Atari Optofile CDAR504: Ich steh auf Licht

Sonst habe ich’s ja nicht so mit der Münchner Freiheit (mal abgesehen vom legendären ‘Ach wie gut, daß niemand weiß...’) - aber diesmal paßt es einfach. Der erste optische Massenspeicher von ATARI, das CD-ROM OPTOFILE CDAR504, ist da! Es hat so lange gedauert, daß ich mir schon fast selbst eins gebaut hätte. Seit Jahren nährte ATARI geschickt bei offiziellen und inoffiziellen Anlässen die Hoffnungen auf baldiges Erscheinen (NEIN! Ich meine nicht den Blitter zum Nachrüsten in alte STs - der kommt Weihnachten; leider weiß ich aber noch nicht, in welchem Jahr...) - nun ist endlich Premiere.

Die “ST-Computer” hat eines der ganz wenigen Test-Exemplare bekommen -und dazu auch noch Dokumentation (hoppla, ist das Ding wirklich von ATARI...)! Und dieses Test-Exemplar fiel mir in meine zittrigen Geierfinger - wie ist es ihm ergangen? Hat es sich meinen Programmierattacken entziehen können? Steigt Bayern München dieses Jahr ab? Lesen Sie selbst...

Übrigens: Um diesen Test etwas zu entschlacken, habe ich den Grundlagenteil in die “Lichtspiele” (siehe an anderer Stelle in diesem Heft) ausgelagert. In dieser Artikelserie erfahren Sie mehr über die Hard- und Software, die hinter CD-ROMs steckt; speziell ist das natürlich auf das CDAR504 ausgerichtet.

Odyssee

Eigentlich bin ich ja froh, daß ich Ihnen überhaupt übers CD-ROM berichten kann. Denn nach zwei Tagen Testbetrieb sah der typische Dialog mit dem ersten Test-Exemplar so aus:

CB (der Autor): (legt neueste A-ha-CD ein)
CD: D1.
CB: D1? Mal in der Doku nachgucken... “No disc - insert disc” - magst wohl kein A-ha? (ein CD-Player mit eigenem Geschmack?) Also gut, wie wär’s mit unserem lieben Ludwig van?
CD: D1 (diesmal mit einer gehörigen Prise Häme)
CB: SCHEIBENKLEISTER!

Kiste aufgeschraubt, angeschlossen: Funktioniert wieder. Kiste zugeschraubt: Tote Hose. Kiste wieder auf: Verweste Hose. Rien ne va plus. Ein Anruf bei ATARI: Ja, das Problem sei schon mal aufgetreten; es liege am eingebauten Chinon-Laufwerk (von Chinon stammt, so scheint’s, das gesamte Gerät), und man schicke mir ein neues Laufwerk zum Selbst-Einbau.

Natürlich war ich gerade nicht da, als das Paket ankam. Den Benachrichtigungszettel hat wahrscheinlich der Nachbarshund verspeist. Folge: Weitere zwei Wochen Konfusion und unnütze Wartezeit. Heute hat sich auch herausgestellt, daß die ganze Mühe umsonst war: Mein Bruder, der sich mittlerweile übrigens wieder vom Virus erholt hat (siehe Editorial 6/88 - Grüße an alle, die Besserungswünsche geschickt haben, besonders an Karen und Oliver), klaut aus meinem Zimmer das CD-ROM (das erste Test-Exemplar, das andere ist noch immer nicht da), nicht ahnend, daß es eigentlich gar nicht funktioniert, hängt es an seine Anlage und nimmt einfach die neue A-ha-CD auf. “Kaputt? Wieso?” fragt er mich scheinheilig lächelnd. Ich nehme an, daß er durch die Sache mit dem Virus übernatürliche Fähigkeiten erworben hat. Oder liegt es an einer geheimen Affinität des CD-ROMs mit AMIGA-Usern! Nur Commodore mag das wissen...

Gelegentlich, wenn das CD-ROM wieder mal spinnt, hole ich meinen Bruder, auf daß er dem Patienten die Hand auflege. Klappt immer.

Das Ding

Aber fangen wir ausnahmsweise mit dem Anfang an. Das letzte Mal, daß mich ein neues Gerät so in nervöse Spannung versetzt hat, war, als ich vor gut zwei Jahren meinen ST auspackte. Sie kennen das: Verpackung geöffnet, nein, aufgerissen, Rechner auf den Schreibtisch, hektische Steckersuche, erste Flüche, Netzschalter -läuft! Und: Ach ja, ins Handbuch könnte man auch mal gucken... Nun war es wieder soweit - nur daß diesmal die Verpackung des CD-ROMs noch eine provisorische war; wie gesagt, ein Test-Exemplar.

