Interlink ST ist ein nicht mehr ganz neues, aber sehr interessantes Telekommunikationsprogramm mit einem Leistungsumfang, der fast keinen Wunsch mehr offen läßt. Zum Test lag die Version 1.75 vor, die aber inzwischen durch Version 1.8x ersetzt wurde. Das Programm wurde von Randv Mears (Music Construction Set) geschrieben und wird in den USA von Intersect Software vertrieben. Interlink ist nicht nur ein Terminalemulator, doch dazu später mehr.
Beim Starten des Programms erscheint zunächst eine Statusseite, von der über die Menüs, Mausklicks und Befehlstasten in verschiedene Arbeitsmodi umgeschaltet werden kann. Auf der Statusseite werden außerdem die momentanen Einstellungen fürdie wichtigsten Parameter angezeigt. (Geschwindigkeit, Parität. Verbindungsdauer, Emulation . . .)
Da Interlink aus dem USA stammt, ist es natürlich (der Post sei's geklagt) Hayes-kompatibel und die Modemvoreinstellungen sind dementsprechend. Falls man also nicht über ein solches Modem verfügt (darf man ja auch nicht), kann man die Modemfunktionen abstellen oder entsprechend festlegen. Sehr leistungsfähig präsentiert sich auch das Autowahl-Menü. Man kann nicht nur versuchen, ein Ziel mehrfach anzurufen, sondern auch eine Gruppe von Mailboxen auswählen, die dann wechselweise immer wieder angewählt werden, bis eine Verbindung zustandekommt. Man kann also zum Beispiel alle Kölner auf einen Teil der Wähl-Buttons legen, so man sie vorher definiert hat. Zu jedem Wähl-Button merkt sich Interlink die Nummer, ein eventuelles Präfix oder Suffix (jaja, in den USA kann man sich beim Wählen aussuchen, welcher Firma man das Gespräch bezahlen möchte) und eine automatische Einlogsequenz.
Die Einlogsequenz erstellt man einfach, indem man den integrierten Recorder anstellt und mitlaufen läßt, während man die Verbindung aufbaut. Später kann man diese Sequenz speichern und sie bei Bedarf entweder so schnell wie möglich oder in der Originalgeschwindigkeit abspielen. Außerdem läßt sich einstellen, wie lange die Sequenz auf eine Antwort der Gegenstelle warten soll, und wieviele der letzten Zeichen einer zu beantwortenden Frage relevant sind.
Wieder ein Problem für den geplagten Nutzer der Postdienste, diesmal DATEX-P. DATEX-P schickt beim Einloggen über Telefon immer eine 11 - stellige Zahl mit, deren letzte Stellen sich unterscheiden, je nachdem welcher Kommunikationskanal gerade frei ist. Da Interlink immer die letzten Zeichen der Gegenstelle vor einer abzusendenden Eingabe prüft, gibt es hier Unstimmigkeiten, so daß diese hervorragende Möglichkeit nicht nutzbar ist.
Eine Übersetzungstabelle ermöglicht die korrekte Kommunikation mit einem deutschsprachigen Datendienst, und daß tatsächlich Umlaute auf dem Bildschirm erscheinen anstatt irgendwelcher Klammern.
Man kann natürlich auch mit einem Kollegen oder Freund eine solche Tabelle austauschen und hat so die Möglichkeit, die Kommunikation zu verschlüsseln.
Interlink verfügt, wie es bei Programmen dieser Art üblich ist, über einen edierbaren Puffer, dessen Größe sich aus bestimmten Gründen während des Betriebs nicht verändern läßt. Die Puffergröße muß voreingestellt werden, ebenso kann man einen bis zu 31K großen Schnittstellenpuffer festlegen, der für den Multitasking (!) - Betrieb benötigt wird.
Die Edierfunktionen des Puffers sind vollständig, aber zum Teil nur mit der Maus über die Menüs zu erreichen. Es lassen sich ein Block definieren, bis zu 4 Sprungmarken setzen, ein Wordwrap ist einschaltbar, und, es kommt Mac-Feeling auf, man kann einen Block in ein Clipboard schieben. Dieses Clipboard hält sich an den bisher leider noch von keinem anderen Programmhersteller verwendeten Standard, der von Digital Research für GEM vorgegeben wurde, der aber in den meisten Büchern zum ST nicht auftaucht. Das Clipboard wird in ein Systemfile abgelegt, und ist dort von einem anderen Programm, das dem Standard folgt, abrufbar. Eine sehr nützliche Eigenschaft, die hoffentlich Schule macht.
