PC-DITTO: Charlie läßt grüßen

Der Atari hat sich als 'Emulations'-Rechner schon seit langem einen Namen gemacht. In die Phalanx, der mehr oder weniger erfolgreichen und gelungenen Umsetzungen, reiht sich seit einiger Zeit, zumindest in den USA und nun auch wohl in Deutschland ein weiterer PC-Emulator namens PC-DITTO ein. Nach dem ersten, nicht so gelungenen Versuch eines anderen Herstellers war ich dann doch schon ziemlich gespannt, als am 15. August eine Online-Konferenz mit dem Autor des Programms und Chef der Firma Avant-Garde Systems, Bill Teal, auf COMPUSERVE stattfand, dem Größten der privaten amerikanischen Datennetze. Zum Glück bin ich schon seit längerer Zeit stolzer Besitzer einer Zugangsberechtigung und trotz der frühen Morgenstunde, war ich Dank einiger Liter Cola im Kühlschrank wohlgerüstet.

Pünktlich um 9 Uhr EDT (Eastern daylight saving-time), also um 3 Uhr morgens, trafen sich rund 50 Interessierte in einem 'Konferenzzimmer', um sich mit den allerneusten Informationen zu versorgen. Nach einigen einleitenden Worten, ging es dann zur Sache: 'Questions from the floor, please', hieß die Aufforderung des Sysops. Zunächst ging es um allgemeine Leistungsmerkmale des Programms. PC-DITTO ist eine reine Softwareemulation des IBM PC/XT. Sie arbeitet sowohl mit einem Farb-, als auch einem Monochrombildschirm. Ferner wird ein Festplattenzugriff unterstützt.

Fähigkeiten

Auf dem Bildschirm kann sowohl der Standard-Farbadapter (CGA), als auch der Monochrommodus eines PCs emuliert werden. Die Geschwindigkeit hängt stark von der benutzten DOS-Version ab (am besten DOS 3.x), ist aber in jedem Fall etwas langsamer als ein normaler, mit 4,77 MHz getakteter 8088-Rechner. Die handelsüblichen, für den ATARI erhältlichen Harddisks werden unterstützt und können auch so eingestellt werden, dass man das IBM-Betriebssystem 'von der Platte' holen kann. Allerdings wird dabei nur eine logische Einheit (UNIT 0) mit maximal vier logischen Einheiten (Partitionen) unterstützt. Doch wer hat schon mehr als eine Harddisk an seinen ST gekettet? Zum Betrieb des PCDITTO benötigt man, außer dem nicht kopiergeschützten Programm (der Hersteller vertraut auf die Ehrlichkeit seiner Kunden) eine MS-DOS oder PC-DOS Version. Es läuft fast jede Version, wobei der Hersteller empfiehlt, mindestens 2.0 zu benutzen. Ich habe 2.11, 3.2 und das noch nicht so weit verbreitete 3.3 getestet. Alle drei versahen ihren Dienst, als sei der ATARI ein echter PC. PC-DITTO ist auch in der Lage, selbstbootende Disketten zu verarbeiten. Allerdings wird in der alten Version 2.0 noch der Code 'IBM' abgefragt, um zu vermeiden, eine, in der Diskettenstation liegengelassene GEMDOS-Diskette zu starten, was unweigerlich zum 'Aufhängen' des Emulators führt. Diese Abfrage hat mit einigen Programmen jedoch zu Problemen geführt, da diese nicht den richtigen Code auf der Diskette haben. Aus diesem Grund gibt es in der zukünftigen Version von PC-DITTO die Möglichkeit, eine solche Diskette dennoch zu starten. Die parallelen und die seriellen Schnittstellen werden als LPT1 bzw. COM1 angesprochen und soweit es die Hardware des ST zuläßt, unterstützt. Die serielle Schnittstelle kann ohne zusätzliche Hardware beim ST nicht für synchrone Datenübertragung genutzt werden. Alle standardmäßigen Interrupts des DOS und des BIOS sind implementiert. Das VIDEO-RAM ist speziell verschoben, so dass man direkt darauf zugreifen kann. Auf einem Rechner mit 1 MByte Speicher stehen 703 KB und auf einem mit 520 K etwa 360 K zur Verfügung, wenn das TOS in ROMs installiert ist, entsprechend weniger bei Disketten-TOS. Auch auf den MEGA-STs läuft der Emulator genauso, wie auf erweiterten 'normalen' STs.

