Der Amiga-Doppelknüller

Die Zeit der Gerüchte ist vorbei: Auf der CeBIT-Messe ’87 präsentiert Commodore endlich die neuen Amiga-Modelle. Die Namen der beiden Spitzencomputer in Sachen Preis und Leistung: Amiga 500 und Amiga 2000. Wer jetzt schon mehr darüber wissen will — hier sind sie!

Amiga 500 heißt die neueste 16-Bit-Wunderwaffe, mit der Commodore den Amiga endgültig in die Welt der Heimcomputer einführen will: nur rund die Hälfte des Vorgängers soll das neue Modell kosten. Für etwas mehr als 1000 Mark bietet das Gerät zwar nicht das edle Design des Vorläufers, steht diesem in Sachen Technik aber in nichts nach — ganz im Gegenteil, wie wir noch sehen werden.

Sollten Sie sich bei einem Ihrer nächsten Besuche in einem Computerladen wundern, wenn Sie plötzlich einen viel zu teuren Commodore 128 sehen, stehen Sie wahrscheinlich schon vor einem Amiga 500. Die erweiterte Tastatur und das dunklere und massivere Amiga-Gehäuse unterscheiden sich in der Tat beim flüchtigen Hinsehen nur unwesentlich vom C 128.

Mit dem Vorgänger, dem Amiga 1000, verbindet ihn hingegen äußerlich kaum etwas. Die deutsche Tastatur ist großzügiger gestaltet und im Computergehäuse integriert; das flache 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk verbirgt sich ganz unscheinbar hinter dem rechten Seitenteil des Amiga 500. Jeder Interface-geplagte Computerfan bekommt leuchtende Augen, wenn er auf die Rückseite des Computers blickt.

Amiga 500: Spitzenleistung im Miniformat

Eine Reihe von Schnittstellen bietet dort den Kontakt zur Außenwelt. Im einzelnen sind das: zwei Anschlüsse für Joysticks, Lichtgriffel, Paddies oder die mitgelieferte Maus. ein RS232-Port für Modems und Akustikkoppler, ein Centronics-kompatibler Parallelport für Drucker, zwei Tonausgänge für die Stereoanlage, ein Anschluß für externe Laufwerke, analoge und digitale Bildsignale für RGB-Monitore sowie ein FBAS-Signal für Videomonitore und -recorder.

Das Rätsel, wo denn das Netzteil in dem flachen Gehäuse Platz findet, löst eine weitere Buchse, die den Amiga 500 mit einem externen Netztransformator verbindet. Interessanterweise befindet sich der Ein-/Ausschalter nicht am Computer, sondern (vermutlich aus Gymnastikgründen) am Netzteil.


In letzter Sekunde gelang es uns noch, dieses Foto vom Amiga-500-Erlkönig zu schießen.

Um bei den Unterschieden zum Amiga 1000 zu bleiben: der Expansionport hat jetzt an der linken Seite des Gehäuses Platz gefunden, dürfte allerdings in nächster Zeit kaum Beachtung finden. Der Grund: bestehende Amiga-Erweiterungen erwarten alle die um einiges höher liegende und um 180 Grad gedrehte Schnittstelle des Amiga 1000, was zu Problemen mechanischer Natur beim Amiga 500 führen wird.

An der Unterseite des Computers verbirgt sich schließlich noch ein Geheimfach, mit dem es folgende Bewandtnis hat: Nach dem Entfernen einer Kunststoffklappe kann man dort eine 512-KByte-Speichererweiterungskarte mit akkugepufferter Echtzeituhr und einen Kalender einstecken. Der Clou daran: Im Amiga 500 verrichtet ein Spezialchip seine Dienste, der nicht nur die 512 KByte RAM der Grundversion des Amiga 500, sondern insgesamt 1 MByte RAM ohne teure Zusatzbausteine verwalten kann. Der Preis für die Speicherkarte wird deshalb auch sehr niedrig liegen.

