Als Ergänzung zu unserem Bericht über CAD-Programme im Juni-Heft geht es heute um DynaCADD, ein Produkt aus Kanada. Waren unsere Kandidaten im Sommer ausschließlich auf Zeichnungen in der Ebene beschränkt, so erlaubt DynaCADD 'echte' 3D-Konstruktionen.
Warum aber die Betonung auf echte? Gibt es etwa eine falsche dritte Dimension? Ja und Nein: Man unterscheidet bei CAD-Programmen solche, die 2D, 22D und 3D beherrschen. Wahrend erstere ausschließliches Zeichnen auf einer Fläche erlauben, sind die 22D-Programme in der Lage, räumliche Modelle in Form von Prismen zu erstellen. Das bedeutet, daß man ein Bauteil zeichnen und ihm eine Tiefe zuordnen kann. Vorder- und Hinterseite sehen also stets gleich aus.
3D-Software schließlich ermöglicht das Zeichnen aller Elemente auf allen Ebenen im Raum. Hier wiederum gibt es Programme, die auch Flächen (sowohl eben als auch gekrümmt) verwalten. Dergleichen ist natürlich mit hohem Rechenaufwand verbunden. Soll z.B. ein auf diese Weise gezeichnetes Gebäude realistisch dargestellt werden, muß das sich Überdecken der Elemente betrachtet, das Licht schattiert werden etc... Dieses Verfahren bezeichnet man als Solid Modeling. Programmpakete, die so etwas beherrschen, kosten viel Geld und sind rein professionellen Anwendungen im Workstation-Bereich Vorbehalten. Selbst die für PCs erhältlichen Programme wie AutoCAD 10.0 sind eher hübsch anzusehen, als damit sinnvoll gearbeitet werden konnte, denn selbst der schnellste 386er AT ist dafür zu lahm.
DynaCADD erlaubt und das ist die einfachste Form der 3D-Darstellung - die Erstellung von Drahtgittermodellen. Wie die Abbildungen zeigen, muß man sich die gezeichneten Körper repräsentiert durch ihre Kanten vorstellen: Sie scheinen aus Draht gebaut. Es braucht bei der Darstellung keinerlei Unterscheidung stattzufinden, ob ein Element der Zeichnung vor einem anderen liegt und es eventuell verdeckt. Ebenfalls ist ausschließlich die Parallelprojektion möglich, um einen räumlichen Effekt zu erlangen; Fluchtpunktperspektiven sind ausgeschlossen.
Durch diese Einschränkungen hält sich die Rechenzeit, die DynaCADD für dreidimensionale Zeichnungen braucht, in Grenzen. Trotzdem - das sei vorausgeschickt - nimmt bei komplexeren Gebilden vor allem der Bildschirmaufbau deutlich Zeit in Anspruch. Bevor ich näher auf die Arbeitsweise des Programms eingehe, sollte nicht unerwähnt bleiben, daß mir die Version 1.36 von DynaCADD zum Test zur Verfügung stand. Diese ist allerdings nicht mehr aktuell; während diese ST-Computer gedruckt wird, wird die Version 1.64 ausgeliefert werden. Aber das ist das Schicksal der Presse: Ehe etwas gedruckt wird, ist es schon überholt.
Packen wir DynaCADD zunächst aus: Auf drei Disketten befinden sich Programm. Beispiele und einige KByte Hilfe-Dateien, die die Online-Hilfe ins laufende Programm einblendet. Dergleichen ist zwar im PC-Bereich selbstverständlich, wir ST-Freaks freuen uns aber noch darüber, daß der Griff zur ‘Help'-Taste den Blick ins Handbuch ersetzt. In der neuesten Version werden diese Dateien - wie das gut verständliche Handbuch (sehr gutes Stichwortregister!) selbst auch in deutscher Zunge verfaßt sein. Den Fonteditor, den das Handbuch verspricht, suchte ich leider vergeblich.
Doch da rutscht noch ein kleiner Kunststoffkasten aus der Verpackung: Ein Dongle = Hardwarekopierschutz. Dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden, allerdings muß ich gegen das Blockieren des Romports aufs energischste protestieren. Hätte nicht auch ein Dongle für den Joystick-Stecker gereicht? Ich habe nämlich auch noch einen Scanner, einen Aladin, einen Easytizer und eine Profibank und die Buchse links in meinem ST ist schon reichlich ausgeleiert...
