Mini, MIDI, Maxi - MIDI-Schnittstelle im Test (CPC)

Hand aufs Herz: Hätten Sie gewußt, was es mit dem Begriff »MIDI« auf sich hat? Die Musiker unter Ihnen werden jedoch sofort aufhorchen.

Immer mehr Freunde findet die »Hausmusik« als Hobby. Das ist kein Wunder, denn elektronische Orgeln und Synthesizer sind zum einen sehr preisgünstig geworden, zum anderen sind sie heute so einfach zu bedienen, wie nie zuvor. Einfinger-Akkorde, automatische Baßbegleitung und derlei Errungenschaften mehr machen das Spielen zum reinen Vergnügen. Und viele Tasteninstrumente, Rhythmusgeräte und andere Musikalien haben obendrein eine MIDI-Schnittstelle. Moment mal: Schnittstelle? — das hat doch eigentlich mit Computern zu tun...

Richtig! MIDI (englisch: Musical Instrument Digital Interface) ist das Verbindungsglied zweier schöner Hobbies. Wenn Sie Ihre Tasteninstrumente mit dem Computer koppeln, steigern Sie deren Leistung erheblich. Das erste Gerät für die CPC-Serie liegt uns nun mit dem EMR-»Miditrack Performer« zum Test vor. Es besteht aus einer Hardware-Erweiterung und der speziellen Software. Das Interface findet in einem etwas mehr als Zigarettenschachtel-großen Plastikgehäuse Platz (Bild 1). Durch ein 25 Zentimeter langes Flachkabel ist es mit einem weiteren, kleineren Kästchen verbunden, das in den Erweiterungs-Port des Computers kommt. Betreiben Sie an diesem Port weitere Peripherie, verwenden Sie den ebenfalls mitgelieferten Kabeladapter. Die Steckverbindung ist allerdings auf den Platinenstecker des CPC 464 und 664 ausgerichtet. Will man das Interface am CPC 6128 betreiben, kommt man um die Anschaffung eines Übergangsstücks auf den Amphenolstecker dieses Computers nicht herum.

Ein anschlußfreudiges Kästchen

Zwei Anschlüsse des Interfaces arbeiten als MIDI-Ausgänge zur Steuerung externer Tonerzeuger. Ein MIDI-Eingang erlaubt die Kontrolle des Instruments und Aufzeichnung dessen, was Sie über die Klaviatur spielen. Der vierte fünfpolige DIN-Anschluß schließlich dient der externen Steuerung des MIDI-Systems mit entsprechend ausgerüsteten Keyboards. Auf der Oberseite der Schnittstelle zeigen zwei Leuchtdioden den Datentransfer zwischen Computer und Instrumenten (rot) und in umgekehrter Richtung (gelb) an.

In der Verpackung der Software liegt sowohl eine Kassette als auch eine Diskette. Diesen Service sollte sich manch anderer Hersteller zum Vorbild nehmen. Nach dem Programmstart meldet sich ein. übersichtlich gestalteter Bildschirm, der menügesteuert durch die vielfältigen Fähigkeiten führt (siehe Bild 2). Die Bedienung gestaltet sich durch wahlweise Nutzung der Computer-Tastatur oder eines Joysticks recht komfortabel.

Der wichtigste Einsatzzweck des MIDI-Interfaces ist sicher die polyphone Aufzeichnung acht verschiedener Kanäle. Der Computer simuliert also quasi ein achtspuriges Tonbandgerät. Damit erreicht man in der Praxis folgendes: Man zeichnet zunächst auf einer der »Spuren« beispielsweise die Baßbegleitung eines Musikstücks auf. Bei sich wiederholenden Passagen braucht man dank der Loop-(Schleifen-) Funktion den in sich abgeschlossenen Teil nur einmal zu spielen und die Zahl der Wiederholungen vorzugeben. Das läßt sich dann auch noch mit anderen Spuren synchronisieren (beispielsweise, um auch die Begleitung mit Ausklingen der Melodie zu beenden).

