Die Wechselplatte MEGAFILE 44 wurde dem ATARI-User kürzlich als Knüller präsentiert. Die endgültige Lösung stellte sie jedoch nicht dar. Obwohl das Medium "wechselhaft" ist und somit beliebige Speicherkapazitäten erreichbar sind, fehlt es doch an einer guten Backup-Möglichkeit für die ach so wichtigen Daten.
Ein gewisses Trostpflaster stellte das mitgelieferte Backup-Programm von der Firma Application Systems dar; eine schnelle Sicherung, wie sie beispielsweise durch einen Streamer oder eine zweite Festplatte machbar wäre, bringt jedoch ihre Probleme mit sich. Soll man sich für einen weiteren großen Geldbetrag eine zweite Platte anschaffen und sich damit einen fast babylonischen Turm aus SM 124, Mega 2, MEGAFILE 44 und MEGAFILE 60 auf das so physikalisch begrenzte Desk, den Schreibtisch stellen? Wer nicht gerade auch noch einen ATARI Laser sein eigen nennen kann, wird darüber hinaus auch noch Probleme mit dem Sound des Turms haben.
Doch ein Lichtblick schien das amerikanische Originalhandbuch der MEGAFILE 44 zu sein. Hier steht etwas von: "Note: If you have an internal 3 1/2" harddisk installed in your MEGAFILE 44, ..." Doch ein Anruf bei ATARI-Deutschland brachte die Ernüchterung: "In der deutschen Übersetzung wird der Hinweis auf eine interne zweite SCSI-Platte weggelassen und der Einbau auch nicht unterstützt."
Selbst geschickte MEGAFILE 44-Testberichtautoren sagen, es wäre ihnen nicht gelungen eine zweite SCSI Platte in der MEGAFILE 44 zum Laufen zu bringen. Doch wozu hat ATARI dann alle (teuren) Vorbereitungen getroffen, die zum Einbau einer Zweitplatte notwendig sind? - Die Antwort ist einfach, der Anschluß ist problemlos möglich! Dieser Artikel hier soll nun zeigen, wie mit relativ geringem Aufwand die MEGAFILE 44 zu einer "erwachsenen" Massenspeicherstation aufgebohrt, respektive aufgeschraubt werden kann. Für die bisher so geplagten Ohren ein leiser Papst-Lüfter und für das Mega-Herz eine sehr schnelle 3 1/2" 48 MB SCSI Festplatte. Nun ins Detail.
Der Papst-Lüfter 8I2L ist überraschend leise und fast vollkommen baugleich mit dem eingebauten Lüfter der MEGAFILE. Vier Schrauben und das Meeresrauschen ist wie verschluckt.
Die Seagate-Festplatte ST157N entkräftet alle Vorurteile gegen Seagate-Platten. Mit einer MTBF von 75000 Stunden und einer mittleren Zugriffszeit von 28 Millisekunden, laut Herstellerangaben, erweisen sich die formatierten 48.6 bzw 46.3 Megabytes (je nachdem, ob 1 Megabyte mit 1000000) oder 1048576 Bytes berechnet wird) als recht brauchbar.
DIP 1 | DIP 2 | DIP 3 | Konfiguration |
---|---|---|---|
ON | ON | ON | nur SQ555 ACSI-Unit 0 |
OFF | ON | ON | ST157N |
OFF | OFF | ON | ST157N |
OFF | ON | OFF | ST157N |
OFF | OFF | OFF | ST157N |
Tabelle 1: Unstellmöglichkeiten der ACSI-Unit-Nummern
Was muß getan werden, um in den Genuß dieser Vorteile zu kommen? Alle Teile, die in die MEGAFILE 44 eingebaut werden, sind in Bild I zu sehen, die ST157N-Festplatte und die Kleinteile. Der Lüfter ist auf dieser Abbildung nicht zu sehen, aber gleich noch zu ihm:
\1. Man tausche den Lüfter gegen den Papst-Lüfter aus und löte dessen Kabel an den Stecker, der vorher den anderen Lüfter mit Strom versorgte. Die vier Befestigungsschrauben des alten Lüfters können zur Befestigung des Papst-Lüfters verwendet werden. Falls sich das Netzteilgehäuse als zu knapp erweisen sollte, kann man mit einem mittleren Sandpapier etwas von dem Lüfterrahmen abschleifen. Den Schleifstaub aber unbedingt entfernen!
