Start frei: Vergleich der 16-Bit-Computer


Heute startet der große zweiteilige Vergleichstest der erfolgreichsten 16-Bit-Computersysteme! Atari ST, Amiga und MS-DOS-PCs: Wo liegen die Stärken und Schwächen ihrer Hardware? Die Antwort gibt der erste Teil unseres Tests. In der nächsten Ausgabe durchleuchten wir die Software für diese Supermaschinen. Was gibt es, was bringt es für mich?

Kennen Sie den besten 16-Bit-Computer? Erstmals werden die besten 16-Bit-Computer unter 2000 Mark als komplette Computersysteme verglichen.

Damit beim Vergleich dieser komplexen leistungsfähigen Systeme kein Teil zu kurz kommt, testen wir die Hard- und Software getrennt in jeweils einem abgeschlossenen Vergleichstest. In diesem ersten Teil beschäftigen wir uns mit der Hardware verschiedener Systeme.

Wenn Sie besonders auf die Fähigkeiten der Hardware Wert legen, erlaubt Ihnen dieser Teil unseres Tests bereits ein Urteil, welches System für Sie geeignet ist.

Der »Happy 16-Biter« als Referenzgerät

Einen neutralen Vergleich bietet Ihnen unser fiktives »Happy-Computer-System«, ein erdachter Idealcomputer für zu Hause:

Prozessor: Wichtigstes Bauteil des Muster-Computers ist ein 32-Bit-Prozessor mit einer Taktfrequenz von mindestens 12 MHz. Damit ist auch eine entsprechende Rechen-Geschwindigkeit gegeben, die schließlich für ein leistungsfähiges Gerät der Zukunft von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Speicher: Der nächste wichtige Punkt ist der Arbeitsspeicher mit 1 MByte. Damit sind Sie in der Lage, mehrere Programme gleichzeitig im Speicher zu halten (als Beispiel ist Multitasking zu nennen).

Grafik: Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Grafikauflösung, da man zu Hause auch mal spielen oder zeichnen möchte. Grundlage für eine gute Farbgrafik sind 320 x 200 Bildpunkte mit 32 gleichzeitig dargestellten Farben. Monochrom soll die Auflösung mindestens 640 x 400 Punkte sein, um Texte in guter Qualität auf dem Monitor darzustellen.

Sound: Zu interessanten Spielen gehören Musik und Geräusche. In unserem Muster-Computer ist ein Soundchip mit drei unabhängig programmierbaren Stimmen enthalten, wie er beispielsweise im C 64 steckt.

Schnittstellen: Als Anschlüsse für Peripheriegeräte sind in unserem Referenzgerät vor allem eine RS232-und Centronics-Schnittstelle eingebaut. Außerdem ein Erweiterungsport, um die Grundversion später auszubauen. Für den Farbmonitor gibt es einen RGB-Ausgang, für den Monochrom-Monitor einen Video-Ausgang. Zusätzlich verfügt der Muster-Computer auch über jeweils einen Maus- und Joystick-Anschluß.

Tastatur: Wichtig für einen guten Computer ist eine gute Tastatur mit deutscher DIN-Belegung, damit man auch längere Texte eintippen kann, sie hat einen spürbaren mechanischen Druckpunkt.

Gehäuse: Die gesamte Elektronik ist in einem Stahlblechgehäuse untergebracht, ähnlich dem eines IBM-PC. Die Tastatur ist vom Gehäuse abgesetzt und frei beweglich.

Massenspeicher: Im Computer-Gehäuse sind zwei 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerke mit jeweils mindestens 1,2 MByte Kapazität eingebaut, oder alternativ dazu ein Laufwerk und eine Festplatte.

Monitor: Da Farbmonitore recht teuer sind, genügt ein Monochrom-Monitor mit schwenkbarem Standfuß und entspiegelter Bildröhre.

Wunderkiste oder schon bald Realität?

Zubehör: Im Lieferumfang des Muster-Computers ist ein umfangreiches deutsches Handbuch enthalten sowie das Betriebssystem und als Programmiersprache Basic. Für einen flexiblen Einsatz ist es besser, wenn Betriebssystem und Basic auf Diskette sind. Man kann so auch andere Betriebssysteme nutzen und hat mehr Speicher zur Verfügung. Außerdem liegt als eine der häufigsten Anwendungen eine deutsche Textverarbeitung bei.

