TmS ScanDesign - Eine Bildverarbeitungssoftware

Besitzer eines Scanners werden sicherlich schon öfter die Notwendigkeit verspürt haben, die digitalisierten Bilder weiterzubearbeiten, um die Bildqualität zu verbessern. Mit normalen Malprogrammen ist das natürlich fast unmöglich, da keines der üblichen in der Lage ist, die riesigen Bildformate, die ein mit 300 Dpi gescanntes Bild ergibt, zu bearbeiten. (Eine Ausnahme bildet hier MegaPaint II von Tommy Software, das extra für diesen Zweck geschrieben wurde.) Auch erfordert die Bearbeitung von Bildern oftmals Funktionen, die sich sehr stark von denen eines Malprogrammes unterscheiden.

Diese Lücke will TmS ScanDesign schließen. ScanDesign besitzt nur minimale Mal- dafür aber aufwendige Bearbeitungsfunktionen sowohl für normale Schwarzweiß-, Halbton-Bitmaps als auch für echte Grauwertbilder. Natürlich ist die Bearbeitung von Grauwertbildern im Moment noch nicht allzu interessant, da keiner der bisherigen Scanner für den ATARI ST in der Lage ist, echte Grauwertbilder zu erzeugen, aber das soll sich mit der diesjährigen CeBIT in Hannover ändern. Auch ist die Anzeige von Grauwertbildern auf dem Schwarzweißbildschirm des ST nicht ohne Umrechnung in eine Bitmap möglich. Eine gewisse Zukunftssicherheit bietet das Programm also; zumal es auch eine Funktion gibt, die das Umrechnen von Bitmaps in Grauwertbilder (die dann aber doch wieder als Bitmap angezeigt werden müssen) und zurück erlaubt.

Dateiformate & Diskettenfunktionen

ScanDesign unterstützt zahlreiche Bildformate: Es können GEM-Image-Dateien, STAD- und Screen-Formatbilder (von Doodle oder DEGAS zum Beispiel) und Simplex-Monochrom- bzw. Grautonbilder geladen und gespeichert werden, Unterstützung für das PC- und Macintosh-kompatible TIFF-Format ist in Vorbereitung. Die Ladefunktion erkennt das Bildformat selbständig, so daß man nicht erst überlegen muß, in welchem Format irgendein Bild abgespeichert wurde.

Praktisch ist, daß Bilder nicht nur auf Diskette oder Harddisk gespeichert, sondern auch direkt über die serielle Schnittstelle ausgegeben werden können. Damit ist die direkte Verbindung zum Layout-Rechner kein Problem mehr.

Die wichtigsten Diskettenfunktionen sind ebenfalls in ScanDesign integriert; man kann Disketten formatieren. Ordner anlegen und Dateien löschen und umbenennen.

Zusatzprogramme

Beim Laden des Programmes fragt ScanDesign, ob der gesamte Speicher des Rechners genutzt oder ein Rest von 10 oder 30 Prozent freigehalten werden soll. Wenn man ein wenig Platz übrigläßt, können ein Texteditor oder das Malprogramm ‘HJB Paint’ der Firma Marvin nachgeladen werden. Besonders letztere Funktion ist unter Umständen sehr nützlich, da ScanDesign, wie bereits erwähnt, nur elementare Malfunktionen enthält und somit nicht unbedingt zum Retuschieren von Bildern geeignet ist. Das Malprogramm enthält nach dem Aufruf automatisch die gerade in Bearbeitung befindliche Bitmap, Bilder müssen also nicht erst gespeichert und wieder geladen werden. Bei unserer Testversion funktionierten die entsprechenden Menüpunkte allerdings noch nicht.

Scanner-Unterstützung

In der ersten Version von ScanDesign werden drei verschiedene Scanner unterstützt - Panasonic, Hawk und Microtek. Da es für den Panasonic verschiedene Ansteuerungen gibt, ist hier auch noch die Auswahl zwischen der Marvin-, Wilhelm- und der Brock-Version vorgesehen. Für jeden der Scanner gibt es eine Auswahlbox, in der alle Parameter wie Kontrast, Bildhelligkeit, Ausschnittsgröße und -position, Auflösung, Graustufen usw. je nach Vermögen des jeweiligen Scanners eingestellt werden können.

Weitere Scanner sollen in Zukunft angepaßt werden: besonders gilt dies für preiswerte Scanner, die echte Grauwertbilder liefern können, wie sie auf der diesjährigen CeBIT erwartet werden.

