Neue Version 2.15 von Prospero Fortran und Pascal

Schritt zurück zum Fortschritt


Seit vielen Jahren gibt es nun schon die Programmiersysteme von Prospero für den Atari ST, neben Pascal und Fortran neuerdings auch C. Nach dem großen Sprung von den recht unkomfortabel zu bedienenden Versionen 1.x zu den GEM-eingebundenen Anfang 1988 vergröberte sich die Schar der Anwender erheblich. Mit diesen kamen jedoch auch immer neue Verbesserungsvorschläge.

Seit kurzem nun liefert Prospero die Version 2.15 von Pro Fortran bzw. von Pro Pascal for GEM aus, in der auf einige dieser Vorschläge eingegangen wurde. Nachdem zu beiden Systemen bereits ausführliche Testberichte erschienen sind (ST Computer 2/88 und 4/88), soll hier außer einigen ergänzenden Bemerkungen nur auf die seither eingebrachten Neuerungen eingegangen werden. Vorweggenommen sei. daß der angekündigte Ein-Pass-Compiler wie auch die Spracherweiterungen (etwa DOUBLE COM-PLEX oder DO-WHILE-Schleifen in Fortran) leider noch nicht verwirklicht wurden.

Die auffälligste Veränderung besteht darin, daß Compiler und Linker nun wieder in der Kommandozeilenversion mitgeliefert werden. Dieser Schritt zurück geschieht wohl vor allem auf die Klagen der vielen Tempus-verwöhnten ATAR1-Besitzer hin, die schon lange darunter gelitten haben, daß die Benutzeroberfläche von Prospero (“Werkbank”) die Verwendung eines eigenen Editors nicht zuläßt. Die Werkbank gibt es natürlich weiterhin, mit einei geeigneten Shell (wie etwa der GULAM-Shell aus dem PD-Bereich) ist es aber jetzt auch möglich, einen schnellen Editor mil den Programmiersystemen von Prospero zu kombinieren.

Wohlgemerkt: Eine solche Shell ist nicht im Lieferumfang enthalten. “Prosperianer” derersten Stunde können jedoch ihre alte wieder hervorholen, die schon vor Jahren die ersten Prospero-Compiler gesteuert hat, und diese fast unverändert wieder einsetzen, da seitdem nur wenige Parameter hinzugekommen sind.

Die genaue Syntax wird ebenso wie die Unterschiede zu alten Versionen in einer READ.ME-Dalei auf Diskette kurz erläutert.

Die meisten Anwender werden vermutlich weiterhin mit der mitgelieferten Werkbank arbeiten, die trotz aller Mängel einen recht hohen Komfort bietet. Einer der wesentlichen Fehler ist mittlerweile beseitigt: Durch das Konzept des integrierten Editors wurde das Abspeichern des gerade bearbeiteten Quelltextes auf Diskette/Platte nur bei der Beendigung der Arbeit automatisch durchgeführt - in den Stunden der Entwicklungszeit zuvor mußte der Programmierer schon selbst daran denken, sonst machten Systemabstürze und wackelige Netzstecker Hunderte mühsam eingetippter Programmzeilen zunichte. Jetzt gibt es endlich eine Option, die NACH jedem erfolgreichen Compilerlauf für ein automatisches Speichern sorgt; dabei achtet die Werkbank sogar darauf, daß der Quelltext eine frühere Systemzeit erhält als die Binärdatei, um zukünftige Make-Utilities zu unterstützen.

Bemerkt der Compiler einen Syntaxfehler, kann wie gewohnt abgebrochen werden; hier funktioniert das Anspringen der fehlerhaften Stelle im Text nun ziemlich zuverlässig. Mittlerweile arbeitet die Werkbank auch in der niedrigen Auflösung, hierfür ist eine eigene Menüzeile vorgesehen. Die Cursorposition (Zeile, Spalte) wird jetzt ständig am oberen Fensterrand angegeben. Schwierigkeiten gibt es immer noch mit dem deutschen Tastaturlayout; eine Syntaxprüfung wird hierzulande nicht über Alt-Y, sondern über Alt-Z ausgelöst. Ein bisher undokumentiertes neues Feature: Der Menüpunkt “Compile and Link” läßt sich nun alternativ über die Tastenkombination Alt-J anwählen.

