Beim professionellen Einsatz benötigt ein Rechner für die Verwaltung großer Datenmengen eine Festplatte. Inzwischen gibt es viele Fremdhersteller, die Festplatten für den ST in verschiedener Größe und Qualität anbieten. Eine dieser Firmen ist Vortex, deren 20-MByte-Festplattensystem wir Ihnen hier vorstellen möchten.
Ein gemeinsames Merkmal aller bisher für den ST angebotenen Festplatten war ihre überdimensionale Größe. Die von ATARI produzierte SH 204 etwa ist größer als ein Schuhkarton. Die Vortex-Festplatte dagegen wird zwar in einer sehr großen Verpackung geliefert, das Gerät selbst ist jedoch nur um weniges größer als ein Original-Floppylaufwerk. Ein anderes Merkmal, das die Vortex-Festplatte von anderen unterscheidet, ist der niedrige Geräuschpegel: Man hört nur ein leichtes Summen, das die Arbeit am Computer nicht stört. Im Vergleich zu dem Orkan, den die Atari- oder ICF-Festplatte entfachen, ist es nur ein laues Lüftchen, das der Vortex-Lüfter in das Gehäuse hineinbläst. In der atarigrauen Schale mit den Abmessungen 307 mm Länge, 113 mm Breite und 64 mm Höhe befinden sich das eigentliche Festplattenlaufwerk, das Netzteil und ein spezieller Adapter, der das Plattenlaufwerk mit dem DMA-Controller des ST verbindet, der sogenannte ’Hosta-dapter’. An den DMA-Anschluß des Atari kann man bis zu acht solcher Adapter anschließen.
Bei dem Laufwerk handelt es sich um eine 3,5 Zoll-Festplatte mit integriertem SCSI-Controller, der der ANSI-Norm X3T9.2/82-2 entspricht. Die Festplatte besitzt zwei Platten mit insgesamt vier Oberflächen. Vier Köpfe sind für Schreiben bzw. Lesen zuständig. Die Platte hat eine formatierte Kapazität von 20.3 Megabyte. Wie bei der Festplatte von ICF (siehe Test Novemberheft ’86) wird von Vortex ein Kabel geliefert, das lang genug ist, um die Platte hinter dem Rechner neben dem Monitor aufzustellen.
Nicht nur Abmessungen oder technische Merkmale des Laufwerkes sind bei einer Harddisk von Bedeutung. Um ein Peripheriegerät am ST zu betreiben, benötigt man außer der Hardware ein entsprechendes Steuerprogramm, das das Gerät an das Betriebssystem anpaßt. Man nennt solche Programme auch „Treiber“. Dieses Programm ist im Lieferumfang enthalten. Der Harddisktreiber muß in den Arbeitsspeicher geladen und „installiert“ werden. Dies kann auf zwei Arten geschehen: Laden und Starten von der Diskette oder direkt von der Festplatte. Möchte man den Festplattentreiber gleich beim Einschalten des Rechners automatisch installieren, so kopiert man sich einfach das Programm mit der Bezeichnung VHDT.PRG in einen AUTO-Ordner auf einer Diskette. Das hat jedoch den Nachteil, daß man beim Einschalten immer diese Diskette im Flop-pylaufwerk haben muß, um die Harddisk überhaupt installieren zu können.
Man kann dies umgehen, indem man das Installationsprogramm direkt von der Festplatte lädt. Wie bereits erwähnt wurde, befindet sich im TOS kein vollständiger Festplattentreiber, jedoch eine kleine Routine, die das Lesen eines bestimmten Datenblocks von der Platte ermöglicht. Wird der Disktreiber in diesem Datenblock abgelegt, wird die Festplatte automatisch installiert. Eine Besonderheit des Betriebssystems ist dabei allerdings zu beachten:
Nach dem Einschalten der Festplatte braucht sie bis zu 15 Sekunden, bis der Motor die gewünschte Nenndrehzahl erreicht hat. Danach versucht das TOS nur 0,1 Sekunde lang, die Festplatte anzusprechen. Meldet sich die Platte nicht, geht das Betriebssystem davon aus, daß keine Harddisk angeschlossen ist und greift auf das Floppylaufwerk zu. Dieses Problem taucht ständig beim ersten Einschalten von Rechner und Festplatte auf. Hier hilft nur, das ganze System neu zu starten.
Außer der Treibersoftware befinden sich auf der mitgelieferten Diskette noch zwei weitere Programme, die sehr wichtig sind: Ein Dienstprogramm, das den Namen HD20.PRG trägt und das Programm PARK.PRG. Das letztere Programm wird benötigt, um die Festplatte bei Stillstand oder Transport vor Schaden zu schützen. Es ’parkt’ die Schreib/Leseköpfe, die beim Betrieb der Platte auf einem hauchdünnen Luftpolster schweben, auf unbenutzten Spuren des Laufwerkes, um Beschädigungen von Daten durch Abrieb zu verhindern. Das andere Dienstprogramm, das in der Software enthalten ist, erleichtert die Bedienung der Festplatte. Es bietet eine Fülle von Möglichkeiten, die vom Formatieren der Platte bis zur Festlegung, von wo der Treiber geladen wird, reichen. Die Aufteilung der Platte in 'Partitionen’ (logische Laufwerke) wird ebenfalls von diesem Programm bewerkstelligt. Man kann die HD20-Platte in bis zu vier solcher Partitionen aufteilen. Hierbei sollte man beachten, daß das TOS eine maximale Partitiongröße von 16 MByte verwalten kann. Das Löschen einer Partition, ohne daß die übrigen Partitionen beeinträchtigt werden, ist ebenfalls mit diesem Programm möglich.
Bei einer so hohen Datendichte kann es Vorkommen, daß einzelne Sektoren der Platte defekt sind. Trifft der Treiber auf einen solchen Bereich, so gibt er eine Fehlermeldung aus. Um solche Stellen zu „beseitigen“, besitzt die Software eine Option, die die ganze Platte „scannt“, die defekten Datenbereiche sucht und als belegt markiert, so daß man normal Weiterarbeiten kann.
Ein Merkmal fast aller Hard- und Softwareprodukte ist die mangelhafte Qualität des dazugehörigen Handbuchs.
ATARI selbst ist das beste Beispiel für diese schlechte Gewohnheit: Das Handbuch des ST ist sicher kein Meisterwerk.
Auch in dieser Hinsicht ist Vortex eine Ausnahme. Das mitgelieferte Handbuch ist nicht nur vom Material her gut gelungen, auch der Inhalt ist vorbildlich. Außer der ausführlichen Dokumentation der Software wird fast im Detail die Funktionsweise dieser Festplattenstation erklärt. Das technische Hintergrundwissen, zum Beispiel des ’Handshaking’ zwischen Festplattenlaufwerk und Controller, werden erklärt. Sicher gibt es eine Menge von Informationen, die nicht jeder gebrauchen kann, aber es gibt unter all den ST-Anwendern, die sich eine Festplatte zugelegt haben, sicher viele, die sich mit solchen technischen Details beschäftigen. Die HD20-Festplatte ist ein ausgereiftes Produkt, das für jeden, der mit Programmentwicklung zu tun hat oder der mit großen Datenmengen arbeiten muß, ein komfortabler (vor allem ruhiger) und schneller Massenspeicher. Zur Zeit ist nach der Preissenkung der ATARI Harddisk nur noch der Preis von DM 1.798,- ein Problem. Aber kann man Komfort durch einen niedrigeren Preis ersetzen?
Bezugsquelle: Vortex Computersysteme GmbH Falterstr. 51-53 7101 Flein