In Bild 1 sehen Sie DAS DING schon einmal im Gesamtüberblick. Wie? Keine Schönheit? Stimmt, das ist mir auch gleich aufgefallen. Anders als die doch recht schnittigen Mega-ST-Gehäuse mutet das CDAR504 fast provinziell an. Zwei Grautöne, die sich mit dem ATARI -Grau meines ST eher beißen, eine ganz und gar bescheidene Frontpartie ohne die Knopf- und Anzeigenorgie, wie man sie von CD-Playem kennt - aber lassen Sie sich davon mal nicht täuschen; mehr sein als scheinen ist seliger denn nehmen (oder so ähnlich).

In Bild 2 sehen Sie die Frontpartie noch einmal ganz genau. Da gibt es - ungewöhnlich für ATARI - einen Netzschalter an der Front mit separater Netzanzeige; außerdem einen Kopfhöreranschluß (Klinke, 6.25 mm) mit einem kleinen Lautstärkeregler an der Unterseite; neben dem Laufwerksschacht finden sich Auswurfknopf und die Bereitschaftsanzeige. Gesteuert wird das OPTOFILE (oder besser: der OPTOFILE? Deutschlehrer helft!) vom Bedienpanel aus, das man -Vorsicht! Clevere Idee! - auch abnehmen und als Infrarot-Fernsteuerung verwenden kann. Allerdings starren einen hier nur vier Tasten an: Start, Vorlauf, Rücklauf und Stop - mehr nicht! Und die Anzeige darüber besteht aus zwei kargen Sieben-Segment-Anzeigen. Spartanisch? Spartanisch.

Die Fernsteuerung ist mit einer Magnethalterung an der Frontpartie befestigt; ein bißchen stärker dürfte der Magnet schon sein, denn mir ist die Fernbedienung des öfteren einfach so heruntergefallen. Steht ein Hindernis zwischen Fernsteuerung und CD-ROM, geht nichts mehr; ansonsten ist der Gehorsam des CD AR504 auch stark vom Zustand der Batterien (2*IEC R03, 1.5V) abhängig.

Bild 3 zeigt Ihnen den rückwärtigen Teil des Gehäuses. Zwei Cinch-Buchsen zum Anschluß an die Stereoanlage (ja doch! Mit dem OPTOFILE kann man auch Musik-CDs abspielen!), DMA-Ein- und Ausgang (gepuffert), DIL-Schalter für das Einstellen der ACSI-Einheitennummer (normalerweise 6), ein paar kleine Lüftungsschlitze gegen die Sommerhitze und ein Netzkabel - mehr gibt’s hier nicht zu bestaunen.

Von innen aufgekrempelt

Wie das CDAR504 seine Eingeweide präsentiert, sehen Sie in Bild 4. Deutlich zu erkennen: Das eigentliche Laufwerk CA-006 von Chinon mit aufgesetztem Schlitten. Der Laser blinzelt uns durch die bläuliche Objektivlinse an. Hier dürfte auch das Problem bei meinem "D1 ”-Fehler liegen: Normalerweise versucht das Laufwerk nach dem Einlegen einer CD den Laser auf die Platte zu fokussieren; dabei hebt und senkt sich die Objektivlinse. Beim ersten Test-Exemplar klappte das nicht immer, irgendwas klemmt da. Mein Bruder hatte beim Handauflegen offensichtlich immer die passenden positive vibrations parat, um die Linse wieder freizuschütteln. Nix war’s also mit übernatürlichen Fähigkeiten.

Bild 4: Zeigt her Eure Jumper! Das CDAR504 von innen

Mittlerweile ist das Ersatzexemplar übrigens endlich angekommen. Überschwenglichsten Dank an Herrn Henseleit!

