), werden quasi fünf Leerdateien mit den Extenderkennzeichnungen .POS, .PTR, .KEY, .IND und .GAM auf das optionale Laufwerk geschrieben und dann von Diskette fünf volle Dateien mit den entsprechenden Extendern über die zuvor angelegten Leerdateien kopiert. Laufwerks- und Pfadänderungen werden wie immer auch hier mit einer File-Option/Save Environment abgespeichert.
Nach Absolvierung der Installationbedingungen kann ich mich nun der Verwaltung von Schachdaten widmen. Zu jeder Arbeitssequenz gehört das sogenannte Game-File, in dem eine Auswahl von Schachpartien nach zeitlichen, räumlichen oder eröffnungsspezifischen Gesichtspunkten zusammengefaßt ist. Mir standen mit zwei Game-Files mehr als 1500 Partien zur Verfügung. So auch eine Kompilation sämtlicher von Robert Fischer bis 1972 gespielten Partien.
NICBASE gewährleistet, während einer Arbeitssitzung in mehreren Game-Files zu operieren und eine Partienauswahl nach individuellen Gesichtspunkten zusammenzustellen. Laut Handbuch können mit einer doppelseitigen Floppy. 1 MB RAM und einer 20MB-Harddisk bis zu hunderttausend Partien archiviert werden. In der aktuellen Version 1.1. werden fünfhundert Partien zur Selektion erlaubt. Die Beschränkung auf einhunderttausend Partien im GAMEFILE ist ein typisches Problem der ATARI-Hardware. Denn auf einer Partition ist die Höchstmarke an Speichervolumen auf 16 MB festgesetzt. Der Handbuchautor kommentiert den technischen Sachverhalt kühl: "When this restriction disappears, this limit is also history.”
Auch in den königlichen Niederlanden setzt man auf Statistik. So läßt sich mit 1040 Zügen (es sind wohl 720 Halbzüge gemeint?!) das längste Endspiel aller Zeiten aufnehmen. Mit möglichen zehntausend Stellungen wird eine Partieanalyse zur Präzisionsarbeit, die selbst höchsten intellektuellen Ansprüchen genügen dürfte. Des weiteren sind ca. fünfundsechzigtausend Positionen und Schlüssel innerhalb einer Datenbank möglich, wobei der Sammelleidenschaft und dem Informationsbedürfnis nach verzweigten Zugfolgen und verwickelten Eröffnungssystemen nur eine ungefähre Grenze im Rahmen der Speicherkapazität gesetzt worden ist. Ein besonderer Vorzug von NICBASE ist die listenweise Auswahl bestimmter Schachpartien per Mausklick.
Vor Aufnahme der Arbeit mit NICBASE sollte grundsätzlich überlegt werden, ob man mit einer einzigen großen Dokumentation oder mit mehreren kleineren Dokumentationen schlechter oder besser fährt. Es gibt jeweils gute Gründe, sich für eine der Alternativen zu entscheiden. Schachspieler A beispielsweise betreibt das Studium der vierundsechzig Felder semiprofessionell. Ihn interessieren nicht so sehr Mittel- und Endspielabwicklungen, sondern die Eröffnungsphase. Es ist ihm daran gelegen, möglichst komplett in wenigen Eröffnungsvarianten die gespielten Neuerungen kennenzulernen. Die Möglichkeit, ein großes Kontingent von Turnierpartien in einer Schachdatenbank archiviert zu halten, befreit diesen Spielertyp von dem mühevollen Transkribieren relevanter Partien auf Zettel und Karteikarten. Sein Hauptinteresse liegt in der Partienanalyse, die meistenteils auf die ersten zwanzig Züge beschränkt ist. Soweit also, bis ein theoretisches Urteil über eine Partiestellung aus der Eröffnung gefallt werden kann. Das am Brett erzielte Resultat ist im Theoriefall allerdings nur sekundär interessant. Ein solcher - ich nenne ihn - “Eröffnungstheoretiker", der sich vielleicht auf einen Wettkampf vorbereitet und dazu präzise Informationen über den, sagen wir, Keres-Angriff (6.... g4) im Sizilianer benötigt und sich dann noch in seinen Partien mit Nimzo-Indisch und Französisch verteidigt, täte gut daran, möglichst kleine Dokumentationen anzulegen. So würden mit der Zeit sämtliche von einem Eröffnungstyp gespielten Partien modular in einer Dokumentation gesammelt werden. Mit der Zeit entstünde so eine kleine Geschichte einer Eröffnungsvariante. Die Option zum modularen Arbeiten mit NICBASE kommt der Spezialisierung auf Eröffnungssysteme sehr entgegen. Insbesondere Fernschachspieler werden die Option zur modularen Dokumentation zu schätzen wissen.
