Preisschlacht zwischen Pappwänden und Holzpfosten, elektronische Bauelemente und Personal Computer auf dem Wühltisch: Die Hobbytronic in Dortmund startete ihre Attacke auf die Geldbeutel der Elektronik-freaks.
Wie schon 1985 war auch die diesjährige Ausstellung in der Westfalenhalle in Dortmund als Zwillingsmesse »Hobbytronic & Computer-Schau« organisiert. Fast 70000 von Computerfreaks strömten in die Halle 4 des Dortmunder Messegeländes zur »2. Ausstellung für Computer, Software und Zubehör« und verließen sie bepackt mit allerlei Computergerätschaften und mit erheblich erleichtertem Geldbeutel. Die Hobbytronic ist nun einmal seit jeher eine Verkaufsmesse für jedermann; die Anbieter tragen wahre Preiskämpfe aus und unterbieten sich gegenseitig mit Messe-Sonderangeboten. So konnte man in diesem Jahr einen C 64 schon für nur 410 Mark mit nach Hause nehmen, ein EPROM 27512 mit 64-KByte-Speicherplatz kostete knapp 50 Mark. Der Preisverfall machte nicht einmal vor dem sagenumwobenen Amiga halt, der mit Textverarbeitungs- und Grafikprogramm und einem Matrixdrucker OKI ML 182 zu einem Messesonderpreis von 4198 Mark angeboten wurde. Nach Auskünften des Händlers waren bis zum vorletzten Tag der Messe bereits über 100 Geräte verkauft.
Groß war auch das Angebot an IBM-kompatiblen Computern vom PC bis zum AT. Dederichs aus Hattingen zeigte sogar einen IBM-kompatiblen Computer, der auch Apple II-Programme ablaufen lassen kann. Es wird sicherlich eine Reihe von Anwendern für diese Kombination von zwei Technologie-Fossilien geben. Das Softwareangebot für so eine Computerkombination dürfte allerdings sowohl an Qualität als auch an Quantität so leicht nicht zu übertreffen sein. Im übrigen wurde das Feld jedenfalls ganz eindeutig von den »Ataris«, »Commodores« oder »Schneidern« beherrscht.
Echte Neuheiten waren so kurz nach der CeBIT eigentlich kaum zu erwarten, es ist uns aber dennoch gelungen, ein paar Angebote aufzuspüren, die neu oder zumindest noch nicht allgemein bekannt sind.
Print Technik aus München zeigte eine »Grafik-Toolbox« für den ST, die es erlaubt, Bilder im Neochrom- oder Degas-Format zu bearbeiten. Man kann Bildausschnitte speichern, vergrößern. verkleinern, verzerren und in Zehntelgradschritten drehen. Die bearbeiteten Bildteile lassen sich mit einfachen Mausoperationen in andere Bilder einfügen. Dieses Programm kostet 148 Mark. Angekündigt wurde von Print Technik auch ein neuer Hardwarezusatz für den ROM-Port des ST. ein sogenannter »Soundsampler« mit einem 10-Bit-A-D-Wandler. Die 10-Bit-Technik erlaubt bei einer Abtastfrequenz von bis zu 30 kHz hohe Klanggüte, die mit Hi-Fi-Qualität fast vergleichbar sein soll. Für geringere Ansprüche, etwa bei Aufnahme und Wiedergabe von Sprache kann die Abtastfrequenz reduziert werden. Ein Mega ST mit ROM-Betriebssystem soll dann ohne Nachladen von der Diskette bis zu zehn Minuten Sprache speichern können. Über Auslieferungstermin und Preis war noch nichts zu erfahren.
Einen Preis von 998 Mark gab CJT aus Wuppertal für ihre ST-Doppel-Diskettenstation mit zwei NEC-Laufwerken (80 Spuren doppelseitig) an. Die beiden Laufwerke sind übereinander in ein Atari-graues Kunststoffgehäuse montiert.
Ein HF-Modulator zum Anschluß des ST an den Antenneneingang eines Fernsehgerätes war funktionsfähig und in natura auf dem Stand von Computertechnik Zaporowski aus Hagen in Augenschein zu nehmen. Bei dem »PAL-Modulator« handelt es sich um ein separates Zusatzgerät mit eigener Stromversorgung, das an den RGB-Ausgang des ST angeschlossen wird und auf einem guten Farbfernseher ein annehmbares Bild erzeugt. Für gelegentliche Spiele reicht die gebotene Bildqualität sicherlich aus. Der Preis erscheint mit 298 Mark jedoch ein wenig hoch, fast 300 Mark sind immerhin ein Drittel des Preises für einen 260 ST oder ein Viertel des Preises für einen RGB-Monitor mit deutlich besserer Bildauflösung.