Damit das Clipboard auch genutzt werden kann, muß allerdings ein kurzes Programm namens CLIP.PRG im AUTO-Ordner installiert werden. Die Funktionstasten sind der schnellste Weg, um von einem Programmteil in den anderen zu kommen, in Zusammenhang mit der Alternate- oder der Control-Taste stehen außerdem 20 benutzerdefinierbare Tasten zur Verfügung,die entweder als Textmakros, oder zum Sequenzen aufrufen verwendbar ist.
Bevor man Online geht, sollte man die Schnittstellenparameter überprüfen, wo-bei bis auf die Handshaking-Protokolle (XON/XOFF und RTS/CTS) alle Parameter auf der Menüseite angezeigt werden. Auch die Terminalemulation ist wählbar, wobei ein VT52-Emulator fest implementiert ist. Man kann auf eine Emulation verzichten, oder mit dem ‘?????’-Button weitere Emulationen nachladen. Zur Zeit gibt es eine VT 100/ 102-Emulation, eine Tektronix 4014 sowie VT 220 sind in Vorbereitung.
Zur besseren optischen Hervorhebung läßt sich die Statuszeile auf dem Online -Bildschirm auch invers darstellen und mit dem monochromen Monitor (SM 124) wird auch die Nutzung des 48-Zeilen-Modus ermöglicht. Schließlich läßt sich noch ein akustisches Signal einschalten, daß den Hacker dezent darauf hinweist, daß er schon wieder eine Viertelstunde vertelefoniert hat. Bei Bedarf kann man auch für die Online Übertragung einen Wordwrap einschalten, so daß keine Zeile, die uns über Modem erreicht, länger als 80 Zeichen wird, was besonders nützlich ist. wenn die Gegenstelle z.B. 132 Zeichen pro Zeile verwendet.
Nachdem man nun alles eingestellt hat, was es einzustellen gibt, sollte man zunächst die Telefondatei sichern, da in ihr auch alle anderen Parameter mit abgelegt werden. Falls man nicht will, daß jemand anderes weiß, mit wem man kommuniziert, kann man die Telefondatei auch über ein Paßwort verschlüsseln.
Dabei wird ein Einwegalgorithmus verwendet, so daß man sich das Paßwort tunlichst sehr gut merken sollte, denn was nutzen die schönsten Daten, wenn man nicht an sie ‘rankommt?
Endlich kann man mit Fl Online gehen oder eine Einlogsequenz aufrufen. Die Umschaltung zwischen den einzelnen Bildschirmen ist jederzeit möglich, wobei die einlaufenden Daten im Schnittstellenpuffer zwischengespeichert werden. Der Online-Bildschirm hat, wie bereits erwähnt, eine Statuszeile, die ganz unten auf dem Bildschirm angezeigt wird. Angezeigt wird die Uhrzeit, die Verbindungsdauer, ob die akustischen Signale aktiv sind, der Schnittstellenzustand, der Recorderstatus, die Baudrate, der Duplexmodus und der Pufferstatus sowie der Grad seiner Füllung in Prozent. Statt der Statuszeile kann man auch einen einzeiligen Arbeitspuffer anzeigen lassen, in dem man besonders während man ‘chat’tet, also sich direkt mit einem Gegenüber unterhält, schon mal die nächste Zeile zum Senden vorbereiten kann, während man oben die Antwort des Partners eintreffen sieht.
Interlink kennt diverse Übertragungsprotokolle für Up- und Downloads. Bereits eingebaut sind X- und Y-Modem. sowie reiner ASCII-Transfer. Auch hier sind verschiedene weitere Protokolle nachladbar. Bisher erschienen sind CompuServe Quick-B Protocol und Multitasking x(y)modem sowie Ymodem-Batch. In Vorbereitung ist neben Kermit unter anderem auch Z-Modem, das zur Zeit wohl schnellste Übertragungsprotokoll.
Bei XModem schaltet das Programm bei Bedarf automatisch zwischen den Betriebsarten “Zyklische Redundanzprüfung“ (CRC) und "Prüfsumme" (CHK) um und, falls die Gegenstelle zu langsam antwortet in den slow-Modus, wo die Wartezeit zwischen den einzelnen Blöcken vergrößert wird. Bei YModem-Betrieb wird automatisch in XModem umgeschaltet, falls die Gegenstelle -Modem nicht beherrscht. Der Unterschied zwischen beiden liegt nur in der Größe der einzelnen Blöcke, die übertragen werden.
Die ASCII-Übertragungen sind für jede im Wählverzeichnis enthaltene Gegenstelle getrennt einstellbar [Anforderungszeichen (sichtbar= Prompt) oder nicht, 7/8 bit, Handshake, mit oder ohne Zeilenvorschub (LF) und Wagenrücklauf (CR) sowie Verzögerungen zwischen Zeichen und Zeilen].
