Das Satzsystem TeX ist auf dem ATARI ST in zwei Implementierungen verfügbar. Da TeX prinzipiell als Public Domain-Source erhältlich ist, können die Anbieter lediglich ein Handbuch zur konkreten Implementierung und den Gerätetreibern liefern. Die eigentliche Anleitung zum Satzsystem muh extra gekauft werden.
In der letzten Zeit erschienen einige Bücher in deutscher Sprache; Sie konnten in ST-Computer 6/88 eine Rezension des “kompaktführer LaTeX” von Reinhard Wonneberger lesen. Hier nun ein Überblick über die weiteren Bücher zu TeX. Eine solche Aufstellung kann nicht komplett sein, ohne mit den beiden englischsprachigen Originalwerken zu TeX und LaTeX zu beginnen.
Donald E. Knuth
The TeXbook
11 Auflage, Reading/Mass. 1987
Addison-Wesley
483 Seiten ca. DM 74,-
ISBN 0-201-13448-9
Das TeXbook ist die originale Anleitung zum Satzsystem TeX. Es ist eine Art Reference-Manual für die Sprache TeX; vergleichbar mit Kemigham & Ritchie für “C", Clocksin/Mellish für “PROLOG” oder dem Jensen/Wirth für “Pascal”. Das TeXbook enthält die offizielle Sprachdefinition für TeX.
Als englischsprachiges Buch, das nie übersetzt wurde - und wahrscheinlich auch nicht übersetzt werden kann -, schließt es Anwender, die des Englischen nicht mächtig sind, aus. Es handelt sich um ein typisch amerikanisches Computerbuch mit Sprachspielereien und Insider-Gags, die in Deutsch schlichtweg nicht auszudrücken sind.
Wer allerdings per Informatikstudium und entsprechenden Englischkenntnissen mit dem TeXbook umgehen kann. Findet hier die ultimative Quelle zu TeX.
Leslie Lamport
LaTeX: A Document Preparation System
5. Auflage, Reading/Mass 1986
242 Seiten
ca. DM 58,-
ISBN 0-201-15790-X
LaTeX ist ein Makropaket für TeX, das den Benutzer von lästigen Aufgaben wie der Gestaltung von Kapitelüberschriften und Registererstellung befreit. Das LaTeX-Book ist ein Manual zum Umgang mit dem Makropaket, das rechnerunabhängig für alle TeX-Implementationen verfügbar ist.
Zwangsläufig kann Lamport nicht auf spezielle Anpassungen von LaTeX an das Deutsche eingehen. Dennoch wird der ernsthafte LaTeX-Anwender an Detail stellen ab und zu alleine gelassen. Eine wirkliche Anpassung von LaTeX z.B. an Vorgaben eines Verlags ist erst durch genaues Studium der Makrodateien möglich. Wer LaTeX benutzt, sollte bei seinem Vertrieb nach den dokumentierten .STY-Dateien fragen - sie lösen Fragen, die beim LaTeX-Book offenbleiben.
“LaTeX: A Document Preparation System” ist die Referenz für das LaTeX-Paket, mit dem sich alle Probleme bei der Erstellung (populär-Wissenschaftlicher Texte lösen lassen. Die Strukturierung des Pakets ist gelungen; die Beschreibung eingängig. Das Buch ist im Gegensatz zum TeXbook mit reinem Schulenglisch zu bewältigen.
Helmut Kopka
LaTeX - Eine Einführung
Bonn, 1988
Addison-Wesley-Verlag
310 Seiten
DM 58,-
ISBN 3-89319-136-4
Kopka hält sich bei der Darstellung des LaTeX-Pakets sehr eng an das Original von Lamport. Einige Abschnitte sind sogar als direkte Übersetzungen gekennzeichnet. Wie Lamport beginnt er mit Befehlen und dem Format des Eingabetextes, um über den Dokumenten- und Seitenstil zu den besonderen Auszeichnungen durch Schriftart, Aufzählungen, Listen und Tabellen zu kommen.
Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mit Formelsatz, Zeichnungen und selbstdefinierten Makros. “Miszellaneen” und die Fehlermeldungen beenden den Hauptteil des Buches. Die Anhänge beschreiben den Dokumentenstil “letter”. BibTeX und - sehr ausführlich - die Zeichensätze. Abschließend folgen noch Literaturangaben, ein Befehlsindex und einige Übersichtstabellen.
“LaTeX - Eine Einführung” kann durchaus das Originalbuch von Lamport ersetzen, an einigen Stellen ist es sogar besser. Die Beispiele, z.B. zu Tabellen, sind sehr ausführlich dargestellt und dürften wenig Fragen offenlassen. Eine Reihe von Übungsaufgaben fordern den Anfänger zur praktischen Arbeit auf; leider verschweigt Kopka die Lösungen.
