WordPerfect: Das perfekte Textsystem

Der Funktionsumfang von WordPerfect

Im letzten Monat haben Sie gelesen, daß das Standardtextsystem aus der IBM-Welt nun auch für den Atari ST lieferbar ist. Allerdings mit kleinen Macken und Ungereimtheiten, - noch nicht »perfekt« sozusagen. Es geht um WordPerfect, das amerikanische Textprogramm der gleichnamigen Firma. Sie haben vielleicht einen ersten Eindruck von den Leitideen dieses Systems bekommen und möchten jetzt mehr wissen. Auf den folgenden Seiten geht es im wesentlichen um den Funktionsumfang von WP.

Wie aktiviert man verschiedene Funktionen, wie wird WP gesteuert? In der PC-Weit verwendet WP vierfach vorbelegte Funktionstasten. Die erste Ebene entsteht durch das einfache Drücken einer dieser Tasten. Hier finden Sie die wichtigsten und am häufigsten gebrauchten Befehle. Die zweite bis vierte Ebene ruft der Anwender durch gleichzeitige Betätigung der Funktionstaste mit Shift, Alternate oder Control auf. Am Anfang ist das etwas kompliziert, und man muß ständig in die Quick-Reference oder auf die Tastaturschablone gucken, um das gewünschte Menü auszuwählen. Im Laufe derZeit prägen sich geläufige Vorbelegungen ein. und dann geht das Ganze äußerst schnell vonstatten.

Viel einfacher ist die Anwahl eines Menüs in der GEM-Version von WP für den Atari ST. Sie sehen nach dem Start sieben Pull-Down-Menüs. gegliedert nach thematischen Obergesichtspunkten. In jedem dieser Menüs stecken diejenigen Funktionen, die Sie sonst mit den Funktionstasten aufrufen würden. Gerade in der Lernphase hilft das sehr häufig weiter. Gleichgeblieben ist jedoch das. was nach dem Aufruf eines Obermenüs erscheint, nämlich je nach Option eine ganze Reihe von Untermenüs. In Bild 1 sehen Sie zum Beispiel das Untermenü, das nach dem Aufruf der Fuß- und Endnoten Verwaltung erscheint. Jeder Punkt ist mit einer Ziffer markiert. Sie wollen nun eine neue Fußnote eingeben. Dazu dient »Create«. Fakultativ klicken Sie auf diesen Befehl oder geben die Ziffer »2« direkt ein. Dann erscheint das Fußnotenfenster, und die Menüauswahl ist abgeschlossen.

An dem kleinen Beispiel läßt sich ablesen. wie das Prinzip gedacht ist. Die gesamte Benutzerführung gehorcht einer hierarchischen Menüstaffelung. Von einem Obermenü kommt man in bestimmte Untermenüs, die sich wiederum weiter verzweigen. Ganz ähnlich arbeitet auch Lotus 1-2-3 oder VIP-Professional. Der Anfänger kann sich quasi von oben nach unten durch die einzelnen Menüs »hangeln«. Der Profi weiß genau, was er will und gibt einfach nur den Funktionstastenaufruf und eine zusätzliche Ziffer ein. Zum Einrichten einer neuen Fußnote, wie oben erwähnt: CTRL-F7.2. Mit höchstens drei bis fünf Tastenkombinationen ist man also immer am Ziel.

Natürlich haben die Entwickler von WordPerfect auch bei der Anordnung der Menüs mitgedacht. Zur.Funktionstaste F8 gehören etwa ein Großteil der Formatierungskommandos. Das ist das Line-. Page- und Printformat. Über diese Gedankenstützen prägt sich der Menüaufruf schnell ein. Ab und zu kommt es aber dennoch vor: in aller Schnelle, locker aus dem Handgelenk geschüttelt, tippt man auf die falsche Taste. Aber damit wird man leben müssen.

Nach mehrmonatiger Arbeit mit WordPerfect habe ich die Benutzerführung mehr und mehr zu schätzen gelernt. Im Vergleich zum WP am PC gefällt mir die Möglichkeit, immer wieder auf Maus und Pull-Down-Menü zurückgreifen zu können. wenn eine selten verwendete Funktion gerade nicht mehr präsent ist. Wenn die Atari-Version endlich fehlerfrei wäre, könnte man sogar sagen, daß das WordPerfect für den ST ein besseres ist. als das für den PC. Aber dazu wird es wohl hoffentlich bald kommen.

