TeX läßt sich wohl am besten beschreiben als ein Expertensystem, das einem völlig unbedarften Benutzer das gesamte Fachwissen eines hervorragend ausgebildeten Setzers zur Verfügung stellt. Es handelt sich hierbei also nicht um ein Textverarbeitungs- sondern um ein Satzprogramm. TeX wurde entwickelt von dem amerikanischen Informatik-Papst Donald E. Knuth, der sich über den stetig fortschreitenden Qualitätsverlust bei den neuen Auflagen seiner in Fachkreisen sehr geschätzten Werke - jeder Informatik-Student kennt „The Art of Computer Programming“ - geärgert hatte. Das Ergebnis seiner achtjährigen Bemühungen ist derart überzeugend, daß sich eben dieses System in den USA inzwischen zum Standard entwickelt hat. Große Fachverlage, wie etwa die AMS (American Mathematical Society), setzen ihre Bücher und Zeitschriften inzwischen grundsätzlich mit Hilfe von TeX. Manuskripte für Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften werden immer häufiger als TeX-Dateien angeliefert und verkürzen somit wesentlich die Zeitspanne zwischen Einreichen und Erscheinen eines Beitrags. Selbst Preprints, also selbstgefertigte Vorab-Veröffentlichungen, sehen dank TeX ebenso professionell aus wie das fertige Produkt.
TeX formatiert nicht nur einen Text nach allen Regeln der Kunst mit Proportionalsatz, Ligaturen (das sind Buchstabenverbindungen etwa bei den Kombinationen ff, fl und fi, die, wie man hier sieht, durchaus nicht selbstverständlich sind) und verschiedenen Schriftarten und -großen, sondern ist auch ein Meister im Aufbereiten von Formeln. TeX erlaubt im Text in Form von Kontrollwörtern und Kontrollzeichen eingestreute Befehle; man kann eigene Befehle definieren und beliebig komplexe Befehlsfolgen zu Makros zusammensetzen. Auf diese Weise ist TeX programmiert; fertige Programmpakete (Makro-Sammlungen) sind bereits weit verbreitet und machen den eigentlichen Reiz des Systems aus.
Die Bezeichnung TeX kommt übrigens von der griechischen Buchstabenfolge Tau, Epsilon, Chi; die korrekte Aussprache ist daher „Tech“ und nicht „Tecks“. Die etwas eigenwillige Großschreibung des letzten Buchstabens soll auf diese Besonderheit hinweisen.
TeX ist inzwischen auf fast jedem Großrechner verfügbar, ebenso auf vielen Systemen mittlerer Größe, wie etwa den VAXen. Wegen seines enormen Bedarfs an Haupt- und Massenspeicher war der Einsatz von TeX auf Mikrocomputern lange Zeit nicht möglich. Mit dem Erscheinen leistungsfähiger Systeme ist diese Hürde nun auch noch gefallen. Die ersten Implementierungen gab es für den Macintosh, es folgten Versionen für den IBM-PC und kompatible und jetzt auch noch für den Atari ST. Auf dem Amiga wird dieses System sicher auch bald verfügbar sein.
Um den Atari ST haben sich glücklicherweise gleich zwei Firmen bemüht: Kettler EDV-Consulting aus Lenggries und TooLs GmbH aus Bonn. Bei den Paketen liegt die Version 2.0 von Original-TeX zugrunde, und beide heißen (surprise, surprise!) ST-TeX. Die Grundprogramme heißen beide TEX.TTP (wie auch sonst?) und erzeugen identische Ergebnisse, also gleiche DVI-Dateien; davon später noch mehr. Unterschiede findet man nur in der Einbindung in das Betriebssystem und in den Druckprogrammen. Die Systeme halten sich auch preislich in Schach, so daß TeX auf dem Atari nur ein Bruchteil dessen kostet, was man auf dem IBM-PC zu bezahlen hat.
