ADIMENS ST plus - Das „PLUS“ macht den Unterschied

Gerne schmücken die Software-Hauser ihre neuen Produkte mit einem kleinen unscheinbaren Zeichen, dem „+“ Andere schreiben das Wort sogar aus: „plus“ (z.B. 1st Wordplus, ST-PASCAL plus, 1st-Proportional plus usw.). Bei den alteingesessenen Software-Produkten zum ATARI ST jagt meist eine Version die andere und anhand der Nummer orientieren sich die potentiellen künden kaum noch. Dann müssen aussagekräftigere Bezeichnungen her, die dem Kunden sagen, hier ist jetzt soviel Neues drin (in dem Programm), daß sich ein kauf unbedingt lohnt. Halten diese „PLUS“, „SUPERPLUS“ und „HYPERSUPER PLUS“ wirklich, was sie versprechen? Die Firma ADI-Software aus Karlsruhe hat schon auf der Düsseldorfer ATARI-Messe ’89 einen Einblick in die neuen Funktionen ihres Produktes „ADIMENS ST plus“ (Version: 3.0) gegeben. Was bringt das „Plus“ den Anwendern jetzt?

ADIMENS ST plus besteht aus jenen drei Einzelprogrammen, die es auch in der Version 2.3 schon gab:

Grundsteinlegung

Mit dem Vereinbarungsprogramm „INIT“ wird die Struktur der späteren Datenbank festgelegt. Es war für mich persönlich immer sehr angenehm, mit den GEM-Icons zu hantieren und dabei zu erfahren, wie leicht es ist, den Aufbau einer Datenbank in kürzester Zeit abzuwickeln: Einfach ein Symbol aus dem Teilefenster entnehmen und auf das freie Definitionsfenster bewegen. In der gegenständlichen Welt wäre dies einem Karteikasten vergleichbar. Dann ein Doppelklick, und schon öffnet sich das. was später die Datenmaske wird (vergleichbar mit einer Karteikarte). Jetzt werden die Felder entsprechend ihres Typs (numerisch, alphabetisch oder Datum usw.) aus dem Teilefenster gegriffen, und alsbald ist eine Datenbank entstanden.

Drei wesentliche Neuerungen im Programmteil INIT gilt es zu erwähnen:

a) Verbünde anlegen. Verbünde sind Masken, die genauso definiert werden wie die „normalen“ Karteikarten. Das neue Symbol mit der Doppelschublade zeigt diese Funktion an. In Verbundmasken lassen sich Daten aus verschiedenen Dateien (Karteikästen) zusammenfassen und zeitgleich bearbeiten (sogen. JOIN-Funktion). Des weiteren können dabei bestimmte Ausschnitte aus verschiedenen Dateien in einer einzigen Maske zusammengelegt werden (sogen. VIEW-Funktion). Verbünde behandelt der spätere EXEC-Programmteil wie normale Masken (sie sehen auch genauso aus) mit den üblichen Operationen wie Eingeben, Ändern. Löschen, Anzeigen usw.

b) Eindeutige Schlüssel. Oft kann es nötig sein, nureindeutige Schlüssel als Feldeinträge zuzulassen. Das bedeutet, daß in keinem weiteren Datensatz ein gleichlautender Eintrag in dasselbe Feld (d.h. mit demselben Feldnamen) möglich sein soll. Sinnvoll wird das beispielsweise bei der Vergabe von Kundennummem. Sobald eine Kundennummer zweimal vergeben ist. kann nicht mehr von einer eindeutigen Zuordnung ausgegangen werden. Deswegen muß ausgeschlossen sein, daß dieselbe Kundennummer nocheinmal vergeben werden kann. Die Zuordnung „eindeutiger Schlüssel“ löst im EXEC-Teil eine automatische Überprüfung aus und weist nötigenfalls auf Doppelt vergäbe hin. Weniger sinnvoll wird aber ein eindeutiger Schlüssel in folgendem Fall: Feld „Kundenname“ und dortiger Feldinhalt „Müller“. Hier muß es später erlaubt sein, weitere Kunden mit dem Namen Müller einzutragen - also kein „eindeutiges Schlüsselfeld“!

