Das BioNet 100 ist auf Basis des Ethernet/Cheapernet-Hardware-Protokolls (IEEE 802.3) aufgebaut. So lassen sich nicht nur ATARI-Rechner, sondern auch andere Rechnersysteme wie SUN, DEC, VAX, Mainframes in mehreren miteinander kommunizierenden Netzwerken zu einem homogenen, transparenten Internet verbinden. Wir testeten das BioNet 100 mit einem ATARI ST und einem IBM PS/2-Modell 286.
Um das BioNet zu betreiben, wird jeder dem Netz angeschlossene Rechner mit einem Netzknoten verbunden (Titelbild). Um dabei auch eine vernünftige Geschwindigkeit zu erhalten, werden die Geräte an den DMA-Port angeschlossen, der natürlich durchgeschleift ist, um weitere Geräte (Platten, Drucker...) anschließen zu können. Die Verbindung zwischen den einzelnen Knoten („Nodes“) wird entweder über Koaxialkabel oder über DMA-ähnliche Kabel hergestellt. Koaxialkabel haben den Vorteil, daß sie abgeschirmt sind und so auch über längere Entfernungen sicher arbeiten. Jedes Kabelende wird mit einem Abschlußwiderstand bestückt. Wer bereits Geräte am DMA-Port angeschlossen hat, muß sich um die Einstellung der Geräteadressen keine Sorgen machen, denn sie läßt sich sehr einfach über DIP-Schalter einstellen. Dabei ist es gleichgültig, welche Adresse eingestellt wird, solange an einem Rechner nicht zwei Geräte mit der gleichen Adresse angeschlossen sind.
Als Anwender des BioNet 100 kann man das Netz praktisch nur beim Boot-Vorgang erkennen, denn dann wird es initialisiert. Nach diesem Vorgang muß man sich einloggen, also einen Benutzernamen und ein Paßwort eingeben (Bild 1), um dem System klarzumachen, wer man ist. Danach befindet man sich in einem ATARI-üblichen Desktop. Doch hier gibt es einen Unterschied: Man kann ein beliebiges Laufwerk als Netzlaufwerk angeben, so daß alle Zugriffe, die darauf stattfinden, über die Netzknoten zum entsprechenden Rechner weitergeleitet werden. So kann beispielsweise das gesamte Laufwerk „E:“ auf der Festplatte eines MS-DOS-Rechners verwaltet werden. Doch nicht nur normale Laufwerke, in denen man als Superuser die Zugriffsrechte frei verteilen kann, können eingerichtet, auch „Privatedisks“ können erstellt werden. Das ist ein Laufwerk, auf das nur ein Benutzer zugreifen kann. Die Größe dieses Laufwerks läßt sich frei bestimmen, es kann also sowohl 100 kB als auch 16 MB groß sein. Die Größe der Privatedisk wird nur durch die Speicherkapazität der Platte eingeschränkt, auf der sie installiert wird. Die Vorteile der beiden Laufwerke liegen klar auf der Hand: Es gibt praktisch kein Programm, welches nicht auch mit dem Netzwerk benutzt werden kann, da GEMDOS-übliche Dateinamen verwendet werden. Es existiert allerdings noch eine weitere Art von Disketten, die sogenannte „Fast Read Disk“. Auf diese Disk kann nur ein Superuser schreiben, alle anderen Benutzer können lediglich von ihr lesen. Dadurch fallen alle Multiuser-Verwaltungen weg, und die Disk wird, wie der Name es schon sagt, wesentlich schneller als die anderen.
Wenn man ein Laufwerk öffnet, merkt man keinen Unterschied zu den üblichen Operationen des TOS, da alle Zugriffe auf das Netz über die Netzknoten bzw. den Server verwaltet werden. Wenn nicht zwei Rechner gleichzeitig auf die gleiche Datei bzw. den gleichen Datensatz zugreifen möchten, entsteht auch so gut wie kein Geschwindigkeitsnachteil. Da der Zugriff über den DMA-Port läuft, werden alle Daten quasi ungebremst über die Datenleitungen geschaufelt. Beim Löschen fällt allerdings auf. daß sich der Rechner hier nicht immer nach TOS-, sondern hin und wieder auch nach DOS-Norm verhält. So kann es vorkommen, daß ein Ordner nicht gelöscht werden kann, wenn sich in ihm noch Dateien befinden („TOS Fehler #34“).
Die grundsätzlichen Netzwerkfunktionen werden über ein mitgeliefertes Accessory bedient (Bild 2). In diesem Accessory läßt sich beispielsweise eine Mitteilung an einen anderen Netzteilnehmer verschicken, die dieser dann nach einer voreingestellten Zeit erhält. Man kann sich auch neu einloggen. Weiterhin kann im Accessory der Spooler konfiguriert werden. Der Ausdruck des ATARI wird hier umgeleitet in eine Datei, die beim Server abgespeichert wird. Diese Datei enthält dann bereits alle Druckersteuerzeichen. Der Rechner, an den ein Drucker angeschlossen ist, prüft in regelmäßigen Abständen, ob ein Druckjob für ihn anliegt. Ist das der Fall, wird die Datei ausgedruckt. Wenn der Druckjob über eine Centronics-Schnittstelle läuft, kann er sogar im Hintergrund laufen. Die Länge des Spoolfiles, also der zu druckenden Datei, ist nur durch die Kapazität des Massenspeichers begrenzt. Natürlich kann auch am Server ein Drucker angeschlossen werden.