Das Grundsystem mit allen Makropaketen, Preview-Programm, Druckertreiber und Zeichensätzen für den Star NL-10 umfaßtbei TooLs 8 und bei Kettler 13 doppelseitig formatierte, randvolle Disketten. Der hierfür benötigte Speicherplatz macht eine Festplatte zur Pflicht. Wahrhaft gigantisch, siehe Untertitel!
Die Arbeitsweise mit TeX ist etwas ungewohnt und soll daher zunächst ein wenig genauer beschrieben werden. Zu einem fertigen Ausdruck gelangt man, Korrekturen einmal ausgenommen, in drei Schritten:
Als erstes wird der gewünschte Text als ganz normaler ASCII-Text in eine Datei (typisch: <Name>.TEX) gespeichert. Dazu kann ein beliebiger Texteditor herangezogen werden, der allerdings wirklich nur den ASCII-Text, also keine Steuerzeichen und keine Formatinformationen speichern darf. 1stWordPlus mit abgeschaltetem WP-Modus hat sich hier bewährt; Becker Text dagegen verlangt finstere Tricks und eiserne Nerven, die nicht abschaltbare Sonderbehandlung der geschweiften Klammern in der Betriebsart C-Source ist da nur einer der lästigen Programmierfehler. Die von TeX bereitgestellten Funktionen und Makros werden dabei im Text über Befehle angesprochen, die in der Regel mit dem Sonderzeichen „\“ (backslash) beginnen. Beiden Systemen liegt ein Makro-Paket bei, mit dessen Hilfe sich der erweiterte Zeichensatz des ST, und dies betrifft insbesondere die deutschen Umlaute, im Text erlaubt ist.
In der zweiten Stufe wird nun diese Datei vom eigentlichen TeX-Programm (hier also: TEX.TTP) bearbeitet. Dabei werden die Befehle interpretiert und der Text formatiert. Das Ergebnis ist eine Datei mit geräteunabhängigen (device independent) grafischen Informationen, die automatisch den Namen < Name >.DVI bekommt. Gleichzeitig wird eine Protokolldatei < Name >.LOG angelegt, in der alle wichtigen Informationen, wie etwa geladene Dateien und Fehlermeldungen, gespeichert sind.
In der dritten Stufe endlich wird diese Information durch ein weiteres Programm, den sogenannten Gerätetreiber, auf das gewünschte Medium ausgegeben. Dies können etwa der Bildschirm, ein Matrix- oder ein Laserdrucker, bei großen Anlagen auch ein Fotosatzgerät sein. Hierbei werden jedoch noch die Punktraster der verwendeten Zeichensätze benötigt. Diese sind leider sehr umfangreich, und genau hier liegt der Grund, warum TeX auf einem System ohne Festplatte wenig sinnvoll ist.
Beim Vergleich der Leistungsfähigkeit der beiden Systeme sind drei verschiedene Dinge zu bewerten: Das Grundprogramm selbst, die Treiber für Bildschirm und Drucker sowie die mitgelieferten Zusätze wie etwa Makro-Pakete und Hilfsprogramme.
Das eigentliche Grundprogramm heißt bei beiden Systemen (siehe oben) TEX.TTP und besorgt das Übersetzen des Quelltextes in das geräteunabhängige Format. Wesentliche Unterschiede gibt es hier nicht und darf es auch nicht geben, die Grundlage ist nämlich stets das von Knuth autorisierte und veröffentlichte Pascal-Quellprogramm, das „nur“ noch auf dem Atari implementiert werden muß. Die unterschiedliche Länge der beiden Programme ist daher wohl in erster Linie darauf zurückzuführen, daß verschiedene Pascal-Compiler verwendet wurden. Bei TooLs war dies CCD Pascal, bei Kettler gibt es keine Angabe. In einer wichtigen Kleinigkeit unterscheiden sich die beiden Programme aber dann doch, und zwar darin, wo die von TEX.TTP benötigten Hilfsdateien (etwa PLAIN.FMT, STY-Dateien, TFM-Dateien mit Zeichensatz-Informationen und ähnliche) gesucht werden: Das Tools-Programm sucht stets in dem Inhaltsverzeichnis, in dem auch TEX. TTP steht. In der Regel ist dies das Basis-Inhaltsverzeichnis einer Partition der Festplatte. Dieses wird dadurch unnötig umfangreich. Das Kettler-Programm erwartet alle diese Dateien in einem Ordner namens TEX und diesen wiederum in dem Inhaltsverzeichnis, aus dem auch TEX.TTP stammt. Somit wird dieses wesentlich übersichtlicher: Alle Hilfsdateien verstecken sich unter einem einzigen Ordnernamen.
