Test des Schachprogramms "Battle Chess"

"Battle Chess" für den Amiga bietet Grafiken wie im Film und Funktionen wie ein DFÜ-Programm. Schachspielen kann es auch.

Das gab's noch nie bei einem Schachprogramm: Die Figuren bewegen sich lebensecht über ein perspektivisches Spielfeld aus Marmor. Der König schlurft mit würdigem Schritt über das Brett, die Königin flaniert mit aufreizendem Hüftschwung von Feld zu Feld und der Läufer saust leichtfüßig zu seinem Ziel.

Nicht nur die Bewegung der Figuren ist ungewöhnlich. Beim Schlagen bezieht sich "Battle Chess" auf die Ursprünge des Schach: den Kampf auf dem Schlachtfeld. Wenn eine Figur eine andere schlägt, treffen sich die beiden auf dem umkämpften Feld zum Duell. Die Szenen sind meist humorvoll (z. B. versucht bei einem Kampf der Bauer zu fliehen), teilweise aber leider recht gewalttätig. Die Szenen haben keinen Einfluß auf den Ausgang des Kampfes, denn es gelten die normalen Schachregeln.


Die Grafik bei "Battle Chess" ist nicht nur exzellent gezeichnet, sondern auch butterweich animiert. Ein grafischer Witz am Rande: Zwei Engel halten die Pull-Down-Menüs.

Lobenswert ist die Kontrolle über die Figuren. Selbst im 3D-Modus erwischt man stets die richtige Figur. Denn bei Battle Chess bewegt man nicht die Figuren, sondern bestimmt die Felder. Das Feld, auf das der Mauszeiger deutet, wird umrahmt, so daß man genau erkennt, um welches Feld es sich handelt, auch wenn viele Figuren in einem Bereich stehen. Durch Klicken wählt man die Figur aus. Damit man keine unmöglichen Züge macht, umrahmt Battle Chess nur die Felder, auf die man mit der Figur ziehen kann.

Das Handbuch richtet sich an Einsteiger, die noch nie oder nur selten Schach gespielt haben. Etwas Erfahrung ist aber nützlich, denn die Einführung ist kurz gehalten. Wie bei den meisten Schachprogrammen üblich, enthält auch das Battle Chess-Handbuch berühmte Partien. Sie erklären aber nicht die Feinheiten des Spiels. Die Liste der Züge ist gleichzeitig der Kopierschutz: Battle Chess fragt zu Anfang nach einem bestimmten Zug eines Matches. Die Partien sind in einer sehr merkwürdigen Notation festgehalten, die nicht der Standardschreibweise entspricht. Ärgerlich ist auch, daß man das Laden von Diskette nicht abbrechen kann.

Battle Chess hat in der Eröffnung eine sehr hohe Spielstärke. Der Grund ist die Eröffnungsbibliothek, die rund 30000 Varianten enthält. Je weiter die Partie fortschreitet, desto mehr muß es aber selbst rechnen. Als Folge sinkt die Spielstärke im Mittel-und Endspiel deutlich ab. Selbst bei fünf Minuten Bedenkzeit pro Zug macht Battle Chess teilweise unerklärliche Fehler. Trotzdem ist es in den höheren Levels ein Gegner, den man nicht unterschätzen darf.

Bei Battle Chess muß man nicht unbedingt gegen den Computer antreten. Wenn zwei Schachfreunde gegeneinander spielen möchten, können sie dies direkt an einem Computer oder mit zwei Amigas durch die DFÜ Funktion über weite Strecken hinweg tun. In diesem Fall kann man sich auch Nachrichten schicken, die der Gegner auf dem Bildschirm sieht.

Die DFÜ-Funktion ist zwar nur eine nette Zugabe, doch gerade diese Feinheiten prägen das Programm. So ist Battle Chess das bislang grafisch spektakulärste Schachprogramm. Zum Schachspielen braucht man die liebevoll gezeichneten Szenen zwar nicht, sie machen das Spiel aber attraktiver und sorgen für Abwechslung. Wer's nicht mag, kann auf den 2D Look umschalten. gn

Programmname: Battle Chess
Preis: rund 100 DM
Hersteller/Importeur: Interplay/Electronic Arts
Hardwareanforderungen: Amiga mit 512 KByte, ein Laufwerk
Kopierschutz: nein
Handbuch in: Englisch
Umfang: rund 40 Seiten
Besonderheiten: tolle Grafik, DFÜ-Funktion für zwei Spieler
Grafik: hervorragend
Spielstärke: befriedigend
Handbuch: gut



Aus: Happy Computer 12 / 1988, Seite 96

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