Manch angehender Sysop wurde bislang davon abgeschreckt, denn für eine eigene Mailbox braucht man mehr Programmierkenntnis, als sich viele Zutrauen. Eine eigene Mailbox schreiben zu können, ohne jede Programmierkenntnis, verspricht das Programm »Syntech Mailbox-Construction-Set«.
Was ein richtiger Sysop werden will, muß für ein entsprechendes Mailboxprogramm entweder tief in die Tasche greifen oder es selber schreiben. Soll die Mailbox aber einigermaßen schnell und komfortabel sein, sind dazu relativ viele Kenntnisse der Hardware seines Computers nötig. So zum Beispiel über das Schnittstellenhandling und über die Art und Weise, wie relative Dateien angelegt werden.
Für 98 Mark bietet »Stippler-Softwarevertrieb« das Programm »Syntech Mailbox-Construction-Set« an. Das Programm baut im ständigen Dialog mit dem Benutzer eine auf diesen zugeschnittene Mailbox.
Nach dem Laden des Hauptprogramms befindet man sich in einem Menü, von dem aus man entweder eine fertige Mailbox laden, eine alte Box löschen, eine neue Mailbox konstruieren oder sich die (englischsprachige) Anleitung anschauen und ausdrucken kann. Einer der größten Nachteile des Programms ist es, daß es kein gedrucktes Handbuch gibt. Nur über den letzten Punkt des Hauptmenüs gelangt man an eine 21seitige Anleitung, die allerdings weder durch besondere Übersichtlichkeit noch durch irgendeine Form von didaktischem Aufbau glänzt. Das ist zwar nicht besonders schlimm beim Entwerfen der Mailbox, kann aber gravierend werden. Insbesondere wenn es an die Installation des Modems geht und der angehende Sysop keine Ahnung hat von »Carrier Detect« und »Transmit Data«.
Wie jedes gute amerikanische RBBS-System (»Remote Bulletin Board System«) ist auch die Mailbox, die das Syntech Construction Set baut, auf Fernwartung eingestellt. Das heißt der Sysop (»System Operator«) kann von unterwegs sein eigenes System anwählen und dort neue User einrichten, Files löschen oder Paßwörter ändern. Deshalb kann bei der Installation des Mailboxsystems jede der möglichen Aktivitäten der Benutzer wie beispielsweise Bretter lesen mit einem bestimmten Paßwort versehen werden. Darüber hinaus ist es möglich, alle Files — das heißt auch: alle Bretter, die die User lesen oder beschreiben können — mit Privilegien zu versehen.
Mitgeliefert wird ein Utility-Pack, das einige Schwächen ausbügeln hilft. So sind alle Systemmeldungen (»WAIT...«, »Saving...«) und auch alle Kommandos veränder- und deshalb auch eindeutschbar.
Relative Dateien können mit dem Utilitypack kopiert, Texte editiert und das komplette Diskettenhandling nachträglich verändert werden. Schmankerl sind zwei Editoren: Ein Grafikeditor, mit dem (Farb!-)Bilder in die online abrufbaren Texte eingebunden und ein Cursorspeicher, mit dem Text und sogar Bewegungen des Cursors eingegeben werden können. So wie es gespeichert wurde, huscht der Cursor dann später beim eingeloggten User über seinen Bildschirm und malt und löscht Wörter und Sätze, ganz nach dem Belieben des Sysops.
Entgegen der Angaben auf dem deutschsprachigen Cover der Diskette nützt dem angehenden Mailboxbetreiber sein Akustikkoppler gar nichts. »Syntech Mailbox-Construction-Set« braucht ein Modem, mit einem 1670-typischen Carrier Detect. Nach Angaben des deutschen Distributors sind die DBT-Modems der Deutschen Bundespost, die bislang als einzige in der Bundesrepublik eine Postzulassung haben, ebenfalls mit dem RBBS-Sy-stem lauffähig.
Das Mailbox-Construction-Set ist ein Programm, das sinnvoll ist für einen DFÜ-begeisterten Einsteiger, der sich bislang nur deshalb nicht an seine eigene Mailbox herangetraut hat, weil ihm die Programmierkenntnis abging. Aber abgesehen davon, daß mir die Struktur der amerikanischen RBBS-Mailboxen nicht gefällt: Trotz aller Mängel finde ich selbstgestrickte Mailboxprogramme immer noch schöner, interessanter und bunter als die, die man das Construction-Set entwerfen lassen kann. Aber das ist Geschmackssache, denn ich ziehe eine gemütliche bayerische Vörstadtkneipe auch jederzeit einer Fastfoodkette vor. (jg)
Programm: Syntech Mailbox-Construction-Set
Computer: C 64 oder C 128 im 64er-Modus
Preis: 98 Mark