Bild 3 zeigt das Ergebnis des Umbaus. Die Stomversorgung des alten Lüfters muß noch gekappt werden und das Kabel des neuen Lüfters wird einfach an den Stecker der Lüfterstromversorgung angelötet. Da sich der Stecker leider nicht öffnen läßt, müssen die Kabel des abgeschnittenen Steckers mit den Kabeln des Lüfters verlötet und beide Lötstellen noch mit Isolierband geschützt werden.
\2. Man stecke das freie, zweite SCSI-Stromversorgungskabel, welches in der MEGAFILE 44 auf Anschluß wartet, in die Buchse der Seagate-Platte und löse die Verbindung zwischen dem eingebauten SyQest-Laufwerk SQ555 und dem ATARI Host-Adapter. Auf Stecker J2 kommt nun das Verbindungskabel zur ST157N und auf den Stecker J3 das Verbindungskabel zur SQ555. Beide Kabel sollten lang (30-40cm) sein. Die Lage der Steckerleisten J2 und J 3 auf dem ATARI Host-Adapter ist in Bild 3 zu sehen. (J2 und J3 sind parallel angeordnet, und J2 liegt nahe an der SQ555.)
Hier noch eine Eigenheit des ATARI-Host-Adapters: Sobald der DIP-Schalter Nummer 1 auf OFF geschaltet wird, wird folgende Logik hergestellt: Die SCSI-Einheit auf Stecker J2 erhält die kleinere Unit-Nummer und die auf J3 die um eins größere. Die Nummer auf J2 wird durch die Einstellung der DIP-Schalter 2 und 3 vorgegeben. Die SCSI-Einheiten müssen ihrerseits auf Unit 0 eingestellt werden, die übrige Adressierung wird durch den ATARI Host-Adapter vorgenommen.
(Die SQ555 steht schon aut SCSI-Unit-Nummer 0. und auch die werksmäßige Adresseneinstellung der ST157N ist 0.) Tabelle I zeigt die Möglichkeiten die ACSI-Unit-Nummern einzustellen: (ACSI = ATARI Computer System Interface)
Die in Bild 4 gezeigte DIP-Schalterstellung legt die STI57N-Festplatte auf Unit 0 und die SQ555-Wechselplatte auf Unit 1 fest.
\3. Man schraube die Frontplatte der ST157N, die zum Einbau in einen MS-DOS-Rechner vorgesehen ist, ab und löte die Anschlußkabel der gelben LED, welche unbelegt an der Frontseite der MEGAFILE 44 darauf wartet, den Zustand einer eingebauten Festplatte anzuzeigen, auf die Anschlüsse der LED , welche auf der Controller-Platine der SCSI-Platte sitzt. Man sollte noch den Vorwiderstand vor der ATARI-LED überbrücken, da ein solcher schon vor der Platten-LED sitzt. Wichtig ist, hier möglichst kurzzeitig zu löten und am besten einen geerdeten Lötkolben zu verwenden. In der LED der ST157N sieht man bei genauerem Hinsehen einen kürzeren Anschluß und einen längeren. An das Beinchen, das zu dem kürzeren gehört, wird das rote Kabel gelötet, und an das andere Beinchen das schwarze Anschlußkabel. Das Ergebnis zeigt Bild 5, hier ist schon die ATARI Kontroll-LED an die Platte gelötet, und der helle Stecker, der auf dieser Abbildung noch zu sehen ist, wird wieder auf den Steckplatz J6 auf dem SCSI-Host-Adapter gesteckt (s. Bild 3).
