Mit eLAN ans industrielle Netz

Bild 1: Ein eLan-Knoten als externes DMA-Gerät

eLAN ist ein Netzwerk, das sich mit großer Fehlersicherheit besonders für industrielle Anwendungen empfiehlt. Die Eckdaten sind eine Übertragungsrate von 1 MBit/s, bis zu 254 anschließbare Stationen und eine Vernetzung in einer Busstruktur mit Token-Passing.

Zum Betrieb von eLAN wird jeder ATARI mit einem Netzknoten ausgerüstet. der die Intelligenz zum Netzbetrieb enthält. Es gibt die Knoten in zwei Ausführungen, je nach verwendetem Rechner: für ältere STs als externes DMA-Gerät (Bild 1) und für MEGAs als Steckkarte für den Prozessorbus. Nach Angaben der Hersteller ist die zweite Lösung effizienter, da die Benutzung des DMA-Busses vermieden wird.

Beim externen Gerät ist der DMA-Bus durchgeschleift, so daß das System zusammen mit anderer DMA-Peripherie (Festplatten, Laserdrucker) betrieben werden kann. Die eigentliche Vernetzung der verschiedenen Knoten untereinander geschieht über zweiadrige Kabel, wobei Koaxial- oder Twisted-Pair-Verbindungen zum Einsatz kommen. Ebenfalls möglich ist die Verwendung von Lichtwellenleitern. Der Hersteller bietet eine Reihe von Zusatzgeräten zur Signalumsetzung von Draht auf Lichtwellenleiter und zur Signalverstärkung für lange Verbindungen an.

Die physikalische Verkabelung der Knoten untereinander geschieht in Bus-Manier, d.h. die Stationen werden einfach nacheinander geschaltet und erhalten am ersten und letzten Gerät einen Widerstand zum Busabschluß. Durch simples Durchschleifen der Verbindung bleibt die Verkabelung auch durch einen abgeschalteten Knoten bestehen, x Die Netzhardware sorgt dafür, daß die Kommunikation für industrielle Anwendungen ausreichend störungsfrei arbeitet. Laut Hersteller GTI hat sich das System in der Anwendung in einer Fertigungsstraße bewährt.

Für die Verkopplung verschiedener Rechnertypen stehen entsprechende Netzknoten bereit. So werden Geräte für ATARI ST, PC, VMEbus-Systeme und ECB-Systeme angeboten, allerdings wird z.B. die PC-Anwendung erst circa mit Erscheinen dieses Heftes in Serie gehen. Weiterhin ist es möglich, Rechner per V24- bzw. RS232C-Schnittstelle in das Netz einzubinden.

eLAN und TOS

Für den ST-Anwender wird eLAN praktisch nur beim Booten sichtbar. Das Programm ELAN.TOS enthält die komplette Netz-Software und installiert sich im Betriebssystem so, daß das Netz und damit die anderen Stationen als Laufwerk N: angesprochen werden kann. eLAN arbeitet dabei transparent, so daß alle Netzzugriffe ohne Besonderheiten mit den gewohnten Funktionen ablaufen. Auf dem Desktop sieht das z.B. wie in Bild 2 aus.

Beim Booten wird eine Konfigurationsdatei eingelesen, die sämtliche Voreinstellungen enthält. Es handelt sich um eine ASClI-Datei, in der mit Schlüsselworten Installationswerte gesetzt werden. Um beispielsweise den weiter unten beschriebenen Empfang von Nachrichten über das Netz zu unterbinden, müßte hier eine Zeile “MESSAGE=OFF;” stehen. Öffnet man im Desktop Laufwerk N:, erhält man ein übliches Directory, nur daß es sich auf dieser Ebene noch nicht um Dateien, sondern um eine Liste aller angeschlossenen Stationen handelt. Im Beispiel haben diese die Namen ELAN-DEMO.xxx. Öffnet man nun einen solchen “Ordner”, befindet man sich im Dateisystem der entsprechenden Station. Im Bild zeigt das untere Fenster nun alle Einheiten an, die von der Station bereitgestellt werden. Hier sind dies die Partitionen C: bis E: und der Drucker (PRN), der an den Rechner ELANDEMO.002 angeschlossen ist. Welche Einheiten über das Netz bekannt gemacht werden, legt jede Station in der Konfigurationsdatei fest. Es könnte auf ELANDEMO.002 auch eine Partition G: geben, sie wäre dann aber dem Netz nicht bekannt.

