Dem Desktop auf der Spur

Die Benutzeroberfläche von GEM stellt eine Schreibtischoberfläche, Englisch Desktop, dar. Die Fenster kann man als Blatt Papier, die Diskstationen als Karteikästen, mit Ordnern gefüllt, verstehen. Auch ein Papierkorb fehlt nicht. Nach dem folgenden könnten es aber schon zwei werden.

Um nun bei jedem Booten nicht jedesmal seinen Schreibtisch neu organisieren zu müssen, kann man den aktuellen Stand mit 'Arbeit sichern’ im Drop-Down-Menü ’Options’ sichern. Dabei wird ein File ’DESKTOP.INF’ angelegt. Dieses File enthält Informationen über: RS232 und Drucker-Konfiguration, Kontrollfeld-Parameter, Bildschirmauflösung, Position der Fenster und Icons, Anwendung. Das Erfreuliche dabei ist, daß man die Info mit einem Texteditor, z. B. 1st_Word (nicht im WP Modus) oder Mince, laden, verändern und rückspeichern kann! Dazu betrachten wir die Desktop-Info in Bild 1, die ich im folgenden erklären werde.

Alle Informationen werden durch ein Doppelkreuz eingeleitet. Danach folgt ein Buchstabe zur Kennzeichnung und dahinter die Parameterliste. Sie besteht entweder aus einzelnen Ziffern, deren Bedeutung in den nachfolgenden Tabellen erklärt wird, oder aus Hexzahlen in Ziffemschreibweise. So kann Hl eine Zahl zwischen '00' und 'FF' sein.

RS232 Einstellung

	#a123456
  1. Dublex 0=Voll l = Halb
  2. Baud 0= 9600 1=4800 2=1200 3=300
  3. Parität 0=Keine 1 = Odd 2 = Even
  4. Bits 0=8 1=7 2=6 3=5
  5. Rts/Xo 0=Aus/Aus 1=Aus/An 2=An/Aus 3=An/An
  6. Bit8 0=An 1=Aus

Die Desktopinfo in Bild 1 hat damit folgende RS232 Einstellung. Vollduplex bei 9600 Baud ohne Paritätstest. Es werden 8 Bits, ohne Handshake an den RTS/CTS-Pins und XON/XOFF Erkennung, gesendet. Bit 8 ist theoretisch an, da aber 8 Bits gesendet werden, wird es nicht verändert. Diese Option ist nur bei weniger als 8 gesendeten Bits wichtig und auch wirksam.

Drucker Anpassung

	#b123456
  1. Typ 0=Matrix l=Typenrad
  2. Farbe 0=S/W 1=Farbe
  3. Punkte 0=1280 1=960
  4. Qualität 0 = Test 1 = Maximum
  5. Port 0=Centronics 1=RS232
  6. Papier 0=Endlos 1= Einzel

Mit unserer Desktopinfo haben wir also dem ST folgendes mitgeteilt: wir besitzen einen Matrixdrucker ohne Farboption, der 1280 Punkt pro Zeile drucken kann. Die Qualität des Druckes ist für Testzwecke gut genug. Angeschlossen haben wir den Drucker an die Centronicschnittstelle, und eingelegt haben wir Endlospapier.

Kontrollfeld

	#C777...411H1H2

Die ersten 48 Ziffern stellen die 16 benutzbaren Farben dar. Dabei werden immer drei Ziffern für eine Farbe benutzt. Die Ziffern haben eine Wertigkeit zwischen 0 und 7. Sie stellen die Intensität der jeweiligen Grundfarbe Rot, Grün und Blau dar.

	49.	Maus Speed	0—4
	50.	Tastenklick	0=Aus	1 = An
	51.	Glocke	0=Aus	1=An
	H1. Wiederholzeit
	H2. Wiederholrate

Unser Desktop hat im Kontrollfeld folgende Besonderheit: da die ersten sechs Ziffern drei Nullen und drei Siebenen sind, zeigt unser ST, anders als normal, weiße Schrift auf schwarzen Grund, beim Monochrommonitor, an. Da die Zeile sehr lang ist, erkläre ich den Rest der Zeile von rechts nach links. Die zwei Ziffern ganz rechts geben die Wiederholrate der Tasten mit 03 an. Die zwei Ziffern links daneben geben an, daß die Wiederholzeit, d.' h. die Zeit, bis die Taste zum ersten Mal wiederholt wird, auf 18 steht. Die Glocke ist angeschaltet, der Tastaturklick ist ausgeschaltet. Der Maus-Speed steht auf 5, was normalerweise nicht zugelassen ist und mit dem Kontrollfeld auch gar nicht erzeugt werden kann, aber auch keinen besonderen Effekt hat.

Darstellung

	#E H1 H2

H1-BITs

7.	Index als	0=Bild l = Text
6/5.	Sortiert nach	00 = Name 01 = Datum 10=Größe ll = Typ
4.	Löschbestät.	0=Nein l=Ja
3.	Kopierbestät.	0=Nein l=Ja
H2	01 = 320 * 200 oder Monochrome 
	02 = 640 * 200 oder Monochrome 
	03=Monochrome oder 320*200

Die Darstellung wird normalerweise mit dem früheren Anzeigen- und jetzigen Index-Menü eingestellt. FB in unserer Desktopinfo bedeutet hier Dateinamen als Text anzeigen und nach Typen sortieren. Beim Löschen und Kopieren soll dies nochmal extra bestätigt werden.

Sollten wir mit einem Farbmonitor arbeiten, sind wir nach dem Booten im 640 A 200 Punkte Modus, da H2 den Wert 02 hat.