Doch es geht auch anders! Für die meisten NICBASE-Anwender wird es zweckmäßiger sein, mit einer einzigen Dokumentation zu arbeiten, in die - soweit die Speicherkapazität reicht - sämtliche Partien aufgenommen werden. Meistenteils sind die importierten Partien entsprechend dem NICBASE- Klassifizierungssystem unter einem Eröffnungsschlüssel archiviert. Anderenfalls erscheint in der Listenübersicht des Such- und Auswahlmenüs vor jeder aufgelisteten Partie der Hinweis “not classed". Die Klassifizierung, d.h. die Beschreibung und Anpassung einer Partie an das NICB ASE-Eröffnungsschlüsselsystem, erfolgt im Menü Gamefile/Classify Gamefile, und die codierte Partie wird unter dem identifizierenden Eröffnungsschlüssel archiviert. Von nun an finden sich ihre Kenndaten (beide Spielernamen, Jahr, Ort, Ergebnis) im Verzeichnis der betreffenden Eröffnung. Sie kann von dort aufgerufen werden.
Bevor man eine Schachpartie überhaupt auf dem Bildschirm zu sehen bekommt, muß sie im Selektionsmenü ausgewählt werden. Nach dem Starten von NICBASE ist das Selektionsmenü quasi die erste Anlaufstelle, das Schaltzentrum, um die Schachdatenbank für die bevorstehende Arbeit zu präparieren. Wiederum gibt es zwei Wege: zum einen die Partie(n)auswahl per Eröffnungsschlüssel, d.h. Partien einer Variante werden zum Nachspielen reserviert, zum anderen die Auswahl von Partien per Suchmanöver. Man durchforstet die Datenbank dabei nach bestimmten Spielernamen, Paarungen, Ergebnissen oder Turnierorten, wobei eine Kombination der Suchaufträge zur Selbstverständlichkeit gehört.
Für die Suche per Eröffnungsschlüssel sowie nach Positionen stehen eigene Suchmenüs zur Verfügung. In jedem Fall muß, bevor mit irgendeiner Schachpartie etwas begonnen werden kann, ein Suchauftrag erfolgen. Wenn der Suchauftrag nicht-leer ist, also mindestens eine Partie ausweist, wird dieser in einem Zwischenspeicher reserviert, der auch dann nicht gelöscht wird, wenn weitere Suchaufträge erfolgen. Für die Suche per integriertem NICBASE-Schlüsselsystem gibt es ein spezielles Kontrollfenster mit einigen interessanten Funktionen. Um mit Partien arbeiten zu können, wird eine Auswahl, entsprechend der Formulierung des Suchauftrages, in den Zwischenspeicher "gescanned". Die Auswahl von Partien über den integrierten Eröffnungsschlüssel erfolgt im Menü KEY. Option SELECT KEY. Das hierarchisch aufgebaute System des Eröffnungsschlüssels wird aufgerufen. Er folgt einem Top-Bottom-Entwurf. Man muß sich von der Spitze zu der Eröffnungsvariante herabfragen, die schließlich analysiert werden soll. Die Abfragezeile enthält auf oberster Ebene die Kennzeichnungen A und B als Alternativen, zwischen denen zu wählen ist. Nach dem Anklicken von A (für alle Varianten mit 1. e4 und Erwiderungen) oder B (für alle Varianten mit 1. d4, c4, Sf3 und alternative Eröffnungssysteme) erscheinen in Zeilen aufgelistet die Elemente des angewählten Eröffnungsschlüssels. Eine solche Zeile besteht an erster Stelle aus einem Kürzel der Eröffnung, dann folgen die identifizierenden Eröffnungszüge, der Name der Eröffnung und eine Doppelanzeige der Anzahl von archivierten und ggf. von ausgewählten Partien. Per Mausklick wählt man aus, mit welcher Eröffnung man es zu tun bekommen möchte. Es wird ein Schlüssel aktiviert. Alle in einem Schüssel enthaltenen Partien werden mit der entsprechenden Klassifikationsnummer aufgelistet. Jede Zeile enthält die folgenden Elemente: Klassifikationschiffre, Paarung, Spielort, Spieljahr, Ergebnis, Zügezahl. Per Mausklick sind einzelne Partien zu selektieren. Die angewählte Partie wird mit einem durchgehenden schwarzen Balken invertiert gekennzeichnet, und die Suche geht weiter.
