Englands Messeereignis

Software für den Atari ST in Hülle und Fülle. Beispielloses Gedränge auf dem Amstrad-Stand. Und eine ganze Menge Highlights zeichneten die PCW in London aus.

Eine der größten Messen für Computer benutzte Atari, um dem starken englischen Markt ihre Produkte unübersehbar zu demonstrieren.

Die Herzen von Atari-Interessierten begannen bereits auf dem Weg zur Messe etwas schneller zu schlagen: Über die große Straße, die zur Ausstellungshalle führt, spannte sich em großes Werbe-Transparent für Atari. Betrat man die National Hall, wurde man von den Riesenbuchstaben »Enter the World of Atari» unter dem großen Rundbogen fast erdrückt. Die vielen Besucher wurde nicht enttäuscht.

Von insgesamt 14000 Quadratmetern umfaßte allein der Atari-Stand 1000 Quadratmeter. Genau wie auf der CeBIT in Hannover thronten in der Mitte Besprechungsräume. Darum gruppierten sich Arbeitstische, auf den die Softwarefirmen ihre Produkte präsentierten. Diese Firmen hatten meist noch eigene Stände. Um diesen großen Stand reihten sich weitere Aussteller mit kleineren Ständen. Unter anderem bekannte Namen. wie Kuma, Print Technik, Haba, GST.

Der Hersteller des ST präsentierte wieder den bereits bekannten MS-DOS-Emulator. aber auch neue Produkte Endlich sah man den sagenumwobenen Blitter in Aktion Dieser schnelle Coprozessor beschleunigt die Grafikroutinen des Betriebssystems.

Das erfordert allerdings die Unterstützung des Betriebssystems und somit neue ROMs.

Grafikblitz »Blitter«

Die Demonstration war eindrucksvoll: Auf zwei Farbmonitoren lief jeweils das von anderen Messen bekannte Demoprogramm mit dem Kakadu, der von der linken Bildseite zur rechten fliegt Auf dem rechten Monitor mit der bekannten Geschwindigkeit, rechts sichtlich schneller durch Blitter-Unterstützung. Die Geschwindigkeit ist subjektiv betrachtet mit Blitter zirka fünfmal hoher als ohne den Grafikwirbelwind.

Einen auch angekündigten Grafikzusatz, die Farbkarte, konnte man noch nicht bewundern. Sie erhöht die Grafikauflösung auf 640 x 480 Punkten in Farbe und monochrom auf 1280 x 960 Punkte.

Aber dafür wurden am Anfang der Messe unter der Hand, später in einem Schaukasten, auch »getunte» Versionen des 1040 ST präsentiert: 2- und 4-MByte-Versionen des 1040 ST. Auch ein monochromer Monitor (SM125) mit schwenkbarem Fuß gab sein Debüt.

Wie wir von Atari Deutschland erfuhren, können die deutschen Atari-Fans mit diesen und weiteren Neuerungen auf der Orgatechnik in Köln noch nicht rechnen. Man schränkte aber ein, daß auf der CeBIT 87 in Hannover einige Neuheiten für Atari-Interessierte im Raum stehen.

Atari möchte dort aber nicht nur die erwähnten Neuerungen präsentieren, sondern einen wirklichen »Hammer» Den neuen ST im »Middlebox»-Gehäuse. Das bedeutet einen ST mit abgesetzter Tastatur, mehr Speicherplatz als bisher üblich, sowie dem Arithmetikprozessor 68881 von Motorola.

Aber nicht nur Atari stellte neue Hardware vor. Auch der Amstrad-Stand wurde regelrecht belagert.

Der MS-DOS-Preishammer

Der Amstrad-PC, bei uns als Schneider-PC (siehe Beitrag in der Happy-Computer 10/86) bekannt, gab auf dieser Messe für die englischen Computerenthusiasten seinen Einstand. Durch den bekannten und bewährten Namen des Herstellers war der Andrang entsprechend groß.