Ist der Server ein MS-DOS-kompatibler Rechner, wird der Druck über den MS-DOS-Spooler PRINT.COM ausgedruckt. Leider können Programme wie SIGNUM!2 oder Calamus nicht über den Spooler betrieben werden, da diese direkt auf die Schnittstelle zugreifen und nicht die Betriebssystemroutinen benutzen. Zudem hätte ein SIGNUM!2-Dokument pro Seite zirka 1 MB Speicherplatz zu beanspruchen, was auf Dauer vielleicht doch ein wenig viel würde.
Im Accessory können zusätzlich auch die Konfigurationen eingestellt werden, die für den Betrieb des Netzwerkes wichtig sind (Bild 3). Hier kann beispielsweise festgelegt werden, ob man Nachrichten von anderen Netzwerkbenutzern empfangen möchte, wie oft nachgefragt werden soll, ob überhaupt eine Nachricht anliegt, ob der Spooler an- oder ausgeschaltet sein, und wann ein Ausdruck als beendet anerkannt werden soll. Das ist vorteilhaft bei Programmen, die während des Druckvorgangs erst noch lange auf der Platte herumsuchen müssen, bevor sie wieder Zeichen auf die Schnittstelle ausgeben (1st_Word etc.).
Natürlich besitzt das BioNet 100 ein eingebautes File-/Recordlocking, das für ein Netzwerk unerläßlich ist. Möchten zum Beispiel zwei Benutzer gleichzeitig schreibend und lesend auf eine Datei zugreifen, wäre das Vorhaben ohne Recordlocking zum Scheitern verurteilt, weil die Daten dann inkonsistent würden, d.h. die Datei wäre nach dem Zugriff defekt und nicht mehr benutzbar. Das wird durch das Recordlocking verhindert. Versucht man, auf eine Datei bzw. einen Datensatz zuzugreifen, den schon ein anderer Benutzer bearbeitet, erscheint die Meldung „TOS Fehler #36“, Zugriff verweigert. Natürlich kann das Recordlocking nur dann sinnvoll arbeiten, wenn eine Datei während der Arbeit auch dauernd geöffnet bleibt, was beispielsweise bei Ist Word nicht der Fall ist.
Bild 1: So gibt man sich dem BioNet 100 zu erkennen.
Neben den alten GEMDOS-Funktionen, die natürlich weiterhin erhalten bleiben, stellt BioNet 100 dem Programmierer weitere Funktionen zur Verfügung, mit denen er auf das Netzwerk zugreifen kann. So werden erweiterte GEMDOS-Funktionen mit den Nummern 69 bis 118 angeboten. mit denen beispielsweise auch das Recordlocking angesprochen werden kann. Dadurch ist es möglich, das Netzwerk unter jeder Programmiersprache zu nutzen, die auch GEMDOS-Aufrufe verwalten kann.
Das Netzwerk arbeitet, wie bereits eingangs erwähnt, nach IEEE 802.3-Norm und erfüllt alle bei der ATAR1 Netzwerk Konferenz vom 22.6.1989 festgelegten Mindestanforderungen für Netzwerke für den ATARI ST.
BioNet 100 kostet, je nach Ausstattung, verschieden viel Geld. Pro Netzknoten, der zu jedem ST gehört, müssen DM 1983.30 bezahlt werden. Die Steckkarte für einen PC-Server schlägt mit DM 1402,20 zu Buche. Die Software zum Anschluß für maximal vier Systeme kostet DM 1094,40. Möchte man BioNet 100 mit bis zu 254 Systemen benutzen, muß man etwas tiefer in die Tasche greifen: Für DM 3249,- erhält man auch diese Software. Möchte man einen weiteren PC in das Netzwerk mit einbinden, sind dafür DM 1630,20 auf den Tisch zu blättern.
Wenn Sie ein Netzwerk benötigen, das recht schnelle Zugriffszeiten besitzt, einen PC mit anschließen müssen und auf Programme angewiesen sind, die es nicht in einer Extra-Netzwerkversion gibt, sind Sie mit dem BioNet 100 sehr gut bedient. Sowohl Netzknoten als auch Programme arbeiten sehr zuverlässig, auch zusammen mit PC-Netzwerken wie Novell. BioNet 100 kann universell für alle Anwendungen eines Netzwerkbetriebs eingesetzt werden.
MP
Anbieter:
Biodata GmbH Flughafen Siegerland 5909 Bürbach