Mit über 500 kB Länge ist DYNACADD.PRG ein kräftiger Riemen. Wer große Zeichnungen verarbeiten will, sollte über mindestens 2 MB RAM in seinem ST verfügen, eine Festplatte ist ebenfalls dringend anzuraten. Es geht auch ohne, aber wer richtig mit dem Programm arbeitet (und das werden beim Preis von 2248,-DM sicher alle Käufer tun), der sollte bei der Hardware ohnehin nicht zaudern. Eine ST-Workstation mit Großbildschirm, Harddisk und Plotter schlägt mit ca. 15000,- DM zu Buche: ein Preis der sich bei entsprechendem Einsatz schnell rentiert.
Per Doppelklick gestartet, empfängt einen DynaCADD nach längerer Ladefrist mit der fünfgeteilten Arbeitsfläche. Oben das Menü, darunter die Symbole, die den Blick auf die Zeichnung verändern (Scroll, Zoom). Links die Befehlsauswahl, wobei die verschiedenen Hierarchien eines Kommandos übereinander angeordnet werden. Die Arbeitsfläche selbst besteht aus einem Textfenster, in dem die Arbeit in Klartext protokolliert wird. Darüber liegt frei verschiebbar das Zeichnungsfenster (siehe Bild 1). Hier hinein laden wir erst einmal die kleine Zeichnung aus dem 2D-Tutorial.
Freundlicherweise gibt es nämlich hinten im Handbuch eine kleine Lehrveranstaltung: das Tutorial. Für meinen Geschmack könnte es ausführlicher sein. Besonders stellt sich beim Befolgen desselben immer die Frage: “Warum muß ich diese Schritte durchführen?' Das Konzept des Programms (es hat nämlich eines und sogar ein gutes!) müßte eingangs erläutert sein, dann würde so manches Mißverständnis vermieden.
Dazu ein Beispiel: Wenn DynaCADD die Eingabe eines Punktes (z.B. den Startpunkt einer Linie) erwartet, kann dieser auf so vielfältige Art und Weise eingegeben werden, daß es eine Freude ist. Selbstverständlich ist das Fangen von End-Mittel-, Schnitt und Konturpunkten an derer Zeichnungselemente. Aber auch Koordinateneingaben sind kartesisch oder polar absolut oder auch relativ zum vorhergehenden Punkt möglich. Dabei erscheint, wie bei allen numerischen Eingaben, ein Taschenrechner (siehe Bild 2). Dieser hat die wichtigsten Funktionen parat und ist eine ungeheure Hilfe beim Zeichnen. Das Konzept dieser doch recht komplexen Punkteingabe wird auch im Handbuch nur angedeutet, das Tutorial leitet den Anwender ohne nach Sinn und Zweck zu fragen, durch die Befehle. Für den Benutzer mit Erfahrung in einschlägiger CAD-Software ist das Konzept der Bedienung sicher kein Problem, doch wendet sich DynaCADD wohl eher an Anfänger in diesem Metier. Es ist z.B. möglich, als Spiegelachse eine Gerade zu benutzen, die - sagen wir -senkrecht auf der Zeichenebene steht und durch einen Kreismittelpunkt geht. Dabei braucht diese Gerade aber nicht gezeichnet zu sein! Die Koordinateneingabe macht's möglich.
Bild 2: Der Taschenrechner steht bei jeder numerischen Eingabe zur Verfügung.
DynaCADD trennt zwischen 3D- und 2D-Zeichnungen. Bei der Bedienung im 2D-Modus wird ganz 'normal' gezeichnet. Dieser unterscheidet sich im Befehlsumfang kaum vom 3D-Modus, nur liegt die Zeichnung eben in nur einer Ebene. In dieser Gangart ist DynaCADD durchaus als Konkurrenz zu den vier in der Juni-Ausgabe getesteten Programmen (Techno-CAD, CADproject, CADja und Becker-CAD) zu sehen. Wenn in der neuesten Version auch Schraffuren enthalten sind, dann ist es vom Befehlsumfang her sogar Spitzenreiter.