Bild 1: Die kompletten Pull-Down-Menüs des EXEC-Programms (Datenbankausführung)

c) Kommentare in Masken. Das war nun aber wirklich an der Zeit! Masken sollten möglichst wohlgeordnet, aussagekräftig und knapp bemessen sein. Langatmige Feldnamen möge der Datenbankdesigner bitte vermeiden. Was aber tun, wenn später ein(e) Nichtinformatiker/in im EXEC-Teil Dateneingaben machen soll und sich nicht auskennt? Da ist es doch ein Schritt hin zu mehr Bedienerfreundlichkeit, wenn an unklaren Positionen Hinweise, Kommentare oder Notizen stehen. Beispiel: Eine Auftragsnummer wird gerne benutzt, um die Interessenten und Käufe quasi durchzunumerieren. Da wäre es doch praktisch gleich dazuzuschreiben: „Auftragsnummer ist auch Rechnungsnummer!“ Bediener oder Sekretärin wissen dann gleich Bescheid, längere Rückfragen sind überflüssig. Mit Kommentarfeldern können nun Texte jeweils bis zu 21 Zeichen zusätzlich in die Maske eingebaut werden.

Bild 2: Die Pull-Down-Menüs des INIT-Programms (Datenbankeinrichtung)
Bild 3: Im INIT-Programm sind die neuen Symbole „Doppelschublade“ für Verbunddateien deutlich unterscheidbar. Gestrichelte Linien zeigen die Wege des Date naustausches für Verbünde.
Bild 4: ADIMENS-Kenner können auf dem Desktop des EXEC-Programms einige neue Symbole entdecken: Die „Doppelschublade“ für Verbunddateien, eine „Schalttafel“ (rechts oben) zur hon trolle der dateitypischen Schalter und das Sortiert(klemm)brett „Multisort“.
Bild 5: Auch bei den Rechenfunktionen hat sich einiges getan: Viele neue Rechenoperationen kamen hinzu.

An die Arbeit

Wenn man sich die Arbeitsoberfläche des EXEC-Teils anschaut, werden einem gleich drei Änderungen bzw. Ergänzun gen auffallen: 1. In der Pull Down-Menüleiste hat es „Befehlszuwachs“ gegeben (übrigens in den Pull-Downs selber noch viel mehr!), 2. eine „Schalttafel“ ist hinzugekommen, und 3. ein Symbol „Sortierbrett“ erscheint neu. Und das ist noch lange nicht alles. Viele Neuerungen wird man auf den ersten Blick nicht unmittelbar sehen können - aber der Reihe nach:

a) Arbeitsumgebung, soviel wie man will. Das normale ATARI-GEM speichert die Desktop-Ausgangslage der Symbole (Icons) und Fenster (Inhaltsverzeichnisse) üblicherweise in der Datei „DESKTOP.INF’. Gleiches gab es auch für ADIMENS, aber auch nur einmal: die Datei „EXEC.INF“. Jetzt können verschiedene Arbeitsoberflächen in beliebig vielen Dateien „.1NF“ abgelegt werden. Jede „.INF“ kann ihre eigene „*.BAT“ laden. Auch ein Wechsel der Anordnung der Oberfläche während des normalen Betriebes ist möglich.

b) RSC-Dateien. Bislang wurden die Resourcedateien einmal ganz zu Anfang der Datenbankkonstruktion generiert. Jetzt erzeugt das neue ADIMENS ST plus alle benötigten Masken erst beim Öffnen der Datenbank. Das spart vor allem Speicherplatz auf dem externen Datenträger. Da dieses Verfahren völlig anders arbeitet, können RSC-Dateien aus den älteren Versionen nicht mehr benutzt werden.

c) Neue Menüstruktur. Die Menüleiste oben hat wesentliche Veränderungen erfahren. Dies betrifft hauptsächlich die Menüpunkte „Datei“, „Edit“, „Option“ und „Verbund“. Die Zusammenstellung der Befehle wurde so umgestellt, daß sie übersichtlicher und komfortabler bedienbar sind. Befehle, welche auch im logischen Ablauf zusammengehören, stehen beieinander.

d) Mehrfachsortierung. Endlich! Jetzt besteht die Freiheit, die Daten einer Datei nach mehreren Schlüsselmerkmalen auszufiltern. In dem Menü „Optionen“ wird eine Sortierfolge hierzu vereinbart. Wenn nun die betreffende Datei auf das Symbol „Sortierbrett“ geführt wird, löst sie die Sortierfolge aus.

e) Schalttafel. Man muß nun nicht mehr rätseln, ob „Rechnen verwenden“ oder „Wahl verwenden“aktiviert wurde. Auch ein ständiges Anwählen der entsprechenden Menüs ist nicht mehr nötig. Eine kleine Tafel zeigt an, welche Schalter zur angewählten Datei aktiv sind. Gerade hierdurch ist die Übersichtlichkeit wesentlich verbessert worden.