Es ist erstaunlich, wie minimal ein CD-Abtastmechanismus ausgelegt sein kann. Bild 5 zeigt Ihnen das CA-006 von der Unterseite. Da haben wir zum einen rechts den Schrittmotor zur Bewegung des Laserschlittens (in der Mitte). Auf dem Laserschlitten selbst findet man alles vereint, was man an Optik zur Abtastung braucht - einschließlich Halbleiterlaser mit einer Leistung von 0.3 Milliwatt bei 780 nm Wellenlänge (rot bis infrarot). Ein simpler, aber trickreicher Mechanismus -der im übrigen den meisten Platz schluckt - sorgt gleichzeitig für die Bewegung des CD-Schlittens und für das Absenken einer Halterung, die eine frisch eingelegte CD festhält. Es ist wirklich erstaunlich: Wenn unsereiner etwas von Lasern hört, denkt er an Ronnie, an im Plug abgeschossene Raketen und an Luke Skywalker -und wenn einem dann so ein Ding begegnet, ist man erstaunt, wie harmlos und schnuckelig ein Laser aussehen und wie nützlich er sein kann. Zweischneidig ist der Portschritt...

Den Rest des Gehäuses füllen Strippen und zwei Platinen, auf denen die nötige Elektronik untergebracht ist. Beide Platinen scheinen Spezialanfertigungen von Chinon für ATARI zu sein - einen 50po-ligen SCSI-Bus, wie er bei CD-ROMs eigentlich üblich ist, konnte ich jedenfalls nicht entdecken. Ich nehme an, daß man wie bei der SH205 versucht hat, Hostadapter, Controller und Low-Level-Elektronik zu vereinen und so Kosten zu sparen. Zwar sehen beide Platinen noch nicht vollständig optimiert aus, aber aus dem Prototyp-Stadium scheint man schon heraus zu sein - kein Drahtverhau, keine Doppel- und Dreifachdecker.

Aber das sind alles nur Sophistereien eines Fanatikers, die Sie nicht so ernst nehmen müssen. Wie die Kiste innen aussieht, dürfte den meisten von Ihnen ziemlich wurscht sein - solange sie ordentlich funktioniert.

Was das CDAR504 kann

CDAR ist die Abkürzung für CD-Audio-ROM\ damit ist das wichtigste eigentlich schon gesagt. Das CDAR504 kann gewöhnliche CD-Audio-Platten abspielen wie jeder CD-Player auch. Das ist zur Zeit zum Beispiel überaus angenehm für mich, weil ich mir bei der Tipperei per Kopfhörer gleich ein paar neue CDs reinziehen kann. (Die alten sind auch nicht schlecht, wie wär’s zum Beispiel mal mit Upstairs at Erics von Yazoo...).

Was den Clou und den Nutzen für den Rechner aber ausmacht: Das CDAR504 ist ein vollwertiges CD-ROM-Laufwerk. CD-ROMs, das sind CD-Platten, auf denen andere Informationen als digitalisierte Musik gespeichert sind. Auf eine CD passen (mindestens) 540 MB Daten (in Worten: Lünf-hundert-vierzig Me-ga-byte!) - das ist genug für 200000 Textseiten (oder eben für ca. 60 Minuten Musik).

Kein Wunder, daß man bald darauf kam, auf CD-ROMs die riesigen Datenmengen unterzubringen, die sonst nur auf Anlagen der mittleren Datentechnik zu finden waren: Die Bibel in mehreren Sprachen, Atlanten, Wörter-und Telefonbücher, Enzyklopädien, Datenbanken über die verschiedensten Thema (Gerichtsentscheidungen, chemische Verbindungen, Gefahrstoffe, eingetragene Warenzeichen, Firmenverzeichnisse), große PD-Software-Sammlungen und, und, und... schauen Sie sich mal in Ihrem Zimmer um und betrachten Sie ein letztes (naja, vielleicht vorletztes) Mal wehmütig Ihre guten, alten Bücher im Regal - wenn Sie nicht gerade ein Sammler sind, müßte man den gesamten Text aller Ihrer Bücher auf eine einzige CD bringen können. Sollte allerdings jemand auf die Idee kommen, Bücher in Zukunft so zu publizieren, fordere ich Sie auf, mit mir eine Initiative zur Rettung des konventionellen Buches zu gründen. Bücher auf CDs, das kann ja nur einem herzlosen Computermenschen einfallen...

Bei großen, systematisch geordneten Datenmengen (Datenbanken) sieht die Sache natürlich anders aus. Hier ist die CD einfach ideal, vor allem, weil man sie mit den Suchfähigkeiten einer Datenabfragesprache kombinieren kann. Solche Abfragesprachen dürften also einen Aufwind erleben.Das ist aber noch nicht alles, was man mit dem CDAR504 machen kann: Audio- und Textdaten, ja sogar Grafikdaten kann man auf einer CD zusammenmischen. Das CD-ROM wird damit zum computergesteuerten Multi-media-Ereignis. Mehr dazu später.

