Computer im Amateurfunk - Amateurfunk mit Computer (1): Einführung

Was ein Computer ist, braucht an dieser Stelle wohl weniger diskutiert zu werden. Was Amateurfunk bzw. ein Funkamateur ist, wahrscheinlich schon eher. Hier beginnen erfahrungsgemäß nämlich die ersten Verwechslungen mit dem CB-Funk, dem sog. Jedermann-Funk.

Der Hauptunterschied liegt darin, daß ein Funkamateur - von denen es in Deutschland rund 60.000 gibt - im Gegensatz zu einem CB-Funker, eine umfangreiche Prüfung bei der Deutschen Bundespost abgelegt und dafür die Erlaubnis erteilt bekommen hat, in 22 statt in 2 Frequenzbereichen zwischen 1.815 kHz und 250 GHz (!) - allerdings abhängig von der Lizenzklasse - funken zu dürfen.

Der zweite wesentliche Unterschied liegt in den unterschiedlichen Übermittlungsverfahren, im Fachjargon Betriebsarten genannt. Im Gegensatz zum CB-Funker. der auf Sprachkommunikation in Amplitudenmodulation (AM) oder Frequenzmodulation (FM) beschränkt ist, darf hier der Funkamateur sehr viel mehr.

Das beginnt mit den klassischen Morsezeichen. im Fachjargon kurz CW oder auch Continuous Wave genannt. Dieser Betriebsart sehr ähnlich ist das Funkfernschreiben (RTTY = Radio-Tele-TY-ping)). Was ein Fernschreiber ist, wissen wohl die meisten. Das Ganze muß man sich nun einfach per Funk vorstellen.

Hier wird jedes Zeichen in einem 5-Bit-Kode dargestellt. Da man mit einem solchen Kode allerdings nur 2 hoch 5 = 32 unterschiedliche Zeichen darstellen kann, aber für das Alphabet plus Zahlen und Sonderzeichen wesentlich mehr benötigt, wird hier ein Trick angewendet: man benutzt den Kode doppelt und sagt vorher, ob es sich um einen Buchstaben oder um eine Zahl bzw. ein Sonderzeichen handelt.

Im Gegensatz zu CW kann man RTTY nicht mehr manuell abwickeln. Hier beginnt entweder der Einsatz eines klassischen Fernschreibers oder eben eines Computers. Der große Vorteil des Computers liegt vor allem darin, daß er keinen Krach macht. Das weiß allerdings nur der zu schätzen, der mal neben einem Fernschreiber gearbeitet hat.

Da sowohl CW als auch RTTY fehleranfällige Betriebsarten sind, hat man sich etwas Neues einfallen lassen: zum einen das sog. Amateur-Microprocessor-Teleprinter-Over-Radio (AMTOR-) und zum anderen das Packet-Radio-Verfahren. kurz PR genannt. Im Amateurfunk läuft übrigens alles mit internationalen, meist englischen Abkürzungen, was den Vorteil hat, daß man sich auch ohne große Sprachkenntnisse erstaunlich gut unterhalten kann.

Wer schon mal etwas vom ISDN-Netz der Deutschen Bundespost gehört hat. der weiß vielleicht, daß dort künftig alles digital ablaufen soll. Basis dafür ist auch dort ein sog. Paket-Übermittlungsverfahren, bei dem jede Informationseinheit (=Paket oder Packet) eine Empfangs- und eine Absenderadresse erhält. Auf diese Weise kann sich diese Informationseinheit ihren Weg selbständig zum Empfänger suchen. Dort werden die ankommenden Einheiten wieder zusammengefügt und als geschlossene Information präsentiert. Basis hierfür ist das sog. X.25-Protokoll, welches für den Amateurfunk (A) in AX.25 umbenannt wurde.

Spätestens bei diesen Betriebsarten ist der Einsatz von Computern unerläßlich, denn die herkömmlichen ‘Maschinen' sind dafür zu langsam. Bei PR und AMTOR werden außerdem die Informationen nicht nur einfach übermittelt, sondern es wird auch festgestellt, ob alles richtig angekommen ist. Falls sich unterwegs ein Fehler eingeschlichen haben sollte, wird die entsprechende Informationseinheit solange nachgesendet, bis alles in Ordnung ist. Und genau darin liegt der Clou, denn damit ist in der allgemeinen Telekommunikation erstmals die Möglichkeit zu fehlerfreier Informationsübertragung möglich geworden.