Im Kapitel über die Zeichensätze zeigt Kopka die Struktur der Grundzeichensätze auf und druckt jede Schriftart komplett aus. Wer eine nicht in LaTeX voreingestellte Schrift benutzen will, findet hier sehr schnell das Passende. In einem kurzen, aber sehr interessanten Abschnitt werden noch die Pixelcodierung der Zeichen und das gepackte Zeichensatzformat erläutert.
Der Befehlsindex macht das Buch zu einem überaus praktischen Nachschlagewerk, das einfacher zu benutzen ist als der Referenzteil bei Lamport. Jeder Eintrag im Index enthält nämlich nicht nur einen Verweis auf Kapitel und Seitennummer, sondern zusätzlich eine kurze Befehlsbeschreibung mit bis zu fünf Zeilen. Dem etwas erfahrenen Benutzer ersparen die Kurzbeschreibungen jedes weitere Nachschlagen. Eventuelle Einschränkungen -z.B. Verwendung nur in Math-Mode -sind ebenfalls vermerkt.
Auch wenn ein Lösungsanhang zu den Übungen fehlt, ist “LaTeX - Eine Einführung” ein ideales Buch zur Arbeit mit LaTeX. Es kann das englischsprachige Original ersetzen und bietet für die tägliche Arbeit mit LaTeX eine hervorragende Unterstützung.
Norbert Schwarz
Einführung In TeX
2. Auflage Bonn, 1988
Addison-Wesley-Verlag
272 Seiten
DM 68,-
ISBN 3-925118-97-7
Schwarz setzt sich im Vorwort das Ziel, eine Einführung in TeX zu liefern, wobei er keinen Anspruch auf eine vollständige Darstellung des TeX-Systems erhebt und somit auch nicht das TeXbook ersetzen will. Dies begründet er richtigerweise damit, daß nur ein kleiner Teil der TeX-Befehle im Normalfall benötigt wird. Entstanden ist so eine brauchbare Einführung, die sich nicht in Details versteigt und dennoch alle Bereiche von TeX abdeckt.
Die Kapitel erläutern ausgehend von der Bedienung eines TeX-Systems die grundlegenden Parameter des Layouts wie Zeilen- und Absatzgestaltung, Seitennumerierungen, Fußnoten und die weiteren “herkömmlichen” Leistungen von Textverarbeitungen.
Über die verschiedenen Schriften einschließlich übersichtlicher Beispiele aller Zeichensätze kommt Schwarz dann zu einer umfangreichen Darstellung des mathematischen Formelsatzes. Es folgt eine Erläuterung des Tabellensatzes und schließlich eine kurze Einführung in die Makroprogrammierung.
Die folgenden Kapitel beschreiben die Grundlage aller TeX-Vorgänge, die boxes, spezielle Feinheiten des Formelsatzes, die häufigsten Fehlermeldungen und eine Einführung in die anspruchsvollen Output-Routinen. Ein weiteres Kapitel “Anwendungsbeispiele” führt drei kurze und leider nicht sehr ergiebige Makroanwendungen an.
Der erste Teil des Anhangs bringt auf 77 Seiten eine hervorragende Kurzreferenz der wichtigsten TeX-Kommandos, die ein ideales Nachschlagewerk darstellt. Neben einem Seitenverweis findet Schwarz oft sogar Platz für ein weiteres Kurzbeispiel. Die restlichen Anhänge bilden ein Register, Fonttabellen und ein Literaturverzeichnis.
“Einführung in TeX” wird dem eingangs gesetzten Anspruch gerecht. Der Einsteiger wird mit der großen Menge Beispiele und den übersichtlichen und sinnvoll eingesetzten grafischen Darstellungen schnell mit TeX arbeiten können. Der Referenzteil macht es zum täglichen Begleiter der Arbeit. Vielleicht wären eine kleine Ausweitung der Makroprogrammierung und bessere Anwendungsbeispiele sinnvoll.
Wolfgang Appelt
TeX für Fortgeschrittene
Programmiertechniken und Makropakete
Bonn, 1988
Addison-Wesley-Verlag
179 Seiten
DM 68,-
ISBN 3-89319-115-1
Appelt baut in seinem Buch auf das TeXbook auf und setzt dessen Lektüre voraus. Den Inhalt charakterisiert der Untertitel besser als der Haupttitel. “TeX für Fortgeschrittene” wendet sich an alle, die über die reine Anwendung von TeX hinaus eigene leistungsfähige Makros oder Makropakete schreiben wollen.