Der Audio-Teil des CDAR504

Hier bin ich - das gebe ich zu - leicht überfordert. Ich bin kein HiFi-Experte und habe auch keinen CD-Player zu Hause, so daß ich die Qualität des Sounds, der aus dem CDAR-504 herauskommt, ziemlich schlecht beurteilen kann. Deswegen habe ich ein paar CD-Player-besit-zende Freunde und Bekannte zusammengetrommelt, die sich die Kiste anhören sollten. Im folgenden sind ihre Eindrücke aufgeführt.
(Hoppla, gerade hat Winwoods Arc of a Diver einen gefährlichen Hopser getan...)

Da muß ich ihm zustimmen. Über das Bedienungsfeld sind nur die folgenden Funktionen erreichbar:

(Gerade eben hat die Winwood-CD schon wieder einen Hüpfer getan. Nachdem ich die vielen Staubteilchen und kleinen Haare abgewischt habe, spurt jetzt das CDAR504 aber wieder.)

Hat sich also was mit Programmierung der Abspielreihenfolge, Repeat-Funktio-nen und ähnlichem Schnickschnack. Dazu kommt, daß die Sieben-Segment-Anzeige nur zwei Stellen hat, in denen der

aktuelle Titel (oder eine Fehlemummer) angezeigt wird und sonst nichts (das heißt: beim Betrieb mit dem Rechner wird auch das zuletzt ausgeführte Kommando angezeigt). Bei fast allen CD-Playern findet man im Display zu jeder Zeit die aktuelle Spielzeit im Titel in Minuten und Sekunden. Zur Verteidigung des CDA-R504 möchte ich aber sagen, daß alle Fähigkeiten zur Nachbildung dieses Komforts mit dem Rechner vorhanden sind. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis jemand mit einem Accessory herauskommt, mit dem man solche Funktionen ausführen kann. Es soll ja schon eines von ATARI geben, das aber nur die Optionen der Infrarot-Femsteuerung bietet und somit ein bißchen witzlos ist. Über den Rechner sind dann aber auch Tricks denkbar, von denen Besitzer konventioneller CD-Player nicht mal träumen.

Dazu ist zu sagen: Chinon und ATARI geben für den Laufwerksmechanismus eine maximale Suchzeit (von innerster zu äußerster Spur fahren) von einer Sekunde an. Das ist für CD-Player ein sehr guter Wert; haben doch zumindest ältere CD-Player mittlere Zugriffszeiten, die bei einer Sekunde liegen. Zur mittleren Zugriffszeit des CDAR504 gibt es keine Daten, da werde ich mir wohl einen Benchmark schreiben müssen. Bei der Titelsuche kann das CDAR504 jedenfalls auch mit Hochglanz-CD-Playern japanischer Herkunft mithalten. Allerdings: Da man sich immer um jeweils einen Titel vor- oder rückwärtstasten muß, dauert es im Endeffekt doch wieder länger, bis man meinetwegen beim achten oder neunten Titel angekommen ist. Zum Glück sind die Vor/ Rückwärtstasten mit einer Wiederholfunktion ausgestattet.

Der Klang, sagt Anton, sei für ihn subjektiv etwas härter als der Klang seines eigenen Players. Ob er das gut oder schlecht findet, weiß er noch nicht. Das maximale Volumen des Kopfhörerausgangs ist Anton zu klein. Für die volle Dröhnung reicht’s nicht, da muß ich ihm zustimmen.

Bild 6: Was das CDAR504 im ausgeschalteten Zustand alles anrichten kann

-Andreas (danke für Yazoo und die anderen CDs) war ebenfalls angetan vom schnellen Zugriff (sei Uralt-Player braucht bisweilen 15 Sekunden bis ein Titel anläuft). Auch er stellte bei einem bestimmten Teil der erwähnten Test-CD, in dem eine digitale Null (also eigentlich garnichts) zu hören sein sollte, störende Geräusche fest - kein Rauschen (naja, vielleicht nein bißchen, aber möglicherweise war’s auch der Verstärker), sondern Laufgeräusche. Man konnte ganz deutlich die Rotation der CD mithören, ebenso das Anlaufen und Herunterfahren bei Start und Stop. Das darf eigentlich nicht passieren, und ATARI sollte sich da schleunigst etwas einfallen lassen. Auch Andreas stellte fest, daß das ATARI-Produkt etwas härter klinge als sein eigenes Gerät.

