Ultima IV

C 64, Apple II (demnächst Atari XL/XE)
Fantasy-Rollenspiel
zirka 190 DM (Diskette)
Nachfolger zu »Ultima III«

**Nach monatelangen Verzögerungen wurde endlich das neue Rollenspiel-Opus von Lord British veröffentlicht: »Ultima IV« ist da! Wir wagten für Sie eine Reise in diese Fantasy-Welt und schlugen uns mit modrigen Monstern und mächtigen Magiern herum.**

Von den Kritikern gelobt und von den Käufern geliebt, werden die Titel der legendären »Ultima«-Reihe, die seit Jahren zu den absoluten Kultspielen zählen. Schöpfer der erfolgreichen Serie ist der amerikanische Programmierer Richard Garriott, der den Künstlernamen Lord British trägt. Vor fünf Jahren schrieb Richard ein Spiel mit dem schlichten Namen »Ultima« für die Apple II-Com-puter. Der Erfolg stellte sich prompt ein und Lord British veröffentlichte in den nächsten Jahren zwei Nachfolger, die immer besser und erfolgreicher als das Vorgängerspiel waren Kein Wunder, daß man auf den vierten und vorläufig letzten Teil der Saga besonders gespannt war. Fast ein Jahr nach den ersten Ankündigungen ist »Ultima IV - Quest of the Avatar« endlich erschienen. Ächzen und Stöhnen verursacht das Rollenspiel nicht nur wegen seiner zahlreichen Gefahren und schwierigen Aufgaben, sondern wegen des gesalzenen Preises. Trotz gebröckelten Dollar-Kurses muß man um die 190 Mark ausgeben, wenn man in den exklusiven Genuß des Mega-Spiels kommen will. Wer entsprechend tief in die Brieftasche greift, erhält auch einiges an Gegenwert: »Ultima IV« ist etwa 16 mal so groß wie sein Vorgänger, »Ultima III«.

Viel Spiel, viele Handbücher

Die englischsprachige Dokumentation umfaßt drei Handbücher. Die »Player Reference Card« erläutert vor allem die Tastaturbelegung. denn auch bei »Ultima IV« ist fast jede Taste mit einem eigenen Kommando belegt. Die »History of Britannia« ist eine Art Geschichtsbuch, in der Informationen über Land und Leute der Ultima-Welt enthalten sind. Hier erfahren Sie alles über Völker, Zünfte. Monster und geographische Besonderheiten von Britanma.


Ihre Entscheidungen bei den Gleichnissen beeinflussen die Charakter-Eigenschaften im Spiel

Die Zaubersprüche werden in einem eigenen »Book of Mystic Wisdom« erklärt, das durch seine besonders gute Aufmachung besticht. Jeder Spruch ist in einem etwas altertümlichen Englisch ausführlich erklärt und mit einer ganzseitigen Illustration noch veranschaulicht. Abgerundet wird das stimmungsvolle Material durch eine Stoffkarte, die man nicht als Tischdecke zweckentfremden, sondern zur Orientierung während des Spiels benutzen sollte.

Wohlan, tapfere Recken. Welchen greulichen Feind gilt es diesmal zu besiegen0 Vertiefen wir uns doch etwas in das Geschichtsbuch von Kyle, dem Jüngeren. In »Ultima I« überfiel der Finsterzauberling Mondain das Land Britannia. der zu guter Letzt vernichtet wurde. Es folgten einige friedliche und glückliche Jahre, doch dann erschien Mondains Lehrling Minax. Diese Dame sorgte in »Ultima II« für reichlich Terror und Unheil, doch der geübte Rollenspieler konnte auch sie am Schluß zur Strecke bringen. In »Ultima III« tauchte eine unheimliche Insel auf, von der aus der Superschurke Exodus für Ärger sorgte.

Suche nach Avatar

Bei »Ultima IV« hat man sich etwas Neues einfallen lassen. Diesmal bedroht kein ultraböser Schurke die Welt, vielmehr geht es um eine Mission, die an die Gralsuche der Ritter der Tafelrunde erinnert. Programmautor Lord British meint dazu: »Die Suche nach Avatar ist die Suche nach einem neuen Standard, einer neuen Vorstellung vom Leben. Wir halten nach jemanden Ausschau, der ein leuchtendes Beispiel für unsere Nation werden kann und uns vom Zeitalter der Dunkelheit ins Zeitalter des Lichts führt.«

Besagte Person verkörpern natürlich Sie in diesem Fantasy-Rollenspiel, bei dem die Aufgabe weniger klar Umrissen ist, als bei den »Ultima«-Vorgängern. Gleich zu Beginn fallen einige interessante Veränderungen gegenüber »Ultima III« auf, das wir in diesem Test als Maßstab nehmen.


