Der neue MS-DOS-Emulator verwandelt jeden Schneide CPC im Handumdrehen in einen IBM-kompatiblen Computer. Lohnt sich die Anschaffung, oder sollte man lieber doch gleich zum kompletten PC greifen?
Die Gerüchte um einen MS-DOS-Emulator für Schneider-Computer leben bereits seit langem. Und doch mußten wir bis heute darauf warten. Unser Praxistest zeigt, ob sich das Warten gelohnt hat.
Der optische Eindruck des Emulators deutet auf seine Funktion hin - er steckt in einem »halbierten« IBM-Gehäuse. Darin verbirgt sich ein nahezu kompletter Computer mit 8088- Prozessor (Systemtakt: 5 Megahertz), 512 KByte Arbeitsspeicher, ein bis zwei 5 1/4-Zoll- Diskettenlaufwerken (40 Spuren doppelseitig, 360 KByte Kapazität, DOS-Format) und einem Steckplatz für Hardware-Erweiterungen (Standard IBM-Karten in Langform). Als Verbindung dient ein Flachbandkabel vom Emulator zum Erweiterungsbus des CPC (eine Version für den Joyce ist zum Jahresende ebenfalls angekündigt). Der CPC dient nach dem Anschluß nur noch als Ein-/Ausgabe-Gerät. Er stellt dem Emulator vorerst also lediglich seine Tastatur und seinen Bildschirm zur Verfügung. Später soll jedoch diverse Treibersoftware folgen, die beispielsweise einen Datenaustausch zwischen den Betriebssystemen CP/M und MS-DOS erlaubt, Dann sollen auch Arbeitsspeicher und Laufwerke des Emulators für den CPC zugänglich werden, ebenso wie in umgekehrter Richtung. Die für diese Zwecke notwendige Software will der Hersteller bis zum Ende dieses Jahres nach Kundenwünschen fertigstellen und anbieten. Wichtiger als solche Willensbekundungen sind aber die derzeitigen Leistungsmerkmale.
Das Auspacken endet mit einer verzweifelten Suche nach der DOS-Diskette. Ob sich etwa das MS-DOS-Betriebssystem auf ROMs im Emulator befindet? Weit gefehlt! jede weitere Suche ist zwecklos: Das MSDOS ist nicht im Preis enthalten. Um also die gerade erworbene Hardware praktisch einzusetzen, muß man sich erst einmal eine Betriebssystem-Diskette besorgen. Da einzelne MS-DOS-Lizenzen aber so gut wie nirgends legal gegen Zahlung zu haben sind, führt der nächste Weg zum Bekannten, der hoffentlich ebenso freundschaftlich wie illegal eine Kopie seiner Systemdiskette ziehen läßt.
Ist jedoch diese Klippe umschifft, beginnt das reine Vergnügen. Kabelverbindung herstellen, MS-DOS-Diskette rein in das Emulator-Laufwerk, Emulator einschalten und den CPC aktivieren. Nach Eingabe des neuen RSX-Befehls »IPC« ändert sich schlagartig die Anzeige des Bildschirms: Auf einen Test des gesamten Emulator-Arbeitsspeichers folgt nach kurzer Zeit der Bootvorgang des MS-DOS. Selbst eingefleischte Profis trauen Ihren Augen kaum wenn sie plötzlich auf einem einfachen CPC die ihnen vertraute Einsschaltmeldung des MS-DOS erblicken. Die Skepsis weicht auch noch nicht ganz, als ebenfalls wohlbekannte MS- DOS-Software auf dem CPC-Bildschirm erscheint. Erst nach ausgedehnter Sitzung mit verschiedenen Programmen sind au die letzten notorischen Zweifler restlos überzeugt: Der Emulator hält, was er verspricht. Was wäre ein Test ohne Benchmark (Geschwindigkeitsvergleich)? Und so verglichen wir den Emulator mit anderen PCs. Diesem Zweck diente das kleine Basic-Programm
100 DEFINT A-Z 110 T!=TIMER 120 DIM X(1000) 130 K=0 140 K=K+1 150 GOSUB 200 160 X(K)=Z 170 IF K<1000 THEN 140 180 PRINT TIMER-T! 190 END 200 Z=K*2+3 210 RETURN
Der Emulator mit GW-Basic benötigt dafür 8,5 Sekunden, während ein Commodore PC-10 mit dem gleichen Basic-Interpreter nur geringfügig langsamer arbeitet (9,1 Sekunden). Zum Original IBM-PC mit BasicA besteht ein deutlicher Vorsprung (11,6 Sekunden). Ein drastischer Unterschied ergibt sich im Vergleich zum schnellen neuen Schneider PC mit Basic 2 (3,2 Sekunden).