Vielfältig sind die Funktionen zum Selektieren einzelner Objekte, zum Zeichnen, zum Verändern... Die Aufzahlung wäre endlos, wollte sie vollständig sein. Insgesamt sollen es über 300 Icons sein, die am linken Bildschirmrand erscheinen. Dabei hangelt man sich in bis zu vier Schritten abwärts: Zum Zeichnen einer Linie wählt man zunächst Einfügen', dann aus dem zweiten Menü ‘Linie', dann 'Horizontale', woraufhin die erwähnte Auswahl zur Angabe des Start- und Endpunktes erscheint. Alle Befehle werden mit der Maus eingegeben, die Formulierung als regelrechten Befehl und dessen Eingabe über die Tastatur ist aber genauso möglich. Mit der Zeit bekommt man darin auch Übung, denn bei der Mauseingabe wird stets der entsprechende Befehl in Textform im Arbeitsfenster gezeigt. Wie gesagt ist die Befehlsvielfalt enorm. Allein die unterschiedlichen Bemaßungsfunktionen sowie deren Parametrisierungsmöglichkeiten (siehe Bild 3) sind eine Pracht und zeugen von Fleiß auf Programmiererseite.
Besonders ragen auch die Spline bzw. Bézierfunktionen aus dem Standard der ST-CAD-Software heraus. Nachdem diese Kurven gezeichnet wurden, ist eine Änderung durch Verschieben der Stützpunkte immer noch möglich. Nicht so gut gefällt hingegen das Prinzip von Dyna-CADD, immer erst das fertige Ergebnis am Monitor zu zeigen. Ist man von anderen Programmen her gewohnt, daß beim Verschieben von Objekten diese ‘an der Maus hängen', so wird man von Dyna-CADD enttäuscht. Hier werden ganz klassisch Start- und Zielpunkt plaziert und dann regeneriert das Programm die Zeichnung.
Kommen wir nun zum Thema des Tages: Dem 3D-Modus von DynaCADD. Wenn man genau überlegt, müßte man sich eigentlich fragen: 'Wie geht das überhaupt? Wie kann ich in gewohnter ST-Manier, nämlich mit der Maus, eine räumliche Zeichnung erstellen, wenn der Monitor doch flach ist?'
Die Frage ist durchaus berechtigt. Es ist auf den ersten Blick tatsächlich schlecht möglich. Der Raum (Vorsicht, es wird jetzt leicht mathematisch!) wird i.allg. durch ein karthesiches Koordinatensystem mit X-,Y- und Z-Achse beschrieben. Diese drei Achsen stehen jeweils senkrecht aufeinander. Wenn dieser Raum auf eine Ebene wie den Monitor projiziert wird, geschieht das am günstigsten so, daß eine Achse senkrecht zu ihm steht. Schauen Sie sich die Bild 4 an, in der die Beispiel-Cassette in vier Ansichten zu sehen ist. Oben links ist die Draufsicht. Hier liegt die X/Y-Ebene parallel zum Monitor, die Z-Achse ist unsichtbar. Wird beispielsweise in dieser Ansicht gezeichnet, so fehlt die Information, welche Z-Koordinate die eingegebenen Punkte haben.
Ein Kreis wird eindeutig beschrieben, wenn man die Endpunkte seines Durchmessers bestimmt. Das gilt jedoch nur für die Ebene. Im Raum fehlt noch ein dritter Punkt, der irgendwo auf dem Umfang liegt. Erst durch diesen ist einer der unendlich vielen Kreise eindeutig beschrieben, die durch die beiden ersten Punkte gehen. Konsequenterweise dürfte also das Icon für ‘Kreis mittels Durchmesser definieren' im 3D-Modus nicht anwählbar sein. Es sei denn, man legt (ziemlich willkürlich) alle Zeichenbefehle in die X/Y-Ebene, wie es DynaCADD auch tut.
Auf diese Weise zieht sich das Programm also aus dem Schlamassel der fehlenden dritten Dimension. Doch was tun, wenn ich auf Ebenen arbeiten will, die nicht senkrecht zum vorgefertigten Koordinatensystem stehen? Nun, als Ausweg kann sich der Benutzer Koordinatensysteme selbst definieren. Die wichtigsten sind schon fest eingebaut, weitere neun sind frei wählbar. Die Systeme werden wie eine ganz normale Ebene definiert. Die Angabe von drei Punkten oder eines Normalenvektors ist möglich. Ein solches Koordinatensystem muß nur noch aktiviert werden und schon beziehen sich alle Koordinateneingaben auf dieses System. Konsequenterweise bedeutet also im 3D Modus ‘horizontal' nicht ‘horizontal auf dem Monitor', sondern lediglich parallel zur X-Achse', und zwar zur jeweils gültigen.
