Adimens ST: Eine schnelle relationale Datenbank für den Atari ST

Datenbanksysteme sind heute ein fester Bestandteil der Microcomputer-Anwendungen. Sie ersetzen die alten Karteikästen: Sei es in privatem oder im industriellen Bereich. Doch was ist überhaupt ein "relationales Datenbank-System"?

Der Begriff "relational" kommt aus der Mathematik. Danach ist eine Relation eine Tabelle mit gleichartigen Zeilen, die nach einem Schlüssel sortiert sind. In der Datenverarbeitung ist eine Datei mit mehreren gleichartigen Datensätzen eine solche Relation. Zum Beispiel:

Name   Vorname     Telefon       Kunden-Nr.
Müller Hans        0815/4711     6001
Heim   Karl-Heinz  06151/56057   6007

Man kann mehrere Datensätze über einen gemeinsamen Schlüssel verknüpfen - ein Schlüssel definiert einen Datensatz eindeutig - und ihre gegenseitige Verknüpfung in zweidimensionalen Tabellen darstellen.

Logische Beziehungen zwischen Daten verschiedener Realtionen werden über den Dateninhalt selbst hergestellt. So könnte man etwa eine Adresse über die Kunden-Nummer aus einer zweiten Relation herausfinden:

Kunden-Nr. PLZ  Ort         Strasse
6001       6000 Frankfurt   Mainzer Landstr. 120
6007       6100 Darmstadt   Heidelberger Landstr. 194

Die erste relationale Datenbank - zunächst für Systeme mit 8, später mit 16 und 32 Bit - war DBASE II. Diese Datenbank des Softwarehauses AshtonTate erlebte einen regelrechten Siegeszug durch die verschiedensten Anwenderkreise und wird heute noch genauso wie der Nachfolger DBASE III häufig benutzt. Auch für den ATARI ST wird eine Anpassung von DBASE II angeboten.

Für die Popularität relationaler Datenbanken sorgen zwei Eigenschaften, die sie von anderen Datenbankprogrammen unterscheiden.

Adimens ST: Bedienungskomfort durch eigene Shell

Adimens ST ist eine solche relationale Datenbank. Das Programm wurde von dem renommierten deutschen Softwarehaus ADI entwickelt. Mit ihm kann man bis zu 16 unterschiedliche logische Dateien miteinander verknüpfen. Das erspart ein mehrfaches Erfassen und Ändern von Daten. Adimens verfügt über eine eigene "Shell", über die einzelne Programm-Module aufgerufen werden können. Das Programmpaket besteht aus folgenden Bestandteilen:

EXEC : Hauptprogramm plus Shell.

INIT : Initialisierung der Datenbank.

DRC : Erzeugung des Resource-Files für die Maske.

EDITOR : Möglichkeit zum Einbinden eines beliebigen ASCII-Editors.

REORG : Reorganisation der Datenbank.

DOS-SHELL : Schnittstelle zum Kommandointerpreter.

Bild 1: Die Verknüpfungsmöglichkeiten

Erstellen einer Datenbank

Zuerst sollte man einen beliebigen Texteditor, z. B. 1st__Word.Prg, in Editor.Prg umbenennen und dann die benötigten Fiels auf die Sicherheitskopie der Adimens-Diskette kopieren. So sind alle Voraussetzungen für die Arbeit mit Adimens ST erfüllt.

Danach muß das Hauptprogramm EXEC aufgerufen werden, um von dort aus in alle notwendigen Programm-Module zu gelangen. Zuerst wählt man den Editor, um die Datenbankbeschreibung zu erstellen. Hier werden alle nötigen Vereinbarungen zur Erstelung der Datenbank (geplante Anzahl der Datensätze und Felder sowie Sortier- und Verbindungsschlüssel) getroffen, (siehe Tabelle 1)

Adimens ST stellt folgende Datentypen zur Verfügung:

c - alphanumerische Zeichen (max. 70)
i - numerische Ziffern Integer (max. 4)
l - numerische Ziffern Long-Integer (max. 12)
d - Dezimalzahlen (max. 8 incl. Punkt)
s - Betrag in kaufmännischer Notation (max. 14)
t - Datum (TT.MMJJ)

Wenn die Datenbankbeschreibung fertig ist, kehrt man ins EXEC-Programm zurück und ruft als nächstes das INIT-Modul auf, in dem man die eigentliche Maske generiert und die Dateien" festlegt.

