Fette Scheibe: 2"-Laufwerk von Panasonic

Die Disketten-Technik ist noch längst nicht ausgelutscht. Wer bisher glaubte, 1.44 MB (wie bei den 3.5“-Laufwerken der PCs) sei bei Disketten eine magische Grenze, sieht sich spätestens seit der CeBIT widerlegt.

Neben dem allgemeinen Trend, immer kleinere und flachere Laufwerke zu bauen, erkennt man auch Anstrengungen verschiedener Hersteller, die Diskettenmaterialien immer mehr auszureizen.

Das neue 2"-Laufwerk von Panasonic

Zwei Zoll

Da mußte ich erst einmal schmunzeln: Panasonic stellte auf der CeBIT ein Lauf werk für 2"-Disketten vor. Dieses Liliputgerät ist wirklich ein Meisterwerk: Auf gerade 652092.5 mm haben die Panasonic-Ingenieure ein komplettes Laufwerk gebracht; das ist ungefähr so groß wie eine Pik-As-Spielkarte (für Schafkopfspieler wie unsereins: Der Grün-Ober tut's auch zum Vergleich) - nur, damit Sie eine Vorstellung davon haben. Die Disketten im 2“-Format kann man von der Größe her mit gerahmten Dias verwechseln; dabei haben sie alles, was man von der 3.5"-Diskette kennt: Schutzblende, feste Plastikhülle, Schreibschutzschieber (winzig!).

Seit Sommer 1988, so ein Vertreter von Panasonic, sei dieses Laufwerk bereits in Produktion. Diese Laufwerke seien für einen bestimmten Abnehmer hergestellt worden; erst jetzt beginne man genügend Kapazitäten für den Rest der Welt zu entwickeln. Bleibt die Frage, welcher geheimnisvolle OEM-Abnehmer in der Lage ist, die Produktion von Panasonic für ein halbes Jahr vollständig auszulasten. Man wird sehen.

Beim 2"-Laufwerk ist alles so, wie man es von normalen Diskettenlaufwerken kennt: 80 Spuren, 2 Köpfe, Datentransferrate von 250 KBit/s. Das heißt: Man kann ein herkömmliches 3.5“-Laufwerk problemlos durch eines der neuen Laufwerke ersetzen. Besonders reizvoll ist das für portable Rechner wie beispielsweise STacy oder PCfolio. Vor allem, weil das JU-202 (so heißt das erste Laufwerk dieser Reihe) wie viele andere neuere Laufwerke mit einer einzigen Betriebsspannung von 5V arbeitet.

Einziger Wermutstropfen: Tante JU-202 läuft nur mit einer Steprate von 6 ms; normal sind beim ST 3 ms. Um es am ST anzuschließen, wird man also eines der vielen Stepratenprogramme einsetzen müssen.

In einem Gespräch mit einem Panasonic-Vertreter stellte sich allerdings heraus, daß Panasonic bereits an einem Laufwerk mit kleinerer Steprate (3 ms) arbeitet. Und das beste: Bis Ende des Jahres soll die Technik so weit vervollkommnet werden, daß man auch auf den 2“-Disketten 1,44 MB unterbringen kann!

Der Preis der 2“-Laufwerke soll, laut Panasonic, etwa 20 bis 30 Prozent über dem vergleichbarer 3,5“-Laufwerke liegen.

Vertikales Gewerbe

Toshiba hatte auch etwas zu zeigen: Ein 3,5“-Laufwerk, das sowohl 720K- als 1,44-MB-Disketten lesen und schreiben kann. Das alleine wäre nicht besonders aufregend. Aber: Das Gerät kann auf speziellen Barium-Ferrit-beschichteten Disketten bis zu 2.88 MB unterbringen! Wie das? Vertikale Aufzeichnung heißt das Zauberwort. Den Unterschied zur herkömmlichen, horizontalen Aufzeichnung machen die Bilder 1 und 2 deutlich.