Doch nun zu den wichtigsten Funktionen selbst. Wie schon im vorhergehenden Artikel erwähnt, hat WordPerfect den Anspruch, alles zu können, was für ein Textsystem derzeit nur denkbar ist. Die aktuelle PC-Version trägt die Kennung 4.2 und bietet mehr als die derzeitige Atari-Version mit der Nummer 4.1. Dennoch ist auch die Funktionsvielfalt der Version 4.1 etwas ganz Neues für die ST-Welt. So viel bietet noch kein anderes Textsystem.

Bild 1: Ober- und Untermenüs erreicht man bei WordPerfect durch vierfach vorbelegte Funktionstasten.

Schriftgestaltung

WordPerfect schöpft wirklich alle Möglichkeiten. die ein moderner Matrix- oder Laserdrucker in puncto Schriftgestaltung bietet, vollkommen aus. Sie können jede beliebige Schrift in der Druckeranpassung installieren und für Ihr individuelles Textbild benutzen. Mit der Anweisung [FontChange] fügen Sie an der gewünschten Stelle den Befehl zum Wechsel des Zeichensatzes ein. Dieser Font kann äquidistant oder proportional sein, eine so merkwürdige Zeichenbreite wie 13 epi besitzen: WP spielt immer mit. Proportionalschrift im Blocksatz ist kein Problem. Auch exotische Anforderungen liegen jetzt im Rahmen des Denkbaren:

für die Kursivschrift soll zum Beispiel auf einen gänzlich anderen Font umgeschaltet werden, hinterher möge WP den Ausgangsfont erneut anwählen. Dies alles funktioniert dank einer ungemein flexiblen Druckeransteuerung. Einen kleinen Haken gibt es allerdings: den korrekten rechten Rand muß der Anwender - so wie bei WordPlus - selbst berechnen. Automatisch geht dies erst mit der Version 5.O., die es auch für den Atari geben wird. Die Trennhilfe von WordPerfect wird Ihnen bekannt Vorkommen. Sie ähnelt derjenigen von WordPlus. Bei eingeschalteter Trennung gibt es einen Trennvorschlag. den korrekt zu verschieben dem Anwender überlassen bleibt. Zusätzliche Bonbons sind die verstellbare Trennbreite (die angibt, wann ein Wort zur Trennung vorgeschlagen wird), das Stornieren einer Trennung (wenn das Wort nie getrennt werden soll) und das Speichern früherer Trennzeichen in dem Dokument (Bild 2). Über eine automatische Silbentrennung mit Ausnahmelexikon verfügt erst die Version 4.2. Die variable Trennbreite ist ein äußerst sinnreiches Feature, vor allem für den Spaltensatz. Im normalen Text reicht der Standardwert aus. In den Tabellen trennt man dann mit einer kleineren Trennbreite und erzielt so ein äußerst angenehmes Druckerbild. Vermißt habe ich eine Funktion, die es erlaubte, die Trennhilfe noch während eines Trennvorschlages ganz abzuschalten.

Für die meisten wissenschaftlichen Veröffentlichungen ist ein anderthalbfacher Zeilenabstand vorgeschrieben. WordPlus kennt nur ganzzahlige Abstände. Anders jedoch WordPerfect. Sie können in halben Schritten einen beliebigen Zeilenabstand einstellen. Ist der Wert größer als 1. erscheint der Text auf dem Bildschirm unabhängig vom tatsächlichen Abstand zweizeilig (Bild 3). Im übrigen ist das Andern des Abstands keine aufwendige Prozedur. Nachdem Sie am Anfang des Dokuments einen neuen Wert vorgegeben haben, dauert es nur wenige Sekunden. bis der gesamte Text neuformatiert ist.

Bild 2: Im Steuerzeichenmodus sehen Sie den Befehl zum Umschalten der Trennbreite, eine gespeicherte und eine stornierte Trennung.