Bildanzeige

Jedes gescannte oder eingelesene Bild wird in einem eigenen Fenster angezeigt. Am oberen Fensterrand gibt es eine Positionsanzeige, die Koordinaten im Bild wahlweise in Millimetern, Pixeln oder Inches anzeigt. Da die meisten gescannten Bilder erheblich größer sind als die Bildschirmfläche, kann der Bildauschnitt mit den Schiebebalken des Fensters verschoben werden. Maximal sechs Fenster können gleichzeitig geöffnet sein.

Um einen Überblick über das Aussehen des gesamten Bildes zu erhalten, gibt es eine Zoom-Funktion, die das Bild von 1/8tel der Originalgröße bis zu 8-facher Vergrößerung anzeigen kann. Auch ist die Anzeigehelligkeit für die Überblicksdarstellungen ohne Veränderung des Originalbildes einstellbar. Die Darstellung von Grauwertbildern erfolgt, da der ST keinen entsprechenden Bildschirm besitzt, mit Hilfe einer Bildrasterung. Dabei sind zwei Verfahren möglich: Dithering ist ein Verfahren, das Grauwerte mit Hilfe eines Schwellwertes in weiße oder schwarze Pixel verwandelt, den dabei aber zwangsläufig entstehenden Detailverlust durch eine raffinierte ‘Fehlerverteilung' teilweise wettmacht. Die Auflösung des Originalbildes bleibt dabei erhalten, jedoch ist die Bildqualität schlechter als in einem echten Grauwertbild.

Die zweite Möglichkeit ist das sogenannte Rastern: Damit wird der Wert eines Pixels aus mehreren Pixeln des Originalbildes zusammengesetzt. Das entstehende Rasterbild hat eine geringere Auflösung, da jetzt immer mehrere Pixel für die Darstellung eines Grauwertes benutzt werden. Die Größe des Raster ist einstellbar: Ein Raster mit einer Kantenlänge von zwei Pixeln erlaubt die Darstellung von 5 Grau werten, jedoch ist die Auflösung des Bildes auf ein Viertel reduziert: Ein 300 dpi-Bild hat nach der Rasterung nur noch 150 dpi. Ein großes Raster mit 16 Pixeln Kantenlänge erlaubt entsprechend 257 Grauwerte, allerdings muß man sich dann mit einer Auflösung von ca. 19 dpi zufriedengeben. ScanDesign stellt zwei verschiedene Rasterformen zur Verfügung, mit denen sich, zusammen mit geeigneter Wahl der Kantenlänge der Rastermatrix, viele Effekte erzielen lassen.

Tatsächlich liefern Scanner wie der Microtec 300C, der auch von ScanDesign unterstützt wird, keine echten Grauwertbilder, auch wenn sie im Prinzip Graustufen erkennen. Solche Scanner rastern das gelesene Bild bereits intern und liefern dem angeschlossenen Scan-Programm keine Vorlage mit Grauwerten für jedes Pixel, sondern die einer Pixel-Matrix, die dem Grauwert einer etwas größeren Fläche des Originalbildes entspricht. Sobald ein geeigneter Bildschirm zur Verfügung steht, wird es auch möglich sein, echte Grauwertbilder anzuzeigen. Entsprechende Monitore und Grafikkarten befinden sich für den ST angeblich bei verschiedenen Herstellern in der Entwicklung. Es ist im allgemeinen nötig, mit der Rasterung zu experimentieren, um ein möglichst gutes Rasterbild zu erhalten.

Ein Teil der Baumkrone wurde durch erneutes Scannen und Durchpausen aufgehellt
Invertiertes Bild
300-dpi-Bild aus dem Microtec-Scanner; mit 17-Graustufen-Raster
Mit Weichzeichner bearbeitet

Bildbearbeitung

Die Palette der Bearbeitungsfunktionen beginnt mit der einfachen Skalierung von Bildern. Sowohl Bitmaps als auch Grauwertbilder können hier nach Belieben vergrößert oder verkleinert werden. Wichtig ist, daß bei Verkleinerungen die Helligkeit des Bildes nachkorrigiert werden kann, da durch zusammenfallende Pixel verkleinerte Bilder sonst oft zu hell oder zu dunkel werden.

Grauwertvorlagen können zusätzlich auch noch mit einer Art Anti-Aliasing bearbeitet werden, so daß die bei Vergrößerungen unvermeidbar auftretenden Treppchen an schrägen Linien zum Teil entfernt werden. Ganze Bilder können kopiert, invertiert, in 90-Grad-Schritten gedreht oder horizontal bzw. vertikal gespiegelt werden, wie man es aus Malprogrammen kennt.