Doch damit nicht genug der angenehmen Überraschungen: Wenige Sekunden nach dem Einschalten des Computers verlangt der Amiga 500 die Workbench. Nein, nicht die vom Amiga 1000 gewohnte Kickstart-Diskette mit der Version 1.2 des Amiga-Betriebssystems, denn das ist nun fest in ROM-Bausteinen im Computer verankert und damit jederzeit verfügbar.

Egal ob vierstimmiger Digitalsound, 4096farbige Grafiken oder schnellste Rechenoperationen — trotz des ungewohnten Aussehens findet man doch einen vollwertigen Amiga mit allen vom Amiga 1000 bekannten Grafik- und Soundspezialitäten

Amiga 2000 - Computer für das Jahr 2000?

Beim Amiga 500 hat man den Preis halbiert und die Leistung beibehalten, der zweite neue Kreuzer der Amiga-Flotte versteht sich als ein zum Amiga 1000 preislich ähnliches Modell, dessen Leistung der Anwender jedoch fast beliebig in die Höhe schrauben kann. Der Amiga 2000 (der Arbeitstitel lautete bislang »Amiga 2500*) präsentiert sich in der Grundversion mit genau den gleichen Funktionen wie ein Amiga 1000 auch. Die Unterschiede sind zum größten Teil mechanischer Natur: Die vom großen Metallgehäuse abgesetzte Tastatur ist ähnlich großzügig ausgelegt wie die des Amiga 500, ein FBAS-Videoanschluß fehlt in der Grundversion. Erst durch Einstecken eines Videomoduls wird der Amiga 2000 auch an monochrome oder farbige Monitore mit Videoeingang anschließbar. Bei den RS232- sowie Drucker-Anschlüssen sind männliche Buchsen zu weiblichen (und umgekehrt) geworden. Damit entsprechen Sie also jetzt dem PC-Standard. An der Frontplatte befinden sich Aussparungen für maximal zwei 3,5-Zoll-Laufwerke und ein 5,25-Zoll-Laufwerk, wobei man die Wahl zwischen Disketten- und Festplattenlaufwerken

Nach dem Öffnen des voluminösen Gehäuses erkennt man schnell die besondere Stärke des Amiga 2000: sechs Amiga-und vier PC/XT-Steckplätze stehen zur Aufnahme von beliebigen Erweiterungskarten bereit. Die PC-Steckplätze erhalten die entsprechende Funktion allerdings erst dann, wenn eine MS-DOS-Emulatorkarte eingesetzt wird. An Amiga-spezifischen Aufrüstungen sind unter anderem 2-MByte-Speichererweiterungen und 68020/68881-Coprozessorkarten in Vorbereitung.

Die Amiga-1000-Kompatibilität ist beim Amiga 2000 ebenso gewährleistet wie beim Amiga 500. Genau wie dieser ist auch der Amiga 2000 bereits mit Betriebssystem-ROMs und dem neuen Spezialbaustein bestückt, der die Verwaltung von bis zu 9 MByte RAM erlaubt. Bereits in der Grundversion des Amiga 2000 soll dieser über mindestens 1 MByte Speicher verfügen.

Während der Amiga 2000 mit der Steckkarten-Philosophie eindeutig in Richtung professioneller Geschäftsanwendung oder als flexibles Multiprozessorsystem an die Universitäten strebt, ist der Amiga 500 als anspruchsvoller und moderner Heimcomputer auf dem besten Weg, zu einem absoluten Bestseller aufzusteigen. 880-KByte-Laufwerke, 4096 Farbtöne, 640x512 Bildpunkte Auflösung in 16 Farben und Stereo-Digitalsound bietet derzeit jedenfalls kein anderer Computer in dieser Preisklasse. Noch nie war der Einstieg in eine zukunftsorientierte Technologie so preiswert wie mit dem Amiga 500, unserem Geheimtip für 1987. (ts)



Aus: Happy Computer 03 / 1987, Seite 10

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