So stellt er entsprechende Makros z.B. für Listendarstellungen. Kapitelgliederung, Inhaltsverzeichnisse und Register vor. Sehr detailliert erläutert er die Programmierung und weist auf Problemfälle und deren Lösung hin. Man hat nach der Lektüre das Gefühl, nun ein eigenes LaTeX schreiben zu können.
In vielen Abschnitten widmet sich Appelt Problemen bei der TeX-Programmierung, deren Lösung im TeXbook nur verstreut und in “dangerous bends”-Hinweisen zu finden ist. Während Knuth teilweise Informationen versteckt, macht Appelt genau die Probleme zum Thema, auf die ein TeXhacker bei größeren Makroarbeiten stoßen wird.
Sprachlich wirkt der Text öfters etwas gestelzt. Mag sein, daß Appelt als Mitarbeiter der GMD - einer Bundesforschungseinrichtung - das Klischee des Wissenschaftlers erfüllt, der zwar fachlich korrekt, stilistisch aber hölzern formuliert. Das Layout des Buches - bei Titeln zu TeX immer ein Kriterium - ist nicht optimal. Der Seitenspiegel stimmt nicht, die Schrift ist etwas zu groß, und es macht typographisch keinen Sinn, die Kolumnentitel im Gegensatz zum Fließtext serifenlos zu setzen. Es bleibt der Eindruck, daß im Herstellungsprozeß vergessen wurde, eine auf 120% vergrößerte Vorlage entsprechend zu verkleinern.
“TeX für Fortgeschrittene” ist sicherlich nicht für den reinen TeX-Anwender gedacht. Wer die Programmiermöglichkeiten von TeX für eigene Makros und Formate nutzen will, findet hier eine Reihe wertvoller Informationen. Das Buch ist eine Ergänzung zum TeXbook für den, der der Faszination von TeX erlegen ist und sich in das Abenteuer der TeX-Programmierung stürzen will.
Jacques Desarmenien
TeX for Scientific Documentation (LNCS 236)
Berlin, 1986
Springer-Verlag
204 Seiten
DM 36,-
ISBN 3-540-16807-9
Der Band enthält die Texte der Referate, die auf der 2. Europäischen TeX-Konferenz 1986 in Straßburg gehalten wurden. Er ist als Titel 236 in den “Lecture Notes in Computer Science” erschienen - einer Reihe, die als LNCS jedem Informatikstudierenden bekannt sein sollte. Entsprechend ist das Niveau: Die Beiträge - alle in englischer Sprache - sind für einen reinen Hobby-Anwender ungeeignet, dem Informatiker geben sie jedoch einige interessante Anregungen.
Die Berichte der Teilnehmer lassen sich grob in drei Kategorien einteilen: interaktive TeX-Systeme, Makropakete und Dokumentenbeschreibung für Elektronisches Publizieren. Interaktive TeX-Systeme sind der Traum eines TeX-Benutzers; die vorgestellten Systeme arbeiten auf Workstations, zumeist unter UNIX. Die Implementierungen stützen sich auf Änderungen am TeX-Code oder geschicktes Ausnutzen von Pipes. Sie zeigen den Weg. der auch auf Mikros gangbar ist: Eine AMIGA-Implementierung soll schon etwas interaktiv arbeiten.
Die beschriebenen Makropakete beziehen sich zumeist auf spezielle Hardware-Konfigurationen. so z.B. graphische Satzelemente mit einem Post Script-Laserdrucker bzw. -belichten Einige Beitrage geben den Diskussionsstand zu einer mehrsprachigen TeX-Version (TX) wieder. Die Probleme hierbei sind hauptsächliche korrekte Akzentzeichen und die Trennmuster.
Schließlich gehen mehrere Teilnehmer ein auf die verschiedenen Standards zur Dokumentenbeschreibung und wie TeX mit ihnen arbeiten kann. Themen sind vorhandene andere Formatierer und der ISO-Standard SGML (Standard Generalized Mark up Language).
Als Konferenzband enthält das Buch natürlich keine Listings o.ä. Thematisch ausgeklammert sind z.B. der Farbsatz oder die Ansteuerung professioneller Satzanlagen vom DVI aus. Fast drei Jahre nach Erscheinen des Buches wird die Entwicklung natürlich weiter fortgeschritten sein: vielleicht erscheint in Zukunft ja ein ähnlicher, aktueller Band.
Fazit: Für den reinen Anwender im Niveau zu hoch, wer jedoch Zugang zu einer Informatik-Bibliothek an einer Universität hat. sollte ruhig einen Blick in einige Beiträge wagen.