Was nützt ein noch so preiswerter MS-DOS-Computer, wenn die Software für ihn Tausende von Mark kostet? Nun — gerade für MS-DOS gibt es kostenlose Programme in Hülle und Fülle: Public-Domain-Software!
Es fällt schwer, eine passende Übersetzung für Public-Domain-Software zu finden, »Jedermann-Software« wäre vielleicht ein treffender Ausdruck. Umschrieben werden mit diesem Ausdruck Programme, die ausdrücklich zum kostenlosen Kopieren freigegeben sind. Das bedeutet, daß die Autoren der Programme auf eine Bezahlung verzichten, solange die Software kostenlos und für jedermann frei zugänglich weitergegeben wird. Nach Schätzungen sind über 10000 Programme im Umlauf, allein für den IBM-PC sind mehr als 200 Disketten voll mit Software erhältlich. Meist wird bei dieser Software auch der Quellcode mitgeliefert, so daß der Benutzer eventuelle Fehler selber ausbügeln oder das Programm seinen eigenen Wünschen anpassen kann. Bei den Anleitungen dagegen sieht es recht spärlich aus, so daß von der Benutzung solcher Programme absehen sollte, wer nicht über ausreichend Erfahrung verfügt.
In Deutschland hat sich dieses Konzept bis jetzt noch nicht so recht durchsetzen können, weil hierzulande fast niemand bereit ist, am Aufbau eines solchen Softwarepotentials mitzuarbeiten. Deshalb stammen die meisten verfügbaren Programme aus den USA und aus England. An dieser Stelle sollen deshalb unsere Leser aufgerufen werden, selbst eigene Programme in Umlauf zu bringen. Denn falls so ein Programm ein Renner werden sollte, so steht es immer noch jedem offen, es kommerziell zu nutzen. Auch hat man auf diesem Weg die Chance, sich mit einem guten Programm einen Namen zu machen.
Die Quellen der Public Domain-Software lassen sich in vier Kategorien einteilen:
Programme aus Forschungsprojekten, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. In den USA ist die Förderung durch den Staat oft daran gebunden, daß die Ergebnisse der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
Programme, die für ganz spezielle Aufgaben geschrieben wurden, finden auf dem allgemeinen Markt selten ausreichenden Absatz. Die Autoren solcher Programme stellen ihre Arbeiten dann oft als Public Domain-Software zur Verfügung.
Die Verbreitung als Public Domain-Programme ist manchmal ein alternativer Vertriebsweg für kommerzielle Software. So findet man ab und zu Programme, die im Vorspann dazu auffordern, dem Autor eine geringe Summe (zwischen 20 und 80 Dollar) zu überweisen, wenn man das Programm häufig nutzt. Als Gegenleistung wird versprochen, daß man Informationen über eventuelle Fehler oder Neuentwicklungen bekommt. Diese Art des Vertriebs hat für Autor und Benutzer deutliche Vorteile. So nutzt der Autor den Weg zur schnellen Verbreitung ohne Kosten (er bezahlt das Kopieren ja nicht), der Benutzer dagegen braucht für das Produkt nur etwas zu bezahlen, wenn er es wirklich gebrauchen kann. Man bezeichnet diese Untergruppe auch als »Share Ware«. Das System funktioniert allerdings nur dann, wenn man sich selbst und dem Autor gegenüber ehrlich ist. Dieses Prinzip entwickelte Andrew Fluegelman, der das bekannte Kommunikationsprogramm PC-Talk schrieb. Er hatte als erster den Gedanken, daß man für Software nur etwas bezahlen sollte, wenn man glaubt, daß sie es wirklich wert ist.
Weiterhin steckt in dieser Idee die Tatsache, daß es für einen Privatmann unmöglich ist, ein selbstentwickeltes Programm ohne hohe Kosten zu vermarkten. Bringt beispielsweise ein Autor sein Programm als »Share-Ware« 1000mal (diese Zahl läßt sich leicht erreichen) auf den Markt, und bekommt er von nur 10 Prozent der Anwender sein Geld (vielleicht 50 Mark), sind das immerhin 5000 Mark, die er so schon allein in den Vertrieb und in die Werbung gesteckt hätte.
In den USA sammeln nun verschiedene Computerclubs die vorhandene Software und katalogisieren sie. Dabei stehen zwei Clubs im Vordergrund, nämlich die PC-SIG für MS- und PC-DOS und die SIG/M UG für CP/M-Software. Die Programme werden von den Clubs in Datenbanken gesammelt und sind für jeden, der einen Akustikkoppler oder ein Modem besitzt, frei zugänglich. Die beiden bekanntesten Datenbanken sind »Source« und »CompuServe«. Durch dieses System ist die Verbreitung und der freie Zugang der Software sichergestellt. Die Qualität der Programme unterscheidet sich meist nicht von der gekaufter Software, manchmal sind es frühere Versionen von heute kommerziell angebotenen Programmen. Fast alle Anwendungsbereiche, vom einfachen Spiel über Utilities bis hin zur professionellen Textverarbeitung, werden abgedeckt.