Mit Hilfe der ‘Geometrie Coordinate Planes', so heißen diese Koordinatensysteme, ist es demnach möglich, mit DynaCADD im Raum so zu arbeiten, wie man es aus dem 2D-Teil gewohnt ist. Doch hier sei das Handbuch zitiert: ‘GCPs sind ein mächtiges Werkzeug, doch erfordern sie Geduld und Zurückhaltung'. Das kann nur betont werden. Ist CAD-Software im allgemeinen recht konzentrationsbedürftig, so tritt diese Forderung beim räumlichen Konstruieren erst recht auf. Besonders das permanente Sich-Räumlich-Denken der Zeichnungsteile fällt vielen Menschen schwer. Da die Modelle reine Drahtgittermodelle sind, ist auch keinerlei Anhaltspunkt gegeben, wo vorn und wo hinten bei einer Ansicht ist. Trotz alledem ist der Umgang mit dreidimensionalen Zeichnungen leicht zu erlernen, und das Prinzip der GCPs ist dabei eine große Hilfe.
Bild 5 zeigt das 3D-Modell 'Cassette' mit einem Koordinatensystem, das sinnvollerweise parallel zu den Körperkanten plaziert wurde. Die Ansicht ist so gewählt, daß keine Achse senkrecht zur Projektionsebene, also dem Monitor, steht. In dieser Ansicht ist per Mausklick natürlich extrem schlecht zu zeichnen. Aber trotzdem erlaubt DynaCADD sinnvolles Arbeiten damit. Da die meisten Elemente der Zeichnung Bezug zueinander haben, kann durch Einrasten auf End oder Mittelpunkten gut gearbeitet werden.
Trotzdem kann folgende Situation eintreten: Man will die Verbindungslinie zwischen den Mittelpunkten zweier Kreise zeichnen. Der erste ließ sich noch problemlos nach Anwahl des 'Fange Mittelpunkt'-Icons selektieren, doch jetzt geht nichts mehr, weil man den zweiten Kreis in dieser Ansicht nicht eindeutig selektieren kann. Hier hilft nur. den Kreis meiner anderen Ansicht zu selektieren. Also: Zoom auf die gesamte Zeichnung (wie in Bild 4), dann den Zoom für den richtigen Ausschnitt gewählt und jetzt den zweiten Kreis selektiert. Das alles geht, ohne die Funktion ‘Linie' zu verlassen! Der Blick auf die Zeichnung kann - auch im 2D-Teil - jederzeit verändert werden, ohne die laufende Funktion zu beeinflussen. Dieses Feature ist bisher unter den CAD-Programmen auf dem ST einzigartig und verdient ein dickes Lob.
Ansonsten verbergen sich hinter vielen Befehlen wahre Kostbarkeiten wie z.B. das Revolving. Mit diesem Befehl werden Zeichnungsteile um einen Vektor im Raum rotierend vervielfältigt. Selbstverständlich sind Anzahl der Kopien und Winkel der Rotation einzustellen (es gibt bei DynaCADD nur sehr wenige Befehle, an denen nichts parametrisiert werden kann). Mittels Revolving waren die Zähne der Bandrollen in der Cassette kein Problem. Entsprechend gibt es das 'Sweeping'. Dabei werden die selektierten Objekte nicht an einem Vektor, sondern entlang eines Pfades (das kann auch ein Spline sein) kopiert. So sind gekrümmte Gitter schnell konstruiert. Diese Befehle sind wie bereits erwähnt nur ein Ausschnitt aus dem gesamten Repertoire von DynaCADD. Sie zeugen, wie auch das Erscheinungsbild der Arbeitsfläche usf. von Liebe zum Detail und Perfektionismus.
Es sind all die Kleinigkeiten, die das Arbeiten vereinfachen: Beim mehrfachen Druck auf das Icon ‘letzter Ausschnitt' werden nacheinander alle Zoomfenster wieder gezeigt, die man sich Sitzungsbeginn gewählt hatte (und nicht nur das letzte). Per ‘Undo' lassen sich zumindest die Änderungen seit dem letzten Hauptbefehl zurücknehmen. Doch wenn die zuletzt gezeichneten Elemente wieder gelöscht oder anderweitig bearbeitet werden sollen, dann gibt's eine edle Hilfe: Das Selektions-Menü erlaubt per Mausklick nacheinander die Anwahl der Zeichnungsteile in umgekehrter Erstellungsfolge.
Trotz allem bleiben auch bei DynaCADD Wermutstropfen: Die Trimmfunktionen erfüllten ihre Aufgabe im 3D-Modus nur teilweise und warfen mit unsinnigen Fehlermeldungen um sich. Im Handbuch wurden sie erst gar nicht erwähnt. Absolut unsinnig ist die Logik des Programms, beim Trimmen immer den kürzeren Teil der Linie zu löschen. Andere CAD-Software löscht dabei die zuerst angeklickte Seite.