Ein Auszug aus dem umfangreichen Monster-Repertoire

Im Gegensatz zu den meisten anderen Rollenspielen werden die Stärken und Schwächen Ihres Spiel-Charakters nicht durch das Verteilen von Zahlenwerten bestimmt. Vielmehr geraten Sie zu Beginn in den Wagen einer alten Zigeunerin, die Ihnen eine Reihe von Gleichnissen erzählt. Am Schluß jedes Gleichnisses müssen Sie sich immer für eine von zwei Handlungsmöglichkeiten entscheiden. Je nachdem, wie Sie sich in den einzelnen Fällen entscheiden, werden Ihre Charakter-Eigenschaften festgelegt.

Anschließend geht es im Land Britannia richtig los. Die Grafik ist quasi mit der von »Ultima III« identisch und hat auch das geradezu schrecklich holprige Scrolling. aber bei diesem Spiel-Genre sind Grafik- und Sound Effekte ohnehin nur nebensächlich. Sie starten zwar allem auf Ihrer Mission, doch dieser einsame Zustand muß nicht von Dauer sein.

Wenn Sie sich in eine der acht Hauptstädte oder eine der zahlreichen kleinen Ortschaften begeben, können Sie sich mit den Stadtbewohnern durch das Kommando »T« für »Talk« unterhalten. Diese Schwätzchen bieten wesentlich mehr Spielraum als bei »Ultima III«. Sie können jede Spielfigur nach Arbeit (»Job«), Gesundheit (»Health«) und Namen befragen. »Look« gibt Ihnen eine Beschreibung der Person. Durch das Kommando »Join« können Sie eine Spielfigur auffordern, sich Ihnen anzuschließen und mit »Bye« beendet man ein Gespräch. Sie sind jedoch nicht an diese Befehle gebunden. Während eines Gesprächs kann man durchaus Einwürfe machen Wenn ein Kämpfer auf die Frage nach seinem Job »I Fight for Justice« antwortet, können Sie ihn auch durch Eingabe von »Justice« über Recht und Gesetz ausfragen. Durch diese Konversationen erhält man sehr viele wichtige Hinweise, ohne die »Ultima IV« nicht zu lösen ist.


Wer nicht fragt, erfährt nichts

Andererseits kommt es auch vor. daß eine Spielfigur Ihnen ebenfalls eine Frage stellt. Lügen haben auch bei diesem Rollenspiel kurze Beine, und wer nicht brav antwortet, sondern dauernd flunkert, wird im weiteren Spielverlauf entsprechend mißtrauisch behandelt. Diese erweiterte »Talk«-Funktion gehört zu den wesentlichen Stärken von »Ultima IV« und gibt dem Spiel eine Adventure-Note.

Magie ist ein ganz wesentlicher Faktor in der Fantasy-Welt. Doch selbst wenn Ihr Spiel-Charakter magische Fähigkeiten hat, kann er nicht gleich wild drauflos zaubern. Er muß sich zunächst Zutaten wie die schwarze Perle oder Ginseng besorgen, das Ganze richtig mixen und kann dann erst zaubern. Welche Zutaten man für welchen Zauberspruch braucht, steht im Magier-Handbuch. Spätestens hier wird »Ultima IV« für anleitungslose Raubkopierer unspielbar.

Mixen, dann hexen

Grafisch und spielerisch fallen viele Ähnlichkeiten zu »Ultima III« auf. Für knapp 200 Mark hätte man vielleicht etwas mehr inhaltliche Eigenständigkeit erwarten können, aber wer bereits vom »Ultima«-Virus infiziert ist, wird von den neuen spielerischen Details und der komplexeren Handlung begeistert sein. Es gibt neue Zaubersprüche, neue Charakter-Klassen und viele neue, herzallerliebste Monster, die in der Anleitung anschaulich beschrieben und illustriert sind. Außerdem haben sowohl Spieler als auch Monster die Möglichkeit, während eines Duells zu fliehen.

Für fortgeschrittene Rollenspieler ist »Ultima IV« wahrlich das »ultimative« Spiel. Wenn Sie erst Einsteiger bei diesem Spiel-Genre sind, möchten wir Ihnen ergänzend unseren Grundlagenartikel aus Ausgabe 7/85 empfehlen. Der derzeit beste Kauftip für Neulinge ist übrigens das gute alte »Ultima III«, das in der C 64-Diskettenversion bereits für 65 Mark erhältlich ist. Wer dieses Programm bereits besitzt und mit Begeisterung gespielt hat. kann ruhigen Gewissens den Sparstrumpf plündern, um sich auch den vierten Teil der Fantasy-Saga zu besorgen. (hl)


Ultima-Action: Die Spielfigur steht in der Bildmitte, links von ihr ist ein Altar. Hungrige Monster sind schon im Anmarsch

Heinrich Lenhardt
Aus: Happy Computer 05 / 1986, Seite 154

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