Editorial

Liebe Leser,

in der ST-Redaktion ist ein neues Gesicht zu sehen. Damit meine ich mein eigenes. Meinen Tätigkeitsbereich, ich bin als Praktikant hier beschäftigt, kann ich nach zwei Wochen in der Redaktion allerdings noch nicht genau umschreiben. Einige der Leser möchten jetzt bestimmt wissen, wie man in eine Redaktion wie die der ST-Computer hineinkommt. Dazu muß ich sagen, es ist recht einfach.

Zuerst muß man aus Langeweile ein kleines Programm schreiben und zusehen, daß es einigermaßen gut wird. Dazu gehört natürlich auch die richtige Idee. Meine Idee hatte viel mit Faulheit zu tun, wie eigentlich fast alles in der Computerbranche. Und zwar war mir die ständige Tipperei der Befehle von K-Seka - ja, ich arbeite noch damit - und der Command-Shell zuviel. Dazu muß ich sagen, den Seka liebe ich, und das Gehacke mit Command ist bei der Erstellung von TOS-Programmen unumgänglich. Wenigstens für mich. Also schrieb ich ein Programm, das es ermöglicht, die Funktionstasten mit Texten zu belegen. Hat man es fertig geschrieben und ist obendrein in ständiger Geldnot, schickt man das tolle Programm an eine Redaktion. Damit ist man allerdings noch nicht in ihr beschäftigt, denn Programme gehen hier doch einige ein. Gute wie weniger gute, wie ich auch schon feststellen mußte. Soweit so gut. Sollte man auch noch Student an einer FH sein, verzweifelt eine Praktikantenstelle suchen und nebenbei auch noch einen Freund haben, der einen Bekannten hat, der in dieser Redaktion arbeitet, stehen die Chancen gut, eine Stelle zu bekommen. Nachdem Sie aber die Zusage haben, können Sie noch lange nicht anfangen. Warum? Ganz einfach. Die Räume der ST-Computer sind in Eschborn, Eschborn ist sozusagen ein Vorort von Frankfurt, und Sie wohnen bestimmt nicht in der Nähe, vielleicht sogar wie ich im schönen Frankenland bei Würzburg. Es muß also noch ein Zimmer her und das in dieser Gegend. Wenn Sie schon einmal eine Wohnung gesucht haben, denken Sie sich das Ganze noch fünfmal schlimmer, dann haben Sie eine ungefähre Vorstellung, wie es in Frankfurt zugeht. Einfach schrecklich, kann ich nur sagen. Die Wohnungssituation soll an dieser Stelle allerdings nicht weiter erläutert werden. Sollten Sie es dennoch geschafft haben, ein Zimmer ohne Dusche für Ihr halbes Monatseinkommen anzumieten, können Sie sich mit den neuesten Programmen und Geräten beschäftigen und Ihre Gedanken dazu zu Papier (Datei) bringen. Das Ganze auch noch in einer hervorragenden Arbeitsumgebung, auch wenn man vor lauter Zuschriften und zu testenden Produkten kein Land sieht.

Soviel zu meiner Situation.

Gerade kommt noch ein Zettel rüber, auf dem steht, “Editorial: unbedingt auf Namensänderung Merlin -> MAXON hinweisen!!!”. Damit ist es fast schon gesagt, denn aus namensrechtlichen Gründen mußte die Merlin Computer GmbH in MAXON Computer GmbH umbenannt werden. Sonst ändert sich für Sie, liebe Leser, nichts!


Werner Schiwietz
Aus: ST-Computer 11 / 1988, Seite 3

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