Viel garstiger jedoch erwies sich die Unwilligkeit von DynaCADD, die Arbeit überhaupt anzutreten. Das Laden der Zeichnungen wurde häufig mit drei Bomben quittiert. Nach einem Reset und erneutem Start ging's dann meist. Weis der Programmierer allein, woran das liegt.
Eine Plotterausgabe der Cassette hätte ich Ihnen zu gern präsentiert, jedoch erwies sich die Dialogbox, die nach Anwahl des 'Plotter'-Icons erschien, als Sackgasse im Computersinne. Sie hatte nämlich keinen Ausgang und so wurde auch nicht geplottet, sondern der Griff zum Reset-Taster war mal wieder unumgänglich.
Eine Druckausgabe auf NEC-kompatiblen 24-Nadeldruckern. die 360 dpi-Auflösung auch in der Vertikalen besitzen, ist ebenso wenig möglich, wie das Handbuch den Aufbau der Druckertreiber erklärt. Es ist im PC-Bereich wohl üblich, ungeheure Mengen von Drucker- und Plottertreibern mitzuliefern (Wodurch unterscheiden die sich eigentlich außer im Namen?), doch ein paar Worte über den Aufbau hätten niemandem geschadet.
Überhaupt ist zwar auch das Handbuch mit Detailfreude gestaltet, doch für ein Softwarepaket dieses Preises dürfte es ein wenig ausführlicher sein und dem Anfänger mehr unter die Arme greifen. Vor allem ein umfangreicheres Tutorial konnte die Schulungen ersetzen, die der deutsche Distributor, die Firma DMC, nämlich noch nicht anbietet. Aber warten wir die nächste Version von DynaCADD ab, die bald den Kunden erreichen wird.
... ist DynaCADD gedacht. Der Preis dürfte jeden Studenten nachhaltig schrecken. Und für die täglich mit CAD arbeitenden Zeitgenossen wie Ingenieure, Architekten usw. ist Zeit Geld. Sie brauchen Features wie den Datentausch von und nach anderen Programmen, den DynaCADD via DXF-Dateiformat erlaubt. Da allerdings DXF nur zweidimensionale Zeichnungen verwalten kann, ist der Transfer räumlicher Werke eingeschränkt. Beim Testexemplar kam hinzu, daß die DXF-Import-Funktion ihren Dienst mit einem schlichten Programmabbruch und anschließendem Total-Stillstand des Rechners quittierte.
Geplant ist auch die Implementation des Programms auf verschiedenen anderen Rechnern, auf jeden Fall auf dem Apple Macintosh und unter UNIX. Um eine Aufwärtskompatibilität zu diesen Systemen (vielleicht auch nur zum ATARI TT...) zu ermöglichen, wurde der Software ein Dateiformat spendiert, das die Zeichnung in Textform beschreibt. In diesen *.DEF-Files sind alle Informationen über die Zeichnung enthalten. Wer Daten von außen in DynaCADD einbinden will (z.B. Meßergebnisse zur Darstellung als Kurven), der wird sich mit dem Datei-Format auseinandersetzen müssen.
Es ist zwar simpel, jedoch umfangreicher als z.B. die ASCII-Schnittstellen von CADproject oder TechnoCAD. Haben Sie einen PostScript-Laserdrucker, oder gar einen Satzbelichter daheim ? Wenn ja, dann werden Sie die Ausgabeform PostScript' benutzen.
Sehr gut hat mir das Dateiprinzip von DynaCADD gefallen: Wie bei einem Projekt aktiviert man zunächst ein ‘Teil' und danach eine der zugehörigen ‘Zeichnungen'. die in einem Ordner, der den Namen des Teils trägt, abgelegt sind. So sorgt das Programm selbstständig für Ordnung auf der Platte. Hier fehlt eigentlich nur die - für die Datensicherheit unerläßliche automatische Speicherung in bestimmten Zeitabständen. Positiv ist auch, daß mit einer Zeichnung alle ihre Parameter inklusive Ausschnitt und Zoomfaktor gespeichert werden. Man kann nach dem Laden direkt dort Weiterarbeiten. wo man das Werk verlassen hatte.