Bei anderen Tests zeigte das CDAR504 sich empfindlich gegen Schräglage und gegen leichte Stöße, was ein wenig verwunderlich ist. Denn Chinon preist in der Dokumentation des Laufwerksmechanismus seine Tauglichkeit für den Einsatz im Auto an...

Noch zu erwähnen: Das CDAR504 arbeitet nur mit zweifachem Oversampling. Was Oversampling ist? Die Musikdaten auf einer CD werden bei der Herstellung mit einer Frequenz von 44.1 KHz abgetastet. Hörbar sind bei der Wiedergabe theoretisch aber nur maximal 22 KHz, also die Hälfte; warum das so ist, sagt der Satz von Shannon: Eine kontinuierliche (also analoge) Informationsquelle kann digital dargestellt werden, wenn man das Original mit einer Frequenz abtastet, die mindestens das Doppelte der Freqenz beträgt, die man maximal noch herüberbringen will. Beim Abspielen von digitalen Daten entstehen immer Störungen (Aliasing), die aus Interferenzen von Abtastfrequenz und übertragener Frequenz herrühren. Indem man die Abtastfrequenz verdoppelt (Zweifach-Over-sampling), kann man diese Störungen vermindern. Moderne CD-Player arbeiten allerdings schon längst mit Vierfach-Oversampling. ATARI ist hier also nicht ganz up to date.

Es ist auch sehr verwunderlich, daß ATARI in der Dokumentation einen Rauschabstand von “nur” 75 dB angibt. Das theoretische Maximum bei 16-Bit-CDs liegt bei 98 dB, die meisten CD-Player reklamieren gut 90 dB für sich. Woher der Verlust kommt, vermag ich nicht zu sagen. Im Hörtest fiel (mir zumindest) der kleinere Rauschabstand nicht auf.

Alles in allem waren die Tester und ich aber mit dem Klang einigermaßen zufrieden. Wenn erst einmal die Laufgeräusche beseitigt sind (die nur auftreten, wenn tatsächlich eine digitale Null übertragen wird), fiele als wichtigster Negativpunkt eigentlich nur die etwas schwach besaitete Fehlerkorrektur auf.

(Schon mal Blasphemous Rumours auf CD gehört? Ein Erlebnis...)

Das CDAR504 am ST

Zum Anschluß an den ST bietet das CDAR504 einen durchgeschleiften und gepufferten DMA-Anschluß. Hier muß ich gleich ernste Kritik äußern: Hängt man das CD-ROM an den ST, schaltet es aber nicht ein, passieren bisweilen merkwürdige Dinge: Bei Schreibzugriffen auf die Diskette erscheint Ameisengewimmel auf dem Bildschirm, der mir auch sofort nach unten durchläuft (siehe Bild 6).

Ich dachte eigentlich, daß ATARI aus den Fehlem beim Laserdrucker hätte lernen müssen - der versaut im ausgeschalteten Zustand Schreibzugriffe auf die Floppy. Der Fehler trat bei folgender Konfiguration auf: Kurzes DMA-Kabel vom ST zur SH205, langes DMA-Kabel von der SH205 zum CDAR504. Möglich, daß das lange DMA-Kabel daran schuld ist; laut Auskunft von Herrn Henseleit, Chef des Hardware-Supports bei ATARI Deutschland, rühren zumindest manche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Laserdrucker von diesem langen Kabel her. Zur Serienversion werden nur die kurzen Kabel geliefert werden, was natürlich wieder Platzprobleme mit sich bringt. Jaja, der DMA-Bus...

Wenn ich den ST mit dem langen Kabel an die Platte anschließe und die Platte mit dem kurzen Kabel ans CD-ROM, verschwinden die Probleme, ebenso wenn ich eie Anschlußreihenfolge von SH205 und CDAR504 vertausche. Wenn man dann allerdings das CDAR504 ausschaltet, findet der ST die daran angeschlossene SH205 nicht mehr.

Man sollte auf jeden Fall auch noch die beiden DMA-Stecker beschriften, damit sie nicht verwechselt werden.