In den lieferbaren Makro-Sammlungen unterscheiden sich die beiden Systeme erheblich: Die von Knuth vorgeschlagene Grundmenge PLAIN und das weit verbreitete LaTeX werden von beiden Firmen geboten; nur bei Kettler bekommt man allerdings noch AMSTeX (für Mathematiker sehr wichtig!), eine Bibliographieverwaltung und die bei PC-TeX mitgelieferten Makro-Dateien.
Bei Kettler gibt es für jedes Ausgabegerät ein eigenes Programm. Für den Bildschirm ist dies SHOWER.TTP, für die Druckausgabe testeten wir die Ausgabe auf einen Star NL-10 mit den Programm NL10.TTP. Dagegen liefert TooLs ein einziges Programm, das sämtliche Geräte ansteuert. Dieses DVI. PRG läuft unter GEM, das gewünschte Gerät läßt sich daher wie üblich in einem Menü wählen. Für die Zeichensätze darf man einen Suchpfad einstellen, der in der Hilfsdatei DVI.INF dauerhaft gespeichert werden kann. Ob die Ausgabe auf dem eingestellten Gerät auch tatsächlich möglich ist, hängt natürlich von den verfügbaren Zeichensätzen ab.
Die Kettlerschen Gerätetreiber erstellten Protokolldateien, in denen man etwa alle nicht gefundenen Zeichensätze nachlesen kann. Dabei handelt es sich in der Regel um Vergrößerungsstufen, die nicht vorhanden sind oder noch nicht auf die Platte kopiert wurden. In solchen Fällen wird automatisch die Grundstufe eingesetzt. Die Gerätetreiber von TooLs melden fehlende Vergrößerungsstufen sofort, auch hier kann man automatische Ersetzungen vornehmen lassen.
Die Standard-Auflösung des Preview-Programms „SHOWER“ von Kettler ist leider so gewählt, daß eine Standard-Zeile (die Standard-Makrosammlung PLAIN definiert eine Breite von 6.5 Zoll) nicht vollständig auf dem Bildschirm Platz findet, obwohl hier schon die Rollbalken eingespart werden. Dafür gibt es die Option „verkleinert“, bei der man eine Druckseite fast vollständig auf dem Bildschirm darstellen kann. Nicht, daß man dabei noch etwas lesen könnte, aber der optische Gesamteindruck der fertigen Seite wird ganz gut vermittelt. Hier hätte man aber doch etwas konsequenter sein und ein wenig mehr verkleinern können, damit eine Seite wirklich vollständig auf den Bildschirm paßt. Als Vergrößerungsstufen sind 0 (Grundstufe), half, 1, 2, 3, 4, 5 wählbar. Der Zuwachs um eins entspricht dabei einer Vergrößerung um den Faktor 1.2, half vergrößert um die Wurzel aus 1.2; eine Verkleinerung erreicht man somit nicht.