Es gibt aber noch den Programmpunkt SELECT ON, mit dem Partien durch Bildschirm-Scrollen stapelweise in den Zwischenspeicher geladen werden können. Dann werden alle Partien ab der Stelle, ab welcher der Befehl gegeben wurde, invertiert dargestellt. Das Scrollen geschieht in drei Stufen. Der Mauszeiger muß ohne Tastendruck auf dem rechteckigen Scroll-Balken stehenbleiben. Die Geschwindigkeit wie die Laufrichtung müssen vom Menü aus gesteuert werden. Beim Umschalten von "Slow" auf "Fast" konnte ich keine erhebliche Geschwindigkeitssteigemng feststellen. Wenn größere Partieblöcke ohne Auswahloption überbrückt werden sollen, lohnt es sich, auf “Fast” umzuschalten.
Ansonsten bringt der Geschwindigkeitsvorteil keinen Nutzen. Denn es kommt ja auf die Lesbarkeit der vorbeihuschenden Partie-Infos an. So kann jeder sich fürs erste informieren, welcher Zündstoff in einer Datenbank enthalten ist und abschätzen, was für ihn interessant oder weniger interessant ist.
Wer mit NICBASE noch nicht allzu vertraut ist, wird zu Beginn seiner Schachstudien öfters diese Überblicksmöglichkeit nutzen, um an den heißbegehrten Stoff, aus dem vierundsechzig Felder sind, heranzukommen. Doch professionell ist das nicht. Eine Datenbank Software effektiv zu nutzen, hängt insbesondere davon ab, wie das Suchmenü aufgebaut ist und wieviel Verknüpfungsebenen Suchaufträge zulassen. Bei einer Schachdatenbank, in der Stammdaten als Kombination von identifizierenden Personen- und Ortsangaben und schachtechnischem Aufschreibesystem abgespeichert werden, gehört eine sparsam haushaltende und trotzdem zuverlässig und schnell arbeitende Speicherverwaltung quasi zur Pflichtübung des Programmierens.
Wie Großstädte den Grad an Hektik der Menschen bestimmen, die in ihnen leben, so legt ein Computerprogramm seinen Benutzer auf ein bestimmtes Maß an Arbeitsgeschwindigkeit fest. Das ist mir besonders beim Suchmenü aufgefallen. Das integrierte Suchmenü kann von drei Programmpunkten her aufgerufen werden. In der Regel benutzt man aber im Menü BASE den Programmpunkt "Find Game in Base". Wer nicht gegen Windmühlen anrennen will (und welcher Schachspieler möchte das schon?), merkt hier recht schnell, daß NICBASE umfangreiche Kenntnisse in Caissas Paradies voraussetzt. Nicht nur die Bezeichnungen und die Stammzugfolge der gebräuchlichsten Eröffnungen müssen gekannt werden, sondern auch die Kenntnis der Namen von Meisterspielern und Turnierorten ist eine große Erleichterung. Beinahe ebenso wichtig wie eine Partiestellung zu analysieren, ist es zu wissen, welche Spieler für die geschehenen Züge einer Partie die Verantwortung tragen.