Der »Happy 16-Biter« ist keine unrealistische »Wunderkiste«, sondern ein Gerät, das nach dem heutigen Stand der Technik bald gebaut werden könnte. Wir sind auch davon überzeugt, daß dieser Computer nicht mehr als 2000 Mark kosten müßte. Dieser Muster-Computer dient uns bei der abschließenden Bewertung der einzelnen Geräte als Grundlage und Ihnen als Maßstab.

Wie kommen Sie jetzt aber zu Ihrem Traum-Computer? Dazu füllen Sie unsere Checkliste am Ende des zweiten Tastteils in der nächsten Ausgabe aus, so wie Sie sich Ihren ganz speziellen Computer vorstellen. Dann vergleichen Sie diese Liste mit unseren einzelnen Testkandidaten. Der Computer, der in den meisten Punkten mit Ihrem Wunschcomputer in Ihrer Liste übereinstimmt, ist der für Sie am besten geeignete. Jetzt brauchen Sie eigentlich nur noch in einen Computerladen zu gehen und dem Verkäufer Ihren Wunsch vortragen.

Wenn Sie in das Fachgeschäft gehen, dann sollten Sie sich auch die Software vorführen lassen, die auf Ihrem zukünftigen Computer laufen soll. Bekanntlich ist nichts ärgerlicher, als wenn man ein Gerät zu Hause hat, das nicht funktioniert. Gerade bei neueren Modellen ist das Software-Angebot noch nicht so groß. Viele Computer sind zwar hardwaremäßig ausgereift, nur die Software nutzt dies nicht.

Streitgespräch: Welcher Computer ist der beste

Gespräche unter Computerfreaks über den besten Computer enden oft in hitzigem Streit. Dabei gibt es »den besten Computer« gar nicht — es gibt deren viele! Je nachdem, worauf man Wert legt, ist der eine oder andere besser geeignet.

Auch die Geräte, die hier im Vergleichstest antreten, sind auf bestimmte Anwendungsbereiche spezialisiert. Die 68000-Computer beispielsweise gehen mehr in Richtung Unterhaltung, die MS-DOS-Computer mehr in Richtung berufliche Anwendung.

Der Atari ST hingegen ist eine »Allround-Maschine« und für viele Bereiche geeignet, ohne in einem Bereich absolute Spitzenleistung zu bieten. Sein Talent reicht vom Spielen über Textverarbeitung bis hin zu Meßwerterfassung und CAD-Anwendung (computerunterstütztes Konstruieren). Durch die offene Architektur läßt sich der ST daher gut programmieren, das System ist durchschaubar. Es gibt schon jetzt zahlreiche Programmiersprachen für diesen Computer. Auch die wenig verbreiteten Sprachen dürften bald zur Verfügung stehen. Im Heimbereich gehört der ST zu den universell ersetzbaren Computern, da er über gute Grafik- und Musikeigenschaften verfügt. Im Einsatzgebiet Musik bietet der ST serienmäßig eine MIDI-Schnittstelle, die bei den professionellen Musikern auf große Zustimmung stößt. Auch in der Anwendung zu Hause wird Musik und MIDI mehr und mehr zum Hobby.

Beim Commodore Amiga verschiebt sich der Anwendungsbereich mehr in Richtung Grafik. Der Amiga verfügt über eine hervorragende Farbgrafik. Diese reicht von 320 x 200 Bildpunkten und 32 gleichzeitig darstellbaren Farben bis zu 640 x 400 Bildpunkten mit 16 Farben. Man hat hier eine Farbpalette von 4096 Farben zur Verfügung, die auch feinste Nuancen zuläßt. Spiele und Grafikanwendungen erhalten eine neue Dimension. Es zeichnet sich schon heute ab, daß der Amiga 500 der klassische Unterhaltungscomputer der Zukunft werden könnte. Leider sind die Software-Entwickler noch nicht so weit, um diese hervorragenden grafischen Fähigkeiten auch auszunutzen. Auch auf dem Gebiet der Anwendungssoftware, wie zum Beispiel Textverarbeitung, werden die Hardwareeigenschaften noch nicht voll eingesetzt. Durch seinen komplexen Aufbau mit drei Coprozessoren ist dieser Computer auch ein ideales Gerät für Programmierer, die sehr gerne tüfteln, um auch die letzten Geheimnisse aus dem Gerät zu locken.