Ebenfalls 298 Mark wird ein Modul für den ROM-Port kosten, das den ST in ein Speicheroszilloskop verwandelt. Ein 10-Bit-A-D-Wandler bürgt für hohe Auflösung (Empfindlichkeit 4 mV für Vollaussteuerung), es können Frequenzen bis zu 60 kHz sichtbar gemacht werden. Die Bedienungssoftware benutzt den Komfort der GEM-Oberfläche des Atari ST. Im Bereich der Datenfernübertragung fielen uns drei Entwicklungen auf. Auf dem Stand des WDR-Computerclub, der ja bekanntlich einer der Pioniere der DFÜ in Deutschland ist, zeigte phs EDV-Beratung, Hannover, ein BTX-Terminal-Programm für den ST. Allerdings muß der ST über seine RS232-Schnittstelle an ein von der Post zugelassenes BTX-Endgerät angeschlossen sein. Das BOX genannte Programm verwandelt den ST in eine intelligente BTX-Tastatur und erlaubt das Speichern und Editieren von BTX-Informationsseiten. Leider reicht auch die Auflösung des monochromen Monitors mit 640 x 400 Punkten nicht aus, die Grafik der BTX-Seiten vollständig auf dem ST-Bildschirm darzustellen. Der Preis des Programmes beträgt 300 Mark.
Der WDR-Computerclub selbst demonstrierte sein Gerät »Videodat«, das bereits 1985 in einer der Computerclub-Sendungen der dritten ARD-Programme vorgestellt worden war. Das Videodat-System benutzt einen kleinen Bereich in der linken oberen Ecke des Fernsehbildes zur Übertragung von Daten wie zum Beispiel von Computerprogrammen. Die übertragenen Daten werden über ein kleines Gerät elektronisch aus dem Fernsehsignal ausgefiltert und über eine RS232-Schnittstelle in den Computer eingespeist.
Preislich und technisch eher im Bereich der professionellen Datenübertragung (DATEX-P* Netz der Post) anzusiedeln ist der sogenannte »Protokoll-Konverter«, der von gvm aus Düsseldorf für 448 Mark angeboten wird, gvm liefert schon längere Zeit Akustikkoppler, die neben Voll- und Halbduplex-Betrieb mit 300, 600 und 1200 Baud auch die Übertragung in der »Split-Duplex-Tschnik« mit 1200/75 oder 75/1200 Baud erlauben. Leider sind die Schnittstellen der meisten Personal Computer nicht in der Lage, diese Split-Duplex-Betriebsweise zu unterstützen. Das güt auch für den IBM-PC und den Atari ST. Hier springt der gvm-Konverter ein. Vom Computer über jedes beliebige Terminalprogramm mit Daten im Vollduplexbetrieb mit 1200 Baud beliefert, gibt er die Daten nach Wahl mit 300 Baud Vollduplex, 600 oder 1200 Baud Halbduplex oder mit 75/1200 Baud Split-Duplex an ein Modem oder einen geeigneten Akustikkoppler weiter. Bei Betrieb mit einem ZZF-geprüften Koppler ist für die Schnittstelle eine Zulassung durch die Post nicht mehr erforderlich.
Dies gilt auch für eine Softwarelösung, die Split-Duplex-Übertragung mit dem zugelassenen Koppler AK 2000 S und einem einfachen C 64 herstellt. Das Programm flteleprofi 2000« kostet einschließlich Akustikkoppler AK 2000 S und Anschlußkabel für den C 64-Userport 548 Mark.
Integral Hydraulik war auf der CeBIT mit einer Vorversion eines sehr schnellen Basic-Interpreters für den Atari ST hervorgetreten, dem GfA-Basic. Nach Aussagen des Entwicklers Frank Ostrowski macht die Arbeit gute Fortschritte (siehe Happy-Computer 5/86 Seite 125). Seit der CeBIT ist der Interpreter um weitere 8 KByte angewachsen und hat damit knapp die Hälfte des geplanten Umfanges erreicht. Frank Ostrowski zeigte sich sehr zuversichtlich, den geplanten Auslieferungstermin im Juni 1986 wirklich ein-halten zu können. Die erzielbare Arbeitsgeschwindigkeit der Programme ist beeindruckend. Leider ist die Syntaxkompatibilität mit dem Atari ST Basic nur rudimentär. Der Erfolg des sicherlich sehr guten Basic-Interpreters von Integral Hydraulik wird letztlich trotz des geringen Preises von 149 Mark davon abhängen, wie gut das neue Atarieigene Basic sein wird.
(W.Fastenrath/hb)