Auf dem Amstrad-Stand wurde man fast erdrückt. Ein zweiter Stand sah dem grau-weiß-roten Amstrad-Stand sehr ähnlich. Allerdings prangte auf seinen Werbeflächen der Firmenname der für nicht mehr existent geglaubten Computerfirma »Sinclair».


Alte Technik im neuen Gewand: Spectrum 128 + 2

Auf den Arbeitstischen standen Amstrad-CPC-Computer, sowie Spectrum 128+2. Der Spectrum 128+2 ist ein neu gestyltes 128er-Modell mit besserer Tastatur und integriertem Kassettenrecorder, wie man es vom CPC 464 kennt.

Eingeschlagen

Eingeschlagen hat der Atari ST bei den englischen Softwarehäusern.

Auf der ST-Messe in London im März standen viele dem Atari ST noch etwas skeptisch gegenüber. Das hohe Angebot an leistungsfähiger Software von englischen Entwicklern bewies: Das Bild hat sich gewandelt.


Das neue, schnelle »Fast Basic« ans England

Die Softwarehäuser haben den ST voll akzeptiert. Es kommen immer mehr und auch sehr professionelle Produkte.

Einen neuen Basic-Interpreter führte Computer Concepts vor. Er wird auf ROM-Modul angeboten. Zum einen belegt er dadurch nur soviel RAM, wie er für seine Variablen braucht und zum anderen steht er viel schneller zur Verfügung. Die Befehlsvielfalt ist beeindruckend. Wie der Firmeninhaber Charles C. Moir erläuterte, hat man sich bemüht, aus dem hohen Leistungsreservoir soviel als möglich auszuschöpfen. Nach der kurzen Demonstration auf der Messe scheint das wirklich gelungen zu sein. Allein das 400 Seiten starke und ausführliche Handbuch spricht für sich.

Auch auf ROM-Modul bietet derselbe Hersteller »Back-Pack« an. Das ist eine Sammlung von hilfreichen Accessories.

Zur Zeit ist das »Fast Basic» und »Back-Pack« noch nicht in Deutschland erhältlich, sondern nur beim Hersteller in England für 79 und 49 Pfund zu beziehen.


»Back Pack«, eine Sammlung von Accessories auf ROM-Modul

Die große Stärke des Atari ST. seine schnellen Grafikfähigkeiten, werden in Zukunft noch besser zur Geltung kommen. Am Gemeinschaftsstand von Print Technik und PDS fanden zwar die Digitizer großes Interesse, aber Hauptanziehungspunkt war das Maiprogramm Art-Director von PDS. Voll mausgesteuert, einfach zu bedienen und von einer Funktionsvielfalt, die bisher unerreichbar war. Es wäre müßig, jetzt wieder die Funktionen Biegen und Dehnen aufzuzählen. was vielmehr begeistert. ist zum Beispiel das Projezieren eines Bildes auf oder in eine Halbkugel.

Das Programm strotzt geradezu vor solchen außergewöhnlichen Funktionen. Die Ergebnisse sind dementsprechend. 250 Mark ist für ein solch leistungsstarkes Programm ein nichtiger Betrag.

Als Ergänzung zu Art-Director bietet PDS Film-Director. Die Bilder von Art-Director lassen sich auf verschiedene Weise nun als animierte Grafiken darstellen. Auch Film-Director kostet nur 250 Mark.

Kuma, durch ihre Software-Bausteine für den ST bekannt, bauen ihr bewährtes System weiter aus.

K-Switch schaltet auf Tastendruck zwischen zwei Programmen um. die sich im Speicher befinden. Bei der Speicherkapazität der Atari STs ist das kein Problem.

K-Comm wurde verbessert. Es beinhaltet jetzt einige Funktionen mehr, die zwar sehr hilfreich sind, aber nicht für deutsche Postteilnehmer zulässig.