Dazu können die einzelnen Bestandteile der Maske beliebig auf dem Bildschirm - sogar über mehrere Bildschirmseiten (max. 64 Seiten pro Datenbasis!) - positioniert werden. Zudem ist es in diesem Programmteil möglich, eine bereits erstellte Datenbasis zu erweitern.

Allerdings sollte man darauf achten, bei der Positionierung nicht über bereits definierte Maskenteile zu fahren, da diese dann vom Bildschirm gelöscht werden. Die "überfahrenen" Maskenteile sind trotzdem im Speicher vorhanden und man kann Sie leicht wieder sichtbar machen. Lästig ist es dennoch.

Als nächstes Programm-Modul muß DRC aufgerufen werden. Es erzeugt aus den bisherigen Angaben ein Resource-File. Damit ist die Maskenerstellung abgeschlossen: Ab sofort kann mit der Datenbank gearbeitet werden.

Das Programm-Modul REORG kann bereits erstellte Dateien, deren Format zu klein geworden ist, nachträglich verändern. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um zu klein geratene Felder oder um neue Felder handelt.

Als zusätzliches Modul wird der Kommando-Interpreter des ATARI-Entwick-lungspakets mitgeliefert. Er wird einfach durch den Menüpunkt DOS-SHELL aufgerufen.

Das Arbeiten mit dem EXEC-Modul

Das EXEC-Modul ist, im Gegensatz zu den anderen Modulen, voll in GEM eingebunden. Mit ihm ist das Bearbeiten der Daten und die Verzweigung zu den anderen Modulen möglich.

Unter Bearbeiten versteht man das Erfassen, Ändern, Übertragen und Ausgeben von Datensätzen. Außerdem werden mit seiner Hilfe Datenbankinhalte nach bestimmten Gesichtspunkten sortiert und anschließend auf Diskette, Drucker oder Bildschirm ausgegeben. Drei Sortierroutinen stehen zur Verfügung: Man kann aufsteigend, absteigend und sequentiell sortieren. Das gewählte Sortierverfahren kann auf Diskette abgespeichert werden und wird dann automatisch beim Laden des EXEC-Moduls mit eingeladen.

Man kann nach den in der Datenbankbeschreibung definierten Schlüsselfeldern beliebig sortieren oder auch die Daten miteinander verknüpfen und diese Sortierdefinitionen sogar zum weiteren Gebrauch abspeichern. Wie Bild 1 zeigt, sind eine Vielzahl von Verknüpfungen möglich. Durch bloßes Anklicken der gewünschten Maskenteile und Verknüpfungssymbole werden die Wahlfelder generiert. Schön ist, daß man jegliche Arten von Beziehungen unter den Datenfeldern herstellen und sich regelrecht durch die Daten "durchklicken" kann. Das Relationale an dieser Datenbank ist wirklich optimal gelöst. Leider fehlt eine eigene Programmiersprache wie bei DBASE, doch die meisten Funktionen können durch entsprechende Definition der Schlüsselfelder ersetzt werden.

Bild 2: Ausgabe einer Liste

Jede Datei, die zu einer Datenbasis gehört, bekommt ein eigenes Karteikastensymbol auf dem Bildschirm. Durch Anklicken des Symbols wählt man zwischen den verschiedenen Dateien und läßt deren Inhalte anzeigen. Die Ausgabe der Daten erfolgt wahlweise in Listenform (siehe Bild 2) - wobei zwischen fünf verschiedenen Zeichensätzen gewählt werden kann - oder als Maske (siehe Bild 3). Wählt man die Listenform, erhält man durch Anklicken des betreffenden Listeneintrags sofort die dazugehörige Maske. Ein Nachteil daß jeder Dateizugriffspfad nur einmal angesprochen werden kann. Der Vergleich von verschiedenen Datensätzen einer Datei ist deshalb manchmal umständlich. Beim Eingeben der Daten in die Maske darf man nur das letzte Datenfeld der Maske mit Return abschließen.

