Informatik setzt sich in der Bundesrepublik immer mehr als Schulfach durch. Über die ideale Programmiersprache für den Unterricht herrscht aber noch keine Einigkeit. Vielleicht muß sie erst noch erfunden werden.
Informatik ist ein junges Unterrichtsfach, das den Sprung von den freiwilligen Computer-Arbeitsgruppen in den Stundenplan geschafft hat. Wie jede Neueinführung leidet aber auch die Informatik unter Kinderkrankheiten, die auf die mangelnde Erfahrung mit diesem Stoff zurückzuführen sind. Es gibt noch kein einheitliches Konzept, wie Informatikunterricht aus-sehen soll. Besonders strittig ist die Frage nach der Computersprache, die im Unterricht verwendet werden soll. Der bisherige Favorit Pascal, wurde von N. Wirth extra als Lehrsprache konzipiert. Pascal zwingt zum strukturierten Programmieren und erreicht so, daß der Programmierer ein Problem erst durchdenken muß, bevor er an die Umsetzung geht. Er muß die Lösung also schon im Kopf haben, damit er ein Pascal-Programm schreiben kann.
Darüber hinaus erleichtert die Strukturierung das Lesen und das Verstehen eines Programms. Pascal ist außerdem noch weitgehend standardisiert, so daß man Programme von einem Computer auf den anderen übertragen kann. Gerade an Universitäten benutzt man Pascal, weil es das problemorientierte Denken trainiert. Es hat aber einige Nachteile, die es für den Anfänger wenig attraktiv machen. Pascal ist eine reine Compilersprache, das heißt jedes Programm wird erst in Maschinensprache übersetzt. Zum Schreiben benutzt man den Editor. Will man das Programm testen, muß man den Compiler laden, der das Programm übersetzt. Wenn man sich verschrieben hat oder sonst ein Fehler auftritt, muß man den Compiler verlassen, den Editor laden, den Fehler verbessern, wieder den Compiler starten und hoffen, daß nicht noch mehr Fehler im Programm sind. Diese Prozedur verhindert den schnellen Erfolg, den man als Einsteiger braucht. Turbo-Pascal hat zwar Editor und Compiler gleichzeitig im Speicher, aber trotzdem muß der Linker in einigen Fällen noch nachgeladen werden. Das sehr strenge Pascal ist zwar gut für ältere und fortgeschrittene Anwender geeignet, doch haben viele Bedenken, ob man damit den Einstieg erleichtert. Denn was nützt eine Sprache, die den Lehrer begeistert, aber die Schüler nur frustriert?
In Pascal muß man ein Programm schreiben, um zwei Zahlen zu addieren. Es wäre einfacher, wenn man es wie am Taschenrechner sofort ausführen könnte. Sprachen, die die Befehle nicht auf einmal übersetzen, sondern immer nur die aktuelle Programmzeile, nennt man Interpreter-Sprachen. Das klassische Beispiel dafür ist Basic, das auch für den Anfänger sehr leicht zu erlernen ist und deshalb in fast jedem Computer implementiert ist. Es benutzt kurze Wörter aus dem Englischen, die sich sehr leicht einprägen. Die weite Verbreitung ist ein Argument für Basic, weil die Schüler nicht auf den Computerraum in der Schule angewiesen sind. Basic hat aber den Nachteil, daß es nicht generell strukturiert ist wie Pascal. In Basic kann man »drauflos« programmieren, ohne zu wissen, wie die Lösung am Ende aussehen wird. Es läßt das zu, was Pascal verhindern möchte. Das fehlende Konzept macht oft wirre Sprünge nötig, so daß die Programme kaum noch zu durchschauen sind. Basic ist allerdings nicht notwendigerweise unstrukturiert, und es gibt schon viele Basic-Dialekte, die übersichtliches Programmieren erlauben. Als reine Interpretersprache ist Basic jedoch nicht sehr schnell.
Eine Alternative scheint Comal zu sein, das eine Mischung aus Pascal und Basic darstellt. Comal ist strukturiert wie Pascal, benötigt aber keinen Compiler und lehnt sich stark an Basic an. Es ist sehr hilfreich für den Anfänger, daß alle Programmzeilen schon bei der Eingabe auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Als Interpretersprache arbeitet Comal auch im Direktmodus. Wegen seiner geringen Verbreitung hat es seine praktische Einsetzbarkeit noch nicht bewiesen.