f) Funktionstasten. Natürlich gibt es immer Gegner der Maus. Man war es halt von älteren Rechnern gewohnt, ständig mit ALT- oder ESC-Sequenzen zu arbeiten. Bei ADIMENS ST plus werden parallel zu den GEM-Menüs die wichtigsten Funktionen dennoch per Funktionstasten erreichbar bleiben. Jetzt sind auch bei geöffneten Dialogboxen die Funktionstasten ansteuerbar.

g) Bearbeiten von Datensätzen. Hinzugekommen ist der Menüpunkt „Bearbeiten“, der es erlaubt, in der Maskenausgabe nach Datensätzen zu suchen. Anschließend kann für den angezeigten Datensatz sofort der nächste Arbeitsschritt direkt angewählt werden. Wenn die Listenausgabe voreingestellt ist, wird durch „Bearbeiten“ noch schneller nach Datensätzen gesucht. Daß hierbei natürlich Jokerzeichen (Wildcards) wie und „?“ zugelassen sind, sei nur am Rande erwähnt.

h) Wahl definieren. Das mit den Mehrfachfeldern war schon immer schwierig zu verstehen. Die Einträge sind zwar unabhängig voneinander, dennoch aber in nur einem Feld. Diese Mehrfacheinträge mußten ganz verzwickt angesprochen werden. Jetzt braucht man nur noch einen Doppelklick, und ein Einzel(teil)feld ist spezifiziert.

i) Rechnen definieren. Gleiches zu den Mehrfachfeldern, wie eben bei Wahl definieren, gilt auch beim Rechnen. Zusätzlich können noch SYSDATE, SYSTIME und COUNT eingebunden werden. Gerade das Rechnen in EXEC hat viele Änderungen und Verbesserungen erfahren. So sind jetzt auch bedingte und logische Rechenanweisungen erlaubt wie: „IF-THEN-ELSE-ENDIF, größer als, kleiner als, gleich. AND, OR, NOT.

Beispiel:

IF >Bedingung<
THEN >Rechenprogramm<

Sogar Warnmeldungen (ALERT) kann man einbauen und sogar in eine IF-Anweisung.

Beispiel:

IF >Bedingung<
THEN ALERT >Zeichenkette< >Rechenprogramm<

Die Grenzen der EXEC-Rechenmaschine sind wesentlich erweitert worden:

Die neue Variable SYSMODE

In SYSMODE wird eine Zahl als Information über jene Arbeitsumgebung festgehalten. von der aus das Rechnen gestartet wurde. Damit kann das Starten des Rechenvorgangs von der gerade aktiven Arbeitsumgebung abhängig gemacht werden.

Beispiel:

IF [SYSMODE] = 12 
THEN [PLZ] = „D-„ + [PLZ];
ENDIF:

Das heißt, nur wenn die Rechenfunktion aus der Arbeitsumgebung „globales Ändern“ gestartet wurde, soll der Postleitzahl eine Zeichenkette „D-„ vorangestellt werden. Die Zahl 12 für SYSMODE steht für „globales Ändern“.

Der REORG-Teil bekam eine neue Oberfläche. Jetzt können über Dialogboxen die Datenbasis gewählt, die Kennwortangabe und verschiedene Einstellparameter eingegeben werden. UND: REORG ist erheblich schneller geworden!

Darf’s etwas mehr sein?

Das bisher schon als solide und ausgereift geltende Datenbanksystem ADIMENS ST hat durch die beschriebenen Veränderungen und Verbesserungen sicher an Interesse zugenommen. Bei einem Preis von DM 399,- bekommt der Anwender ein sehr brauchbares Datenbankprogramm. ADI-Software Karlsruhe zeigt durch diese Neuauflage, daß kleine Unzulänglichkeiten der früheren Versionen schnell aufgearbeitet und in sinnvolle Funktionen umgesetzt wurden. Als hervorhebenswert erscheinen mir die Verbundfunktion und das Mehrfachsortieren, sehr klug war auch das Einrichten der Schalttafel. Einen Schwachpunkt gibt es aber noch immer: Es sind einfach noch zu viele (auch oft benötigte) Funktionen in den Menüs versteckt, was mit der Maus länger dauert als mit Tastendrücken. UND: Wenn schon so oft die Maus beansprucht wird, warum ist die rechte Maustaste nicht für alternative Zwecke in Betrieb? Das aber sind nur kleine Wermutstropfen. die das Gesamtbild nicht trüben. UND: Welches Programm ist schon perfekt?

Bezugsquelle:

ADI Software GmbH Hardeckstraße 5 7500 Karlsruhe


Dieter Kühner
Aus: ST-Computer 11 / 1989, Seite 38

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