Am häufigsten wird man das Suchmenü für die Personen- oder Spielortsuche beanspruchen. Das aber wäre das Mindeste. Unbedingt sollte beachtet werden, daß ein Suchmanöver nach Spielernamen nur erfolgreich abgeschlossen werden kann, wenn Spielername und Vorname, durch Komma getrennt, angegeben werden. Da es umständlich ist. zu den meisten Namen der Koryphäen auch den Vornamen im Gedächtnis zu behalten, wirkt es sich negativ aus, daß keine Wildcards vergeben werden können.
Sie interessiert beispielsweise weder Eröffnungsstrategie noch Mittelspielgeplänkel vieler Schachpartien, sondern Sie möchten in die Theorie des Endspiels einsteigen. Da werden nur solche Partien für Sie interessant sein, bei denen sich die Gegner nicht nach spätestens vierzig Zügen die Hände geschüttelt haben. Im Suchmenü können Sie bequem das Partiestadium im Dialogfeld "Game length" auf mind. 40 - beliebig beziffern und erhalten so alle in der Datenbank auffindbaren Endspielsituationen, die mit dem vierzigsten Zug beginnen. Sollten Sie den Suchauftrag noch weiter differenzieren wollen, so können Sie die Resultatsoption 1 -0 hinzuschalten, und Sie erhalten sämtliche Endspielsituationen nach dem vierzigsten Zug, die von Weiß gewonnen wurden. Die ergänzende Kombination mit einem Spielernamen oder einer Paarung ist selbstverständlich. Nach jedem Suchauftrag lohnt es sich aber, mit CLEAR das Arbeitsmenü auf die Grundposition zurückzustellen, da sonst leicht Fehlmanöver auftreten. Mit OK bzw. dem RETURN/Enter-Befehl wird der Suchauftrag ausgeführt, d.h. die gesamte Datenbank wird nach entsprechenden Datensätzen durchsucht. Datensätze, die dem eingestellten Parameter bzw. einer Kombination genügen, werden im Zwischenspeicher für die Weiterverarbeitung reserviert.
Das federführende Menü für das Datensatz-Handling ist BASE. Mit dem Menüpunkt "Load Next Selection" werden die im Suchmenü ausgewählten Partien nacheinander aufgerufen. Aller Dienste des Suchmenüs darf sich auch mehrmals bedient werden, ohne daß eine Überspeicherung der älteren Fundsachen geschieht. Dem Anwender steht es damit offen, während einer Sitzung eine durch verschiedene Suchaufträge verzweigte, seinen Ansprüchen genügende individuelle Partiensammlung sich "zusammenzubasteln“ und deren Inhalt auch separat abzuspeichern. Das Nachspielen einer aktuellen Partie erfolgt mit dem rechten Cursor-Pfeil oder, wenn das Notationsformular aufgeschlagen wurde, mit der linken Maustaste. Der Mauspfeil befindet sich dabei auf dem Formularblatt.
Insbesondere verfügt NICBASE überein umfangreiches Options-Menü, mit dem das Outfit des Desktops, falls Langeweile aufkommt, aufmöbliert werden kann. Mit oder ohne Notation, vier Hintergrunddarstellungen sowie die wahlweise Einstellung des GEM-Zeichensatzes machen für launenhafte Menschen die Arbeit mit der Datenbank abwechslungsreicher. Es läßt sich alles ein- und ausstellen, wobei zu berücksichtigen ist, daß die zweidimensionale Brettdarstellung jeweils die eine linke Hälfte des Desktops einnimmt, so daß maximal zwei Informationsanzeigen bzw. das Analyseformular genutzt werden können. Bei der Partie-Analyse muß man dann mitunter auf den Spielbericht verzichten, um dem Variantenreichtum einer Brettstellung auf die Spur kommen zu können. Falls im Option-Menü bei den Menüpunkten Alternatives, Analysis und Comment Line eine If-Auswahl getroffen ist, werden die Screens automatisch aktiviert bzw. deaktiviert, sobald eine Änderung der Analysesituation passiert. Den routierten Schachspielern darf gesagt werden, daß nach NICBASE Figuren und Bretter in den Nischen verstauben werden. Denn es wird eine vollkommen neue und äußerst komfortable Dimension der bildschirmgesteuerten Analysetechnik geboten. Das moderne Schach lebt, getraut man sich einen Blick in die einschlägigen Journale, genauso von der Qualität der hartumkämpften Turnierpartien wie von der präzisen Spielanalyse.