Tasten, die der ATARI nicht hat, sind auf die HELP, UNDO und die obersten Tasten des Zehnerblocks gelegt. Eine Tastaturschablone zum Ausschneiden und Einstecken wird mitgeliefert.

Das deutschsprachige Handbuch bezieht sich auf die Installation des Emulators und die Ausnutzung der Kapazität der ST-Diskettenstationen. Alles weitere zum Betrieb seines ST-PCs kann man der DOS-Dokumentation entnehmen. Auf der Programmdiskette befindet sich ein README-File, mit wichtigen zusätzlichen Informationen, die man sich unbedingt vor dem Start des Programms durchlesen sollte. Sie wendet sich vor allem an die Benutzer eine Harddisk. Selbstverständlich kann man auch ein externes 5,25-Zoll-Laufwerk anschließen, welches man für den Betrieb unter PC-DITTO sogar als Station A: deklarieren kann. Durch diese Maßnahme wird es möglich, auch kopiergeschützte Software auf Minidisketten (5 1/4 Zoll) zu benutzen. Ich habe das übrigens mit einem umschaltbaren 40/80 Track-Laufwerk ausprobiert und wurde nicht enttäuscht. Ein solches Laufwerk ist eine große Hilfe beim PC-Betrieb, zumal dadurch das lästige Umkopieren auf 3 1/2 Zoll-Format entfällt. Avant-Garde Sytems, die amerikanische Herstellerfirma, liefert PC-DITTO mit einigen Hilfsprogrammen aus dem Public Domain-Bereich aus, die in sehr vielen Fällen die Bildschirmausgabe und die Tastatureingabe beschleunigen. Leider arbeiten diese Programme nicht mit jeder beliebigen Software zu sammen, so dass man es von Fall zu Fall ausprobieren muß.

Zu den Disketten ist folgendes zu vermerken. MS-DOS verarbeitet zwar alle möglichen Diskettenformate, aber die Versionen unter 3.2 unterstützen keine 80 Tracks. Zu diesem Zweck werden ein Formatierprogramm und eine Ergänzung für das CONFIG.SYS File mitgeliefert, mit deren Hilfe man die volle Kapazität der ST-Laufwerke ausnutzen kann.

Start

Bevor der Emulator das erste Mal gestartet wird, sollte man sich ein Backup anfertigen - wie gesagt, das Programm ist nicht kopiergeschützt. Als zweites sollte man sich die Programme aus dem Ordner PC-PRGMS auf seine IBM-Bootdiskette kopieren. GEMDOS ist bis auf das Formatieren, 'IBM-kompatibel'! Es kann sogar einseitige 40 Track-Disketten bearbeiten.

Der dritte Schritt ist das Programm PC-DMENU.PRG, mit dessen Hilfe man sich alle möglichen Parameter einstellen kann:

Programme

Um es kurz zu sagen, es läuft alles, was gut und teuer ist. Der zukünftige Benutzer von PC-DITTO wird bereits auf der Verpackung darüber aufgeklärt, was mit Sicherheit läuft. Auf der Programmdiskette steht ein File mit allen, vom Hersteller getesteten Programmen und wem das nicht reicht, der kann sich im DELPHI-net (auch über GEONET erreichbar) und in COMPUSERVE ständig die aktuellste Liste abrufen, die etwa wöchentlich ergänzt wird. Mir hat das nicht ausgereicht, und nicht jeder hat das Geld, um sich die teure professionelle Software zu kaufen, also haben wir einige Public-Domain Programme getestet, wie sie fast überall zu haben sind. Auch hier gilt, alles, was sauber programmiert wurde und nicht einfach wild auf irgendwelche Adressen direkt zugreift, läuft. Negativbeispiele sind vor allem Kopierprogramme zum Kopieren geschützter Software. Keines lief, weil sie alle direkt auf den Diskcontroller zugriffen, und der liegt im ATARI nun mal eben woanders, auch wenn es fast der gleiche ist, wie in einem PC. Nun ist es aber fraglich, ob ein Benutzer von PC-DITTO solche Kopierprogramme braucht. Nach Aussage von Mr. Teal an jenem 15. August, ist dem nicht so und daher ist in absehbarer Zeit in dieser Hinsicht keine Änderung zu erwarten, es gibt wichtigeres zu tun.