Der IBM-kompatible Personal Computer unter MS-DOS hatte in der Vergangenheit sein Revier im Büro. Hier stehen Arbeiten wie zum Beispiel Textverarbeitung, Datenverwaltung und Kalkulationen im Vordergrund. Entsprechend diesen Anforderungen ist auch die Hardware anders aufgebaut, als beispielsweise bei ST oder Amiga. Im Büro brauchte man keine tollen Soundfähigkeiten oder hochauflösende Farbgrafiken für Spiele. Erst in letzter Zeit wurden Erweiterungen entwickelt, die auch mit den Grafikeigenschaften eines 68000-Computers mithalten können. Ein MS-DOS-Computer gehört darüber hinaus aber von jeher zu den Geräten, die sehr flexibel sind und an die speziellen Anforderungen des Anwenders angepaßt werden können.

Erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen

In erster Linie wird man den PC im Heimbereich für die oben erwähnten Anwendungen einsetzen und erst in zweiter Linie zum Spielen heranziehen. Ein weiterer Vorteil der MS-DOS-Computer ist die Kompatibilität. Sie brauchen nur einmal die Software zu kaufen und können diese später auf ein größeres System, zum Beispiel einen AT-Kompatiblen mit 80286-Prozessor, übernehmen. Außerdem können Sie auch Erweiterungskarten weiterverwenden.

Berücksichtigen Sie beim Kauf Ihres Computers die Anwendung, für die Sie Ihren Computer hauptsächlich einsetzen wollen. Denn Sie haben wenig Freude an Ihrer Wahl, wenn Sie sich einen PC anschaffen, dann aber vorwiegend spielen wollen. Dafür hat der PC seine Vorteile eben in der Nutzanwendung.

Wir haben in unseren Vergleichstests versucht, möglichst viele objektive Vergleichskriterien zu finden. Allerdings ergab sich für uns eine Schwierigkeit: Eigentlich kann man so unterschiedliche Systeme, wie die Computer, die einen 68000-Prozessor besitzen und jene, die auf einem 8088/86 basieren, nicht vergleichen. Vor allem nicht mit Hilfe der Benchmarks. Denn welche Benchmarktests man auch immer durchführt, die Ergebnisse werden verfälscht durch Einflüsse von Coprozessoren oder Peripheriebausteinen.

Nach langer Diskussion in der Redaktion einigten wir uns auf Tests, die nur den Prozessor und den Speicher beanspruchen. Damit kann man wohlgemerkt mit Einschränkungen auf die Geschwindigkeit der Geräte in der Praxis schließen. Mit Einschränkungen deshalb, weil man je nach Art der Software und der vorwiegend beanspruchten Routinen nicht sagen kann, ob der eine oder andere Baustein Einfluß auf die sichtbare Arbeitsgeschwindigkeit nimmt.

Finden Sie Ihren persönlichen Traumcomputer

Sie merken sicher schon, daß ein direkter Vergleich zweier so verschiedener Systeme nicht ohne Probleme zu bewerkstelligen ist. Wir haben uns also hauptsächlich auf Kriterien gestützt, die man mit unserem Muster-Computer am besten vergleichen kann.

Den letzten Test im Fachgeschäft sollten Sie trotz unseres Vergleichs machen. Wollen Sie zum Beispiel auf dem Computer hauptsächlich Textverarbeitung einsetzen, dann muß Ihnen die Handhabung der Tastatur Zusagen. Außerdem sollten Sie sich beim Kauf vergewissern, daß Ihre gewünschte Anwendung auf diesem Gerät läuft. Je besser Sie sich vor dem Kauf informieren, desto mehr Freude haben Sie später an Ihrem Traumcomputer. Computer haben nicht nur zu funktionieren, sie sollen auch Spaß machen, und das hat mit Gefühl zu tun. Finden Sie Ihren persönlichen Traumcomputer, denn den besten 16-Bit-Computer wird es nicht geben. Aber es gibt einen Computer, der für Ihre Anwendungen die ideale Lösung darstellt. (kl)



Aus: Happy Computer 10 / 1987, Seite 20

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