Die Preview-Funktion, also die Ausgabe des Ergebnisses auf den Bildschirm, scheint bei TooLs etwas besser gelöst. Die Auflösung ist so gewählt, daß eine Zeile in Standard-Breite genau in eine Bildschirmzeile paßt. Die Verkleinerungsfunktion fehlt hier, dafür kann man den Vergrößerungsfaktor gemäß TeX-Standard vierstellig wählen, wobei 1000 der Grundstufe entspricht. Damit sind nun auch Verkleinerungen möglich; mit dem Faktor 380 paßt beispielsweise eine Standardseite genau auf den Bildschirm. Für diese Vergrößerungsstufe sind zunächst natürlich keine Zeichensätze vorhanden, es werden daher die der Grundstufe verwendet. Lesen kann man so zwar auch nichts mehr, aber der grafische Aufbau einer Seite ist gut erkennbar. Mit dem METAFONT-Programm (siehe unten) sollte man sich aber Zeichensätze jeder Vergrößerungsstufe generieren können.
Der mit NL10 erzeugte Ausdruck konnte nicht zufriedenstellen: Die Zeichen erscheinen bereits in der Grundstufe zu breit und sind vom Fettdruck kaum zu unterscheiden. Dies liegt aber nicht an dem Programm selbst, sondern an den bei der Generierung mit Metafont etwas unglücklichen gewählten Zeichensatz-Parametern. Das Problem ist bei Kettler inzwischen bekannt; Abhilfe ist in Arbeit. Der Ausdruck kann jeweils zum Ende einer Seite abgebrochen werden. Zu Beginn jedes Ausdrucks wird ein Titelblatt mit Namen, Entstehungsdatum und -uhrzeit der gedruckten Datei ausgegeben. Ein netter Einfall, der etwas Ordnung in die umfangreiche Papiersammlung bringt.
Die mit dem DVI.PRG von Tools erzeugten Ausdrucke können dagegen schon eher überzeugen, die Zeichensatzgenerierung ist hier anscheinend besser gelungen. Allerdings werden weniger Zeichensätze mitgeliefert als bei Kettler, auch läßt sich das Druckprogramm nicht abbrechen.
Die Ausgabe erfolgt bei beiden Systemen selbstverständlich im Grafik-Modus. Dies bedingt, ebenso selbstverständlich, eine enorme Druckzeit. Mit 6 bis 10 Minuten für eine Seite muß man da schon rechnen. Dafür sieht das Ergebnis dann aber auch aus wie gemalt.
Hinsichtlich der mitgelieferten Dokumentation gibt es ebenfalls erhebliche Unterschiede: Eine mehrseitige Anleitung zum Umgang mit dem Grundprogramm, den Druckertreibern und dem Programm INITEX zur Generierung von FMT-Dateien (das es natürlich bei beiden Paketen gibt) wird noch von beiden Firmen geboten. Bei Kettler bekommt man jedoch noch das Handbuch zum PC-TeX für den DBM-PC. Da diese Version sich in der Bedienung kaum von ST-TeX unterscheidet, ist dies eine sehr sinnvolle Zugabe. Daneben ist der Autor, Michael Spivak, ein bekannter TeXperte, dem neben den Makros zum PC-TeX auch AMSTeX und das zugehörige Handbuch zu verdanken sind.
Bei beiden Paketen wird vorausgesetzt, daß der Benutzer mit TeX zumindest ein wenig vertraut ist. Die Implementierungshinweise sind jedenfalls nur für fortgeschrittene TeXniker verständlich. Das von Kettler mitgelieferte Handbuch für PC-TeX ist da schon eine wertvolle Hilfestellung. Trotzdem sollte sich kein ernsthaft interessierter TeXniker mit irgendwelchen zweiten Aufgüssen zufrieden geben: Grundlage ist IN JEDEM FALL „The TeXbook“ von D. E. Knuth, Verlag Addison Wesley; gebunden: ISBN 0-201-13447-0, ca. 98 Mark, mit Ringheftung: ISBN 0-201-13448-9, ca. 78 Mark. Verwendet man neben PLAIN noch ein anderes Makro-Paket, so braucht man noch das Handbuch des jeweiligen Autors. Die wichtigsten sind:
Für LaTeX: „LaTeX: A Document Preparation System“ von L. Lamport, Addison Wesiey.
