AT-Tastatur am ST: Mit viel Rubbeln ist jetzt Schluß!

Die Vielschreiber unter den Lesern vermissen am ATARI-ST wohl am meisten eine ‘gescheite’ Tastatur. Seit der Einführung der MEGA-Serie hat sich zwar auch hier einiges gebessert, doch erstens gibt es noch Abertausende von Alt-ST-Besitzern, und zweitens ist mir persönlich der Tastenabstand auch bei den neuen ATARI-Tastaturen immer noch zu eng. Für dieses Problem haben sich verschiedene Firmen mehr oder weniger aufwendige Lösungen einfallen lassen. Da bauen welche eine komplett neue Tastatur und löten die Tasten einzeln ein. Andere sagen sich, es gibt doch eine Menge guter XT/AT-Tastaturen, kann man die vielleicht irgendwie an den ST anschließen? Man kann, und das auf mehrere Arten. Die Softwarelösungen haben den Vorteil, mit minimaler Hardware auszukommen, haben aber den Nachteil, daß sie mit einem anderen Betriebssystem als TOS im allgemeinen nicht zurechtkommen. Die Hardwarelösungen bieten zwar fast 100% Kompatibilität, kosten jedoch auch deutlich mehr. Im folgenden wird eine Hardwarelösung der Firma 3K beschrieben.

Das Produkt der Firma 3K nennt sich AT-A-ST und ist in zwei Formen lieferbar. Es besteht die Möglichkeit, den Tastaturadapter als steckfertiges Fertigprodukt zu kaufen oder aber - für Bastler besonders interessant - eine OEM-Einbauversion zu erwerben. Da mein 260ST schon vor längerer Zeit in ein PC-Gehäuse umgezogen ist, habe ich mich natürlich für die Einbauversion entschieden. Bei der Fertigversion sind keinerlei Lötarbeiten erforderlich, alles kann gesteckt werden. Der Tastaturprozessor muß herausgenommen und ein Beinchen weggebogen werden. Dann den Chip zusammen mit einem Zwischensockel wieder in die Fassung stecken. Das weggebogene Beinchen wird mittels einer Steckverbindung mit dem Zwischensockel verbunden. Dieser wiederum muß mit einem weiteren Kabel an den eigentlichen Adapter außerhalb des Rechners angeschlossen werden. An diesen werden dann auch die AT-Tastatur und das Netzteil angeschlossen, da das ATARI-Netzteil die zusätzlichen 800 mA auf gar keinen Fall aufbringen kann.

Diese Montagearbeiten müßte eigentlich jeder zustande bringen, der einigermaßen mit einem Schraubendreher umgehen kann. Die Einbauversion erfordert dagegen einen höheren Arbeitsaufwand. Hier ist auch kein Netzteil im Lieferumfang enthalten, man muß selber für eine passende Stromversorgung sorgen. Speziell für die Einbauversion ist noch eine Tasta-tur-Ersatzplatine erhältlich, da für die Abfrage der Maus- und der Joystickbuchse weiterhin der ATARI-Tastaturprozes-sor benötigt wird. Auf dieser Platine findet der Tastaturprozessor des ST sein Plätzchen, ebenso wie Maus- und Joystickbuchsen. Wer sich also von seiner treuen alten nicht trennen will, der braucht diese Platine nicht, und hat den Vorteil, beide Tastaturen parallel benutzen zu können. Ich habe aber keinen Platz für eine zweite Tastatur, deshalb habe ich beschlossen, wenn schon AT-Tästatur, dann nur noch diese. Man muß sich zwar an ein paar Eigenheiten gewöhnen, aber einem alten ST-Benutzer dürfte das nicht so schwer fallen.

Geliefert hat 3K innerhalb einer Woche mit UPS. Das ist schon mal erfreulich schnell gegangen, ich mußte bei anderen Firmen schon wesentlich länger warten. Im Päckchen habe ich zwei Tüten vorgefunden. In der einen war der Tastaturadapter mit ein paar Tastaturkleberli und einem losen 4.7 k Q Widerstand (wird als Pull Up für die Rx-Leitung gebraucht), in der anderen die Tastatur Ersatzplatine. Nach dem Studium der umfangreichen Anleitung (im ganzen 4 - in Worten vier -Blättern) war mir klar: Holla, das ist nicht ganz trivial.