Wie oben bereits erwähnt, lassen sich Bitmaps in Grauwertbilder umwandeln. Dabei wird jeweils eine Matrix von Pixeln zu einem Grauwert zusammengefaßt. Die Kantenlänge der Matrix ist wählbar. Je größer die Kantenlänge der Matrix, desto kleiner wird das umgewandelte Bild. Um das Bild aber nun auf dem Schwarzweißbildschirm des ST anzeigen zu können, wird, wie weiter oben beschrieben, wieder eine umgekehrte Transformation (entweder Dithering oder Rasterung) zur Anzeige des Grauwertbildes angewandt.

Auch die umgekehrte Umwandlung ist möglich: Ein Grauwertbild kann mit Dithering oder Rasterung in eine Bitmap verwandelt werden. Dies ist im Grunde das gleiche wie die Transformation zur Anzeige des Bildes, doch während jene nicht das im Speicher befindliche Bild verändert, ist die Umwandlung permanent Die Grauwertinformation jedes Pixels wird gelöscht und durch eine Matrix von Pixeln, die den Grauwert am besten repräsentiert, ersetzt.

Diese Umwandlungen sind sehr speicherintensiv. Auf dem 4MB-Rechner des Verfassers war es aus Speichermangel nicht möglich, ein mit 300dpi gescanntes Bild in ein Grauwertbild umrechnen zu lassen. Ein 300 dpi-Bild braucht allerdings auch mehr als 1 MB Speicher.

Eine letzte Umwandlungsfunktion erlaubt es, einen exakt 640 * 400 Pixel großen Block aus einem Bild auszuschneiden, der dann als Screenformat für die Bearbeitung in STAD oder einem anderen Malprogramm gespeichert werden kann.

Grauwerttransformationen

Die vielleicht wichtigste Funktion für die Bearbeitung von Grauwertbildern ist die Transferfunktion. Hiermit kann man jeden Grauwert eines Bildes durch einen anderen ersetzen, im Extremfall läßt sich die entsprechende Umsetzungstabelle für jeden Grauwert per Hand eingeben. Weil dies aber im allgemeinen für eine Tabelle mit 256 Grauwerten etwas sehr mühsam wäre, ist es auch möglich, eine Kurve, die die Umsetzung steuert, grafisch mit Hilfe von Bézier-Kurven einzugeben. Außerdem sind diverse lineare und S-förmige Transformationsfunktionen vordefiniert, ebenso eine Schwellwertfunktion, die ein Grauwertbild de facto in ein Zweitonbild umwandelt. Damit man eine Kurve nicht jedesmal neu bestimmen muß, können die Umwandlungstabellen auf Diskette gespeichert werden.

Die Transformationen sind sowohl für Effekte als auch für Korrekturen im Bildkontrast nutzbar. Eine typische Anwendung wäre zum Beispiel die Aufhellung von Bildteilen, die sehr dunkel geraten sind, ohne dabei richtig 'belichtete' Teile zu verändern. Ein einfacher Effekt wäre die Erzeugung eines Negativs, indem dem dunkelsten Grauwert der hellste zugeordnet würde usw.

Effekte

Die Weichzeichnerfunktion tut genau das, was ihr Name sagt, nämlich scharfe Konturen in einem Bild verwischen. Der David-Hamilton-Effekt also.

‘Umrisse' sagt ebenfalls schon deutlich, was die Funktion tut, die diesen Namen trägt - sie bearbeitet ein Bild so. daß nur dessen Konturen übrigbleiben und große Farbflächen verschwinden.

Funktionen für Bildbereiche

Die bisherigen Funktionen verändern immer ein ganzes Bild. Häufig ist es aber vielmehr von Interesse, nur einen Bildausschnitt zu bearbeiten oder zu drucken.

Die Ausschneidefunktion ist sehr effizient. Man kann immer wählen, ob man mit einem ‘Lasso' oder einer rechteckigen Box ausschneiden will. Das ‘Lasso' ist eine Umgrenzungslinie, die aus maximal 1000 Linienstücken bestehen dart. Wenn man die Maus mit gedrückter linker Maustaste bewegt, werden sehr viele kleine Linien gesetzt, so daß man einen Bereich sehr exakt umfahren kann. Bewegt man die Maus, ohne die Taste gedrückt zu halten, sind lange gerade Stücke exakt positionierbar. Der Ausschneidemechanismus hat nur einen Nachteil, der jedoch kein Fehler des Programmes ist: Während des Ausschneidens wird das gesamte Bild in Grau dargestellt, was den Nachteil hat, daß man manchmal die Details, die man ausschneiden oder bearbeiten will, nicht mehr sehen kann. Der Grund für diese Arbeitsweise ist. daß man sonst auf vielen Rastermustern das ‘Lasso' nicht mehr erkennen könnte. Trotzdem, diesem Punkt sollte TmS noch mehr Beachtung schenken. Die Ausschneidefunktion ist nicht auf die Größe des sichtbaren Bildausschnittes beschränkt. Wenn man sich beim Markieren eines Blockes mit der Maus dem Fensterrand nähert, wird automatisch in die entsprechende Richtung gescrollt, so daß beliebig große Bildteile bearbeitet werden können.