Kuma reiht sich in Zukunft auch bei den Hardwareanbietern ein. K-Max beinhaltet eine Zusatzbox mit zwei Arithmetik-Prozessoren, 258 KByte RAM und wird am ROM-Port des ST angeschlossen. Bei den Arithmetik-Prozessoren handelt es sich um zwei Inmos IMS T414-32-Bit-Prozessoren mit einem Datendurchsatz von 7,5 Mips. Der Preis für dieses Produkt liegt bei 1450 Pfund.

Software Punch zeigte seine Symbiose aus Textverarbeitung und Grafikprogramm »Boffin«. Zur Zeit arbeitet man gerade an der deutschen Übersetzung.

Psion, bekannt durch das Softwarepaket des QL und ein leistungsstarkes Schachprogramm mit 3D-Grafik, adaptierte sein »Psion-Chess« auf den ST. Man kann es auf Monochrom- und Farb-Monitor spielen, sowie bei der Anleitung auf dem Bildschirm zwischen sechs verschiedenen Sprachen wählen.

Metacomco demonstrierte ihr Cambridge Lisp auf dem Amiga und jetzt auch auf dem Atari ST. Für den Commodore Amiga wurde außerdem »Metacomco Make« vorgestellt.

Dieses Hilfsprogramm erleichtert Programmierern die Arbeit. Und welche Hilfsmittel ein Programmierer braucht, weiß Dr. Tim King am besten. Er schrieb neben den vielen Compilern für QL, ST, auch das Amiga-DOS, das leistungsfähige Betriebssystem des Commodore Amiga.

Tendenzen

Beeindruckend war die große Zahl der Softwareanbieter für den Atari ST.

Noch nicht akzeptiert ist der Amiga Viele kritisieren die Marschrichtung von Commodore, den Amiga auf Biegen und Brechen als Personal Computer vermarkten zu wollen. Bei den 8-Bit-Computern war auch etwas die Luft raus. Der Trend geht eindeutig zu leistungsstärkeren Computern. Als zukünftige Computer bezeichnen viele den Atari ST und den Amstrad-PC. (hb)

Info; Computer Concepts, Gaddesden Place. Hemel Hempstead. Herts HP2 6 EX. PDS. van Gijnstraat 11. fostbus 5829. 2280 HV Rjjswijk (ZH)

Kuma Computers Ltd . 12. Horseshoe Park. Pangbourne, Berkshire RG8 7JW. Psion Ltd . Psion House. Harcourst Street. London WIH IDT

Metacomco, 26 Ponland Square, Bristol BS2 8RZ

Neues vom Joy(ce)-Stick

Nach dem großen Erfolg, den der Joyce sowohl in England, wie auch bei uns feiern konnte, war es nur eine Frage der Zeit, wann die Software-Hersteller, speziell auf dem Spielemarkt, für Aufregung sorgen. Schnell wurde bemerkt, daß man auch in den Büros, für die der Joyce wohl primär gedacht ist, nach der Arbeit einem kleinen Spielchen nicht abgeneigt gegenübersteht. Einziges Handicap: Es fehlt ein Joystick-Anschluß. In England ist dieses Manko beseitigt. Cascade Games bietet dort zum Preis von 29.95 Pfund ein Interface an, das den Anschluß eines Atari-Joysticks mit 9-Pin-Belegung erlaubt. Dieses Interface wird einfach in den Anschluß für die RS232/Centronics-Schnittstelle gesteckt, und los geht's. Natürlich werden gleichzeitig eine Reihe von Spielen angeboten, die sich die neuen Fähigkeiten des Joyce zu Nutze machen wie beispielsweise »Colossus Chess«. Weiterhin hofft Cascade auf Lizenzverträge mit anderen Software-Häusern, um auch bekannte Spielehits wie »Skyfox« von Ariolasoft. dem Joyce-Besitzer zugänglich zu machen. Bleibt abzuwarten, wann der deutsche Spiele-Fan seinen Joyce mit einem »Freuden-Stab« beglücken kann.

(Jörg Höhnerbach/hg)



Aus: Happy Computer 11 / 1986, Seite 15

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