Für AMSTeX: „The Joy of Tex“ von M. Spivak, American Mathematical Society.
Keinem der beiden Pakete lag eine Übersicht bei, auch nicht als Datei auf einer der Disketten; welche Zeichensätze mit welcher Vergrößerungsstufe un Lieferumfang enthalten sind. Diese Information ist aber gerade beim Entwurf neuer Formate wichtig, muß also vom Benutzer selbst anhand der vielen Datendisketten mühsam bereitgestellt werden.
Beim Kettler-Paket fehlt die Datei PLAIN.FMT, die für die gesamte Arbeit mit TeX grundlegend ist, und muß daher erst mittels INITEX erzeugt werden. Benutzer ohne Festplatte bekommen bei dieser Gelegenheit gleich einmal ihre Grenzen aufgezeigt.
Beim TooLs-Paket wäre dieser Patzer fatal: Das INITEX war hier auch durch gutes Zureden (keine Ramdisk, Accessories raus, TOS im ROM usw.) nicht zu bewegen, seinen Dienst zu versehen. Man landete nach dem Aufruf stets wieder im Desktop oder im Befehlsinterpreter. Hierfür ist wohl weniger die Firma TooLs verantwortlich, sondern derjenige, der die Disketten beim Transport ein wenig nachmagnetisiert hat.
Die getesteten Pakete umfaßten, einschließlich der Zeichensätze für 24-Nadel-Drucker, bei TooLs 13 (dreizehn!) und bei Kettler 19 (neunzehn!) ZWEISEITIG beschriebene, RANDVOLLE Disketten. Anscheinend kommt man bei keiner der beiden Firmen auf den Gedanken, daß bei den ungeheuren Datenmengen auf dem Postweg mal das eine oder andere Bit kippen könnte. Dabei sind Folgen wie bei INITEX, siehe oben, noch von der harmloseren Art: die bemerkt man wenigstens gleich. Bei Kettler gab es übrigens einmal mit der Datei AMSTEX.TEX Schwierigkeiten. Aber was ist, wenn der Schaden „nur“ zu einem etwas modifizierten Zeichensatz oder einer selten auftretenden Fehlfunktion in einem der Programme führt? Gerade beim leistungsfähigen TeX ist es, selbst für den fortgeschrittenen Anwender, fast aussichtslos, etwa in einem der mitgelieferten Makro-Pakete einen Fehler zu finden, wenn nicht zufällig eine Fehlermeldung produziert wird, die, was noch zufälliger wäre, den eigentlichen Sachverhalt trifft und nicht irgendeinen Seiteneffekt. Wie man hier gewissenhaft arbeitet, könnte man beispielsweise bei Prospero lernen: Bereits für die einseitig formatierte Diskette des Fortran-Compilers wird ein Programm mitgeliefert, das alle Systemprogramme und Bibliotheken anhand von Prüfsummen untersucht.
Den Umgang mit TeX kann man sich durch Befolgen der nachstehenden Regeln bedeutend erleichtern:
(1) Grundsätzlich sollte man nur mit einer Festplatte arbeiten und für TeX dabei eine Partition mit mindestens 5 MByte reservieren, was im Regelfall allerdings auch ausreicht.
(2) Zunächst werden nur die nötigsten Dateien geladen. Für das Grundsystem sind dies beispielsweise TEX.TTP und PLAIN.FMT oder LPAIN.FMT, letztere enhält bereits die Latex-Makros. Bei den Gerätetreibern genügen SHOWER. TTP (für den Bildschirm) und beispielsweise NL10.TTP (für den Drucker); bei TooLs hat man DVI.PRG, DVI.RSC und, zum Abspeichern der Parameter, DVI.INF. Bei den Zeichensätzen lädt man (und dies ist entscheidend!!!) nur die Grundstufen. Dies sind zum Beispiel die Ordner PXLO-500 bei SHOWER und FONT1200 bei NL10; DVI benötigt FONT0475 für den Bildschirm und PXL1200 finden Star NL-10. Datensätze der Vergrößerungsstufen lädt man erst dann nach, wenn sie mindestens einmal gebraucht wurden. Dies entnimmt man den entsprechenden Meldungen der Gerätetreiber.