Das fängt schon mit der mechanischen Seite an: Irgendwo im PC-Gehäuse muß ein sicheres Pätzchen gefunden werden, für die Ersatzplatine sind Ausschnitte für Maus- und Joystickanschluß herauszusägen. Auf der elektronischen Ebene sind verschiedene Stecker zu besorgen (normale 5- und öpolige DIN-Stecker, Tastaturstecker,... ), und eine Treiberschaltung ist aufzubauen (alternativ, wenn keine Tange Leitung' zwischen Tastaturprozessor und Adapter nötig ist, reicht es, wenn man auf der Adapter-Platine zwei Pull-up-Widerstände durchkneift). Natürlich sind die nötigen mechanischen Arbeiten individuell verschieden, je nachdem, wie man seinen ST eingebaut hat. Bei der Treiberschaltung frage ich mich aber, warum sie nicht schon in die Tastatur-Ersatzplatine integriert worden ist, schließlich kostet ein 7407 nicht die Welt. Wie man an dem Schaltbild sieht, ist die Schaltung an sich sehr einfach, und man kann sie ohne weiteres auf einer Lochraster-Platine aufbauen.

Gedanken muß man sich nur über die Verbindungen zum Rechner, zur Tastatur-Ersatzplatine und zum eigentlichen Adapter machen. Verdrahtet man diese Verbindungsleitungen fest, dann hat man später Probleme mit dem Aus- und Umbauen. Doch finden Sie erst mal eine 5polige Steckverbindung für die Platinenmontage. Ich habe hier etwas improvisiert, denn schließlich kriegt man mit der Metallsäge jeden Stecker in Form.... Zum Aufbau ist zu sagen, daß man unbedingt isolierte Kupferlitze (lackierter, dünner Kupferdraht) verwenden sollte, um einen Drahtverhau zu vermeiden. Leider hatte ich grad" keine zur Hand, deshalb bietet mein Aufbau keinen sehr ästhetischen Anblick, wenn man ihn von der Lötseite her betrachtet. Nun ja, immerhin funktioniert er.

So, nachdem nun auch der ST restlos verkabelt ist, muß man nur noch den Tastatur-Prozessor aus der alten ST-Tastatur vorsichtig mit einem Schraubendreher raushebeln und in die Ersatzplatine einstecken. Bei allen Stöpselvorgängen empfehle ich die großzügige Verwendung von einem Videospray, um Fett und sonstigen Dreck zu entfernen. Nachdem man noch einmal alle Verbindungen und den richtigen Sitz der ICs überprüft hat, steht einem ersten Test nichts mehr im Weg. Zuerst soll man das AT-A-ST-Netzteil einschalten, dann den ST. Die Maus muß ganz normal funktionieren, denn schließlich werkelt hier der original ATARI-Tastatur-Prozessor. Spannend wird es dagegen beim Ausprobieren der AT-Tastatur. Nach Angaben von 3K gibt es Probleme mit einigen Taiwan-Tastaturen. Das liegt vermutlich daran, daß die serielle Datenübertragung bei der ATARI-Tastatur asynchron erfolgt, bei der AT-Tastatur jedoch synchron. Synchrone Übertragung bedeutet, daß die AT-Tastaturen neben den Daten noch ein Taktsignal produzieren. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung wird durch diesen Takt bestimmt und ist deshalb in einem weiten Bereich variabel. Einige Taiwan-Hersteller verwenden nun sehr unübliche Taktfrequenzen - anscheinend waren diese Quarze besonders billig zu haben. Dadurch könnte es zu den Problemen kommen.

Geschickterweise habe ich mir zuerst eine PC-Tastatur gekauft, und mich erst dann um den AT-A-ST gekümmert. Dreimal dürfen sie nun raten, woher diese stammt: Richtig, aus Taiwan! Noch dazu war sie umschaltbar zwischen XT und AT-Be-trieb, was noch einmal besonders kritisch sein soll. Dagegen funktionieren die reinen AT-Tastaturen und die Auto-Switch-Tastaturen einwandfrei - nach Aussage von 3K. Im Bekanntenkreis habe ich nur noch eine Tastatur auftreiben können, die - wie meine - manuell umgeschaltet werden konnte. Nun, um es kurz zu machen: Beide funktionieren - mit einer kleinen Macke. Bei lst_Word kommt es beim Scrollen des öfteren vor, daß der Cursor Zeilen überspringt. Das ist weiter nicht tragisch, es kommt zu keinem Datenverlust. Trotzdem sollte man bei der Auswahl der Tastatur aufpassen und gegebenenfalls bei 3K nachfragen.

Details

Noch ein paar Worte zum Adapter selbst. Er besteht aus einem Z80-Einplatinen-Computer und einer Platine, die die Anpassung synchron/asynchron vomimmt. Beide Platinen werden huckepack-förmig zusammengesteckt. Der Z80-Rechner ist keine Eigenentwicklung der Firma 3K, sondern wird - zumindest die Platine -vom Elektronikladen in Detmold bezogen. Dagegen wird die Tastatur-Ersatz-platine vollständig von 3K hergestellt.