Markierte Bildteile können in andere Bilder übertragen und dort mit allen möglichen logischen Verknüpfungen hineinkopiert werden. Selbstverständlich ist auch eine Verknüpfung mit sich selbst möglich, was interessante Effekte erlaubt. Besonders angenehm ist. daß man die 16 verschiedenen logischen Verknüpfungen ausprobieren kann, bevor man schließlich eine geeignete auswählt. Die Retuschiermöglichkeiten mit dieser Funktion sind wirklich sehr vielfältig. Schließlich kann noch die Helligkeit von Bildbereichen verändert werden.

ScanDesign als Malprogramm

Eine Edierfunktion ermöglicht es, mit einem Pinsel wählbarer Stärke in ein Bild hineinzumalen. Auch können markierte Flächen mit einem Füllmuster oder einem Grauwert gefüllt werden genau wie das Füllen von Bildkonturen (ohne explizites ‘Ausschneiden' des Bereiches) möglich ist. Texteingabe ist möglich, wobei GDOS-Fonts verwendet werden können, die eine brauchbare Qualität hervorbringen.

Damit sind die Malfunktionen von ScanDesign auch schon am Ende; wenn man mehr Nachbearbeitungskomfort wünscht, muß man schon ein für die Bildformate geeignetes Malprogramm sein eigen nennen.

Drucken

Es werden HP LaserJet-, ATARI-Laser- sowie NEC-Matrixdrucker unterstützt. Auch PostScript-Ausgabe ist möglich, was besonders in Kombination mit einem PostScript-fähigen Layout-Programm einige Möglichkeiten eröffnet. Die Druckausgabe erfolgt wahlweise über serielle oder parallele Schnittstelle oder auf Diskette. Auch die Position eines gedruckten Bildes auf dem Papier ist pixelgenau einstellbar. Ein Drucker-Spooler ist ebenso integriert wie eine Einstellmöglichkeit für RS-232-Parameter.

Die Scanner-Parameter für den Microtec 300C
Ein Rasterbild und ein Teil der Bearbeitungsfunktionen
Texteingabe
Die Transferfunktion

Komfort und Sicherheit...

ScanDesign ist ein bisher auf dem ST konkurrenzloses Produkt. Es ist allerdings auch nicht völlig fehlerfrei, wovon einige Abstürze während des Testes zeugten. Die Geschwindigkeit ist alles andere als atemberaubend, aber das kann man bei den teilweise doch sehr komplexen Funktionen auf einem ST auch nicht anders erwarten.

Die Bedienung ist im wesentlichen komfortabel, manchmal sind ein paar Knöpfe zuviel zu drücken, aber das fällt nicht ins Gewicht. Leider gibt es keine Undo-Möglichkeit für alle Funktionen, aber bei der Größe der zu bearbeitenden Bitmaps ist das leider aus Speicherplatzgründen nicht möglich. Etwas verwirrend ist die Tatsache, daß manche Funktionen vor der Ausführung eine Kopie des Bildes erzeugen, andere jedoch nicht; der Weichzeichner etwa wird direkt im Bild ausgeführt, während die Umrißfunktion erst eine Kopie erzeugt.

Die in ScanDesign vorhandenen Funktionen überzeugen vollauf, und das Konzept des nachladbaren Malprogrammes ist sehr vernünftig, denn es wird kein kostbarer Speicherplatz für Funktionen, die vielleicht selten gebraucht werden, verschwendet. Jedoch, wie gesagt, in unserem Testprogramm war die Funktion nicht verfügbar.

Für die Retuschen von Zweitonbildern (z.B. gescannte Faksimiledrücke, die vom ‘Dreck der Jahrhunderte' gereinigt werden müssen, bevor sie in einem Layout erscheinen können) ist ScanDesign ohne zusätzliches Malprogramm wegen der langsamen Malfunktionen weniger geeignet. Seine Stärke liegt aber in der Bearbeitung von gescannten Photos und ähnlichem Bildmaterial, für deren Bearbeitung es ganz einfach keine Alternative gibt. Besonders, wenn es erst einmal Quellen für echte Grauwertbilder gibt, wird ScanDesign zu einem unverzichtbaren Werkzeug.

Bezugsadresse:

TmS
Cranachweg 4
8400 Regensburg


Christian Schormann
Aus: ST-Computer 04 / 1989, Seite 52

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