Für das Positionieren von Seitenziffern und Kopf- und Fußzeilen sieht WP ein auf den ersten Blick etwas ungewöhnliches Konzept vor. Sie legen nämlich einmal die Seitenlänge fest und bestimmen dann in einem Menü, welches der acht Numerierungsformate gültig sein soll. Dies erspart im Vergleich mit anderen Systemen viel Rechnerei. Die gewählte Einstellung können Sie innerhalb eines Dokuments beliebig ändern. Für bestimmte Seiten (Titelblatt) läßt sich sogar das gesamte Seitenlayout unterdrücken. Praktisch zudem: das Zentrieren einer ganzen Seite in der Vertikalen mit nur einem Befehl.

Um den korrekten Seitenumbruch muß man sich überhaupt nicht kümmern, wenn der »widow/orphan«-Schutz eingeschaltet ist. Ein deutscher Buchdrucker würde sagen: wenn »Hurenkinder« und »Schusterjungen« automatisch »freigeschlagen« werden. Die beiden Bezeichnungen meinen alleinstehende Zeilen am Anfang oder Ende einer Seite, die WP durch diesen Absatzschutz verhindert. Wer den Seitenumbruch schon einmal manuell mit WordPlus erledigt hat, weiß, wieviel stupide Arbeit WP dem Anwender damit abnimmt. Für lange Fußnoten existiert im übrigen auch eine Umbruchautomatik. Während gängige Textsysteme die Länge einer Fußnote begrenzen, gibt es mit WP keine Einschränkungen. Paßt die Anmerkung nicht mehr ganz auf eine Seite, wird sie auf der nächsten fortgeführt. Manuell gibt der Anwender vor, wieviele Zeilen nicht vom Programm getrennt werden sollen.

Bild 3: Was nach zweizeiligem Zeilenabstand aussieht, ist in Wirklichkeit ein anderthalbfacher.

Spaltenverarbeitung

Zu einem professionellen Textsystem gehört ohne Zweifel der mehrspaltige Satz. Er ist wichtig für den Zeitungsstil und parallele Gegenüberstellungen. WP hat im Grunde genommen alles, was man dafür braucht. Sie können einen Text nachträglich in Spalten fließen lassen oder den Spaltenmodus einschalten, um sofort den Umbruch zu sehen. Zunächst gilt es jedoch, die Zahl der Spalten und ihre Breite anzugeben. Praktischerweise macht WP je nach Spaltenzahl für alle anderen Parameter eine Vorgabe, die Sie ändern oder akzeptieren. Bis zu fünf Spalten erlaubt das Programm. Schließlich müssen Sie entscheiden, ob Zeitungsspalten oder parallele Spalten eingerichtet werden sollen. In den ersteren fließt der Text von oben nach unten und am Seitenende in die nächste Spalte. Wie der Name schon sagt, wie bei einer Zeitung. Parallele Spalten finden hingegen Gebrauch bei Gegenüberstellungen und Drehbüchern. In der linken Spalte steht ein fester Text oder der Name des Sprechers. Rechts davon die zugeordnete Beschreibung oder der zu sprechende Text (Bild 4). Innerhalb eines Dokuments können Sie die beiden Spaltenarten gleichzeitig einsetzen und an jeder Stelle eine neue Spaltendefinition einfügen. Es ist kein Problem, bereits eingerichtete Textspalten zu Fließtext zu machen und umgekehrt. Selbstverständlich gibt es auch spezielle Blockbefehle für das Kopieren und Verschieben im Spaltenmodus. Im Test tauchten allerdings kleine Ungereimtheiten bezüglich des Seitenumbruchs innerhalb von Textspalten auf. Da verschob sich die Umbruchmarkierung immer wieder in der Vertikalen, so daß man nie genau wußte, wo jetzt die neue Seite tatsächlich beginnt.

Schön wäre es, wenn man die Spaltenverarbeitung zusammen mit Graphiken nutzen könnte. So, daß der Text um ein Bild quasi herumfließt. Aber weit gefehlt. WordPerfect 4.1. und 4.2. erlauben die Integration von Bildern in den Text noch nicht. Dazu muß man noch etwas warten, bis die Version 5.0. erhältlich ist.

Flott durchnumeriert

Bild 4: Parallele Spalten sind vor allem für gegenüberstellungen gut geeignet.