... betrachtet wirkt DynaCADD wie ein behäbiger Riese. Mit seiner Programmlänge von über 500 kB, hohen Lade- und Redrawzeiten (Das Laden der Beispielzeichnung dauert immerhin 72 Sekunden, davon der Zeichnungsaufbau 25 Sekunden) scheint es kein Geschwindigkeitsweltmeister zu sein. Doch ist die Zeichnung erst einmal im Speicher, erweist sich das als falsch. Die Bearbeitungszeiten sind normal, vor allem im 2D-Teil. Daß der Redraw einer dreidimensionalen Zeichnung länger dauert, ist logisch und muß in Kauf genommen werden. Doch gibt es Funktionen wie Layer, Maskierungen oder simples Verstecken, um den Zeichnungsaufbau zu beschleunigen und die Übersichtlichkeit zu erhöhen.
In der Testversion fehlte die Schraffurfunktion noch, das Handbuch und die Hilfefunktion waren noch englisch. Das ist mittlerweile geändert. Bei DMC möchte man mit DynaCADD eine professionelle CAD-Software anbieten und sich auf den entsprechenden Markt einstellen. Dazu gehören natürlich Hotline, Schulungen etc. Man sei in diesem Bereich noch im Aufbau, war aus Walluf zu erfahren, daher habe man z.B. die bisherigen Versionen von DynaCADD auch nicht beworben. Das soll ab der jetzt bereits erhältlichen Version 1.64 anders werden.
DynaCADD hat das Zeug dazu, zu einem attraktiven Angebot im Low-Cost-CAD-Bereich zu werden. Vergleicht man die Leistung mit der entsprechender PC-Systeme und betrachtet dazu noch die erheblich preiswertere ATARI Hardware, hat DynaCADD gute Chancen. Das Programm wendet sich damit vor allem an Anwender die ihre Probleme mit dem Werkzeug CAD lösen wollen, der ATARI ist dabei eher sekundär und eigentlich nur Mittel zum Zweck (ähnliches gilt für den Kundenkreis von TechnoCAD). Es fehlen für den Profi-Einsatz aber noch Dinge wie automatische Stücklistenerstellung, die Verfügbarkeit von Symbolbibliotheken und solange der ST noch keine hohe Auflösung in Farbe beherrscht - die Sichtbarmachung der Linienstärken am Monitor.
Es sind Details, die den professionellen Einsatz erleichtern: Das bereits erwähnte Konzept der Dateiordnung zählt dazu. Die Arbeit laßt sich jederzeit unterbrechen und ein anderes Programm kann gestartet werden. So fungiert DynaCADD als Shell, von der aus man z.B. Zugriff auf einen Texteditor oder eine Datenbank hat.
...bleibt eigentlich nur die Frage, wer den 3D-Teil, der mit Sicherheit am Umfang des Programms nicht ganz unschuldig ist, eigentlich braucht. Ich will ganz ehrlich sein: So recht fällt mir keine Anwendung an, für die das Erstellen von Drahtgittermodellen ausreichen wurde und für die die Rechengeschwindigkeit, die der ST bietet, genügt. Böse Zungen behaupten ja, 3D Programme brauchten z.B. Architekten nur, um die Phantasielosigkeit ihrer Kundschaft auszugleichen. Doch gerade diese Anwendergruppe braucht Volumenberechnungen. Leider reichen die Fähigkeiten von DynaCADD nicht soweit.
Mit Sicherheit laßt sich in anderen Bereichen mit Hilfe von 3D-CAD-Programmen die Montierbarkeit kompletter Baugruppen bereits im Stadium der Planung gut überprüfen. Besonders im Hinblick auf Roboter-Handling und NC-Programmierung kann das wichtig sein. Doch seien an dieser Stelle wiederum Zweifel angemeldet, ob das Werkzeug Dyna-CADD dazu wirklich ausreicht. Es macht sicher Spaß, räumlich zu konstruieren, aber erwarten Sie nicht von einem 8 MHz 68000er. daß er Ihnen Ihre frisch entworfene Gartenlaube in Echtzeit durch den Raum trudeln laßt, wie das so manch reißerische Werbung anderer Systeme gern verspräche.
Aber allein der 2D-Teil ist es wert, näher betrachtet zu werden. Ob er 2250.- DM wert ist, das muß der Kunde entscheiden. Man wird aber - wenn DMC seine Ankündigungen hält - DynaCADD neben TechnoCAD bald in der Reihe professioneller CAD-Lösungen auf dem ST nennen müssen.
IH
+ umfangreiche Funktionen
+ durchdachtes Konzept
- nicht absturzsicher
- hoher Preis
Bezugsadresse:
DMC
Schöne Aussicht 41
6229 Walluff
Preis DM 2245.-