\4. Man schneide und bohre sich nach der abgebildeten Vorlage, Bild 6, ein Trägerblech (1 mm Messing ist mehr als ausreichend) für die SCSI-Platte und montiere die Platte in der MEGAFILE 44. Es ist empfehlenswert, zwischen den Rahmen der SCSI-Platte und das Blech Gummiringe zu legen. (Anstatt Gummiringen kann man auch zerschnittene Gummi-Kabeldurchführungen verwenden.) Man befestige das Blech noch mit zwei Blechschrauben an den von ATARI vorgesehenen Stützen, und der Aufbau ist fertig. Die eingebaute Platte zeigt Bild 6. (Die anderen zwei Befestigungslöcher der Montageplatte werden von den Gehäuseschrauben der MEGAFILE belegt.) Man benötigt
4 kleine Blechschrauben, z.B. 2.5 mm7 mm
4 kleine Gummiringe
2 kleine Blechschrauben, z.B. 2.5 mm10 mm
2 Unterlegscheiben, z.B. 2 Muttern M4
... hilft die ‘härteste' Hardware nichts.
\5. Man gebe die abgemagerte WINCAP Datei aus Tabelle 2 mit einem Editor ein und kopiere sie zu dem HDX 3.0-Programm auf die MEGAFILE 44-System Disk.
\6. Man wähle nun FORMAT im HDX Programm und formatiere Unit 0 und Unit 1. (Unit 0 Typ ST157N, Unit 1 Typ MEGAFILE 44) Danach Quit.
\7. Mit HINSTALL installiere man nun auf Laufwerk C (STI57N) den Plattentreiber. Diese Standardpartitionierung soll folgende logische Laufwerke erzeugen:
Festplatte: ST157N (46.3 MB)
C: 4 MB Systemdateien und nicht veränderliche Daten (z.B.Programme)
D: 14 MB veränderliche Daten/Programme
E: 14 MB veränderliche Daten/Programme
F: 14 MB veränderliche Daten/Programme
Wechselplatte: SQ555 (42.3 MB)
G: 14 MB Backup von D:
H: 14 MB Backup von E:
I: 14 MB Backup von F:
Die ST157N wurde absichtlich auf Unit 0 gesetzt, damit sie als Boot-Platte ihre Partition C: zur Verfügung stellen kann. Andernfalls müßte man auf jedes Wechselmedium für die SQ555 eine Boot-Partition einrichten, was bei einer komfortablen Arbeitsumgebung einiges an Speicherplatz verbraucht. Falls man jedoch verschiedene Anwendungen hat und für jede eigene Accessories, Desktop usw. braucht, ist es empfehlenswert. die SQ555 als Boot-Platte Unit 0 zu verwenden und die STI57N nur für immer gebrauchte Daten und Programme abzustellen.
Natürlich kann die Wechselplatte auch als Festplatte anstatt als Backup-Medium gebraucht werden. Eine Sicherung der Daten ist unter diesen Umständen allerdings recht schwer, da zuerst auf Festplatte und dann wieder auf Wechselplatte gesichert werden muß. aber es gibt ja auch noch die Methode, auf Disketten zu sichern.
Die Seagate-Platte hat noch den von YORTEX-Platten bekannten Vorteil des Auto-Parks. Die SyQuest-Platte muß jedoch vor Abschalten der Platteneinheit durch Drücken der Stop-Taste am Laufwerk heruntergefahren werden. Das SHIP-Programm auf der HDX 3.0-Diskette erfüllt jedoch alle notwendigen Funktionen: Die SQ555 wird gestoppt und die STI57N geparkt. Das SHIPpen des Massenspeichers hat den Vorteil, daß nach Neueinschalten des Systems nicht mehr der Auswurfhebel der Wechselplatte "eingekuppelt" werden muß, sondern alles geschieht automatisch.