Bei der vertikalen Aufzeichnung entfallen die Abstoßungskräfte zwischen den einzelnen magnetisierten Stücken, da sie nicht mehr mit gleichnamigen Polen aufeinandertreffen können. Dadurch kann man die Abstände wesentlich kleiner machen: es passen auf einen Schlag mehr Bits auf eine Spur.

Die erhöhte Kapazität rührt also nicht von einer größeren Spurdichte her, sondern von der kompakteren Aufzeichnung innerhalb der Spur, die durch die senkrechte Magnetisierung möglich wird. Weiterer Vorteil: Mit der Kapazität erhöht sich auch die Transferrate; sie steigt beim 4MB-Format (formatiert: 2.88MB) auf 1 Megabit pro Sekunde. Zum Vergleich: ST-Floppies schaufeln ihre Daten mit einer Bitrate von 250 KBit/s hin und her. Die Zugriffszeiten allerdings bleiben im gewohnten Rahmen: 3 ms für den Wechsel zwischen zwei Spuren, 95 ms für die durchschnittliche Zugriffszeit.

Unter 500 DM soll das Laufwerk kosten: dazu gibt es einen SCSI-Controller, der ebenfalls unter 500 DM kostet. Der Anschluß an einen ST wird damit eher teuer:

Laufwerk: 500 DM
SCSI-Controller: 500 DM
Hostadapter für ACSI-Bus: 200-300 DM
Netzteil+Kleinteile: <100 DM

Trotzdem: Für jemanden, der vielleicht schon einen Hostadapter (etwa den der Firma ICD) sein eigen nennt, mag dieses Laufwerk interessant sein, zumal es auch mit den High-Density-Disketten der PCs umgehen kann.

Herkömmliches, horizontales Aufzeichnungsverfahren

Volle Lotte

Mindestens genauso interessant sind die neuen Diskettenlaufwerke der Firma Verbatim: “10plus” und “20plus” heißen die Geräte, und sie bieten, daher der Name. 10 bzw. 20 MB Speicherkapazität. Das Medium sieht so aus, als hätte jemand eine 3.5"-Diskette und einen 5.25"-Lappen ein paar Monate in einer dunklen Schublade alleine gelassen, um schließlich irgendwann nach dem Nachwuchs zu sehen: Man Findet Disketten im 5.25"-Format vor,die allerdings wie ihre kleineren Verwandten von einer Hartplastikhülle und einem Schutzschieber umgeben sind. Ein “Systembereich” und ein “Datenbereich” können getrennt schreibgeschützt werden.

Die Laufwerke passen in einen halbhohen 5.25"-Einschub eines PCs; nein, Sie brauchen das jetzt nicht an Ihrem MegaST zu suchen, ich wollte Ihnen nur eine begriffliche Vorstellung geben. Das Laufwerk wird durch einen integrierten SCSl-Controller gesteuert und ist ergo intelligent: So bietet es etwa automatische Fehlererkennung und Korrektur, markiert von selbst fehlerhafte Sektoren beim Formatieren, kann den Auswurf verriegeln und puffert ganze Spuren in einem eingebauten Cache-Speicher, um den Zugriff zu beschleunigen.

Harte Fakten wollen und sollen Sie jetzt haben: 78 Sektoren zu je 256 Bytes werden normalerweise auf eine Spur formatiert; bei 301 bzw. 506 Spuren (auf Vorder- und Rückseite!) ergibt das gut 11 bzw. 19 MB. Die durchschnittliche Zugriffszeit beträgt laut Verbatim 65 ms, erreicht also die Werte einer SH205-Platte. Das “10plus”-Laufwerk rotiert mit 600 Umdrehungen pro Minute, der größere Bruder ist etwas schneller: 720 UpM. Daraus errechnet sich eine Datenrate von

78256720/60 = 234 KB/s

Das ist fast 10mal höher als der entsprechende Wert bei normalen Diskettenlaufwerken, erreicht aber nur etwa die Hälfte der entsprechenden Datenrate bei MFM-Festplatten (z.B. SH205).

