Soft-Story: Solo für Martin Galway

Heute haben wir wieder einen Musik-Spezialisten im Interview: Martin Galway gilt neben Rob Hubbard als unumstrittener Meister des Computer-Sounds.

Leslie B. Bunder unterhielt sich mit ihm.

Einer der talentiertesten und profiliertesten Programmierer in der Computerspiel-Branche ist der 20jährige Martin Galway, der viele Soundtracks zu Ocean/ Imagine-Spielen geschrieben hat. In knapp zwei Jahren arbeitete er an über 30 Programmen; darunter befinden sich Spiele wie »Rambo«, »Hyper Sports« und »Miami Vice«. Dank der freundlichen Hilfe von Rachel Moodie von Ocean Software konnte sich unser Korrespondent Leslie B. Bunder exklusiv mit Martin unterhalten.

Happy: Wie sah bei Dir der Einstieg in die Programmierer-Karriere aus?

Martin: Ich fing 1984 an, Musik für Computer zu schreiben. Damals ging ich noch in Manchester auf die Schule. Ich arbeitete an einem BBC-Computer und schrieb die Musik für das Spiel eines Freundes. Dieses Programm wurde später an Ocean verkauft. Dort war man von meiner Arbeit so beeindruckt, daß man mir einen Commodore 64, eine Datasette sowie einen Assembler lieh und meinte »Laß mal sehen, was du kannst« — das war im Mai 1984. Im Februar 1985 ging ich dann als festangestellter Programmierer zu Ocean.

Von der Schulbank zum Profi-Vertrag

Happy: Verrätst Du uns, wie Deine Musikstücke entstehen?

Martin: Wenn ich eine Idee habe, tippe ich jede Note einzeln in den Computer ein. Das kann bei einem 12 Minuten langen Lied mit drei Stimmen eine ganz schöne Prozedur werden. Um musikalische Ideen auf einer Klaviatur auszuprobieren, benutze ich einen Seiko DS202/DS310 und einen Yamaha CX5M-Synthesizer.

Unser Entwicklungssystem bei Ocean ist »mehr als absolut streng geheim und vertraulich«, denn es ist das Beste! Aber ich kann sagen, daß ich die Musik auf einem Commodore 128D eingebe und auf einem zweiten 128D abspiele. Für Spectrum- und Schneider-Arbeiten gebe ich die Musik auf einem Einstein ein und spiele sie auf dem jeweiligen Zielcomputer ab.

Happy: Glaubst Du, daß das musikalische Potential des Commodore 64 schon voll ausgeschöpft wird?

Martin: Nein. Wenn man den gesamten Arbeitsspeicher des C 64 nutzen würde, könnte man Musikstücke programmieren, die tagelang laufen würden. In Spielen wird das natürlich niemals gemacht. Musik, Grafik und Programm müssen sich die Arbeitsleistung des Prozessors teilen und die Musik erwischt meistens das kleinste Stück vom Kuchen. Wenn ich zum Beispiel ein Programm schreiben würde, das 60 KByte beansprucht und die gesamte Prozessorzeit ausnutzt, dann würde sich das verdammt gut anhören.

Byte-Gerangel

Computer-Musiker Martin Galway an seinem Arbeitsplatz

Happy: Nenne uns mal einige Spiele, für die Du die Musik geschrieben hast.

Martin: Da gibt es eine ganze Menge. Auf dem Commodore 64 zum Beispiel »Ping Pong«, »Miami Vice«, »Green Beret«, »Highlander«, »Comic Bakery«, »Rolands Rat Race«, »Cyclone« und »Street Hawk«. Auf dem Schneider arbeitete ich an »Frankie goes to Hollywood« und »Match Day« und auf dem Spectrum an »Ping Pong«, »Mikie« und »Yie Ar Kung-Fu«.

Happy: Glaubst Du, daß Popmusiker eines Tages Versionen von Computerspiel-Melodien aufnehmen werden?

Martin: Nein, jedenfalls nicht, solange die Computer-Musik nicht technisch komplexer geworden ist und die Sache Profit abwerfen würde. Ich muß erst ein paar Jahre Erfahrungen mit dem Amiga sammeln, denn dieser Computer bietet die besten Fähigkeiten in diesem Gebiet. Dann läßt sich der Zeitpunkt vielleicht abschätzen.

Happy: Wer ist Dein "liebster Computer-Musiker?

Martin: Rob Hubbard ist der einzige, den ich respektiere. Alle anderen Programmierer sind zweitrangig. Das liegt an ihrer mangelnden programmiertechnischen Kompetenz oder fehlender Erfahrung im Arrangieren.

Happy: Welche Musik ist Dir allgemein am liebsten?

Martin: Ich höre mir gern die Top 40 an und verfolge, was sich in den Hitlisten tut. Die Interpreten, die ich am meisten schätze, sind Level 42 (schon seit 1980), Thomas Dolby, Prefab Sprout, Stevie Wonder und The Art of Noise. Ich höre mir auch gern Sachen von Jean-Michel Jarre und Vangelis an.

Happy: Willst Du Dein Leben lang Musik für Computerspiele schreiben?

Martin: Natürlich nicht. Ich würde mich gerne einmal an der Entwicklung eines Spielautomaten beteiligen. Ich habe neben Computern und Musik noch viele andere Interessen und eine Karriere in einem dieser Gebiete würde mir zusagen.

Happy: Was sind denn Deine Hobbys?

Martin: Ich sehe mir gerne Science-fiction- und Fantasy-Filme wie Die Rückkehr der Jedi-Ritter an, bei dem mir besonders die Weltraum-Spezialeffekte gefallen haben. Ich mag auch das Rollenspiel »Dungeons & Dragons«, Modellieren, Malen und schreibe Romane — letzteres natürlich mit einer Textverarbeitung.

Happy: Spielst Du in Deiner Freizeit auch am Computer?

Martin: Im Gegensatz zu früher recht selten. Am liebsten mag ich Weltraum-Simulationen mit 3D-Grafik wie »Elite«. Computer, die so langsam sind wie der Commodore 64, beherrschen solche Grafiken leider nicht sonderlich gut. Ich warte sehnsüchtig auf die Amiga-Version des Flugsimulators »Jet«.

Happy: Gibt es eigentlich Momente, in denen Du Dir wünscht, nichts mit der Software-Branche zu tun zu haben?

Martin: Ja. Die Fachpresse liegt nämlich oft mit ihren Besprechungen und Artikeln daneben. Ich habe Telefon-Interviews gemacht, bei denen im Heft plötzlich Fragen auftauchten, die nie gestellt wurden und Antworten, die ich nie gegeben habe. Auf dem englischen Computer-Zeitschriftenmarkt ist ein Verlag sehr dominant, was für die Leser nicht sonderlich gut ist. Die Ansichten der Reporter werden in einem hohen Grad von bestimmten Herstellern beeinflußt. Außerdem sind die Kritiker technisch inkompetent.

Happy: Und welche Computerzeitschriften liest Du?

Martin: »Personal Computer World«, »Byte« und »Electronic Product Design«.

Happy: Welche Soundtracks wird man in Zukunft von Dir hören?

Martin: Momentan arbeite ich an fünf Spielen, aber leider darf ich die Titel noch nicht verraten.

Happy: Dann wünschen wir Dir noch viel Erfolg bei-Deiner Arbeit und bedanken uns für das Interview,

Leslie B. Bunder/hl



Aus: Happy Computer 11 / 1986, Seite 97

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