Editorial

Tagebuch: APRIL 1988

Es war, als hätten wir in ein Wespennest gestochen. Henrik Fisch, sonst mit jedem Bit per Du, war in die für ihn ungewohnte Rolle eines Computer-Einsteigers geschlüpft und erzählte seine anstrengenden Erfahrungen mit semer »exzentrischen Freundin« Amiga. Ziel seines pointierten Beitrags: Aufzudecken, daß der als »Einsteiger-Computer« gepriesene Amiga zwar eine ganze Menge kann, aber beileibe kein Einsteiger-Computer ist. Dazu gehört-- so seine Erkenntnis — eben wesentlich mehr als Supergrafik und Spitzensound: Ein beherrschbares Betriebssystem, ein ebenso lesbares wie verständliches Handbuch und vor allem eine Benutzerführung, die bei denen ansetzt, die einen Computer benutzen wollen, ohne sich in den Tiefen von Interrupts und Submenüs vergraben zu müssen. Der Amiga war der erste Computer in unseren lockeren Serie, in der wir die Einsteigertauglichkeit der Heimcomputer testeten. Die Leserbriefe waren zahlreich und zumeist bitterböse. Wir sollten doch keinen Ahnungslosen, sondern einen qualifizierten Fachredakteur an die Computer lassen.

Doch solange die Computerhersteller nicht dazu übergehen, jedem verkauften Computer einen pädagogisch geschulten Fachmann beizulegen, der dem Anwender die Bedienung erklärt, müssen sie sich die Kritik gefallen lassen, an den Wünschen der meisten Computerbenutzer vorbeizuproduzieren. Niemand will chinesisch lernen, nur um einen Toaster zu bedienen. Doch bei Computern muß man sich mit unverständlichen Meldungen (MS-DOS:»Abort, Retry, Ignore ?«) und Befehlsfolgen (C 64: »OPEN 15,8,15, "Text,S,W«) herumärgern. Grafische Benutzeroberflächen sind der erste Schritt in die richtige Richtung, bleiben aber Stückwerk, solange Programmentwickler ihr Heil in möglichst tief verschachtelten Menüs und arbeitshemmenden Klick-Ormon an^hon

Immer mehr Menschen beginnen sich für Computer zu begeistern. Um ihnen die ersten Schritte ms neue Hobby zu erleichtern, wird Happy-Computer zukünftig noch stärker Anwalt der Computer-Einsteiger sein.

Haben Sie als Einsteiger Probleme mit Ihrem neugekauften Computer gehabt? Schreiben Sie uns. Wir werden Ihre Anregungen mit den Computerherstellern diskutieren, damit Computer zu dem werden, was sie jetzt ansatzweise sind: ein Hobby für Millionen.

Daß vor allem Jugendliche Computer zu ihrem Hobby gemacht haben, beunruhigt Sozialpädagogen, Psychologen, Lehrer und viele Eltern. Der Computer verführe die Jugend, verrohe die unschuldigen Kleinen, lasse die Kultur und ihre Kreativität verkümmern. Unter der Überschrift »Machen Computer dumm, böse und brutal« (Seite 10) ist unser Mitarbeiter Klaus Raatz diesen Behauptungen auf den Grund gegangen. Daß der Computer die Kreativität nicht tötet, läßt sich übrigens schon an den Einsendungen zu unserem »Fantasy-Malwettbewerb (Happy 4/88) ablesen: Hunderte von Bildern und Zeichnungen zeugen von viel Fantasie und Begabung der Happy-Leser. Die besten werden wir Ihnen nächsten Monat präsentieren können.

Doch auch ohne Wettbewerbe erreichen uns Monat für Monat Bilder und Zeichnungen von Computer-Fans. Seien es liebevoll gemalte Karten für Hallo Freaks oder Karikaturen von Redakteuren. Neben der (schmeichelhaften) Zeichnung auf dieser Seite war es im letzten Monat unter anderem ein Bild unseres Spiele-Redakteurs Heinrich Lenhardt als »Last Ninja«, das jetzt das Schwarze Brett in der Redaktion ziert.

»Das ist schlimmer, als einen Sack Flöhe zu hüten«, stöhnte schicksalsergeben unser Fotograf Jens Jancke, als er mehr oder weniger erfolgreich versuchte, die komplette Happy-Redaktion zusammen mit ihren Lieblingsbüchern abzulichten. Die Bücher hielten still. Die Redakteure weniger. Unter großem Hallo der Redakteure brauchte Jens drei Filme, um ein Bild für unseren Bücherschwerpunkt auf Seite 40 hinzubekommen. Ein Foto, das nicht in die engere Auswahl kam, wollen wir Ihnen nicht vorenthalten.

Ihr stellvertretender Chefredakteur

Joachim Graf



Aus: Happy Computer 07 / 1988, Seite 9

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