Merkmale und Unterschiede des 260 ST, 520 ST und des 520 ST +

Es ist schon auffallend, daß ATARI kaum ein halbes Jahr nach der Einführung des 520 ST zwei weitere Modelle dieses viel gefragten Rechners auf den Markt brachte. Bemerkenswert dabei ist, daß der ohnehin schon so preiswerte 520 ST vom 520 ST+ abgelöst wurde, trotz Verdoppelung des RAM Speichers der Preis aber identisch blieb. Diese an für sich positive Entwicklung des Mega ATARI’s ist natürlich für diejenigen eine schmerzliche Erfahrung, die den „alten“ 520 ST kurz vor der Bekanntmachung auf der Systems 85 in München (Ende Oktober) gekauft haben. ATARI begründet diesen schnellen Fortschritt, einerseits mit dem gesunkenen Dollarkurs und den damit verbundenen günstigeren Rohstoffpreisen, andererseits ist die Entwicklung in der Computer-Branche schon immer sehr zügig vorangegangen und somit kaum vorhersehbar.

Der wesentliche Unterschied der drei neuen ATARI-Rechner, liegt wie schon erwähnt in der Speicherkapazität. Wobei der „alte“ 520 ST und der darauf in München neu vorgestellte 260 ST jeweils über 512 KByte RAM-Speicher verfügen. Dieser umfangreiche Speicher ist nun durch den 520 ST+ auf 1024 KByte! (= 1 Mega-Byte) erweitert worden. Der Speicher schrumpft allerdings relativ schnell, da das TOS mit seiner grafischen Benutzeroberfläche GEM schon über 200 KByte verschlingt. Außerdem sind viele der heutigen Programme nicht mehr in Assembler (Maschinencode) geschrieben, sondern meist in einer Hochsprache (wie z. B. „C“). Dies hat den Vorteil, daß fertige Programme schnell und leicht an neue Rechner angepaßt werden können, allerdings auch Nachteile wie größerer Speicheplatzbedarf und geringere Ablaufgeschwindigkeit. So bleibt beim ST-Basic (erste Version) nur gut 10 KByte freier Speicher übrig. Aus diesem Grund ist ein relativ großer Speicherplatz nicht verkehrt. Natürlich wird trotz allem ATARI’s Speicher-Riese durch Programme kaum zu füllen sein, insbesondere wenn Anfang nächsten Jahres das TOS im internen ROM verschwindet. Es sei allerdings bemerkt, daß für aufwendige Grafiken, wie z. B. bei CAD-Anwendungen, auch ein Mega-Byte Speicher schnell verbraucht ist.

Im Prinzip sind die drei Rechner voll kompatibel sofern der Speicherplatz der „Kleineren“ ausreicht und die Software nicht direkt auf das TOS bzw. den Bildschirmspeicher zugreift. Im Prinzip deswegen, weil der Rechner TOS und Bildschirmspeicher immer an das obere Speicherende lädt bzw. schiebt. Greift nun die Software des „alten“ 520 ST (260 ST) z. B. direkt (absolut) auf den Bildschirmspeicher des 520 ST + zu, so findet das Programm dort keinen Bildschirmspeicher mehr, sondern nur leeres RAM. Deshalb laufen solche Programme nicht. Dieser Fehler ist jedoch auf schlechte Programmierung zurückzuführen und tritt recht selten auf. Zwischen dem „alten“ 520 ST und dem neueren 260 ST gibt es bis auf eine Ausnahme keinen Unterschied. Diese Ausnahme betrifft die Monitorausgangsbuchse. Beim 520 ST ist der Pin zwei des Monitoranschlusses nicht belegt, obwohl in manchen Handbüchern dieser Pin mit „Composite Video“ bezeichnet wurde. Beim neueren 260 ST ist dieser Anschluß mit „Composite Synchron“ belegt. Dies ist ein Mischsignal aus dem horizontal- und vertikal Synchronimpuls. Zusätzlich ist Pin acht nicht mehr auf Masse (520 ST), sondern über einen 1,2 KOhm Widerstand auf plus 12 Volt gelegt. Mit diesen Änderungen (siehe entsprechende Anleitung in diesem Heft) kann nun direkt ein modernes Farbfernsehgerät mit SCART-Eingang angeschlossen und als Monitor verwendet werden. Dabei ist jedoch nur niedrige und mittlere Auflösung möglich. Wer sich diese kleine Änderung in seinen „alten“ 520 ST einbaut, ist dann stolzer Besitzer eines neuen 260 ST. Läßt man sich nun noch den RAM-Speicher auf ein Mega-Byte erhöhen, erhält man einen 520 ST + . Bastler können dies übrigens auch selbst tun. Wie - das steht an einer anderen Stelle in diesem Heft.

Entgegen der Ankündigungen in einigen Fachzeitschriften, ist bei allen drei Modellen kein HF-Modulator eingebaut. Ein solcher HF-Modulator würde die Möglichkeit bieten über den Antenneneingang einen Fernseher anzusteuern und somit ein Computerbild auf ihm darzustellen. Dies wäre jedoch wegen der begrenzten Videobandbreite des Fernsehers (unter 6 MHz) nicht sinnvoll. Denn die Videobandbreite des Rechners beträgt bei hochauflösender Bildschirmdarstellung über 32 MHz! Bei niedrigerer Auflösung immerhin noch etwa 7,5 MHz. Wer also ein Bild wünscht, bei dem man jede Feinheit klar erkennen kann und der über die nötige Finanzkraft verfügt, der sollte auf einen (Färb-) Monitor nicht verzichten.

Sie sehen, alle drei Rechner sind technisch gesehen kaum verschieden -zum Glück, wie wir meinen. Allerdings kann man sie in unterschiedlichen Konfigurationen erwerben. So dürfte der „alte“ 520 ST nicht mehr zu kaufen sein, an seine Stelle ist der 520 ST + getreten. Dieser wird zur Zeit nur komplett, einschließlich Monochromen-Monitor (SM 124) und 3 1/2 Zoll Floppy (SF 354 mit 360 KByte Speicherkapazität formatiert) sowie der Maus zu einem wirklich ungewöhnlich niedrigen Preis (ca. DM 3 000,-) verkauft. ATARI will mit diesem Modell vor allem den professionellen Anwender ansprechen. Als „Aufsteiger“ Modell bezeichnet ATARI den 260 ST. Dieser Rechner ist einzeln erhältlich und kostet ca. DM 1300,-. Damit ist der 260 ST für all diejenigen interessant, die bereits einen RGB-Farbmonitor oder einen Farbfernseher mit SCART-Buchse besitzen. Man benötigt dann allerdings noch eine Maus und eine Floppy, wobei man nicht unbedingt an die ATARI Floppy gebunden ist. Man kann somit verhältnismäßig preiswert in die neue 16-Bit Rechnergeneration einsteigen. Möchte man aber mit der hochauflösenden Grafik arbeiten, muß man den ATARI schwarz-weiß Monitor (und nur dieser ist wegen der höheren Zeilenfrequenz und des daraus resultierenden scharfen Bildes anschließbar) benutzen. Damit liegt man jedoch nur noch ca. DM 300,- unter dem Preis des großen Bruders.



Aus: ST-Computer 01 / 1986, Seite 3

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