Jeder Schachspieler wird sich wohl schon einmal mit der Frage befaßt haben, welchen Stil die häusliche Partienanalyse zu befolgen hätte, um möglichst effektiv verzweigte Variantensysteme in allen Phasen der Partie durchzurechnen. Die Grenze lag dann meistens nicht in der Verläßlichkeit des Gedächtnisses, sondern im Erlöschen der Konzentration. Dabei verlor man das meiste an Zeit mit dem Auf- und Abbauen von Positionen. Wie sehr hat man sich dann ein Hilfsmittel herbeigewünscht, daß sich Grundstellungen von Positionen merken könnte? NICBASE trägt diesem Schachspielerwunsch Rechnung.
Eine Partie läßt sich bis zu einer theoretisch interessanten Phase nachspielen, dann in den Analyse-Modus schalten und variantenweise untersuchen. Pro Halbzug steht die Möglichkeit bereit, bis zu fünf Zugalternativen anzugeben. Durch Anklicken des Figurensymbols mit der Maus kann die Analyse auf dem Schachbrett mitvollzogen werden. Hierin zeigt NICBASE seine überragende Funktion, wichtige Abweichungen von der Brettstellung systematisch zu erfassen. Die Analyse wird alternativ mit der Maus, wenn Züge ausgeführt, und mit den Cursor-Tasten (rechter und linker Pfeil) gesteuert, wenn Zugfolgen rekonstruiert werden.
NICBASE bietet eine Reihe der üblichen Schachsonderzeichen an, wie sie aus der Literatur vertraut sind. Aufgerufen werden sie über ALTERNATE-Taste. Leider findet sich nirgends im Manual ein Bedeutungsindex, so daß man bei verschiedenen Zeichen herumrätseln kann, welches Bewertungskriterium sie signalisieren. Darüber hilft auch nicht die Tatsache hinweg, daß das Schachdatenbanksystem für Professionals entworfen ist, denn auch in der Schach welt unterhält man sich über Konventionen. Sogar manuell eingegebene Varianten, die einen Kommentar zu einer Position darstellen, können über den Cursor-Block nachgespielt werden. Nur anfangs muß man sich ein wenig in Konzentration üben, denn die Bedienung der Analysefunktion erfordert eine genaue Reihenfolge der Befehle, wenn nicht die eine oder andere Variante unbesehen das RAM wieder verlassen soll. Der Analysemodus blockiert die Datenbank bis zum Abschluß für weitere Arbeitsgänge. Nach Beendigung der Analyse muß alles abgespeichert werden.
NICBASE bietet drei verschiedene Speicheroptionen an. Einmal kann der einzelne Partiedatensatz durch den durch Analyse und Kommentar ergänzten Partietext überschrieben werden. Dann ist es möglich, ihn als sog. Gamefile abzuspeichern. Das sind Partien, die keine Klassifizierung brauchen und trotzdem eingelesen werden können. Und schließlich mit dem Extender .PAR, mit dem ein bearbeiteter Datensatz üblicherweise zu sichern ist. Dank der verschiedenen Extender-Kennzeichnungen ist ein erstes grobes Durchgliedern vieler Datensätze, also Partien, kein Problem. Viele Schachspieler werden sicherlich mit mir übereinstimmen, wenn ich sage, daß mit einem solch komfortablen Analysemodus dem geheimnisvollen Dschungel Mittelspiel, wirkungsvoll den versteckten Gefahren trotzend, die Machete gezeigt werden kann. Es wird aber noch besser. Denn alle ausgeheckten Varianten können im kombinierten Grafik-alphanumerischen Notationssystem mit ausführlichen Analysetexten kommentiert werden.