Bild 3: Beispiel einer Maske

Suchen mit "Wildcards"

Die Suche orientiert sich an beliebigen Schlüsselfeldern. Bei mehreren in Frage kommenden Datensätzen besteht die Möglichkeit, vor- oder zurückzublättern. Störend: Am Ende der Datensätze eines Suchkriteriums kann man nicht mehr zurückblättern, sondern muß von neuem beginnen.

Der Anwender kann auch Platzhalter, "Wildcards" genannt, einsetzen. So werden etwa bei einem Namen nur die ersten Buchstaben und danach ein "?" eingegeben, wobei Groß- oder Kleinschreibung egal ist. Adimens ST sucht nun die passenden Kombinationsmöglichkeiten und gibt sie als Liste oder Maske aus.

Folgende "Wildcards" sind" möglich:

}" »? vertritt einen String (mehrere Zeichen oder Wörter)
!" »? steht für ein beliebiges Zeichen
»=#=" steht für eine Zahl
$« "vertritt einen Buchstaben

Desktop beim EXEC

Das EXEC-Desktop ist ähnlich wie das Atari-Desktop aufgebaut: Ein zusätzlicher Pluspunkt für den ungeübten Atari-User. Die Funktionstasten sind in 1st Word-Manier belegt.

Übrigens läuft Adimens ST in mittlerer oder in hoher Auflösung. Zwischen den beiden Möglichkeiten ist sogar vollständiger Datenaustausch gewährleistet: Ohne umständliche Anpassung der Maske kann weitergearbeitet werden.

Austauschen von Daten

Mit den Funktionen Import und Export lassen sich Daten mit anderen Systemen, etwa DB Master, austauschen. Meist sind jedoch kleine Datenkonvertierungsroutinen notwendig. Eine Routine zum Datenaustausch mit DB Master kann man sich beim Erwerb von Adimens beim Händler kopieren.

Ferner verfügt Adimens über eine Option namens "Mischen". Mit ihr kann man Daten zum Erstellen von Formularen, Serienbriefen und ähnlichen Texten abspeichern. Ein Beispiel dafür ist das Erstellen von Serienbriefen mit 1st__Word, wobei bei Datumsfeldern sogar eine automatische Anpassung mit Einfügen der Punkte zwischen Tag, Monat und Jahr geschieht.

Update-Version im Frühjahr

Für wen die Art der Maskengenerierung unter TOS zu umständlich ist, ist Trost in Aussicht: Zur CeBIT im Frühjahr wird ein Update vorgestellt werden, in dem das INIT-Modul in GEM eingebunden ist. Die Maskenerstellung geschieht dann ähnlich wie unter DB Master. Ferner werden in dieser Version Möglichkeiten zum Stapelbetrieb und zu Rechenoperationen implementiert sein. Die Rechenfelder sollen dann, ähnlich wie beim Menüpunkt "Wahl" definiert und abgespeichert werden können, so daß man immer darauf zurückgreifen kann. Die Update-Version wird gegen eine Gebühr im Austausch erhältlich sein, so daß man schon jetzt ohne Probleme mit Adimens arbeiten und seine "alten" Dateien später weiterbenutzen kann.

Ebenfalls für’s Frühjahr ist eine Datenkonvertierung von DBASE- auf Adimens-Dateien geplant.

Passend zu Adimens ST ist schon jetzt eine C-Programmierschnittstelle zum Einbinden von Daten erhältlich. Die nötigen Lizenzen zur Nutzung in anderen eigenen Programmen können für 2000 DM erworben werden.

Adimens ST wird für 499 DM direkt von ATARI über die Fachhändler vertrieben.

ATARI Corp. (Deutschland) GmbH
Frankfurter STr. 89-91
6096 Raunheim ,

Bild 4: Verzweigen über Anklicken von Schlüsselfeldern

Fazit

Adimens ST hat uns sehr gut gefallen und ist allen ernsthaften Datenbankanwendern zu empfehlen. Allerdings sollte man bei intensiver Nutzung die Anschaffung einer Harddisk erwägen.

Positiv

Negativ

Maximale Kapazitäten von Adimens ST


Klaus Heuer
Aus: ST-Computer 01 / 1987, Seite 114

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite