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Vor wenigen Monden geschah es, daß eine Gruppe furchtloser Recken die Stadt Skara Brae von einem schrecklichen Fluch befreite. Computerspieler in der ganzen Welt schalteten sich mit einem Programm namens »The Bard's Tale« in die Geschehnisse ein.
Skara Brae wurde von dem Zaubertyrannen Mangar verhext. Die Bürger der Stadt wurden in böse Kreaturen verwandelt, die unseren Helden das Leben schwer machten. Doch nach langen Kämpfen war es schließlich geschafft. Nachdem sie sich ihren Weg durch viele unterirdische Labyrinthe gebahnt hatte, traf unsere Gruppe auf Mangar. In einem dramatischen Endkampf wurde der Bösewicht besiegt und Skara Brae von seinem Fluch befreit.
Doch gerade als sich unsere Helden schon über den vorzeitigen Ruhestand Gedanken machen, erreicht sie ein Brief, der tiefe Besorgnis auslöst. Er stammt von dem Zauberer Sara-don, der von der Glanztat unserer Kämpfer gehört hat. Sara-dons Brief beginnt mit einer alten Geschichte. Die Legende berichtet vom »Destiny Wand«, dem »Zauberstab des Schicksals«. Dieser magische Stab ruhte seit 700 Jahren in einem heiligen Berg und war Garant für Frieden im ganzen Land. Doch skrupellose Söldner unter der Führung eines gewissen Lagoth Zanta haben den Destiny Wand gestohlen und in sieben Teile zerbrochen, die jetzt an verschiedenen Orten im Land liegen.
Lagoth Zanta ist ein Abtrünniger der Archmage-Klasse, deren gewaltige Zauberkräfte alle anderen magischen Berufsklassen in den Schatten stellt. Er versteckte jedes Tteil des Stabs in einer »Snare of Death«, einer flb-desschlinge«. Es handelt sich dabei um einen Raum, in dem man unter Zeitdruck Rätsel lösen muß, um heil zu entkommen.
Saradons Brief schließt mit einer dringenden Bitte: Nur unsere Helden könnten es schaffen, alle Teile des Destiny Wand wieder zu finden, den Stab zu vereinen und Lagoth Zanta zu vernichten. Und dabei ist keine Zeit zu verlieren: Das Schicksal des ganzen Landes steht auf dem Spiel!
So stimmungsvoll und vielversprechend beginnt ein Nachfolgespiel, auf das wir mit besonderer Spannung gewartet hatten. »The Bard's Tale II: The Destiny Knight« (der Ritter des Schicksals) knüpft elegant an »The Bard's Tale« an, das 1986 Maßstäbe im Bereich der Rollenspiele setzte. Das neue Programm aus dem Barden-Land übernimmt weitgehend das bewährte Spielprinzip, bietet aber einige Verbesserungen und natürlich neue, komplexe Aufgaben.
Alte Bard's Tale-Veteranen, dürfen sich freuen, denn Charaktere aus diesem Programm können von Destiny Knight übernommen werden. Man muß das Vorgänger-Programm aber nicht unbedingt besitzen, um mit dem Nachfolger etwas anfangen zu können. Destiny Knight ist so aufgebaut, daß man sowohl ganz frisch einsteigen als auch die Karriere seiner Bard's Tale-Figuren fortsetzen kann. Bei letzterer Methode spart man sich etwas Zeit und Nerven, die Einsteiger investieren müssen, um starke Charaktere zu entwickeln. Durch das erfolgreiche Bestreiten von Kämpfen gewinnen die Charaktere Experience Points (Erfahrungspunkte). Je mehr solcher Punkte sie haben, desto stärker und robuster werden sie. Im Klartext bedeutet das: Wer schon starke Bard's Tale-Charaktere hat, kann sich gleich auf die Suche nach dem Destiny Wand machen. Wer ganz von vorne anfängt, muß seine Charaktere erst durch das Backen von kleinen Brötchen verbessern. Die »kleinen Brötchen« sind Kämpfe gegen Echsenwesen, Druiden und gnadenlose Krieger. Da kann man schon ahnen, wie die größeren Backwaren erst ausfallen werden...
Bei The Bard's Tale konnten sich unsere Helden in einer Stadt und deren unterirdischen Labyrinthen (Dungeons) bewegen. Die Welt von Destiny Knight ist erheblich umfangreicher. Lassen wir einige Zahlen sprechen: Destiny Knight hat sechs ganze Städte, 25 Dungeon-Levels und die »Wilderness«. Diese Wildnis besteht aus Wäldern, durch die die Städte voneinander getrennt sind. Während es in den Städten recht friedlich zugeht, werden unsere sechs Charaktere in der Wildnis des öfteren von herumstreunenden Schurken überfallen. Und außer Bäumen findet man auch hier und da ein Schloß oder eine Hütte. In einem Häuschen wohnt der Sage, eine wichtige Gestalt, der man wertvolle Informationen entlocken muß.
Bei The Bard's Tale konnte eine Kampfgruppe (Party) aus bis zu sechs Charakteren bestehen. Dazu konnte sich noch eine Kreatur gesellen, die von einem Magier geschaffen wurde, um ebenfalls gegen das Böse zu kämpfen. Bei Destiny Knight hat man nun die freie Wahl, ob man von Haus aus sieben Charaktere in der Party aufnehmen möchte. Man kann aber auch Platz für Figuren lassen, die sich im Lauf des Spiels zur Party gesellen. Diese exotischen Neuzugänge können jetzt wie jedes andere Party-Mitglied behandelt und auch geheüt und gespeichert werden, wenn Sie das Spiel beenden und später wieder fortsetzen wollen.
Im Kampf mit Monstern kommt ein neues taktisches Element dazu. Es wird jetzt nämlich immer angegeben, wie weit die Angreifer von Ihrer Party entfernt sind. Das kann bedeuten, daß Ihre Kämpfer nicht nahe genug an den gegnerischen Zauberern sind, um denen eines mit dem Schwert auf die Mütze zu hauen. Besagte Zauberer können aber einen fiesen Spruch aus dem Ärmel schütteln, der auch über eine größere Entfernung wirksam ist. Sie können Ihre Kämpfer jetzt deshalb auch mit Distanzwaffen wie Speer, Pfeil und Bogen ausrüsten, damit die armen Burschen bei solchen Situationen nicht unbeteiligt herumstehen müssen. Und wenn einem alles zu bunt wird, kann man seiner Party befehlen, ein Stück auf den Gegner zuzugehen. Dafür muß man aber eine Kampfrunde lang aussetzen!
In den Städten findet man jetzt auch Casinos und Banken, um die Goldvorräte durch Glücksspiel (hoffentlich) aufzustocken und den Gewinn gleich sicher zu deponieren. Das Magie-System wurde weitgehend von The Bard's Tale übernommen, aber etwas verbessert. Es gibt jetzt spezielle Zaubersprüche für den Archmage, den ranghöchsten Magie-Kundigen. Insgesamt gibt es 79 verschiedene Sprüche, die teilweise ganz neu sind. Und die lieben Monster wollen wir auch nicht vergessen: Es gibt knapp über 100 verschiedene Gegner, die alle in sehr schön animierter Farbgrafik zu sehen sind. Auch hier wurden einige alte Bekannte aus The Bard's Tale übernommen, doch es gibt auch viele neue Unholde. Die animierten Grafiken wurden größtenteils völlig neu gestaltet.
Für alle Einsteiger, die keine Bard's Tale-Charaktere übernehmen können, haben sich die Programmierer etwas Besonderes einfallen lassen: In der Stadt, in der man das Spiel beginnt, gibt es eine Art Dungeon für Anfänger. Hier geht es bei weitem nicht so schwer wie in den anderen Labyrinthen zu. Die Party muß eine Prinzessin finden und befreien, die hierhin verschleppt wurde. Wird diese Mission erfüllt, wirkt ein dicker Extra-Bonus an Experience Points.
Destiny Knight hält sich eng an das Spielprinzip von The Bard's Tale, bietet aber eine ganze Reihe von Verbesserungen und ist sowohl umfangreicher als auch schwieriger. Schon in den ersten »richtigen« Dungeons, den Tombs, wird ihre Party von sehr starken Gegnern angegriffen werden. Außerdem gibt es ganze Reihen von Puzzles und Rätseln. Beim Durchstreifen der unterirdischen Labyrinthe kann man oft verwitterte Inschriften an den Wänden entziffern, die wichtige Hinweise enthalten können. Da zur Zeit keine deutsche Version des Programms vorliegt, sollte man deshalb Englisch-Grundkenntnisse und ein Wörterbuch parat haben, wenn man Destiny Knight spielen will.
Wer schon The Bard's Tale mit Begeisterung gespielt hat, dem wird das Fortsetzungsspiel viel Freude machen. Destiny Knight ist ein gut aufgebautes Rollenspiel, das langanhaltenden Spielspaß garantiert. Präsentation, Grafik und Sound sind für dieses Spielgenre außergewöhnlich gut. Die animierten Monster-Grafiken sorgen für viel Atmosphäre. Zu Beginn ertönt eine flotte Titelmelodie, zu der ein kleiner Zeichentrickfilm auf dem Bildschirm abläuft. Und auch während des Spiels gibt es Musik zu hören, wenn der Barde in die Saiten greift und eine Melodie erklingen läßt. Last not least hat ein lieber Mensch daran gedacht, die C 64-Version mit einem Schnellader auszustatten, der alle Disketten-Zugriffe erheblich beschleunigt.
Wer sich bisher noch nicht mit Rollenspielen beschäftigt hat, sollte sich trotzdem (oder gerade deshalb) Destiny Knight einmal ansehen. Es gibt unserer Meinung nach momentan kein Programm aus diesem Genre, das dem neuen Fantasy-Abenteuer aus dem Land der Barden das Wasser reichen könnte. Wundern Sie sich bitte nicht, wenn unsere Gesamtwertung für dieses Programm etwas unter der von The Bard's Tale liegt, denn ein Teil der Originalität ist bei Destiny Knight leider verloren gegangen.
Unser Testmuster erreichte uns zwischen unseren Terminen für die Farbfoto- und die Text-Abgabe. Wir haben uns deshalb entschlossen, das Programm aus Aktualitätsgründen jetzt schon zu testen, obwohl wir auf farbige Bildschirmfotos verzichten mußten. Wir bitten um Verständnis und zeigen Euch auf diesen Seiten dafür eine Reihe von Schwarzweiß-Bildern aus dem Spielverlauf. Und noch ein technischer Hinweis: Zu Redaktionsschluß war der Vertrieb des Spiels in Europa noch nicht geklärt. Eilige Rollenspiel-Fans können sich Destiny Knight aber ruhigen Gewissens im Direktimport besorgen, da die amerikanische Original-Version auch auf hiesigen Computern einwandfrei läuft.
(hl)
Destiny Knight ist ein Vertreter eines Spiel-Genres, das weltweit immer mehr begeisterte Anhänger gewinnt. Die Rede ist von den sogenannten Rollenspielen, bei denen man mit seinen Spielfiguren versucht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das klingt etwas nach Abenteuerspielen, aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Durch bestimmte Kommandos, die einem in der Anleitung erklärt werden, steuert man seine Spielfiguren (auch Charaktere genannt) durch die Fantasie-Welt. Doch außer herumspazieren kann man noch viele andere Dinge von seinen Charakteren im Spiel machen lassen. Oft muß man gegen Feinde kämpfen und bestimmen, welcher Charakter sich wie verhalten soll.
Jeder Charakter hat unterschiedlich starke Eigenschaften, die man anhand von Zahlenwerten ablesen kann. So gibt es furchtlose Kämpfer, die von Magie keine Ahnung haben und mächtige Zauberer, die mit bloßen Fäusten keiner Fliege etwas antun können. Da sich diese Talente bei allen Charakteren im Laufe des Spiels verbessern und sie so immer wieder neue Fähigkeiten erlernen, ist die Motivation bei Rollenspielen sehr hoch. Wer einmal auf den Geschmack kommt, verbringt oft ganze Nächte vor dem Computer. In den USA sind Rollenspiele wie »Wizardry« schon seit langem Hitparaden-Stürmer. The Bard's Tale war 1986 das erste Rollenspiel, das auch in Deutschland viel Resonanz fand und sich gut verkaufte. (hl)