Vielen vielleicht schon bekannt ist der Mailbox-Betrieb. Bei den Funkamateuren gibt es das natürlich auch, nur eben wieder alles per Funk. Dies ist - wie eigentlich die ganze Funkerei - deshalb sehr interessant, weil dadurch die monatliche Telefonrechnung nicht ins Unermeßliche steigt. Das man im Amateurfunk allerdings nicht alles sagen oder übermitteln darf, was man will, und außerdem keine Verschlüsselungen vornehmen darf, nimmt man dabei gern in Kauf.

Ein weiteres interessantes Gebiet ist der Satellitenfunk. Sie haben richtig gelesen. Die Funkamateure haben über ein Dutzend Satelliten im Weltraum kreisen. Hier wird es nun ohne Computer schwierig, ständig den aktuellen Standort eines Satelliten zu berechnen, um die Antennen entsprechend nachzuführen, und zwar gleichzeitig sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung.

Ein entsprechendes Programm kann einem dazu auch gleich noch zeigen, welchen Erdteil der Satellit zur Zeit abdeckt, so daß der Funker weiß, welches Land er über diesen Satelliten erreichen kann.

Es gibt übrigens einen ‘Satelliten’, der schon sehr alt ist - den Mond. Der Mond ist natürlich kein echter Satellit im technischen Sinn. Einige Spezialisten benutzen ihn als Reflektor, um so Erdteile zu erreichen, die auf den hohen UKW-Frequenzen nicht zu erreichen wären. Hierzu ist natürlich die jeweilige Mondposition wichtig, damit die Antenne genau ausgerichtet bzw. nachgeführt werden kann. Manuelle Berechnungen würden schon überholt sein, bevor sie fertig sind. Für das Funken bliebe dann überhaupt keine Zeit mehr.

Wie man sieht, gibt es heute auch im Amateurfunk Dinge, die ohne Computer undenkbar wären. Allerdings gibt es auch viele Anwendungen, die durch den Einsatz eines Computers lediglich leichter werden. Diese Möglichkeiten werden im folgenden näher beschrieben.

In vielen Ländern auf der Welt gibt es sog. Relais und Baken. Die Relais dienen dazu, Verbindungen zu ermöglichen, die sonst nicht möglich wären, ähnlich wie bei den Satelliten, nur im kleineren Maßstab.

Dazu ist es wichtig zu wissen, daß diese Relais im UKW-Bereich arbeiten. In diesen Bereichen breiten sich die Funkwellen quasi-optisch aus. D.h. im Prinzip, wohin man nicht sehen kann, kann man auch nicht hinfunken. Dieser Umstand ist vor allem für die Autofahrer besonders von Nachteil, da sie sich oft in ungünstigen Gebieten oder zwischen den Hochhäusern einer Stadt aufhalten. Hier helfen nun die Relais. Relais stehen an exponierten Standorten, so z.B. auf einem Hochhaus oder Berg. Damit sind sie von jeder Stelle der Umgebung zu erreichen. Solche Relais arbeiten vollautomatisch. Sie strahlen das empfangene Signal im selben Moment auf einer anderen Frequenz wieder aus. Daduch können sich zwei Funker unterhalten, die sich sonst nicht hören würden.

Im Gegensatz zu den Relais arbeiten die Baken sehr einseitig. Sie geben wie ein Leuchtturm im Wasser lediglich in bestimmten Zeitabständen ein Signal ab. Damit können die sog. Ausbreitungsbedingungen für die Funkwellen fest-gestellt werden, denn in Abhängigkeit von bestimmten Wetterlagen gibt es Situationen, in denen Entfernungen überbrückt werden können, die unter normalen Umständen nicht überwunden werden können. Im Fernsehen macht sich das oft durch verzerrte Bilder oder Wellenlinien bemerkbar und manchmal wird auch dort dann von sog. Überreichweiten gesprochen.

Da es in Deutschland und Europa sehr viele solcher Relais und Baken gibt, ist es sinnvoll, hierüber ein Verzeichnis auf Basis einer Datenbank anzulegen. Damit können sehr schnell der Standort, die Frequenz sowie die Betriebsart festgestellt werden. Die oben bereits erwähnten Mailboxen lassen sich über eine solche Datenbank natürlich ebenfalls verwalten und abfragen.