Logo hat in letzter Zeit von sich reden gemacht, weil es besonders kleinen Kindern den Einstieg in die Computerwelt erleichtert. Es ist besonders anschaulich, da man anfangs einer »Schildkröte« (durch einen Cursor dargestellt) Befehle in Form von Richtungsanweisungen gibt. Man sieht dann, wie die »Schildkröte« den Befehl ausführt. Der englische Ausdruck für diese Logo-Grafik ist »Turtle Grafic«.
Man tut Logo unrecht, wenn man es als Kindersprache bezeichnet. Neben den bekannten Turtle-Grafiken bietet Logo auch strukturiertes Programmieren und Listenverarbeitung. Der Preis der Anwenderfreundlichkeit sind langsame Verarbeitung und hoher Platzbedarf im Speicher. Für einfache grafische Probleme mag das genügen, aber für komplexe mathematische Aufgaben ist Logo nicht geeignet.
Die hier aufgezählten Sprachen sind nur ein Ausschnitt aus dem reichhaltigen Spektrum der Programmiersprachen. Sie sind die meistverwendeten »Einsteigersprachen«. Für Spezialanwendungen güDt es andere und neue Sprachen, die für den Schulunterricht nicht geeignet sind. Assembler zum Beispiel ist zu unanschaulich und prozessorspezifisch. Jede der genannten Sprachen hat Vor- und Nachteile, so daß man keiner das Prädikat »Ideal« geben kann. Außerdem kommt in der Schule noch ein zweiter Faktor hinzu. Nicht alle Sprachen sind auf allen Computern in gleicher Qualität vorhanden. Die Sprache, die im Informatikunterricht verwendet wird, muß sich auch an den vorhandenen Computern orientieren. Zwischen Pascal auf dem C 64 oder anderen nichtstandardisierten Computern und einem Pascal für MS-DOS- oder CP/M-Computer ist ein meilenweiter Unterschied. Daher existieren in den einzelnen Bundesländern oftmals nur Rahmenrichtlinien für die Lehrsprache. In der Regel ist die Fähigkeit zu strukturierten Programmen die Hauptforderung. Auch auf dem Hardwaresektor herrscht noch eine bunte Vielfalt, doch der Trend geht zu den MS-DOS-Computern, so daß eine Vereinheitlichung auf diesem Gebiet möglich ist. Ob aber eine einheitliche Lehrsprache gefunden wird, steht noch in den Sternen. Die Kultusministerien fordern vor allem, daß sie strukturierte Programme fördert, leicht erlernbar, schnell und auf allen Computern verfügbar ist. Alle diese Forderungen zusammen erfüllt keine der vorhandenen Sprachen.
In vielen Bundesländern wird deshalb zwischen den verschiedenen Schultypen unterschieden und für die Altersstufen eine jeweilige Empfehlung ausgesprochen. Außerdem geben die Kultusministerien Richtlinien für den Computerkauf. Eine Liste der Empfehlungen finden Sie in der Tabelle. Die Spalte »Computersprachen« enthält sowohl die empfohlenen, als auch die verwendeten Computersprachen. (gn)
Bundesland | Sprachen | Konfiguration |
Baden-Wiirtemberg | keine Vorschrift | MS-DOS |
Bayern | Pascal /Basic | MS-DOS |
Berlin | Pascal | Mehrplatzsysteme |
Bremen | Pascal / Basic/Logo | Apple 2e/Lauf- |
werk/Drucker | ||
Hamburg | Pascal/Basic/Logo | MS-DOS |
Hessen | Pascal/Basic | CP/M oder MS-DOS |
Niedersachsen | keine Vorschrift | CP/M oder MS-DOS |
Nordrhein-Westfalen | Pascal (Elan) | MS-DOS |
Rheinland-Pfalz | Pascal/Basic/Logo | nur Rahmenbedingungen |
Saarland | Pascal/Basic (C) | MS-DOS |
Schleswig-Holstein | Pascal /Comal | nur Rahmenbedingungen |
Übersicht über die Empfehlungen der Bundesländer |