In Deutschland existieren solche Sammlungen bisher noch nicht. Deswegen haben sich einige wenige Firmen speziell auf den Vertrieb von Public Domain-Software eingerichtet. Diese Firmen übernehmen auch die Kopierarbeiten und die Beschaffung der Software. Die dabei entstehenden Kosten (es sind meist nur Material- und Arbeitskosten) muß dann der Anwender bezahlen. So kostet eine Diskette (meist randvoll mit Programmen) im Schnitt zwischen 20 und 30 Mark.
Die Adressen der beiden größten Anbieter finden Sie unten.
Hier gibt es Public Domain-Software | ||
Anschrift |
lauffähig unter |
Preis zirka |
ILSAG 7890 Waldshut-Tiengen Kaiserstraße 21, 07751/7920 |
CP/M PC- und MS-DOS |
14 Mark |
ComFood GmbH Flaßkamp 24 4400 Münster, 0251/719768 |
CP/M PC- und MS-DOS |
20 bis 30 Mark |
Von diesen Firmen haben wir Disketten aus der PC-SIG-Sammlung bestellt. Darunter befinden sich Spiele, Tools zu Programmpaketen und jede Menge Utilities. Um es auf einen Nenner zu bringen: die Spiele sind zum größten Teil in Basic geschrieben, ihre Qualität reicht an professionelle Software nicht im geringsten heran; meist ist der Reiz schon nach wenigen Spielen verflogen. Es gibt aber auch pfiffige Spiele, die entweder in Assembler geschrieben sind oder aus compilier-tem Basic bestehen, so zum Beispiel ein Flipper. Anders sieht es dagegen bei den Utilities aus. Hier findet man oft sehr nützliche Programme, angefangen von der einfachen Tastaturbelegung über komfortable Hardcopyroutinen bis hin zur anspruchsvollen und schnellen Grafikprogrammierung.
Unter den Tools finden sich sehr interessante Routinen zu Programmen wie dBase, Wordstar oder auch zu größeren Programmpaketen wie Lotus, die meist auf ganz spezielle Anwendungen zugeschnitten sind. Dadurch kann man sich eine Menge Arbeit und Zeit ersparen.
Fazit: Die Public Domain-Software umfaßt ein riesiges Angebot der unterschiedlichsten Programme. Da ist wirklich für jeden etwas dabei; vielleicht sogar genau das Programm, das Sie schon lange gesucht haben. Ein Versuch lohnt sich. Was man alles bestellen kann, erfährt man aus den Katalogen der Anbieter, die meist auf Diskette geliefert werden. Ein paar Beispiel-Programme für Public Domain-Software finden Sie rechts im Kasten.
(Udo Reetz)
Bild 1. PC-Write Hilfsmenü
Bild 2. Kartei Verwaltung »3by5«
Bild 3. Das Hauptmenü von »ultra Utility«
Bild 4. Terminalprogramm »Q Modem«
Es gibt Tausende von Public Domain-Programmen und jeden Tag kommen neue hinzu. Alle Programme zu beschreiben ist unmöglich, aber hier ist eine kurze Auflistung der bekanntesten.
PC-Write: Eine exzellente und äußerst schnelle Textverarbeitung, die ständig verbessert wird. Ein »Speller« (automatisches Korrekturprogramm) soll noch dieses Jahr hinzukommen. Bild 1 (Seite 136) zeigt das Help-Menü.
PC-File III: Ein flexibles Datenbankprogramm, das einfach zu bedienen ist. Es verfügt über die bei diesen Programmen üblichen Sortier- und Suchfunktionen.
3by5: Ein textorientiertes Verwaltungsprogramm, das ein Karteikastensystem simuliert. Dieser Vergleich wird dem Programm aber nicht ganz gerecht. Es ist ideal für die Verwaltung von Notizen, zum Beispiel in der Wissenschaft. Bild 2 zeigt die menügesteuerte Verwaltung.
Infobase: Ein Datenbankprogramm, das mit Formblättern arbeitet. Die Daten werden wie auf echten Vordrucken eingegeben, bearbeitet und ausgegeben.
Newkey: Mit diesem Programm kann man die Tastaturbelegung ändern und erweitern. Es arbeitet ähnlich wie kommerzielle Programme (zum Beispiel Prokey).
Ultra Utilities: Drei getrennte Programme zum Lesen, Schreiben und Ändern von Sektoren. Mit ihm können gelöschte Files wieder zugänglich gemacht werden. Es läuft nur mit Disketten, nicht mit der Harddisk. Bild 3 zeigt das Hauptmenü.
PC-Deskmate: Dieses Programm arbeitet ähnlich wie Sidekick.
QModem: Ein leistungsfähiges Terminalprogramm, das Protokoll- und Selbstwählfunktionen unterstützt (Bild 4).
The Draftsman:** Ein Business-Grafikprogramm, das Diagramme erzeugt.
PC-General Ledger: Ein Buchhaltungssystem, das Schecks beschriften kann.
Utilities: Es gibt eine Menge Utilities. Hier sind ein paar, die ganz nützlich sind.
Multi Spooler: Ein Vertreter von vielen Spooler-Programmen.
Gdel: Ein selektives Löschprogramm. Mit ihm kann man schnell Files löschen.
Whereis: Dieses Programm durchsucht alle Sub-Directory-Einträge nach einem File.
Kopynew: Dieses Programm ist hervorragend geeignet, um ein Backup von der Harddisk zu machen. Dabei werden nur die Files kopiert, die sich seit dem letzten Backup geändert haben.