(3) Häufig benutzte Makropakete werden, zusammen mit PLAIN, mittels INITEX in einer eigenen Format-Datei (z. B. MYPLAIN.FMT) zusammengestellt. Diese läßt sich wegen ihres kompakten Formats schneller laden.
(4) Wird das System gemäß den Punkten (2) und (3) langsam aufgebaut, dann kann es passieren, daß Dateien nicht mehr zusammenhängend gespeichert sind und sich somit deren Ladezeit verlängert. Ist der Entstehungsprozeß nun soweit fortgeschritten, daß nur noch selten Änderungen notwendig sind, dann ist es ratsam, das TeX-System von einer Partition der Platte in eine andere zu kopieren. Dabei werden die Dateien automatisch wieder zusammenhängend.
Beide angebotenen Programmsysteme sind, gemessen an dem letztendlich erzeugten Ergebnis, unglaublich leistungsfähig. Das größte Lob gebührt natürlich dem Entwickler Donald Knuth selbst. Es ist wohl einzigartig, daß ein derart umfangreiches und komplexes Programmsystem auf so vielen verschiedenen Maschinen unterschiedlichster Größenordnung, unterschiedlichster Architektur und verschiedenster Peripherie mit derart großem Erfolg implementiert werden konnte. In diesem Sinne ist TeX mehr als nur ein vorzügliches Satzsystem: Es ist in Entwurf, Durchführung und Dokumentation ein Vorbild für zukünftige Software-Entwicklungen auf sämtlichen Gebieten.
% Mit der folgenden Zeile wird erreicht, daß auch Wörter mit
% deutschen Umlauten getrennt werden können:
\def\"#1{{\accent"7F#1\penalty10000\hskip Opt plus Opt}}
% Wir verdanken dies Herrn Norbert Schwarz
% von der Ruhr-Universität in Bochum
Abbildung 4: Trennung mit Umlauten
Aber auch die Implementierungen auf dem Atari sind sehr gut begonnen: Beide Systeme bieten den vollen Funktionsumfang von TeX, was wegen dessen Design aber auch selbstverständlich ist, und nutzen darüber hinaus noch einige der besonderen Möglichkeiten des Atari, wie etwa die gute Bildschirmauflösung zur Preview-Funktion. Beide Systeme haben natürlich auch ihre kleinen Schwächen; sie können sich aber recht gut ergänzen. Die ideale Kombination sähe wie folgt aus:
Das Grundprogramm TEX.TTP nehme man wegen der Suche in dem Ordner TEX und der umfangreichen Makro-Pakete von Kettler, die Trennmuster für die deutsche Trennung ergänze man durch die zusätzliche Zeile aus Bild 4. Als Gerätetreiber nehme man von DVI.PRG von TooLs, dafür hat man nur ein Programm für alle Ausgabegeräte, eine etwas glücklichere Bildschirmdarstellung und den schöneren Ausdruck auf dem Star NL-10. Dazu hätte man aber gerne noch einige Zeichensätze, die es bei Kettler zusätzlich gibt. Außerdem könnten die Zeichensätze bei TooLs, wie Kettler das Vormacht, in dem platzsparenden PK-For-mat gespeichert werden. Hierzu ein kleiner Vergleich: Der Standard-Zeichensatz ist CMR10 (Computer Modern Roman; Grundgröße 10 Punkte). Die zugehörige Zeichensatz-Datei für den Drucker ist bei Kettler (PK-For-mat) 4112 Bytes, bei TooLs dagegen (PXL-Format) 10 872 Bytes lang. Daneben würde man den Ausdruck auch gerne einmal anders als mit der Reset-Taste abbrechen können; beim Druckprogramm von Kettler ist dies wenigstens am Seitenende möglich. Für TeXniker ist das Folgende selbstverständlich, soll der Deutlichkeit halber jedoch ausdrücklich erwähnt werden: Die von beiden Grundprogrammen erzeugten, geräteunabhängigen DVI-Dateien sind natürlich völlig identisch; man kann daher Grundprogramm und Gerätetreiber beliebig mischen.