Leider bekam ich keine Demo-Software für den CD-ROM-Teil, das heißt, ein bißchen schon: Da war eine XBIOS-Erweiterung, die zur Ansteuerung des CDAR504 dient, sowie eine CD, auf der der Verlauf einer Konferenz in Rom zum Thema CD-ROM festgehalten ist. Das war alles. Vom ‘Visual Dictionary’ keine Spur. ‘Visual Dictionary’? Das ist ein englisch-französisches Wörterbuch der Firma Facts on File, das als erste CD-ROM-Anwendung für den ST auf den Markt kommt. Auf dem Schirm erscheinen Bilder mit Bezeichnungen für einzelne Teile des Bildes. Auf Wunsch kann man sich die anderssprachige Entsprechung dieses Wortes a) anzeigen und b) aussprechen lassen - wenn die Software fertig ist, auch über den Audio-Ausgang des CDAR504. Eine pfiffige Sache und ein Vorbote der Multimedia-CDs, von denen ich oben schon andeutungsweise orakelt habe.

Bei einer der frühen Geheimvorführungen eines CD-Prototyps zeigte ATARI auch eine an den ST angepaßte Version des Grolier's Academic American Encyclopedia; das ist ein lexikalisches Werk von 100 MB Umfang. Davon habe ich allerdings seither nichts mehr gehört.

(Depeche Mode’s Shake the Disease rauscht trotz CD a bisserl.)

Einbindung ins XBIOS

Auf CDs gibt es noch keine einheitliche Regelung, was das Dateiformat angeht. Insbesondere kann man nicht von einem MS-DOS/TOS-kompatiblen logischen Format ausgehen. Deswegen gibt es bisher auch noch keine Einbindung der CD-ROMs als logisches GEMDOS-Lauf-werk; übrigens bräuchte man da auch eine Erweiterung der mit 32 MB wie bei MS-DOS recht mageren maximalen Partitionsgröße.

Die kalifornische Firma OMS hat sich darauf spezialisiert, Datenmengen für CDs so aufzubereiten (den Vorgang nennt man Premastering), daß die entstehende Dateistruktur kompatibel zu MS-DOS, DEC VMS, AppleDOS und gar Amiga-DOS wird - es geht also.

Zudem zeichnet sich ein logisches Dateiformat ab, das zum Standard zu werden verspricht: Das Format der Fligh Sierra Group. Das ist ein Konglomerat aus guten Ideen und Kompromissen zwischen VAX/VMS, Unix, Apple-DOS und MS-DOS, auf das sich mehrere Hersteller (Apple, DEC, Hitachi, Microsoft, Philips und andere) geeinigt haben. Für ST-Programmierer sieht das Dateiformat etwas umständlich, aufgeblasen und redundant aus, aber es stecken gute Ideen drin - und es ist besser als gar kein Standard. Denn so besteht Hoffnung, daß jemand auf die Idee kommt, einen universellen High-Sierra-Treiber für den ST zu schreiben, mit dem man dann prinzipiell alle CD-ROM-Platten lesen könnte, die sich an diesen Standard halten (und das tun schon einige). Bis dahin dürfte es aber noch ein Weilchen dauern, denn so einfach ist das nicht; eine GEMDOS-Erweiterung wäre fällig (wie wär’s, Alex?).

Vorerst haben wir immerhin ATARIs XBIOS-Erweiterung, die den physikalischen Zugriff auf Sektoren und die Steuerung der Audio-Funktionen erlaubt. Die neuen XBIOS-Funktionen 48 bis 63 unterstützen zur Zeit nur ein CD-ROM-Laufwerk. Das wird sich aber ändern. ATARI verspricht, daß Programme, die sich an die Richtlinien zu dieser XBIOS-Erweiterung halten, auch auf künftigen Treiber- und DOS-Versionen laufen werden. Man kann immerhin schon Scherze treiben wie etwa Teile eines Musiktitels ständig zu wiederholen, das Titelverzeichnis einer CD einzulesen und bestimmte Titel ferngesteuert abzuspielen. Sektoren lesen kann man natürlich auch.

Ich nehme an, daß diesem XBIOS-Treiber ein GEMDOS-Aufsatz folgen wird, der sich der Low-Level-Aufrufe im XBIOS bedient und das High-Sierra-Format umsetzen kann. Von ATARI war zu vernehmen, daß ein universelles Treiberprogramm, Device Independent Loader genannt, in Vorbereitung sei, der unter anderem auch das High-Sierra-Format in der Definition von Mai 1986 unterstützen wird. Genauere Informationen zum XBIOS-Treiber finden Sie im zweiten Teil der Lichtspiele, die in diesem Heft beginnen.

Den Programmierern möchte ich schon einmal den Mund wäßrig machen, und zwar mit einer Liste der ACSI-Kommandos, die das CDAR504 mit der jetzigen Version der Firmware versteht (siehe Tabelle 1).