Im Amateurfunk ist es üblich, sich für jede Erstverbindung eine Bestätigungskarte zu schicken. Dies ist eine sehr schöne Sitte, die allerdings auch mit Arbeit verbunden ist. So muß zunächst mal die Karte ausgefüllt und schließlich auch festgestellt werden, ob man diesem Funkfreund schon eine solche Karte geschickt hat oder von ihm schon eine erhalten hat. Nach Ansammlung von einigen tausend Karten kann das zu einer sehr langwierigen Sucherei werden. Das auch hierfür ein Computer mit einer entsprechenden Datenbank eine große Hilfe darstellt, dürfte jedem klar sein. Doch nicht nur die Verwaltung dieser Karten ist interessant, sondern auch eine Abfrage der Datenbank, welche Verbindungen auf welchen Frequenzen in welcher Betriebsart und mit welchen Ländern getätigt wurden. Ab einer bestimmten Anzahl von Verbindungen aufgrund der unterschiedlichsten Kriterien kann man dann für seine Mühe die tollsten Diplome erhalten.

Doch nicht nur die Erstverbindung, sondern auch jede weitere Verbindung mit dem gleichen Funkfreund muß vom Funkamateur laut Vorschrift der Post aufgezeichnet werden. Auch diese Aufzeichnungen können über einen Computer abgewickelt werden. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe von Listen wie Frequenzpläne, best. Landeskennzeichen oder Relaispläne, die sich sinnvoll im Computer abspeichem lassen, um sie jederzeit schnell zur Verfügung zu haben. So ist es auch interessant zu wissen, in welche Länder man seine Funkstation ohne besondere Genehmigung mitnehmen darf.

Funkamateure sind Aktivisten, und so gibt es die verschiedensten Funkwettbewerbe. Auch hierfür lohnt es sich, entsprechende Programme zu schreiben, die einem die Verwaltungsarbeit abnehmen, denn die Auswertung eines solchen Wettbewerbes ist nicht immer ganz einfach. Oft ist es üblich, jeden überbrückten Kilometer mit jeweils einem Punkt zu belohnen. Doch wie weit ist es nun von einem bestimmten Standort in Nürnberg zu einem bestimmten Standort in Hamburg? Das Dumme an der Sache ist vor allem, das die Erde auch noch rund ist, und damit die Berechnung erschwert.

Außerdem ist es während des Funkbetriebes wichtig zu wissen, in welcher Richtung der jeweilige Funkpartner sitzt, um die Antenne in die richtige Richtung zu stellen. Wer würde seine Antenne schon Richtung Norden stellen, wenn er z.B. nach Alaska funken will? Die herkömmlichen Landkarten führen einen hier völlig in die Irre.

Zu Beginn dieses Artikels wurde von den Morsezeichen gesprochen. Leider ist das eine ‘Sprache’, die man nicht in der Schule lernt, so daß hier sozusagen eine neue Sprache erlernt werden muß. Auch hierbei hilft einem der Computer, vor allem sein Zufallsgenerator. Wer allerdings einen Funkfreund hat, der das Ganze schon beherrscht und immer Zeit hat, mit einem zu üben, der benötigt diesen Programmteil nicht.

Falls Sie nach dem Lesen dieses Artikels etwas neugierig geworden sind, dann sollten Sie sich auch den zweiten Teil anschauen. Dort wird ein integriertes Amateurfunkprogramm für den ST vorgestellt, welches all die hier beschriebenen Punkte und noch vieles mehr in sich vereint.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß es auch verschiedene Arten von Amateurfunkfemsehen und den Empfang von Wettersatelliten gibt. Diese Themen, vom erhöhten Aufwand an Hard- und Software einmal abgesehen, werden nicht näher betrachtet.

Auch kann man den Computer für die Berechnungen von Antennen, Schwingkreisen, Netzwerken und für diverse andere technische Berechnungen einsetzen. Hier gibt es mit Sicherheit kaum Grenzen.

Das im 2. Teil beschriebene Programm konzentriert sich auf all jene Berechnungen und Hilfsmittel, die ein Funkamateur im allgemeinen während einer Funkverbindung und nicht während des Bastelns benötigt.


Wolfgang Cramer
Aus: ST-Computer 03 / 1988, Seite 162

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