Auf die zweite Spur spielt man anschließend die Melodiebegleitung. Danach speichert die dritte Spur die erste Solostimme, die vierte Spur die zweite Stimme und so weiter.

Als Manko muß man werten, daß die Software keine Vorgabe der Aufzeichnungslänge erlaubt. So ist man gezwungen, dem Computer das Ende per Tastendruck zu melden. Dabei ist es sehr schwer, das Taktende genau zu ervirischen, weil man im richtigen Moment vom Keyboard schnell und gezielt zum Computer (oder zum Joystick) greifen muß. Wehe, wenn man da zum Beispiel die Mitte eines Taktes erwischt. Da die Korrektur nicht am Bildschirm erfolgen kann, bleibt dann nichts anderes übrig, als die gesamte Spur neu aufzunehmen.

Bei der synchronen Wiedergabe sämtlicher aufgezeichneter Spuren über bis zu acht Instrumente (bei Parallelschaltung noch mehr) erklingt dann ein ganzes Orchester. Wer sein Instrumentarium noch nicht völlig beherrscht, nutzt das »Auto Note Correct«. Dadurch gleicht der Computer automatisch geringe Taktfehler aus. Spielt man zum Beispiel eine halbe Note etwas zu lang oder zu kurz, mittelt der CPC zur Korrektur die Zeiten. Da »natürliche« Musik aber durchaus von kleinen Ungenauigkeiten (»Verschleppen« des Taktes) lebt, sollten geübte Musiker auf diese Ausstattung verzichten, um künstlichen (gefühllos mechanischen) Klang zu vermeiden. Selbst während des Spielens sind die Parameter am Computer veränderbar. Wohl aus Zeitgründen verzichteten die Programmentwickler aber leider auf entsprechende Aktualisierung der Bildschirmanzeige.

Leider sind die Kompositionen nicht am Bildschirm zu manipulieren. Damit man aber bei Fehlern nicht das gesamte Stück nochmals spielen und aufzeichnen muß, lassen sich die fehlerhaften Passagen. mit der »Punch-in«-Funktion korrigieren, indem man sie nachträglich richtig gespielt in die Aufnahme einer Spur integriert. Patzer während der Aufzeichnung sind so relativ schnell ausgebügelt. Erst wenn sich der Benutzer mit dem Wohlklang der Musik einverstanden erklärt, speichert er sein Werk auf Kassette oder Diskette. Bei Kassettenbetrieb fällt positiv auf, daß man die Übereinstimmung des gespeicherten Stücks mit dem Inhalt des Arbeitsspeichers vergleichen lassen kann (Verify). Bei Verwendung von Disketten gewährt der Miditrack-Performer Einblick in das Directory und erlaubt sogar das Löschen nicht weiter benötigter Dateien.

Der Computer speichert bis zu 64 verschiedene Zusammenstellungen der acht verfügbaren Spuren. Damit man bei all der »Einstellerei« nicht den Überblick verliert, gibt es einen kleinen »Notizblock«, der auf Wunsch eingeblendet wird und die Eingabe von Bemerkungen zu jedem Musikstück erlaubt. Da bekanntlich der Speicherraum des Computers begrenzt ist, zeigt eine Funktion den verbleibenden Rest von insgesamt 32348 »Ereignissen« (entspricht zirka 6500 Noten) an.

Komfortable Ausstattung

Zur Wiedergabe stehen diverse Beeinflussungen zur Verfügung. Zugunsten der optischen Kontrolle lassen sich die jeweils gespielten Spuren auf dem Monitor anzeigen. Natürlich ist die Geschwindigkeit in weitem Rahmen zwischen 40 und 360 Takten pro Minute veränderbar. Je Taktschlag sind zwischen einem und neun Schlägen einzustellen. Aus einem Anfänger, der im »Einfinger-Adler-Suchsystem« spielt, wird so im Handumdrehen ein Tasten-Derwisch. Zur Abstimmung auf andere Instrumente dient die Transponierung um maximal + zwölf Halbtöne.