Diese Liste ist vielversprechend, und mir jucken alle Hackerfinger. Ein paar dieser Kommandos habe ich schon mit dem Harddisk-Teil des SED aus dem SCHEIBENKLEISTER ausprobieren können. Den Rest probiere ich zur Zeit (August) mit einem selbstgeschriebenen Treiber aus, der Grundlage eines erweiterten SED sein wird. Es fehlen nur noch Kleinigkeiten. Einige Ergebnisse können Sie im zweiten Teil der Lichtspiele erwarten; vorerst möchte ich nicht mi: a gen Schlüssen auftrumpfen.

Im Test-Exemplar war die Version A06 der Firmware eingebaut, die zum Beispiel beim REQUEST-SENSE-Befehl noch Fehler hat. Die Version A08, die das behebt, ist aber schon am Anrollen und wird wohl in die Seriengeräte eingebaut werden.

CD-ROME heißt eine CD mit dem Verlauf und den Ergebnissen einer Konferenz über CD-ROMs in Rom - das war das einzige Spielzeug, das mir für die ersten Programmierattacken zur Verfügung stand. Daß es mir gelungen ist, dem Laser Daten zu entreißen, dafür mag Bild 7 als Beweis stehen. Die vielen in ‘%’-Zeichen eingefaßten Passagen sind wahrscheinlich besondere Kennungen für Schlüsselworte und Steuerzeichen (etwa NL für new line), die eine entsprechend abgestimmte Treibersoftware erkennt. Leider stand mir eine solche Treibersoftware nicht zur Verfügung, und so muß ich mich damit begnügen, daß ich immerhin die Daten lesen kann. Auch diese CD ist übrigens im High-Sierra-Format bespielt.

Kommandonr. in hex. Kommando Funktion
00 Test Unit Ready CD-ROM angeschlossen ?
03 Request Sense Statusdaten übermitteln
08 Read CD-ROM-Sektor lesen
18 Extended Read Sektor oder Frame lesen
OB Seek Sektor suchen
1B Extended Seek Sektor/Frame suchen
05 Audio Stop Wiedergabe beenden
11 Audio Program Wiedergabe programmieren
06 Audio Start bestimmte Titel spielen
19 Read TOC Titelverzeichnis der CD lesen
1A Mode Sense Modus holen
15 Mode Select Modus setzen
12 Inquire CD-ROM-Kennung anfordem
IE Media Removal Medienwechsel erlauben / verbieten
13 Disk Spindown Nachlaufzeit setzen

Tabelle 1: Bei welchen Kommandos spurt das CDAR504?

Ja, und wozu das Ganze?

Das ist eben die Frage. Noch mangelt es erheblich an CD-ROM-Anwendungen für den ST. Und für den reinen Audio-Gebrauch kann man sich für die angekündigten 1300 Mark sicherlich Besseres kaufen. Trotzdem ist der Audio-Teil wertvoll und sollte deswegen nicht eingespart werden, wie es von ATARI zuzeiten erwogen wurde/wird.

Bild 7: Eröffnende Worte der römischen CD-ROM-Konferenz

Ich glaube, daß ATARI mit dem OPTO-FILE dem Medium CD-ROM zum Durchbruch auf dem Heimcomputermarkt verhelfen wird. CD-ROMs sind schon relativ populär in der MS-DOS-Welt. Dort gibt es zuhauf Anwendungen; ein paar davon habe ich weiter oben schon erwähnt. Eine Umsetzung auf den ST scheint mir nicht sonderlich schwierig zu sein; was ein IBM oder ein Clone kann, erledigt der ST doch glatt im Interrupt, und MS-DOS und TOS sind sich ohnehin sehr ähnlich.

Eine Anwendung, die einem sofort in den Sinn kommt: Eine CD mit allen PD-Programmen, die es so zur Zeit gibt. Die ST-Computer-Sammlung böte sich beispielsweise dafür an. Oder wie wäre es mit Spielen mit Musikunterstützung in maximaler Qualität (endlich keine Beschränkung mehr durch den miesen Soundchip des ST), oder Adventure-Komplexen mit massenhaft Grafiken und passender Musik, die von CD nachgeladen wird? - Ideen gibt’s sicher genug.

Leider ist die Produktion von CDs nicht ganz einfach und billig; Ende 1985 kostete es 4000 Dollar, eine Master-CD herzustellen, und weitere 7 bis 50 Dollar pro produzierte Platte (je nach Stückzahl und Produktionszeit). Da sich immer mehr Firmen ins CD-Produktionsgeschäft stürzen (darunter Philips, Du Pont, Sony, CBS, 3M sowie koreanische Firmen), dürften diese Preise noch fallen.

Trotz allem: Eine CD zu produzieren, lohnt sich erst, wenn es genügend CD-ROM-Geräte gibt. Ein CD-ROM zu kaufen, lohnt sich aber wiederum erst, wenn die Software dazu da ist - das leidige Dilemma, das die Angelsachsen treffend the chicken and egg problem nennen. Aber ich denke, daß die Anfangsphase schnell überwunden sein wird. Denn es gibt auf dem MS-DOS-Markt bereits viele Anwendungen, für die man nur noch die Treibersoftware umstricken müßte (und wenn erst einmal ein High-Sierra-Treiber existiert, dürfte das ein Klacks sein).

Die Kombination von ST und CD-ROM bietet für Journalisten, Ärzte, Rechtsanwälte und andere Berufsgruppen enorme Vorteile: Schneller Zugriff auf riesige Datenmengen zu einem konkurrenzlosen Preis für die Abfragestation (Mega ST2, 24-Nadel-Drucker und CD-ROM für unter 5000 Mark, mit 20MB-Platte für unter 6000 DM).

Wer allerdings glaubt, ein CD-ROM im jetzigen Entwicklungsstadium als eine Art Festplattenersatz verwenden zu können, liegt völlig falsch. Nicht nur, daß man auf CDs nicht schreiben kann; dazu kommen noch die relativ hohen mittleren Zugriffszeiten. Die besten CD-Geräte kommen hier auf gerade 150 Millisekunden; Festplatten mit 28 ms mittlerer Zugriffszeit sind schon beinahe gang und gäbe. Von der gemächlichen Übertragungsrate (MFM-Platte: 625 KB/s, RLL-Platte: 937 KB/s, CD-ROM: 150 KB/s) wollen wir gar nicht erst reden.

Es mag allerdings irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem CDs beschreibbar werden. Erst kürzlich ließ Thomson-Brandt streuen, daß man in den Labors beschreibbare CDs habe. Sollten diese CDs irgendwann serienreif werden, bräuchte wohl kein Mensch mehr einen Streamer zu kaufen, und man könnte sogar einigermaßen vernünftig mit CDs arbeiten (also darauf mit Dateien jonglieren), wenn auch nicht so fix wie auf Festplatten.

Raindrops Are Falling On My Head

Noch ist es nicht soweit, und ATARIs CD-ROM CDAR504 repräsentiert den Stand der Technik. Einiges an dem Gerät mißfällt mir:

Einige dieser Punkte sind vielleicht schon behoben, wenn das CDAR504 im Herbst zu einem Preis von 1300 Mark auf den Markt kommt - schließlich habe ich ja ein Entwickler-Exemplar in der Mangel. Die Treibersoftware wird sicher auch bald erscheinen (fragt sich nur, ob sie von ATARI kommt). Eine Liste der wichtigsten Macken, die ich gefunden habe, ist an ATARI gegangen, um noch in letzter Minute etwas zu ändern. Ein am DMA-Bus amoklaufendes CDAR504 beispielsweise wäre völlig indiskutabel.

Let The Sunshine In

Was mir gut gefällt am CDAR504:

Vielleicht haben Sie schon gemerkt, daß ich nicht ganz 100%ig objektiv von diesem Gerät spreche. Machen Sie sich bitte anhand der Fakten Ihre eigenen Gedanken und vergleichen Sie ganz nüchtern die Leistungen des CDAR504 mit Ihren Anforderungen. Verlassen Sie sich nicht auf meine vom Reiz des Neuen verzerrte Programmierersicht. Für mich als Programmierer sind CDs einfach ein faszinierendes neues Medium und das CDAR504 das Werkzeug, das zu ihrer Erforschung dient. Für den Anwender zählt - und das ist kein Vorwurf - nur der blanke materielle Nutzen. Und da kann ich Ihnen mangels fertiger Anwendungen noch nicht viel versprechen. Erschwerend kommt dazu, daß das OPTOFILE zur Zeit noch Kinderkrankheiten hat (siehe oben). Wir bleiben dran und werden über CD-Anwendungen berichten. Lassen wir der Sache noch ein wenig Zeit...

(Wenn Alison Moyet von CD Don't Go röhrt und Vince dazu die Sequenzer quält, fliegt mir glatt das Blech weg.)

CB



Aus: ST-Computer 10 / 1988, Seite 164

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