Selbstverständlich hinken diese Vergleiche etwas, da keine gleichen Voraussetzungen gegeben sind. Das fängt bei den Prozessoren an (Intel 8086 im Schneider PC und 8088 beim Emulator und IBM-PC) und geht bis hin zum Basic-Interpreter. Auch auf MS-DOS-Maschinen sind die Basic-Dialekte nicht beliebig austauschbar. So läuft beispielsweise das BasicA nur auf dem IBMPC, weil es auf ROM-Routinen zugreift, die ausschließlich dieses Original enthält (und enthalten darf. Die Erfahrungen im Gebrauch unterschiedlicher Software bestätigten den gewonnenen positiven Eindruck der Geschwindigkeit. So läßt sich tatsächlich mit der Kombination CPC/Emulator professionell arbeiten.. Für diesen Einsatz sei jedoch dringend die Version mit zwei Laufwerken empfohlen: Zum einen gibt es Software, die nur mit Doppelstationen funktioniert, zum anderen gestaltet sich die Arbeit so nicht nur komfortabler, sondern auch erheblich schneller. In dieser Konfiguration kostet der Emulator dann allerdings 1995 Mark. Da stellt sich natürlich die Frage, ob man seinen CPC aufrüstet, oder nicht lieber doch gleich zur Komplettlösung mit einem Schneider PC greift.
Hier entscheidet vor allem der Preis, Mit zwei Laufwerken kostet der Emulator wie erwähnt 1996 Mark, mit einem Laufwerk 1645 Mark und ohne Laufwerk (was nur bei bereits vorhandenem Fremdlaufwerk sinnvoll ist) 1296 Mark.
Der Schneider PC mit MS-DOS, DOS Plus, GEM-Benutzeroberfläche und zugehöriger Software sowie Maus und Farbgrafik-Fähigkeit liegt, inklusive Schwarzweiß-Monitor und ebenfalls zwei Diskettenlaufwerken bei 2499 Mark. Der CPC-Besitzer zahlt also zwar gut 600 Mark weniger, verzichtet dafür jedoch auf reichhaltige Ausstattung. (ja)
Kurz vor Drucklegung erreichte uns eine Meldung des Emulator-Herstellers. Die getestete Version ist bereits komplett ausverkauft und soll nicht weiter gebaut werden, statt dessen steht bald ein Nachfolger bereit. Allerdings enthält die neue Generation einen Hauptspeicher von nur 256 KByte und ein Laufwerk. Da außerdem die gesamte Elektronik nun auf einer Platine Platz findet, ließ sich der Preis auf 1 098 Mark senken. Damit erscheint natürlich sein Preis- /Leistungsverhältnis erheblich günstiger. Selbst mit der Aufrüstung auf volle 512 KByte (für zirka 100 Mark) und einem zweiten Laufwerk (das jetzt ein externes Gehäuse benötigt) für voraussichtlich 300 Mark, kommt man auf einen Preis von zirka 1500 Mark. Damit beträgt die Differenz zum vergleichbaren Schneider PC immerhin schon 1000 Mark. (ja)
Name: | PCE |
Art: | PC-Emulator für Schneider Computer |
Prozessor: | Intel 8088 (Taktfrequenz 5 Megahertz) |
Arbeitsspeicher: | 512 KByte |
Laufwerk: | 5 1/4Zoll, 40 Spuren doppelseitig, 360 KByte |
Erweiterung: | Ein Steckplatz nach IBM-Standard |
Preis: | PCE-II: 1995 Mark (zwei Laufwerke) PCE-I: 1645 Mark (ein Laufwerk) PCE: 1295 Mark (ohne Laufwerk) |
Positiv: | Macht Schneider CPC und Joyce IBM-kompatibel |
Negativ: | Kein MS-DOS im Lieferumfang |