Das dritte Fenster im Bild zeigt die geöffnete Partition D: auf der Station ELANDEMO.002. Ab hier hat man es mit tatsächlichen Dateien und Directories zu tun, gerade so, als ob am eigenen Rechner eine weitere Festplatte angeschlossen ist. Das Kopieren einer Datei von ELANDE-MO.002 über das Netz auf den eigenen Rechner ist mit den normalen Desktop-Operationen möglich. Das Starten eines Programms, das auf einer anderen Station abgelegt ist, geschieht ebenfalls wie gewohnt per Doppelklick.

Für ein Anwendungsprogramm bedeutet dieser transparente Zugriff, daß keinerlei Modifikationen notwendig sind. Soll Wordplus einen Text über das Netz von einem anderen Rechner laden, muß lediglich in der gewohnten Dateiauswahl auf das Laufwerk N: geschaltet werden. Innerhalb eines Netzes mit mehreren Benutzern muß es eine Zugriffsregelung geben, da ja nicht unbedingt alle Daten für jeden erreichbar sein sollen. Bei eLAN bestimmt jede Station per Konfigurationsdatei die Zugriffsrechte anderer Stationen auf die eigenen Daten. Mögliche Rechte sind Lesen, Schreiben und der freie Zugriff mit Lesen/Schreiben.

Die Rechte und die dazugehörigen Pfadnamenwerden für die angemeldeten Einheiten vergeben - z.B. Festplatten-Parti-tionen oder Drucker. Auf diese Weise lassen sich auch einzelne Directories auf den Einheiten freigeben.

Weiterhin ist auch eine Selektion der Stationen möglich, für die Rechte vergeben werden. So könnte man einer Station, die z.B. Backups macht Lesezugriff auf sämtliche Dateien geben, die anderen Benutzer nur an bestimmte Programme und Daten heranlassen.

Da eLAN transparent arbeitet, ergeben Lese- oder Schreibzugriffe, für die keine Berechtigung existiert, normale TOS-Fehler. Anders als gewohnt kann es Directories geben, die zwar in einer Auswahlbox erscheinen, jedoch aufgrund fehlender Berechtigung nicht geöffnet werden können.

Accessory für Servicedienste

Zur Arbeitsunterstützung und für Systemdienste kommt das Accessory ELAN. ACC (Bild 3) zum Einsatz. “Fehlerabfrage” zeigt den Netzzustand an; eine reine Service-Funktion. Will man seine Station vor fremden Zugriff bei Abwesenheit schützen, läßt sie sich mit “Sicherung” mit einem Paßwort verriegeln (Bild 4). Es ist dabei möglich, auch Zugriffe Uber das Netz zu verbieten. Bei der Rückkehr an den Rechner muß man mit dem entsprechenden Paßwort den ST entsichern.

Nach Änderungen an der Konfigurationsdatei der Station muß ein Kalt- oder Warmstart ausgelöst werden. Einige Einstellungen zum Verhalten des Accessories lassen sich auch direkt vornehmen. Wie schon aus dem obigen Beispiel zu ersehen, ist es möglich, den Drucker als “Datei” für das Netz freizugeben. Auf der Station, die den Drucker bereitstellt, kann ein Spooler - UNIX-like bei eLAN “Dämon” genannt - eingerichtet werden, der die ankommenden Daten puffert und nacheinander ausdruckt. Auf diese Weise ist es auch möglich, den ATARI-Laserdrucker per EPSON- oder Diablo-Emulator kostensparend von mehreren STs aus zu benutzen.

Zur direkten Kommunikation zwischen Netzbenutzern können Nachrichten verschickt werden. Dazu stehen im Accessory einfachste Ediermöglichkeiten in einer Dialogbox zur Verfügung. Der Empfänger einer Nachricht ist im einfachsten Fall eine Station. Trifft eine Nachricht ein, wird der dortige Benutzer per Alertbox informiert und kann sich den kurzen Text mit dem Accessory ansehen.

Neben den Stationsnamen existieren, wie zu sehen, auch noch Gruppen. Eine Gruppe ist eine Reihe von Stationen, die logisch zusammengefaßt werden. Das Accessory bietet die Möglichkeit, eine Nachricht auf einen Schlag allen Stationen einer Gruppe zukommen zu lassen.

Bild 2: eLAN wird als Laufwerk N: angesprochen und gibt Infos über Laufwerke und Knoten genauso wie Dateien aus.