In der Regel gelten Schachspieler, wenn sie kein Fernschach betreiben, als schreibfaul. Bei dem gebotenen Analysekomfort muß aber schon ein Zweizehenfaultier bei der Geburt Pate gestanden haben, wenn die Qualitäten dieser speziellen Textverarbeitung nicht genutzt würden, um die ein oder andere Zugfolge (wenn auch mit der Kompetenz der Wohnzimmeratmosphäre) nach allen Regeln der Kunst genüßlich zu kommentieren. Gerade auch der Profi bekommt ein Werkzeug an die Hand, das ihm wie willkommen erscheinen muß, detaillierte Analysen am Bildschirm zu erstellen und, da das eine das andere mehrt, zu verwalten. Mit den vielen Programmoptionen, die gar nicht alle beschrieben werden können, präsentiert sich NICBASE als Schacharchiv mit Spitzenleistung, mit dem erst dann umfassend sinnvoll gearbeitet werden kann, wenn es als Schachdokumentation bei der täglichen Arbeit eingesetzt wird.
Zudem stehen mehrere Druckoptionen zur Auswahl, für den aktiven Schachspieler sind insbesondere der Listendruck ganzer Schachpartientexte sowie der Ausdruck einzelner Positionen attraktiv. Denker, die sich mehr in spanischen Dörfern tummeln und Problemschach betreiben, können ihre Diagrammstempel auf dem Flohmarkt verhökern. Von nun an übernimmt NICBASE einen sauberen Diagrammdruck. Statistikern von Schachpartien steht eine Reihe einschlägiger Anzeigen zur Seite, die über die Anzahl von Gewinn-, Verlust- und Remispartien in einem Turnier aufklären oder sondieren, wievielmal Weiß mit einer Variante Erfolg auf sein Konto verbuchen konnte.
Sogar für die Spitzenkönner mit einem Gedächtnis wie eine Magnetnadel bietet NICBASE höchsten Komfort, denn es besteht die Möglichkeit, nach bestimmten Positionen und Stellungsmustern in der Schachdatenbank zu fahnden oder sich mit einem raffinierten Suchmanöver sämtliche Turmendspiele (ohne Beteiligung von Springer und Läufer) ausgeben zu lassen. Gerade durch die angebotene Quiz-Funktion wird deutlich, daß NICBASE ein System der hohen Leistungsklasse ist. Das Schachtraining mit dem Klavierspielen zu vergleichen, ist kein weither geholter Gedanke. Wie dort die Präzision der Tonfolge die Melodie macht, so müssen Zugfolgen konsequent aufeinander aufbauen, wobei den Spielern weite Freiräume für die Improvisation belassen sind.
Die Quiz-Funktion macht aus der Schachpartie ein Frage- und Antwortspiel. Das Spiel lebt von der Entscheidungsfreudigkeit des Spielers zwischen alternativen Zügen, die von Stellung zu Stellung wechseln, zu wählen. Solche Spielalternativen lassen sich nach einem Bewertungsschlüssel beurteilen. Das geschieht mit derselben Methode, wie eine scharfsinnige Analyse zu geschehen hat. Was in der Partienanalyse mit Intention und Verstand theoretisch (ausgekocht) wird, ist im Quiz einfach umgekehrt worden.
Der Analysator nimmt nun auf der Testbank Platz und gibt sein Urteil zu verschiedenen Partiensituation ab, die ihm vorgeführt werden. Für den Grad der Abweichung vom Textzug in der Quizpartie werden Punkte vergeben. Darüber, warum der Textzug und nicht ein alternativer in der Partiestellung zu geschehen hat, belehrt der beistehende Kommentar. NICBASE bietet immense didaktische Kapazitäten, das eigene Schachdenken zu trainieren und mit Fleiß und Ausdauer zu verbessern. Mit der Zeit könnte ein selbständig entwickeltes Trainingslehrbuch entstehen, das hilft, so manchen logischen Fehler transparent zu machen. Da NICBASE im Programmpaket ein solches Lernmedium per Quiz leider nicht anbietet, muß die Arbeit vom Anwender selbst geleistet werden.