Für manuelles Spiel läßt sich ein Metronom auf Kanal 1 legen. Dadurch geht natürlich eine Stimme des dort angeschlossenen Keyboards verloren. Besser wäre die Ausgabe des Metronomtakts über den Lautsprecher des Computers.

Eine Einstellung der Klangfarben und der Lautstärke jedes Instruments erlaubt das Interface selbstverständlich ebenfalls.

Für den leichten Einstieg in die Arbeit mit MIDI sorgen drei im Lieferumfang enthaltene Demonstrations-Musikstücke. Noch leichter fiele der Anfang jedoch, wäre die Bedienungsanleitung deutschsprachig und nicht in Englisch gehalten. Soft- und Hardware sind zwar einzeln erhältlich, einen Sinn hat aber nur die gemeinsame Anschaffung, die mit 498 Mark zu Buche schlägt. Gerade billig ist die Kombination somit nicht zu nennen, zumal erheblich leistungsfähigere (16 Kanäle, ohne die beschriebenen Softwaremängel) MIDI-Pakete für den Commodore 64 schon für unter 300 Mark zu haben sind. Da es zur Zeit aber an Konkurrenzprodukten für Schneider-Computer mangelt und ein vergleichbares 8-Spur-Tonbandgerät noch immer ein Vielfaches kostet, erscheint die Ausgabe für ernsthafte Amateurmusiker durchaus lohnend. (ja)

Die Daten des »Miditrack-Performers« auf einen Blick

Tracks: Acht polyphone Spuren (mit »Track Merge« sind bis zu 29 Spuren verfügbar)
Play: Selektiert Spuren zum Abspielen
Channel: MIDI-Kanalselektion von l bis 16
Loop: Wiederholung einzelner Spuren in einer Schleife
Control: Filterkontrolle
Pitch: Neun Oktaven Transponierung durch ± 12 Halbtonschritte
Arrange Play: Anzeige der gespielten Spuren
Metronome: Metronomtakt auf Kanal 1
Clock: Steuerung des Systems wahlweise durch Roland/Korg »Sync-Out«
Tempo: Zwischen 40 und 360 Takten pro Minute
Plays: Musikstück 1 bis 254mal spielen (oder endlos)
Time Sig: »Zwei bis neun Schläge je Takt
Startbar: Start bei Takt 1 bis 999
Stopbar: Zeigt die Nummer des letzten Takts
Free: Anzeige des freien Speicherplatzes (maximal 32348 Ereignisse, entspricht zirka 6500 Noten mit Tonkontrolle und fast 8100 ohne)
Load: Laden eines Musikstücks von Kassette oder Diskette
Save: Speichern der Komposition
OK: Kontrolle der Kassettenspeicherung
Delete: Löschen einzelner Spuren am Bildschirm oder von Dateien auf der Diskette
Files: Directory des Diskettenlaufwerks
Clear: Löscht alle acht Spuren und setzt die Parameter zur Aufzeichnung auf ihre Standards zurück
Text: Notizblock
Arrange: Bis zu 64 verschiedene Arrangements der gespeicherten Spuren lassen sich nacheinander abspielen
Time Correct: nachträgliche automatische Korrektur zu kurz oder zu lang gespielter Noten
Record: Aufnahme von bis zu acht polyphonen Spuren
Playback: Wiedergabe der Aufzeichnung
Track Merge: Mehrere Spuren lassen sich gemeinsam auf eine weitere Spur kopieren
Tempo: Die Geschwindigkeit ist bei Aufnahme und Wiedergabe zu verändern
Punch-In: Nachträgliche Korrektur falsch gespielter Passagen über das Instrument
Start/Stop: Wahlweise durch externen Sequencer oder Rhythmusgerät
MIDI Data: Balken am oberen Bildschirmrand, zeigt die Menge der MIDI-Daten an



Aus: Happy Computer 12 / 1986, Seite

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