Die letzte Funktion “Dateitransfer” bietet komfortable Dateifunktionen. Sie könnten zwar auch mit den Desktop ausgeführt werden, das Accessory bietet jedoch mit einfacher Dateiauswahl und leichtem Wechsel zwischen Laufwerken eine nützliche Bequemlichkeit.

eLAN für Programmierer

Neben der reinen Anwendung von “normalen” Programmen und des Service -Accessories im Netz, ist es auch möglich, eLAN in eigene Programme einzubinden. Dazu werden diverse Header-Dateien und Beispielprogramme mitgeliefert. Die C-Quellen wurden mit dem Mark-Williams-System entwickelt.

Auf GEMDOS-Ebene, bei der mit Dateien umgegangen wird, müssen in einem Netzwerk kollidierende Zugriffsversuche vermieden werden. Zwei Programme dürfen nicht gleichzeitig in einer Datei lesen und schreiben, da somit die gelesenen Daten nicht mehr konsistent sind. Damit ist nur erlaubt, daß zwei oder mehrere Programme gleichzeitig in einer Datei lesen. Alle anderen Kombinationen werden von eLAN durch Abweisen eines zweiten Öffnungsversuchs vermieden.

Das Sperren einer kompletten Datei macht aber nicht unbedingt Sinn, wenn zwei Stationen in unterschiedlichen Bereichen schreiben und lesen wollen, die sich jedoch nicht überlappen. Es würde sogar Anwendungen, bei denen mehrere Rechner Zugriff auf eine große Datenbank haben sollen, stark behindern. Daher gibt es das Konzept des Record-Lockings, bei dem ein Programm jeweils nur einen Teil einer Datei für den Zugriff durch andere sperrt. In eLAN gibt es dafür zwei weitere GEMDOS-Funktionen (Flock and Funlock), die genau diese Funktion übernehmen. Ein netzwerkfähiges Programm müßte entsprechend programmiert sein und z.B. die Datei in dem neuen Zugriffsmodus SHARED öffnen.

Die logisch “tieferen” eLAN-Funktionen sind über den XBIOS-Trap unter Benutzung der Funktionsnummern 99-173 eingebunden. ELAN.TOS greift also recht tief in das Betriebssystem ein und fügt weitere Funktionen für den Programmierer hinzu.

Die Funktionsgliederung entspricht einer internationalen Spezifikation, dem MAP-Protokoll. MAP steht für “Manufacturing Automation Protocol”, das eine echtzeitfähige Architektur für Industrieanwendungen nach dem ISO/OSI-Referenzmodell darstellt. Die verschiedenen Schichten implementieren eine logisch abgestufte Funktionalität und kommunizieren über definierte Schnittstellen.

Bild 4: Auch eine Paßwortsicherung ist eingebaut.

Entsprechend kann der Programmierer die Funktionen der einzelnen Schichten benutzen. Ganz unten steht die FIO-Ebene, auf der direkt mit dem Netzknoten kommuniziert wird. FIO steuert den Netz-Controller. Darüber liegt die “Medium Access Control”-Ebene (MAC), die die einfachen Dienste des Netzknotens ansteuert. Es können einfache Datentransfers und interne Netzfunktionen angesteuert werden.

Eine weitere Stufe darüber liegt die “Proway Link Control”-Ebene (PLC), die nicht mehr nur den Austausch von Datenpaketen zwischen Rechnern erlaubt, sondern auch zwischen verschiedenen laufenden Programmen unterscheiden kann. Auf dem ATARI ST können somit z.B. mehrere Accessories und ein laufendes Programm Netzdienste anfordern, ohne daß Daten zwischen den verschiedenen Programmen vertauscht werden.

Schließlich bleibt eine weitere Schicht -dem “Manufactoring Message Format Standard” (MMFS) die im ISO/OSI-Modell dem Application-Layer entspricht. Damit sich Programme auf verschiedensten Rechnern austauschen können. müssen Protokolle vereinbart werden, die die bekannten Probleme wie Byte-Sex oder Zeichenkodierung lösen. MMFS stellt Dienste bereit, um zu sendende Daten entsprechend zu konvertieren.

eLAN hält sich mit dieser Aufteilung an die internationalen Spezifikationen und Implementierungs-Richtlinien MAP und PROWAY-C. Für die Programmierung von entsprechenden Anwendungsprogrammen - z.B. einer vernetzten Maschinensteuerung - sind natürlich genaue Kenntnisse der Standards vonnöten, auch im Handbuch wird mehrfach auf die Originalpapiere verwiesen.