Sehr auch kommt der Arbeit mit NICBASE entgegen, daß das System in modulare Teilprogramme aufgeteilt ist. Nicht zum Lieferumfang von NICBASE gehören vier Programme, die zwar zur internen Steuerung der Datenbank nicht benötigt werden, die aber für die Datenpflege unentbehrliche Dienste leisten.
Zum Aufpreis von hfl. 25.- /st. werden ein speziell für den Diagrammdruck mit Matrixdruckern ausgelegtes Druckprogramm NICPRINT, ein sehr nützliches Programm NICTWICE, das nach Partieduplikaten in Datenbanken sucht, ein Programm NICCLEAN, das eine Datenbank in der Urversion als Kopie herstellt, und als letztes ein Programm NICRECOV, das, bevor eine Reorganisation geschehen ist, gelöschte Partien reaktiviert, angeboten. Alle vier genannten Programme sind zusammen zum Sonderpreis von hfl 75,- zu erwerben.
Weil es immer besser ist, wenn unterschiedliche Systeme miteinander kommunizieren anstatt konkurrieren, wird vom INTERCHESS-Verlag für hfl 40.- das besondere Utility NICCONV angeboten. Es stellt den Dialog mit dem alternativen Schachdatenbanksystem CHESSBASE (V1.0, V2.0) her. Mit dieser Software können CHESSBASE-Partiesammlungcn problemlos an das NICBASE-Notationssystem angepaßt und in eine bestehende Datenbank importiert werden. Für die Überspielung der Datensätze sollte man aber den Faktor Zeit einkalkulieren, mit einer Festplatte aber klappte der Transfer vorzüglich. Allerdings sind die überspielten Datensätze nicht nach dem spezifischen NICBASE-Eröffnungsschlüssel klassifiziert und müssen optional angepaßt werden. Die überspielten Daten werden als Gamefile erfaßt, können aber en gros klassifiziert werden. NICBASE wirbt damit, daß es 1800 Anpassungen/Std. vornimmt.
Zum Schluß sei noch berichtet, daß NICBASE mit Ausnahme gelegentlicher Assembler-Unterstützung bei kritischen GEM-Routinen in Turbo C entwickelt wurde. Der Arbeitscharakter von NICBASE wird daran am deutlichsten, daß eine Farbversion wegen der komplexen Dichte an darzustellender Information ausgeschlossen ist. Daß hier eine akkurate und speicherplatzsparende Programmierung zum Tragen kommt, muß nicht eigens betont werden. Pro Halbzug werden sechs Bits benötigt. Für eine Figurenposition werden höchstens 24 Bytes veranschlagt. Das Arbeitstempo ist für meinen Geschmack beim häufigen Umschalten zwischen Programmteilen ein wenig zu langsam. Das fällt besonders bei dem Analyseinventar auf. Ansonsten aber, insbesondere beim Rekonstruieren von Partien per rechtem Cursor-Pfeil, folgen die Halbzüge in Windeseile aufeinander. Mit dem Cursor-Pfeil unten sind sogar ganze Zugfolgen zurückzunehmen und so Ausgangsstellungen per Tastendruck wiederherzustellen. NICBASE, die intelligente Schachdatenbank aus Holland, der man den Arbeitscharakter sofort anmerkt, kostet in der Normalkonfiguration DM 228,-. Dazu müssen noch einige Zusatzprogramme erworben werden, für welche man sich nicht scheuen sollte, die Gulden über die Theke zu schieben. Und schließlich fallen laufende Kosten für auf Diskette archivierte NEW-IN-CHESS-Partieneditionen an, die mit der Zeit so manches Sümmchen verschlingen dürften. Daß nicht alles, was aus den Niederlanden kommt, Käse ist, haben wir kürzlich durch den Chemikalienfrachter Oostzee erfahren müssen. Nun kommt eine Schachdatenbank, die hat aber Zündstoff geladen, um der Intelligenz des Schachspielers kräftig einzuheizen.
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Niederlande