Matrix-MatScreen/M110-Großbildschirm

Es war auf der ATARI-Messe in Düsseldorf. Vor den Messehallen plätscherte geruhsam der Rhein, das Wetter kündigte den Herbst an, obwohl die Sonne noch angenehm schien. Am Morgen, zu einer der Ruhe des Spätsommers angemessenen Zeit, ging ich dann hinein. Doch schon beim ersten Blick auf einen Stand erfaßte mich Unruhe. Dort stand ein in beigem Schlaglack lackierter Blechkasten mit einer schwarzglänzenden Glasfront, mit Formen, die für einen Computerbesitzer aus der Provinz das Paradies verheißen mußten.

So also begann meine erste Begegnung mit diesem obskuren Objekt der Begierde. Natürlich ging ich näher heran und tat alles um seine Aufmerksamkeit zu erringen. Schließlich erfuhr ich, daß es sich um den 19"-Großbildschirm aus der Matrix-Familie handelte, der die wahrhaft umwerfende Auflösung von 1280*960 Punkten besitzt und auch noch eine große Schwester mit 24" sein eigen nennt.

Nun, nach einem kurzen aber heftigen Flirt gelang es mir, den Bildschirm zu einer kurzen Wochenendreise auf mein Landgut einzuladen. Jetzt steht er vor mir auf meinem Schreibtisch, und wir sind sehr glücklich miteinander, auch wenn unsere Beziehung nicht immer problemlos ist.

Zuerst einmal mußten Kontakte geknüpft werden. Dies gestaltete sich glücklicherweise nicht schwierig, man benötigte allerdings einen Mega-ST, möglichst mit abgelaufener Garantie, denn das Gerät muß geöffnet werden, um die Matrix-Interface-Karte in den ST-intemen Erweiterungs-Slot zu stecken. Das war eigentlich schon alles. Allerdings ist in der Beschreibung des Matrix-Schirms eine unerfreuliche Möglichkeit erwähnt, die Störungen des Betriebes in Zusammenhang mit dem Laserdrucker ergibt. In diesem Fall muß nämlich im Controller des Laserdruckers ein wenig gelötet werden. Aber SLM804-Besitzern ist ja nicht neu, daß ihr Liebling häufig Ärger macht...

Zu dem Großbildschirm gehört eine Boot-Diskette, die ein verändertes TOS und ein Startup-Programm enthält. Das Startup-Programm erlaubt den Betrieb in mehreren Modi: Man kann zum einen den Ml 10 alleine betreiben, so daß der SM 124 auf dem Matrix emuliert wird. Das sieht ausgesprochen lustig aus, als ob der ganze Desktop unter einer Lupe läge. In diesem Modus läuft so ziemlich alles. Man kann den M110 auch alleine in seiner vollen Pracht verwenden. Dann laufen nur sauber programmierte Anwendungen. Es gibt auch eine große Gruppe von Programmen, die zwar laufen, aber den Bildschirm nicht ausnutzen können, weil der Programmierer, statt brav festzustellen, welche Auflösung die aktuelle VDI-Workstation besitzt, einfach mit festen Screen-Koordinaten gerechnet hat. Schließlich kann man auch den SM 124 alleine verwenden - alles wie gehabt. Der letzte Modus benutzt beide Bildschirme, den SM 124 wie gewohnt. Der Großbildschirm kann jetzt in einem entsprechend programmierten Programm als zweite Ausgabestation verwendet werden. Mir ist allerdings keine Software bekannt, die den Ml 10 in diesem Modus unterstützt.

Eine gute Idee ist der Maustreiber: Wenn die Mausgeschwindigkeit auf einem Großbildschirm konstant ist, wird es immer recht mühsam, zur Bildschirmmitte und zurück zu fahren. Deswegen bewegt sich die Maus auch überproportional schneller, wenn man heftige Mausbewegungen macht.

Ein Mangel ist die Anleitung: Sie verrät zum Beispiel nichts darüber, wie man den Matrix-Schirm im zuletzt genannten Modus programmiert. Ein paar erläuternde Worte darüber, was saubere Programmierung im Sinne der Matrix-Kompatibilität bedeutet, wären durchaus angebracht.

Es begab sich zu dieser Zeit, daß mir, ein ungeahnter Glücksfall in dieser Konstellation, ein Programm namens Calamus in die Hände fiel, das eines Testes harrte. Glücklicherweise erwies es sich als sehr offen gegenüber meinem Matrix-Schirm, so daß wir schöne Stunden vollbrachten. Einige Zeit mußte ich mit Calamus ohne den Matrix-Bildschirm zurechtkommen, die Entzugserscheinungen ließen mich schnell zu ihm zurückkehren.

Auch mein Turbo-C-Compiler erwies sich als freudiger Partner. Mehr als eine Druckseite Source-Code konnten wir gleichzeitig gemeinsam betrachten, eine Arbeitsweise, die das Programmieren zu einer wahren Lust machte. Die Freude wurde durch gelegentliche Abstürze ein wenig getrübt, aber die schöne Zeit überwog doch deutlich.

Ähnlich war es mit unser aller Freund, dem guten alten Wordplus. Leider gerietem ihm in der ungewohnten Umgebung die Seitennummern hoffnungslos durcheinander, auch ließ sein Gesundheitszustand es geraten erscheinen, wieder in die vertraute Umgebung zurückzukehren.

Leider müssen heutzutage noch viele andere Programme dieses Leiden teilen. So viele sind erzogen im Geiste des Sektierertums, der Abgrenzung und Intoleranz gegen das Ungewöhnliche. Doch diejenigen, die es gelernt haben, sich anzupassen, belohnen mit einem besonderen Genuß. DTP ist nicht mehr vorstellbar ohne den Großbildschirm. Bittere Tränen und schweres Leid mußte ich erdulden, als mein geliebter Matrix-Schirm wieder von mir scheiden mußte.

Der Matrix-Großbildschirm ist leider zu teuer, um ihn einfach der Freude wegen zu kaufen. Wer aber eine Anwendung (mit entsprechend angepaßter Software!) besitzt, die schon des Konzeptes wegen nach einem großen Monitor schreit (DTP, Grafik usw.). sollte sich unbedingt mit dem Gedanken vertraut machen, daß solche Arbeiten erst auf einem Großbildschirm wirklich komfortabel und professionell ausführbar ist. Durch den Slot-Einbau ist auch die Hardwarelösung robust und unauffällig. In Zukunft wird es sicherlich mehr Anwendungen geben, die den Bildschirm direkt unterstützen. Vielleicht kommt ja auch einmal eine Zeit, zu der auch 19"-Schirme in die Rubrik ‘Power without the price’ fallen.

CS

Bezugsadresse:

Matrix Datensystem GmbH Aichelhachstr. 2 7155 Oppenweiler


CS
Aus: ST-Computer 01 / 1989, Seite 100

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