# Fenster
#1N Hl H2 H3 H4 H5 H6 H7 NAME

H1 horizontaler Schieber
H2 Vertikaler Schieber
H3 X-Position
H4 Y-Position
H5 Breite
H6 Höhe
H7 Vertikales Rollfeld

Ist ein Name vorhanden, wird das Fenster geöffnet und das entsprechende Directory von der Floppy geladen.

Unsere Desktopinfo definiert die Position von vier Fenstern, mehr gibt es ja auch nicht, und öffnet davon eins oder auch zwei, wenn vorher eine Station D als Ramdisk oder Harddisk definiert wurde. Die Position dej Fenster errechnet sich folgendermaßen. Die X-Position/breite bei H3/H5 wird mit 8 multipliziert, während die Y-Position/ Breite H4/H6 bei Monochrom mit 16 und bei Farbe mit 8 multipliziert wird. Dabei ist mit dem Editor bei allen Fenstern die Höhe verändert worden. Der höchste Wert von H6 ist normalerweise 17. Durch unsere Manipulation reicht das Fenster noch eine Zeile tiefer.

Diskstation

	#M Hl H2 H3 H4 D ICONNAME

H1 X-Position
H2 Y-Position
H3 Bild des Icons: 00 = Diskstation; 01= Ordner; 02=Müll; 03=Prog.; 04=File
H4 ?
D Laufwerkbezeichnung ’A’-’D’

Die Beispieldesktopinfo hat zwei Diskstationen und eine Ramdisk, als Laufwerk D, angemeldet. Die X-Positionen der Icons müssen noch mit 80, die Y-Positionen mit 40, 20 bei Farbe, multipliziert werden, um die wirkliche Bildschirmposition zu bekommen. So steht die ’WOM DISK’ z. B. bei 320/40, Laufwerk B steht darüber (320/0) und Laufwerk A links oben in der Ecke (0/0). Zu der Y-Position muß man noch 20 Pixel dazurechnen, die durch die Menüzeile verbraten werden.

Papierkorb

	#T Hl H2 H3 H4 ICONNAME

H1 X-Position
H2 Y-Position
H3 Bild des Icons:
00=Diskstation; 01 = Ordner;
02=Müll; 03=Prog.; 04=File
H4 ?

Der Papierkorb unterscheidet sich im Aussehen und in der fehlenden Laufwerksbezeichnung von den Diskicons. In unserer Desktopinfo haben wir noch einen zweiten Papierkorb generiert. So steht immer ein Papierkorb in der Nähe, und wir müssen die Maus nicht über den ganzen Tisch ziehen, um etwas zu löschen. Wer hat dabei nicht schon mal ein Icon fallenlassen und sich dann mit einer Mitteilung von GEM hert mgeschlagen.

GEM Anwendung

	#G H1 H2 Anwendung Dokument

H1 Bild des Icons:
00 = Diskstation; 01 = Ordner;
02=Müll; 03=Prog.; 04=File
H2 ?

Anwendung: Alle .PRG-Files sind als GEM-Anwendung angemeldet.

Dokument:
File (z. B. TEST.S) oder Filetype (z. B. * .S), bei dessen Aufruf automatisch das Programm mit dem Namen, der bei Anwendung steht, vorab geladen wird. Im Desktop kann man dies dadurch erreichen, daß man das Programm, das vorab geladen werden soll, einmal anklickt, im Optionsmenü 'Anwendung anmelden’ selektiert und jetzt bei 'Dokument Art’ den entsprechenden Filetyp einträgt. So kann man z. B. für 1st Word die Document Art ’DOC’ eintragen, und wenn wir dann einen Doppelklick auf ein File mit dem Filetype .DOC ausführen, wird erst Ist Word und dann der Text geladen. In unsere Desktopinfo ist auch noch der Filetype *.APP als GEM-Anwendung angemeldet, dies empfiehlt sich bei Benutzung von GEM DRAW, GEM PAINT oder GEM WRITE, da diese Programme Files mit eben der Bezeichnung .APP nachladen und starten wollen.

TOS Anwendung

	#F H1 H2 Anwendung Dokument

Wie #G nur für TOS-Anwendung. Alle .TOS-Files sind als TOS-Anwen-dung angemeldet. In der Desktop in Bild 1 ist auch *.OTD als TOS-An-wendung angemeldet, dies ist aber nur ein Gag.

TTP Anwendung

	#P H1 H2 Anwendung Dokument

Wie #F, nur mit Parameterübergabe. Alle .TTP-Files sind als TTP Anwendung angemeldet.

Soweit alle Options, die mir bekannt sind. Am Besten probieren Sie selbst ein wenig aus. Gefährlich ist das überhaupt nicht. Fertigen Sie sich aber trotzdem eine Kopie Ihrer TOS Diskette an.

Als Anreiz dafür, welche Möglichkeiten das Desktop noch bietet, sollten Sie Bild 3 auffassen. Auch wenn es zum Arbeiten nicht sinnvoll erscheint, so kann man damit doch so manchen ST-Besitzer verblüffen (oder wie wäre es mit den fachkundigen ST-Händlern?).

Um nochmals auf die zwei Papierkörbe zu kommen: dazu verdoppeln Sie einfach die Zeile mit dem ’#T’ und speichern die neue DESKTOP.INF ab. Wenn Sie jetzt neu booten, erscheint zwar wie immer nur ein Papierkorb. Legen Sie aber den Papierkorb an eine andere Stelle, erscheint der darunterliegende zweite. Dies ist nur als Anregung gedacht. Wenn Sie selbst etwas Interessantes gefunden haben, schreiben Sie uns doch einfach.


Oliver T. Dietz
Aus: ST-Computer 10 / 1986, Seite 39

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