Wie bereits mehrfach angedeutet, ist Interlink multitaskingfähig. Dazu muß neben dem MULTIXYF. TXF-Transferprotokoll ein mitgeliefertes Accessory (ILNMULTI.ACC) installiert sein. Während eines Up- oder Downloads kann man nun im Editor spielen oder ein externes GEM-Programm aufrufen (! nur "artige" Programme !). Das Accessory zeigt den Status des Up-/Downloads in seiner Menüzeile an und gibt, wenn gewünscht, akustische Signale. Up-/Downloads im Multitaskingbetrieb gehen nur vom oder auf externen Massenspeicher (Floppy/ Harddisk/Ramdisk), es können weder Blöcke noch der Buffer übertragen werde. Bis 1200 baud (Höher konnte ich nicht testen. ) traten auch bei längeren Übertragungen keine Probleme auf. Es ist schon ganz schön, im Vordergrund beispielsweise mit 1st Word+ zu arbeiten, während eine Übertragung läuft. Probleme gab es zum Beispiel mit Signum, da dies die Accessories ausschaltet.
Als weiteres Bonbon kann Interlink auch als Mini-Mailbox genutzt werden. Es gibt einen sogenannten Answer-Modus mit 3 Zugriffsebenen, Nachrichtenbank, Up-/ Download. Es gibt sogar ein Hilfsmenü. Natürlich ist Interlink kein volles Mailboxprogramm. Aber der Computer kann angerufen werden, wenn man mal für ein paar Tage weg ist, und Nachrichten entgegennehmen, die man dann selbst auch aus dem Urlaub abrufen kann. Zum Austesten dieser Funktionen gibt es auch einen Local-Button. der auf dem Bildschirm einen Anruf von außen simuliert.
Zu guter Letzt sind auch alle wichtigen Diskettenkommandos aus Interlink verfügbar. Disketten formatieren, Ordner anlegen, umbenennen, Dateien löschen, anzeigen und drucken sowie den Pfad einstellen sind implementiert. Im übrigen verfügt Interlink über eine eingebaute erweiterte File-Selector-Box, die die Auswahl eines anderen Laufwerks sehr vereinfacht.
Das Programm wird auf einer einseitigen Diskette geliefert und ist sowohl auf dem Monochrom- als auch auf dem Farbbildschirm lauffähig. Das Handbuch (noch (?) Englisch, 48 Seiten) ist zwar knapp aber präzise, und dank Stichwortverzeichnis und Inhaltsübersicht findet man auch schnell, was man sucht. Das Druckbild ist nicht allerbeste Qualität, aber gut lesbar. Neben den eigentlichen Funktionen des Programms wird auch noch erklärt, wie man in den USA die diversen Datendienste erreicht.
In dem Karton befinden sich auch diverse Einstiegsangebote mit erheblichen Preisnachlässen für amerikanische Datendienste wie CompuServe, The Source, Delphi, Genie und BIX. In der Summe liegen diese Nachlässe sogar über dem Verkaufspreis von Interlink. Leider haben wir hier nicht allzu viel davon, denn von Deutschland aus ist nur CompuServe direkt über einen Gateway in Frankfurt erreichbar.
Über DATEX-P erreicht man CompuServe und BIX. Genie ist zwar technisch möglich, aber General Electric, der Betreiber, hat bisher noch kein Interesse gezeigt, privaten Anwendern diesen Zugang zu öffnen.
Im Test erwies sich Interlink als sehr zuverlässig. Bei Rechnerkopplung (Nullmodem) traten auch bei 19200 baud keine Übertragungsprobleme auf. Manchmal wirkt die VT-52-Emulation bei 300 baud etwas komisch. Das liegt aber wohl am Atari, da ähnliche Probleme auch mit anderen DfÜ-Programmen auftreten, die die interne VT-52-Emulation benutzen. Was noch fehlt, ist eine mächtige Programmiersprache, um auch ungewöhnliche Situationen definieren zu können, bei denen der Recorder nichts nützt. Sie ist für Mitte des Jahres mit Version 2.0 schon angekündigt. Was auch störte, war, daß der Puffer während des Betriebs nicht in der Größe änderbar war. Allerdings kann man mit wenigen Tastendrücken den Puffer speichern und dann leeren.
Mit Interlink erhält man ein Telekommunikationsprogramm, das nicht nur durch seine ungewöhnlichen Merkmale auffällt und besticht, sondern sich auch durch hohe Betriebssicherheit auszeichnet. Man merkt dem Programm die Reifezeit deutlich an, die ihm zuteil wurde.
CSM
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