Haben Sie schon einmal eine Gliederung für längere Texte erstellt? Mit wichtigen Obergesichtspunkten und Unterpunkten ? Wenn ja, dann wissen Sie, daß dies eine recht unangenehme Angelegenheit ist. Da muß man einen Unterpunkt zum Oberpunkt machen, die Numerierung von der Änderung abwärts erneut vornehmen, und man ärgert sich ständig, daß dies nicht der Computer macht. Mit WordPerfect geht das Erstellen eines Inhaltsverzeichnisses oder einer Strukturgliederung unglaublich einfach. Werfen wir zunächst einen Blick auf das, was WP als »Out-line«-Modus bezeichnet. Er dient zur Erstellung von Textgliederungen oder Synopsen. Sie schalten den Modus ein und beginnen einfach in der ersten Zeile am linken Rand mit einer Betätigung der Returntaste. Schon erscheint eine römische Eins zur Kennzeichnung des Obergesichtspunktes.

Den zugehörigen Text schreiben Sie in die gleiche Zeile und schließen diese mit Return ab. Es folgt ein Untergesichtspunkt zweiter Ordnung. Dazu betätigen Sie die Tabulatortaste und dann Return. Eingefügt wird automatisch eine arabische Eins für den ersten Unterpunkt zweiter Ordnung. Dieses Verfahren geht immer so weiter. Jede Ebene wird durch Tabulatoreinrückungen gekennzeichnet. Am Ende ergibt sich eine hierarchische Ordnung der Themen von allein (Bild 5). Doch damit nicht genug. Sie können jeden Punkt innerhalb der Hierarchie verschieben. und die Numerierung ändert sich automatisch mit. Ein ähnliches Prinzip liegt den sogenannten »Think-Tank«-Programmen aus der IBM-Welt zugrunde. Mit einem kleinen Unterschied, den ich schon oft vermißt habe: bei den letzteren läßt sich der eigentliche Text unter einer Überschrift »verstecken«. Das geht mit WordPerfect leider nicht. Dennoch: der Outlinemodus ist für viele Aufgaben eine große Hilfe.

Ähnlich funktioniert das automatische Erstellen eines Inhaltsverzeichnisses. Die jeweilige Kapitel-oder Absatzüberschrift wird zunächst als Block markiert und dann einer Ebene zugeordnet. Wenn der Text fertig ist. wählt man das Untermenü »Generate« an und erhält das Inhaltsverzeichnis an der Stelle, die man dafür vorgesehen hat. Bei beiden Funktionen -Gliederungshilfe und Inhaltsverzeichnis - wählt der Benutzer aus. welchen Numerierungsstil er wünscht. Neben drei Standardformaten ist die Erstellung einer eigenen Buchstaben- und Zahlenhierarchie gestattet.

Während der StarWriter über eine Funktion »Stichwortverzeichnis« verfügt, die eine sinnvolle Gestaltung des Registers unmöglich macht, verdient die Realisierung von WordPerfect zunächst ein Lob. Es ist vorgesehen, den Stichworteintrag zu edieren (das kann der StarWriter nicht), um beispielsweise aus dem »marx-schen Klassenmodell« im Text einen Eintrag »Marx. Karl« oder »Marxismus« zu machen. Zudem wird bei Bedarf jedem Eintrag ein Untertitel zugeordnet, so daß man etwa im Namensregister die Lebensspanne einer Person angibt. Man kann damit auch Ober- und Untergruppen einrichten. Also etwa den »Marxismus« zu den »Gesellschaftstheorien« zählen und auch die »Systemtheorie« darunter einfügen. Das sieht dann im Ausdruck ungefähr so aus:

Gesellschaftstheorien
- Marxismus...S. 12. 13, 18
- Systemtheorie .... S. 95. 9S

oder:
Lukäcs, Georg
(1885-1971).......S. 45.46
Marx. KarI
(1818-1883).....S.23.45.S9

Erst mit diesen Optionen ist ein sinnvoller Aulbau des Registers möglich. Alles andere ist Käse. Einen Haken gibt es bei WordPerfect allerdings doch. Ein ganzes Buch wird man vernünftigerweise in mehrere Dateien auf Diskette oder Festplatte unterteilen. Erstellt man nun für jede Datei getrennt das Register, so stimmen zwardie Seitenzahlen, aberman muß die Indexdateien per Hand zusammenfügen. Das heißt: alphabetisch neu sortieren und diejenigen Einträge, die sich durch das gesamte Buch ziehen, manuell zusammenfügen. Dies ist. soweit ich sehe, der einzige konzeptionelle Fehler von WordPerfect.