Beide Implementierungen für den Atari ST sind noch recht neu, und so verwundert es auch nicht weiter, daß bereits Verbesserungen und Ergänzungen angesagt sind. Das Nachfolgende gibt den Stand der Dinge Ende Mai wieder.
Von Kettler gibt es die feste Zusage, den Zeichensatz für den NL10 nachzubessern. Die Implementierung des Grundprogramms auf dem Atari hat inzwischen die Versionsnummer 3.0, dies ist aber nicht zu verwechseln mit der Versionsnummer 2.0 des Original-TeX.
Bei TooLs tut sich gerade Entscheidendes: TEX.TTP wird etwas aufgepäppelt, damit man Texte und Hilfsdateien aus Ordnern holen und auch in andere Ordner schreiben kann. Der neue Druckertreiber wird auch Zeichensätze im PK-Format lesen und kann während des Drückens abgebrochen werden. Weiter wird die Druckerausgabe automatisch über eigene Routinen gespoolt, so daß während des Druckvorgangs nicht immer gleich auch der Computer außer Gefecht gesetzt wird. Weiter wird als Ausgabegerät nun auch der Epson LQ 800 mit einer Auflösung von 360 mal 180 Punkten je Quadratzoll unterstützt. Als zusätzliches Goodie können mehrere TFM-Dateien in einer Datei zusammengefaßt werden, gleiches gilt für Zeichensatz- Dateien. Damit hat das Betriebssystem des Atari wesentlich weniger Dateien zu verwalten, was ja bekanntlich in einigen Fällen ganz wichtig ist. Die Preise sollen unverändert gelten, die Programme werden gerade getestet und die Dokumentation erstellt.
Beide Firmen bieten neuerdings auch ein Metafont-Programm an. Dies ist ein wesentlicher Teil des gesamten TeX-Systems und dient dazu, Zeichensätze zu verändern oder neue zu erstellen. Ein Test von Metafont ist für eine der nächsten Ausgaben geplant. Weiter werden wir unsere Leser über die Weiterentwicklung beider Pakete auf dem Laufenden halten, soweit uns dies möglich ist.
Zur Verarbeitung wissenschaftlicher Texte steht Atari-Benutzern nunmehr das weltweit führende System in ausreichend leistungsfähiger Form zur Verfügung. Dank des Verzichts des Autors Donald E. Knuth auf jegliches Honorar übersteigt der Preis kaum den eines gewöhnlichen Texteditors. Nach der Implementierung von Fortran hat der Atari nunmehr ein zweites Standbein in der Welt der Profis.
Dr. V. Kurz
Kettler:
TEX.TTP
TeX 2.0 (Atari-Changes Rev.3)
SHOWER.PRG
ST Preview Version 4.2/0
NL10.TTP
V 4.2/0
TooLs:
TEX.TTP
TeX 2.0 for the ST [1.0b]
DVI.PRG
myDVI Version 1.0V
Kettler EDV-Consulting
Postfach 1345
8172 Lenggries
TooLs GmbH
Kaiserstraße 48
5300 Bonn 1
Hardware-Voraussetzungen:
Atari ST, 1 MByte, TOS im ROM Monochrom-Bildschirm für Preview Grafikfähiger Drucker
Sinnvolles Zubehör:
Festplatte