# Hard disk format and partition configuration file.
# (WINCAP Datei)
# 11-Okt-1989 TH-Software
: @@=Parameter , a : mi#327 60 :
44 Mb :mn=MEGAFILE 44 :md#0 :pt = 14-14-14 : dp#0x6333 :
46 Mb :mn=ST-157N :md#0:pt=4-14-1414 :dp#0x6333:
:46=4-14-14-14:p0#4m:p1#14m:p2#14m:p3#14m:
:42=14-14-14 :p0#14m:p1#14m:p2#14m
Tabelle 2: Die abgemagerte WINCAP-Datei
PROJEKT
HDPLUS.TYP
Externe Steuerdaten für das Utility HDPLUS.PRG (HDPLUS.TYP Datei)
Anpassung an das SQ555 und ST157N Laufwerk
11-Okt-1989 TH-Software
typ(0)=hd40 name(0)=' ST157N'
typ(1)=hd40 name(1)=' SQ555 '
cyl(0)=0 hds(0)=0 rwc(0)=0 pre(0)=0 spt(0)=0 sek(0)=0
cyl(0)=0 hds(0)=0 rwc(0)=0 pre(0)=0 spt(0)=0 sek(0)=0
cpy(0)=94850
cpy(1)=86690
def__part (0,0)=' 4-14-14-
14',8834,28672,28672,28672;
def_part(1,0)='14-14-14’,28896,28896, 28896;
soft_park(0)
soft_park(1)
Tabelle 3: Die Anpassung der HDPLUS.TYP-Datei
Die Zeiten, als die Programme mit ATARI- oder VORTEX-Platten bzw. deren Treibern keine Schwierigkeiten hatten, sind nun leider vorbei, das HDX 3.0 bricht den de facto-Standard, und so wichtige
Programme wie Backupprogramme, Netzwerktreiber usw. streiken angesichts des neuen Treibers. Es gibt hier eine elegante Lösung für Leute, die im Besitz einer VORTEX-Platten-Software sind. Man definiere die beiden neuen SCSI-Platten als alte VORTEX-SCSI Platten (z.B. HD40), und sie fühlen sich als reine VORTEX-Kinder. Die Datei HDPLUS.TYP (Tabelle 3) muß auf die VORTEX-Systemdiskette geschrieben werden, und es kann losgehen: Formatieren, Autoboot und Parken geschieht wie bei VORTEX-Platten.
Und der Bonus: Auf den VORTEX-Systemdisketten gibt es ein rasantes Partition-Backup-Programm (BACKPART.PRG), welches auch mit den ’Pseudo'-VORTEX-Platten einwandfrei funktioniert. Dieses Backup-Programm läßt sich mit folgender Batch-Datei versehen und sichert automatisch nach Aufruf von BACKPART.PRG die drei (s.oben) Datenpartitionen der ST157N auf die Wechselplatte. Viele andere Backup-Programme verfügen nicht über die Möglichkeit. eine Batch-Datei einzugeben.
BACKPART.BAT für BACKPART.PRG
D G N
E H N
F I N
(Erläuterung: Sicherung von Partition D auf G, E auf H und F auf I. Sicherheitsabfragen werden durch das N verhindert. Der Punkt zeigt das Dateiende an.)
Das programmgesteuerte mechanische Abschalten des Wechselplattenlaufwerks läßt sich mit dem SHIP.PRG des HDX 3.0erreichen. auch wenn die Platten VORTEX-programmiert sind.
Viele Programme haben mit dem HDX 3.0 Kompatibilitätsprobleme. Der Nachteil des VORTEX-Plattentreibers ist, daß der Medienwechsel nur nach RESET des Computers anerkannt wird und auch keine MS-DOS-beschriebenen Wechselplatten gelesen werden können. Doch wer hat noch einen PC mit SyQuest-Wechselplatte? Wer jedoch nur eine schnelle Festplatte mit einer schnellen Sicherungsmöglichkeit sucht, kann gut auf den VORTEX-Treiber zurückgreifen. Und nun viel Spaß beim "Aufbohren". Falls zu dem Einbau noch Fragen auftauchen, richten Sie sich bitte schriftlich an:
Thomas Huber
Von der Pfordtenstraße 29
8000 München 21
Literatur:
[1] Brod: Wechselhaft: Die MEGAFILE 44 im Test, ST-Computer 9/89. S25ff [2] Jankowski, Reschke, Rabich: ATARI ST Profibuch, 2. Auflage, Sybex Verlag 1989