Bild 5: Komplexe Gliederungen halbautomatisch erstellt. Eine große Hilfe für längere Arbeiten.

Anmerkungsverwaltung für Profis

Ein Profisystem muß natürlich in puncto Fuß- und Endnotenverwaltung mehr bieten. als herkömmliche Programme. Vor allem ein Plus an Flexibilität. Während es im privaten Rahmen noch egal ist. wie die Fußnoten gestaltet werden, gibt es sehr häufig strenge Anweisungen für Buch- und Zeitschriftenautoren. Dann hängt es vom Textprogramm ab. ob die Anmerkungsverwaltung tatsächlich eine Arbeitsersparnis darstellt. Es nützt einem Buchautor zum Beispiel die beste Fußnotenverwaltung nichts, wenn das vom Verlag vorgeschriebene Format nicht realisierbar ist.

Im Universitätsbereich haben nicht wenige Fakultäten ebenfalls genau vorgeschriebene Anweisungen, wie ein wissenschaftliches Manuskript - als Staatsexamen oder Doktorarbeit eingereicht - auszusehen hat. Derartiges Regelwerk, zumeist noch aus der Schreibmaschinenzeit stammend, kann nicht jedes Textprogramm erfüllen. In diesem Sinne ist es wichtig zu wissen, daß WordPerfect ein Höchstmaß an Flexibilität bietet (Bild 6). Das Einrichten einer Fuß- oder Endnote erfolgt mit Hilfe der Funktionstastenbefehle. Wie bei WordPlus öffnet sich ein neues Fenster, das den Anmerkungstext aufnimmt. Wie bereits gesagt, gibt es keine Einschränkungen in der Textlänge. Fußnoten werden notfalls auf die nächste Seite umgebrochen. Für das Verketten mehrerer Dateien miteinander kann die Numerierung auch mit höheren Ziffern einsetzen - ein Feature, das man sich auch für andere Wortprozessoren wünscht. Neben diesen Standardfunktionen kann die Fuß- und Endnotenmarkierung im Text und im Anmerkungsteil frei gestaltet werden. Es macht keine Schwierigkeit, auf Knopfdruck das Markierungszeichen in verschiedene Formate zu bringen. Etwa 1) 2) 3) oder /I/ /2/ /3/ oder das Ganze mit Buchstaben anstelle der Ziffern. Verschiedene Schriftattribute oder gar eine Einrückung am Anfang richtet man bei Bedarf als Vorgabe ein. Kurzum: was immer auch gewünscht wird, mit WordPerfect läßt es sich realisieren.

Bild 6: Große Auswahl: es gibt zahlreiche Fuß- und Endnotenformate.

Spelling Checker und Thesaurus

In die Reihe der Profifunktionen gehören Spelling-Checker und Thesaurus. Da beide derzeit nur in englischer Sprache vorliegen, kann hier nur das Prinzip und nicht der Wortumfang beschrieben und beurteilt werden. Das Rechtschreibprüfprogramm übernimmt es. einen markierten Block, eine Seite oder den ganzen Text auf falsche Wörter hin durchzusehen. Die mitgelieferte Stammdatei umfaßt, komprimiert abgespeichert, rund 120.000 Wörter. Das Grundwörterbuch hat mit 290 KByte Länge einen gewaltigen Umfang und wird ergänzt durch fachspezifische Lexika, die der Benutzer selbst entrichtet. Diese besitzen das gleiche Format wie die »,SUP«-Dateien von WordPlus. so daß ein reibungsloser Übergang von diesem Programm zu WP gewährleistet ist. Die Wörterbücher liest WP nicht in den Arbeitsspeicher ein. sondern greift zum Korrigieren auf Diskette oder Festplatte zu. Unbekannte Wörter hebt es durch inverse Schrift hervor und liefert in dem unteren Fenster (Bild 7) mögliche Alternativen. Ein vernünftiges Arbeiten mit dem Spelling-Checker setzt entweder einen Mega-ST mit großer RAM-Disk oder die schnelle Festplatte voraus. Nur dann liegen die Suchzeiten für ein einzelnes Wort in einem erträglichen Rahmen. Dies gilt auch für den Thesaurus. Das ist quasi ein Synonymwörterbuch zur Variation des Wortschatzes. Bei Bedarf werden zu einem markierten Wort verschiedene Alternativen vorgeschlagen, die nach der Intention der Programmautoren anstelle des selbstgeschriebenen Wortes gesetzt werden können. Das ist natürlich schon vom Prinzip her gesehen eine windige Angelegenheit. Woher soll ein Computer wissen, welche Synonyme in den zugehörigen Kontext passen? Jeder Vorschlag müßte natürlich exakt sinnverwandt sein, und dies kann auch der beste Algorithmus nicht leisten. Man denke nur an die Schwierigkeiten von Übersetzern, die zu einem fremdsprachigen Begriff das möglichst treffende Gegenstück in ihrer Sprache suchen. Es gibt also Grenzen in der Leistungsfähigkeit. Dennoch halte ich den Thesaurus für eine gelungene Sache.