Man könnte das Medium mithin für die tägliche Arbeit verwenden, wird aber seine Nerven doch gerne mit einer schnellen Festplatte schonen wollen. Eine echte Anwendung sehe ich als fixes und universelles Backup-Medium.

“Und wie schließe ich das jetzt an? Am MIDI Port odda-wat?” Ganz einfach: Die Firma 3K hat sich schon um die Anpassung an den ATARI ST gekümmert; sie liefert einen Adapter für den ACSI-Bus (DMA-Port), der aus dem abgespeckten ACSI-Bus endlich einen vollwertigen SCSI-Bus macht. Ein SCSI-Controller (NCR5380) und die entsprechende Software machen’s möglich. Dabei ist das Ganze auch noch kompatibel zum ACSI-Protokoll, verträgt sich also mit normalen Platten oder dem Laserdrucker. An diesem SCSI-Controller kann man alle SCSI-Geräte direkt anstöpseln, darunter natürlich auch die Laufwerke von Verbatim.

Dazu bekommt man eine umfangreiche Software, die sich unter anderem um das knifflige Medienwechselproblem kümmert (Wechsel nur unter Kontrolle eines mitgelieferten Accessories) und auch eine Lösung für sehr ärgerliche GEM-DOS-Beschränkungen bietet: 16 MB pro Partition will uns ATARI immer noch diktieren; bei optischen Medien, die laut 3K bald für deren SCSI-Controller anschlußfertig bereitstehen werden, kommt man da sehr schnell ins Schleudern. Drum bietet 3K ein Konzept, wie man jeweils einen Ausschnitt aller Partitionen eines Mediums auf die vorhandenen 16 Partitionen des GEMDOS abbilden kann. Auch das geschieht unter Kontrolle des erwähnten Accessories. Ein sehr schnelles Kopierprogramm für Plattenpartitionen wird mitgeliefert (Prinzip ähnlich VARIOCOPY, siehe SCHEIBENKLEISTER), ebenso natürlich komfortable Formatier- und Partitioniersoftware.

Das 10-MB-Laufwerk kostet, anschlußfertig und mit allem Drum und Dran, bei 3K derzeit 2298 DM; das 20-MB-Lauf-werk dürfte bei knapp 3000 DM liegen (ohne Gewähr).

Über das SCSI-Bus-Konzept der Firma 3K wird noch zu berichten sein; ein Netzwerk auf SCSI-Basis will man aufbauen, an das so exotische Geräte wie Keyboards mit SCSI-Schnittstelle (gibt es von Roland und Ensoniq) anschließbar sind. Man bemüht sich dort auch, auf 10-MB-Disketten Daten zwischen MS-DOS, RTOS, ALADIN und TOS zu übertragen.

Perplex

So etwa war mein Zustand, als ich von meinem Rundgang auf der CeBIT zurückkehrte; im Bereich der Massenspeicher tun sich bisher ungeahnte Möglichkeiten auf. Die guten alten Floppies vom 720-KB-Typ haben fast schon ausgedient und werden bald eine Rolle einnehmen, wie sie früher einmal die Cassettenlaufwerke hatten. 1.44-MB-Laufwerke und andere werden nachrücken. Und dabei ist die Entwicklung auf dem Diskettensektor ja noch nicht alles: Auch die Hersteller von Platten, Wechselplatten und optischen Medien sind kräftig am Entwickeln. Prominentestes Beispiel: Die Wechselplatte von ATARI. Unter anderem darüber werde ich an anderer Stelle weihevolle Worte verlieren; einstweilen sind Sie hiermit entlassen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

CB

Vertikale Aufzeichnung


Aus: ST-Computer 05 / 1989, Seite 133

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