Die Dokumentation ist in zwei Ringordner gepackt, und zwar in ein “Technisches Anwenderhandbuch”, das die Installation und die Funktionen des Netzcontrollers beschreibt und ein “Software-Anwenderhandbuch”, in dem sich die nötigen Informationen zur Software-Konfiguration und den Aufrufen der Netzwerk-Funktionen finden. Die Unterlagen sind detailliert, jedoch ist ein gewisses Maß an Wissen über Netzwerke notwendig. Dies entspricht dem anvisierten professionellen Anwenderkreis.

Token-Passing

eLAN arbeitet nach dem Token-Passing-Prinzip. Dabei wird ein Token auf dem Bus von Station zu Station weitergereicht. Das Token ist eine Art Berechtigungskarte, von der nur eine im Netz existiert und deren Besitzer besondere Rechte gegenüber den anderen Teilnehmern hat. Der Token-Inhaber wird temporär zum Netz-Master und darf damit als einziger senden, wodurch Sende-Kolli-sionen auf dem Netz ausgeschlossen sind.

Da jede Station sein Token nach einer festgelegten maximalen Zeit weitergeben muß, ist das Verfahren fair und sichert zudem eine feste maximale Zeit, in der eine Station das Token erneut erhält. Damit ist auch eine Voraussetzung für Echtzeit-Anwendungen gegeben.

Bild 3: Das Accessory ELAN.ACC dient zur Arbeitsunterstützung und für Systemdienste.

Da auf einem Bus keine vorgegebene Reihenfolge wie bei einer physikalischen Ring-Vernetzung besteht, wird ein logischer Ring eingerichtet, der die Weitergabe des Tokens bestimmt. Jede Station meldet sich im Netz mit einer Stationsnummer an; die Netzknoten geben das Token in aufsteigender Reihenfolge weiter. Existieren Stationen mit den Nummern 14-1-24-3 und sind diese physikalisch in dieser Reihenfolge verbunden, wird das Token im logischen Ring 1-3-14-24-1-... weitergereicht. Die Stationsnummern können für jede Station frei konfiguriert werden, der Netz-Operator muß allerdings darauf achten, daß keine Nummer doppelt verwendet wird.

Die bei Netzwerken angegebene Übertragungsrate ist üblicherweise ein Bruttowert, der das Übertragen von Protokoll-Informationen und das komplette Netz-Handling mit einschließt. Nach Angaben des Herstellers liegt die effektive Übertragungsrate z.B. beim Dateien kopieren in einem normal ausgebauten eLAN-Netz bei ca. 12 bis 15 kByte pro Sekunde. Vergleicht man das Laden eines Programms über das Netz mit dem gewohnten Verhalten des STs bei direkt angeschlossener Festplatte, fallen keine nennenswerten Geschwindigkeitsverluste ins Auge.

Preise

Die Preisgestaltung für eLAN richtet sich natürlich nach dem Ausbau. Die Hardware kostet pro Netzknoten DM 2262,90 als DMA-Subsystem und DM 1881,- für die Einsteckversion für MEGA-STs. Ein komplettes Kabel über 2 m schlägt mit DM 51,30 zu Buche.

Komplizierter wird’s bei der Software. Die Pakete unterscheiden sich in der Anzahl der vorgesehenen Stationen. So kostet die Netzwerk-Software für vier Rechner DM 1687,20, für acht DM 2827,20 und im Vollausbau für bis zu 254 Rechnern DM 5107,20. Die Versionen für das TOS030 des zukünftigen ATARI TT kosten jeweils DM 570,- mehr.

Es ist möglich, eine einmal gekaufte Lizenz auszuweiten, allerdings wird dafür ein Aufschlag von 10% verlangt. Schließlich werden “Starterkits" angeboten, die allerdings keinen Preisvorteil bieten. So kostet die Verbindung mit zwei MEGA-Stationen zusammen DM 5449,20, eine ST-PC Kopplung mit eLAN DM 7216,20.

Der konkrete Preis für eine geplante Netzanwendung kann natürlich nicht pauschal angegeben werden, er ergibt sich aus der unterschiedlichen Anzahl von Netzknoten, aus den verschiedenen Rechnertypen und schließlich aus den individuellen Bedürfnissen an Leitungslänge und Übertragungsmedium.

RT

Bezugsadresse:

GTI Gesellschaft für technische Informatik mBH
Unter den Eichen l Oha
1000 Berlin 45



Aus: ST-Computer 10 / 1989, Seite 43

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