Bild 7: Der Spelling Checker liegt derzeit nur für englische Wörter vor.

Pluspunkte von WordPerfect bei extremen Anforderungen

Für ein Buch war es erforderlich, mit WordPerfect erstellte Manuskripte so aufzubereiten. daß die Satzmaschine des Verlages diese einiesen konnte. Dazu waren alle Satzbefehle (Einrückungen, Absatzenden. Schriftwechsel etc.) in ein Klartextformat zu bringen.

Dies klappte mir dem Suchen und Ersetzen der entsprechenden Steuerzeichen. Mühsam erschien zunächst die Aufgabe, alte Fußnoten in eine eigene Datei zu schreiben.

Nach kurzer Zeit stellte sielt jedoch heraus. daß dies mit WP doch einfacher geht, als zunächst gedacht. Mil dem Editor von WP ist nämlich das Markieren des gesamten Fußnotentextes möglich. Damit ergab sich a/s Grundstruktur eines Makroprogramms: rufe das Fußnotenfenster auf. schalte den Blockanfang ein. fahre an das Ende des Textes und schneide diesen aus. Hänge dann den so markierten Block an die Fußnotendatei an. Tatsächlich funktionierte damit der Fußnotentransfer nahezu automatisch. Selbst wenn WordPlus über einen Macrorekorder verfügen würde, ließe sich diese Aufgabe nicht umsetzen. Es fehlt ihm nämlich ein Befehl der Form »springe an das Ende des Fußnotentextes«. An diesem kleinen Beispiel mag man sehen. wie durchdacht WordPerfect in vielen Details ist, wenn man nicht zuviel davon erwartet. Ich habe mit WP englische Texte verfaßt und war erstaunt, wie oft der Thesaurus mir dabei weiterhelfen konnte. Mag sein, daß das an meinem bescheidenen aktiven englischen Wortschatz liegt. Das Prinzip des Thesaurus besteht darin, zunächst eine Gruppe sinnverwandter Wörter vorzuschlagen. In dieser Gruppe befinden sich Oberbegriffe, zu denen weitere Synonyme vorliegen. Ein Mausklick darauf, und schon erscheint in der nächsten Spalte eine neue Gruppe sinnverwandter Begriffe (Bild 8). Mit dem Thesaurus könnte man sicherlich mehr anfangen, wenn er erweiterbar wäre. Das ist jedoch leider nicht der Fall.

Wir kommen zum Schluß des Artikels. Ich habe noch einige Funktionen aufgespart. die ich im nächsten Heft behandeln möchte. Zum Beispiel die Macroprogrammierung, die schon öfter angesprochen wurde, und das große Problem der Druckeranpassung. Zudem muß die Frage diskutiert werden, für welchen Anwenderkreis WordPerfect geeignet und gedacht ist. Außerdem hoffe ich, im nächsten Monat über eine neue Version von WP berichten zu können. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht. Sie auch?

Bild 8: Sinnverwandte Wörter sollen es sein: der Thesaurus in Aktion.

Michael Spehr
Aus: ST-Computer 10 / 1988, Seite 150

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