Verarbeitung, Ausstattung

Grobe Mängel habe ich nicht festgestellt, alles hat auf Anhieb funktioniert. Doch gibt es auch einige Kritikpunkte. Die Platinen, die 3K selbst hergestellt hat, machen keinen professionellen Eindruck, wenn man sie zum Beispiel mit der Platine des Z80-Rechners vergleicht. Nun, das muß nicht unbedingt schlecht sein, doch hätte man vielleicht ein bißchen Lötlack opfern können, damit die Platinen versiegelt sind. Zwar sollte man als Bastler so etwas im Haus haben, aber nett wäre es trotzdem. Unangenehmer finde ich, daß man die bereits angesprochene Treiberschaltung selber aufbauen muß. Bei der Fertigversion ist sie in den Zwischensockel für den Tastaturprozessor integriert. Warum nicht auch bei der Tastatur-Ersatzplatine? A propos Ersatzplatine, hier hat mir sehr mißfallen, daß die Joystickbuchsen zwar Befestigungslöcher aufweisen, diese aber nicht benutzt werden. Die Buchsen sind einfach nur eingelötet, was bei häufigem An- und Abstöpseln bestimmt zu Problemen führen wird (einen Bruchtest habe ich - aus naheliegenden Gründen - nicht durchgeführt). Ich für meinen Teil werde die Buchsen jedenfalls mit Zweikomponentenkleber zusätzlich sichern.

Mit der Anleitung bin ich zwar zurechtgekommen, doch das Gelbe vom Ei ist sie sicher nicht. Wobei ich mich jetzt auf die Einbauversion beziehe, die Anleitung für die Fertigversion ist mit 1 Seite zwar auch recht knapp, aber sie müßte ausreichen, den Adapter in Betrieb zu nehmen. Hervorzuheben ist die telefonische Hotline, die man von Montag bis Freitag von 17-19 Uhr in Anspruch nehmen kann. Mit Hilfe dieser Hotline konnte ich Fragen, die durch die Anleitung offen geblieben waren, schnell abklären.

Billig ist der Spaß auch nicht:

AT-A-ST Fertigversion 298,- DM
OEM-Einbauversion 198,- DM
Tastatur-Ersatzplatine 79,- DM
AT-Tastatur 120,- DM
bis über 500,- DM

Insgesamt muß man also mit deutlich über 400.- DM rechnen, auch wenn man eine billige Tastatur kauft. Meine gehört mit ca. 160.- DM in die untere Preiskategorie, doch bin ich sehr zufrieden mit ihr. Der Anschlag ist wesentlich besser als auf meiner alten ST-Tastatur, und, bedingt durch den weiteren Tastenabstand, vertri-pepe ich mich weit weniger. Kurzum, ein wahrer Segen für Vielschreiber.

Das Wort zum Schluß

ST-Benutzer, die nur unter TOS arbeiten, sollten sich die Software-Lösungen anschauen, die ein ganzes Stück billiger sind. Wer dagegen mehrere Betriebssysteme (PC ditto, Aladin, Mirage, RTOS, OS/9,...) verwendet, der wird sich entweder selber etwas stricken müssen, oder wenn er Glück hat, gibt es bereits eine Anpassung. Oftmals wird hier aber eine reine Hardwarelösung nötig sein, um zu befriedigenden Ergebnissen zu kommen. Der AT-A-ST von 3K bietet nun 100% Kompatibilität - von einigen Eigenheiten der AT-Tastatur einmal abgesehen. Mit der Fertigversion dürfte auch der Laie zurechtkommen, wogegen die Einbauversion eher für Bastler mit ein wenig Erfahrung geeignet ist.

Verbesserungsfähig sind die Anleitung und die mechanische Befestigung der Joystickbuchsen. Außerdem könnte man das Treiber-IC noch in die Tastatur-Ersatzplatine integrieren. Vielleicht ließe sich auch eine steckbare Verbindung der Einzelbaugruppen untereinander verwirklichen, denn für den Privatmann ist die Beschaffung von geeigneten Steckern zuweilen schwierig.

Bei mir funktioniert die Einbauversion zusammen mit der Tastatur-Ersatzplatine und einer AT-Taiwan-Tastur einwandfrei. Der hohe Preis wird jedoch viele potentielle Käufer abschrecken.

C.D. Ziegler

Bezugsnachweis:

3K EDV-Ennvickhmgen Hülser-Straße 76 4154 Tönisvorst



Aus: ST-Computer 12 / 1988, Seite 33

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