Geschwindigkeit

Wie oben bereits erwähnt, erreicht PC-DITTO in der Version, die zum Test vorlag, nicht ganz die Ausführungsgeschwindigkeit eines Standard-PCs mit 4.77 MHz Systemtakt. Das erscheint zunächst einmal langsam, aber die Geschwindigkeit ist durchaus noch akzeptabel. Textverarbeitungsprogramme, wie WORD beispielsweise, konnten nur bei sehr schnellem Tippen aus dem Takt gebracht werden, für den nicht professionellen Schreiber reicht die Geschwindigkeit aber aus.

Ganz anders sieht es aber bei graphikintensiven Programmen aus. JET, der Microsoft FLUGSIMULATOR, oder auch STARGLIDER laufen zwar, aber da sie 1 bis 2 Sekunden brauchen, um ein Bild aufzubauen, scheiden diese Programme für die Benutzung unter PC-DITTO aus.

Auch BASICA läuft nicht, das liegt aber daran, das dieses BASIC auf ROM-Code zugreift, der von IBM urheberrechtlich geschützt ist. BASICA läuft auf fast keinem IBM-Kompatiblen, es sei denn, die ROMs wurden direkt bei Big Blue geklaut. Andere BASIC-Implementationen, wie z. B. GW BASIC, TURBO BASIC laufen aber problemlos.

Anwender

PC-DITTO ist hauptsächlich für diejenigen geschrieben worden, die im Büro einen PC und zuhause einen ST stehen haben und hin und wieder unbedingt etwas außerhalb der normen Arbeitszeit erledigen müssen. Und so kann ich wieder Mr. Teal zitieren 'ein langsamer Emulator ist auf jeden Fall besser, als gar kein PC. Die Zielgruppe für den Emulator scheint, zumindest in den USA, nicht gerade klein zu sein, über 12 000 verkaufte Exemplare sprechen da eine ziemlich klare Sprache, und der Preis ist auch bei den aktuellen Preisen für PC-Clones nicht so leicht zu unterbieten. Der PC-DITTO kann so viele Partitionen ansprechen, wie maximal der Harddisk installiert werden können. So kann man theoretisch sogar beliebig viele Partitionen nur für MS DOS einrichten.

Maus, MIDI, Uhr und Laserdrucker

Ansonsten unterstützt er, wie bereits erwähnt, den monochromen Bildschirm des ST. Farben werden durch Graustufen ersetzt. Außerdem ist die ST-Maus von PC-Software ansprechbar ähnlich wie dies ein PC mit einer Microsoft- oder LOGITECH-Maus macht. Die MIDI-Schnittstelle des ST kann genutzt werden, vielleicht eine Möglichkeit STs und PCs miteinander zu vernetzen. Als weiteres Bonbon steht auch die Möglichkeit, die Systemzeit und das Systemdatum aus der ST-internen Uhr auszulesen. Es lassen sich auch Diskettenlaufwerke mit größerer Speicherkapazität (z.B.1,4 MB) anschließen. Den ATARI-Laserdrucker kann man voll nutzen, so dass man auch unter MS DOS seine Druckqualität zur Verfügung hat. Falls sich eine Mehrheit der Nutzer dafür ausspricht, soll in Zukunft dann auch VGA, der neue Graphikstandard der OS/2-Rechner emuliert werden, doch das ist noch Zukunftsmusik.

Mit den oben genannten Features ist PC-DITTO eine echte Alternative zum Billig-PC. Praktisch vollständige Kompatibilität, gepaart mit viel Speicher und dem hervorragenden monochromen oder dem guten farbigen ATARI Monitoren zu einem günstigen Preis, sind die Pluspunkte, die dieses Programm verbuchen kann.


Uwe Bärtels
Aus: ST-Computer 12 / 1987, Seite 140

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