Aus der neuen Werkbank heraus können Blockbereiche und ganze Dateien ausgedruckt werden, allerdings ohne jeglichen Komfort - weder ein Formatieren von Quelltexten noch eine Druckeranpassung sind vorgesehen.

Ein wenig schneller ist das System auch geworden, besonders die Ladezeiten von Texten und Programmen und das Scrollen im Text haben sich beschleunigt. Insbesondere der Linker profitiert vom schnelleren Einlesen der Bibliotheken, nur - o Schreck - ausgerechnet der Compiler ist sogar noch etwas langsamer als zuvor! Hier wird sich wohl erst in den zukünftigen Ein-Pass-Versionen etwas ändern.

Geändert hat sich leider nichts an den Laufzeitfehlermeldungen: Angaben über die Nummer der Zeile, in der der Fehler aufgetreten ist, beziehen sich immer auf die Gesamtzeilenzahl, Include-Dateien werden mitgerechnet. Um hiermit Fehler aufstöbern zu können, muß somit etwa bei einem GEM-Programm die Länge von GEMCONST.PAS, AESCOMM.PAS, und wie sie alle heißen, bekannt sein und abgezogen werden.

Die Standardbibliotheken wurden leicht modifiziert, um sie zum neuen C-Compi-ler kompatibel zu machen. Die Prospero-Systeme unterstützen ja mehrsprachiges Programmieren, was den Vorteil hat, etwa den Großteil eines Programms in Pascal schreiben zu können, Berechnungen im Komplexen in Fortran auszuführen und zeitkritische Teile C zu überlassen. Hierzu mußten auch der Linker und die Bibliotheksverwaltung abgeändert werden, was sich für den Normalanwen-der jedoch nicht merklich auswirkt -Groß- und Kleinschreibung in externen Symbolen sind jetzt äquivalent, der Linker unterstützt “load-time relocation”. Allerdings muß ein bestehendes Programm für die Bearbeitung mit dem ebenfalls modifizierten Debugger neu gelinkt werden.

Eine Anpassung an das neue TOS 1.4 ist nicht erfolgt, in der GEM-Bibliothek fehlen weiterhin die AES-Funktionen Fsel_ExInput und Wind_New. Hier ist CCD mit seiner aktuellen Pascal-Version 2.06 schon einen Schritt weiter, ebenso wie bei der Unterstützung der Prozessoren 68010 und 68020. Während dort über eine einfache Compileroption entsprechender Code generiert wird, kann der 68020 bei Prospero nur zusammen mit einem Floating-Point-Koprozessor und einer Zusatzbibliothek für etwa DM 180.- programmiert werden. Immerhin gibt es keine Schwierigkeiten mit TOS 1.4, selbst der Source Level-Debugger arbeitet weiterhin problemlos.

Zusammenfassend ist zu sagen, daß sich ein Update (Kostenpunkt ca. DM 30.-) zurZeit vorwiegend für diejenigen lohnt, die ihre Prospero-Compiler mit einem anderen Editor einsetzen wollen. Hierzu ist jedoch zunächst die Anpassung einer geeigneten Shell notwendig, da eine solche ebensowenig wie ein Make-Utility oder ein Resource Construction Set mitgeliefert wird. Es ist aber immerhin eine Utility-Diskette mit all diesen Dingen inklusive Quelldateien der GEM-Bibliotheken angekündigt, laut Kundeninfo für den “more serious programmer” gedacht. Bleibt zu hoffen, daß die Wartezeit auf den nächsten großen Schritt, zum schnellen Fortran-Ein-Pass-Compiler. nicht zu lange dauern wird.

Bezugsadresse: EDV -Beratung Friedrich Pliin necke Hinterm Dorfe 21 3325 Lengede

Pro Pascal for GEM V2.11 V 2.15
Laden 30 k < 14s 8s
Speichern 30 k 8s 8s
Blättern (Seiten) 30 k 31 s 30 s
Scrollen (Zeilen) 30 k 70 s 58 s
Syntaxcheck 30+50 k 45 s 43 s
Compiler 30+50 k 107 s 115s
Linker 16+105 k 40 s 36 s
Größe der Binärdatei 15956 15956
Größe der Programmdatei 40960 40960

Alle Werte auf Festplatte und garantiert handgestoppt. Die Ausführungszeiten fertiger Programme sind identisch


Andreas Hill
Aus: ST-Computer 07 / 1989, Seite 72

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